Mittwoch, 5. Februar 2025

Rhein-Kreis NeussDigitalisierung als Prozess

[20.06.2018] Die Digitalisierungsstrategie des Rhein-Kreis Neuss ist ein fortlaufender Prozess. Aktuell wurde etwa die IT-Abteilung neu aufgestellt. Drei von der Kommune entwickelte Apps erhöhen die Nutzerfreundlichkeit und steigern die Effizienz.
Die App „Mein StVA“ des Rhein-Kreis Neuss soll den Service für jährlich 170.000 Kunden verbessern.

Die App „Mein StVA“ des Rhein-Kreis Neuss soll den Service für jährlich 170.000 Kunden verbessern.

(Bildquelle: Rhein-Kreis Neuss)

Der Weg zur digitalen Behörde scheint in Deutschland immer noch weit, auch wenn durch Förderprogramme von Bund und Ländern sowie gesetzliche Initiativen – wie beispielsweise die E-Government-Gesetze – mächtig Dampf im Kessel erzeugt wird. Die Ursachen und Hindernisse für die schleppenden Fortschritte bei der Digitalisierung sind vielfältig und reichen von der fehlenden ganzheitlichen Strategie, auch bedingt durch den föderalen Staatsaufbau, über den fehlenden Bekanntheitsgrad und die mangelnde Nutzerfreundlichkeit von Online-Services sowie die hohen Datenschutzanforderungen bis hin zu engen finanziellen Ressourcen – insbesondere auf kommunaler Ebene.

Chancen nutzen

Der Rhein-Kreis Neuss hat sich bereits vor einigen Jahren auf den Weg gemacht und ist entschlossen, die mit der Digitalisierung verbundenen Chancen zur Steigerung der Effizienz der Verwaltung, zur Verbesserung des Bürger- und Unternehmensservice sowie der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu nutzen. Wie viele andere Kommunen steht aber auch der Rhein-Kreis Neuss beim Thema E-Government im Spannungsfeld zwischen Innovationserfordernis und finanziellen Spielräumen. Dennoch setzt Landrat Hans-Jürgen Petrauschke auf Digitalisierung und Vernetzung, schafft den hierfür notwendigen Rahmen und stellt die Weichen entsprechend. Bereits im Jahr 2007 wurde ein E-Government-Beauftragter für die Kreisverwaltung bestellt, später eine regelmäßig tagende E-Government-Arbeitsgruppe eingerichtet. Die IT-Abteilung wurde aus der Gebäudewirtschaft ausgegliedert und als Zentrale Steuerungseinheit aufgewertet.

Drei für Digitalisierung

Im Jahr 2016 hat der Rhein-Kreis Neuss sein erstes Digitalisierungskonzept vorgelegt. Die Digitalisierungsstrategie ist aber kein in sich geschlossener Projektplan, sondern ein fortlaufender Prozess. Im Zuge dessen wurde vor wenigen Wochen die IT-Abteilung des Kreises neu aufgestellt (wir berichteten). Neben dem CIO (Chief Information Officer) wurde der neu geschaffene Posten eines CDO (Chief Digital Officer) unterhalb des IT-Dezernenten besetzt. Während sich der CIO um den reibungslosen Betrieb und die Weiterentwicklung der Verwaltungs-IT kümmert, rund 3.000 PCs und 200 Fachverfahren in Verwaltung und Kreisschulen, fungiert der CDO als Ansprechpartner und Promotor der Digitalisierung in allen Fachbereichen der Verwaltung. Neue digitale Projekte und Innovationen sollen hier zentral entwickelt und vorangetrieben werden.

Drei erfolgreiche Apps

Durch die Digitalisierung sollen die Verwaltungsdienstleistungen für Bürger und Unternehmen einfacher, nutzerfreundlicher und effizienter gestaltet werden. Erfolgreich sind dabei auch die drei kostenlosen Apps, die der Kreis entwickelt hat. Seit September 2017 steht etwa die Straßenverkehrsamts-App „Mein StVA“ zur Verfügung, die den Service für jährlich 170.000 Kunden verbessern soll. Ein Online-Unterlagenprüfer, eine Wartezeitenprognose für alle vier Dienststellen des Straßenverkehrsamts und eine Wartenummer-Alarmfunktion bilden das Herzstück der App.

Mein StVA

Der Online-Unterlagenprüfer ermittelt beim Kunden anhand eines einfachen Interviews alle erforderlichen Unterlagen für die gewünschte Dienstleistung. Am Ende erhält der Kunde nicht nur eine Checkliste mit zusätzlichen Informationen, wie etwa Gebühren, sondern kann sich die benötigten Formulare zeit- und ortsunabhängig auf sein mobiles Endgerät oder seinen PC schicken lassen. Durch die App sollen Kunden besser auf den Besuch des Straßenverkehrsamts vorbereitet werden und fehlende Unterlagen möglichst der Vergangenheit angehören.
Neuland wird mit der Wartezeitenprognose betreten, die automatisiert die Anzahl der Kunden ins Verhältnis zum vorhandenen Personal setzt. Neben der Darstellung der aktuellen durchschnittlichen Wartezeit signalisieren Ampelfarben für alle vier Dienststellen, ob ein Besuch zu empfehlen ist. Bei überdurchschnittlich langer Wartezeit erhält der Kunde automatisch eine Empfehlung, den Besuch entweder zu verschieben oder eine andere Dienststelle aufzusuchen, wobei ihm auch die Wegstreckenzeit angezeigt wird.
Anlass für die Wartenummer-Alarmfunktion war ein häufig geäußerter Kundenwunsch. Sie erlaubt es, bei längeren Wartezeiten den Wartebereich kurzfristig zu verlassen, um etwa einen Einkauf in einem nahegelegenen Geschäft zu erledigen. Über die Push-Funktion seines Smartphones wird der Kunde alarmiert, sobald der Aufruf seiner Wartenummer näher rückt.

Heimfinder-App

Mit der Heimfinder-App unterstützt das Kreissozialamt Angehörige und Pflegebedürftige bei der Suche nach einem Kurzzeit- oder Langzeitpflegeplatz in Seniorenhäusern. Häufig müssen Entscheidungen für einen Pflegeplatz innerhalb kurzer Zeit getroffen werden – etwa nach einem Krankenhausaufenthalt. Mithilfe der App können sich Ratsuchende kreisweit einen schnellen Überblick über aktuell freie Pflegeplätze in den derzeit 46 Seniorenhäusern verschaffen. Eine Umkreissuche mit Übersichtskarte sowie die Anzeige der freien Bettkapazitäten – unterteilt nach Kurz- und Langzeitpflegeplätzen – dienen der Orientierung. Kontaktdaten und Internet-Adressen ermöglichen eine schnelle Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Seniorenhaus.

Rettungsdienst-App

Auch in der Notfallmedizin schreitet die Digitalisierung voran – und eine vom Rhein-Kreis Neuss entwickelte App spielt dabei eine wichtige Rolle. Sie informiert über die rettungsdienstlichen Standards und wird bereits in elf Nachbarkreisen genutzt. Eine Neuentwicklung des digitalen Angebots soll bald in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie in ganz Nordrhein-Westfalen eingesetzt werden.
Eine Arbeitsgruppe von ärztlichen Leitern im Rettungsdienst aus den vier Bundesländern hat 2016 gemeinsam einheitliche Vorgaben in so genannten Standardarbeitsanweisungen und Behandlungspfaden zur praktischen Ausbildung und theoretischen Schulung entwickelt. Zur weiteren Verbreitung und Nutzung der elektronischen Möglichkeiten entwickelte der Rhein-Kreis Neuss die Rettungsdienst-App, über die auch Anregungen und Feedback übermittelt werden können und somit der jährliche Überarbeitungsprozess unterstützt wird.

In Weiterbildung investieren

Die Potenziale der Digitalisierung sind in der Kreisverwaltung – gerade auch im Bereich Bürger- und Unternehmensservice – bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Demografische und finanzielle Rahmenbedingungen zwingen unverändert dazu, Prozesse zu optimieren und Digitalisierungschancen zur Steigerung der Effizienz zu nutzen. Eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur digitalen Kreisverwaltung kommt den notwendigen Investitionen in die Qualifizierung und Weiterbildung des Personals zu.

Harald Vieten ist Dezernent für IT, E-Government und Bauen beim Rhein-Kreis Neuss.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Screenshot der Startseite von smartvest.ruhr.

Kreis Recklinghausen: Info-Plattform zum Smart-City-Ansatz

[03.02.2025] Eine Informationsplattform zur regionalen Digitalisierungsstrategie haben der Kreis Recklinghausen und die zehn kreisangehörigen Städte online geschaltet. Das Portal stellt die fünf Handlungsfelder und unterschiedlichen Projekte rund um den Smart-City-Ansatz vor und listet Neuigkeiten und Veranstaltungshinweise auf. mehr...

bayern-Flaggen

Bayern: Einheitlicher kommunaler IT-Dienstleister geplant

[28.01.2025] Im Frühjahr startet die neue Umsetzungsphase der Zukunftskommission #Digitales Bayern 5.0. Unter den Maßnahmen ist auch die Einführung eines einheitlichen kommunalen IT-Dienstleisters bis Ende 2025. mehr...

Blick über die Spree aufs Bundeskanzleramt

Vitako: 10-Punkte-Plan zur Digitalisierung

[24.01.2025] Vitako fordert in einem 10-Punkte-Plan klare Prioritäten, Investitionen und Kooperation aller Ebenen, um die Digitalisierung voranzutreiben und Krisen zu kontern. Dabei gehe es um die Sicherung kommunaler Handlungsfähigkeit ebenso wie um die nationale Koordination und die Berücksichtigung EU-weiter Strategien. mehr...

Eine Person blättert in einer Broschüre zur neuen Hamburger Digitalstrategie

Hamburg: Neue Digitalstrategie vorgestellt

[22.01.2025] Hamburg hat seine neue Digitalstrategie präsentiert. In den kommenden Jahren soll das digitale Angebot konsequent ausgebaut werden, um den Kontakt mit den Behörden so einfach und effizient wie möglich zu gestalten. Wo es möglich ist, setzt die Freie und Hansestadt dabei auch auf Automatisierung und Künstliche Intelligenz. mehr...

Vektorgrafik eines Organigramms.

Wolfsburg: Neuer smarter Geschäftsbereich

[20.01.2025] Mit organisatorischen Änderungen ist die Wolfsburger Stadtverwaltung in das neue Jahr gestartet. Unter anderem wurden die Bereiche Informationstechnologie und Smart City im Geschäftsbereich Smart City und IT-Services zusammengeführt. mehr...

Porträt von Elena Yorgova-Ramanauskas, Staatssekretärin und Landes-CIO im Saarland

Saarland: Digitalisierungsoffensive für Kommunen wird konkreter

[20.01.2025] Die 2021 auf den Weg gebrachte Digitalisierungsoffensive für Kommunen im Saarland nimmt Gestalt an: 17 Millionen Euro aus dem Sondervermögen Pandemie wurden an konkrete Projekte gebunden, darunter KI-gestützte Chatbots, Verkehrsdatenerfassung und Straßenmanagementsysteme. mehr...

Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus und die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände des Landes präsentieren die Kooperationsurkunden.

Hessen: Kommunale Verwaltungsdigitalisierung wird gestärkt

[15.01.2025] Das Land Hessen und die kommunalen Spitzenverbände wollen die kommunale Verwaltungsdigitalisierung weiter unterstützen. Die bisherige Koordinierungsstelle OZG-Kommunal wird zur Kompetenzstelle erweitert, die Digitalisierungsplattform civento wird weiter finanziert. mehr...

Porträt von Ina-Maria-Ulbrich

IT-Planungsrat: Kommunen im Fokus

[13.01.2025] Im Jahr 2025 führt Mecklenburg-Vorpommern den IT-Planungsrat. Im Fokus sollen die Föderale Digitalstrategie und eine stärkere Einbindung der Kommunen stehen. Geplant ist auch eine Stärkung und Weiterentwicklung der FITKO. mehr...

Glaskugel vor einem magentafarben beleuchteten, unscharfen Hintergrund.
bericht

Digitalisierung: Blick in die Glaskugel

[07.01.2025] Agil, bürokratiearm und Ende-zu-Ende digitalisiert – so sollen die Kommunalverwaltungen im Jahr 2030 aussehen. Im Moment sind sie davon aber oft noch weit entfernt. Sind die gesetzten Ziele realistisch? mehr...

Außenansicht des Ministeriums des Innern und für Kommunales in Potsdam, ein weißes, klassizistisches Gebäude

Brandenburg: OZG-Umsetzung auf Kurs

[19.12.2024] In seiner OZG-Bilanz meldet Brandenburg für 2024 deutliche Fortschritte: 100 neue digitale Verwaltungsdienste wurden eingeführt, insgesamt sind nun 650 verfügbar. Fördermittel und Kampagnen unterstützen Kommunen bei der Digitalisierung. mehr...

martin-Hagen-Porträt
interview

Digitalisierung: IT-Budgets zusammenziehen

[18.12.2024] Dr. Martin Hagen, Staatsrat beim Senator für Finanzen in der Freien Hansestadt Bremen, spricht über seine Vorschläge zur Registermodernisierung und fordert mehr Zentralisierung bei der Steuerung und Budgetierung von IT-Großprojekten. mehr...

Digitale Bildung: Dem DigitalPakt 2.0 einen Schritt näher

[17.12.2024] Bundesbildungsminister Cem Özdemir und die Bildungsministerkonferenz der Länder (Bildungs-MK) haben eine Vereinbarung über den DigitalPakt Schule 2.0 getroffen. Dieser sieht eine Investition von insgesamt fünf Milliarden Euro vor, die gleichmäßig zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden. mehr...

Ansicht einer ländlichen Gemeinde aus der Vogelperspektive.
bericht

Niedersachsen: Initiative für Kommunen

[05.12.2024] Von der Bestandsaufnahme bis zur Umsetzung von Maßnahmen unterstützt die Initiative Digitale Kommune Niedersachsen Verwaltungen bei ihrem Transformationsprozess. Das vom Land initiierte Projekt soll außerdem die Herausforderungen in der Praxis offenlegen. mehr...

Porträtfoto von Dr. Denis Alt.
interview

Rheinland-Pfalz: Erfolg durch Kooperation

[18.11.2024] Der digitale Wandel dient den Menschen, sagt Staatssekretär Denis Alt. Im Interview mit Kommune21 spricht der neue rheinland-pfälzische CIO und CDO über die Umsetzung der Digitalstrategie des Landes. mehr...

Melitta Kühnlein

Potsdam: Fachbereichsleiterin für E-Government bestätigt

[12.11.2024] Potsdams Stadtverordnete haben Melitta Kühnlein als neue Leiterin des Fachbereichs E-Government bestätigt. Kühnlein ist seit Anfang 2021 in leitender Funktion im IT-Bereich der Stadtverwaltung tätig. mehr...