Sonntag, 13. April 2025

Smart Country ConventionDigitalisierung hoch zwei

[29.10.2021] Am zweiten Kongresstag der Smart Country Convention standen die klugen Städte und Regionen im Mittelpunkt. Nach der Verwaltung geht nun die Digitalisierung in die zweite Potenz.
Am zweiten Tag der digitalen Special Edition der Smart Country Convention standen smarte Städte und Regionen im Fokus.

Am zweiten Tag der digitalen Special Edition der Smart Country Convention standen smarte Städte und Regionen im Fokus.

(Bildquelle: © Messe Berlin)

Es geht um Klimaschutz und Daseinsvorsorge, Wettbewerbsfähigkeit und Partizipation, Lebensqualität und Effizienz. Die Zuschreibungen für das Label Smart City können gar nicht groß genug ausfallen. Die Städte, Gemeinden und Kreise sollen und wollen digital werden beziehungsweise digitale Technologien nutzen, um vorausschauender planen und besser funktionieren zu können und damit attraktiver für ihre Einwohner zu werden. Grundlegende Voraussetzung dafür ist der breitbandige Netzausbau. Dass dieser durchaus noch immer nicht allerorten weit fortgeschritten ist, belegt schon die Tatsache, dass Henriette Reker und Thomas Eiskirch, die Oberbürgermeister von Köln und Bochum, den eigenen Netzausbau in ihren Statements so deutlich hervorheben. Köln kann auf eine eigene Netzgesellschaft verweisen, in Bochum sind 90 Prozent Glasfaserleitungen für Bürger und Unternehmen verlegt. Beide Städte rangieren im aktuellen Smart-City-Index des Branchenverbands Bitkom (wir berichteten) übrigens in der Top 10 – Köln auf Platz 2 und Bochum auf Platz 7.
Zweite wichtige Voraussetzung für smarte Städte ist eine digitale Verwaltung. Insofern macht es Sinn, wenn die Smart Country Convention beides an getrennten Tagen in den Blick nimmt. Wie beim Netzausbau herrschen in Sachen Verwaltungsdigitalisierung große Unterschiede zwischen Städten und kleinen Gemeinden und den Bundesländern vor. Eine vom Onlinezugangsgesetz (OZG) – das nach 2022 in ein Verwaltungszukunftsgesetz überführt werden soll – verbürgte Angleichung der digitalen Verwaltungsleistungen landauf und landab wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Große Vielfalt an Projekten

Derweil gehen die Planungen für das Zusammenspiel von intelligenter Verwaltung und smarter Stadt eifrig voran – in durchaus unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Während in Hamburg (in Kooperation mit München und Leipzig) an einem so genannten digitalen Zwilling gearbeitet wird, einem 3D-Abbild der Stadt, das für die Modellierung aller möglichen Sektoren wie Wohnraum, Verkehr oder Schulen eingesetzt werden und wichtige Steuerungsergebnisse liefern kann, ist man in der schleswig-holsteinischen Gemeinde Stockelsdorf froh, die rechtlichen Hürden für die Virtualisierung der Ratssitzungen zur Corona-Zeit erfolgreich überwunden zu haben.
Ulm hat eine Stadtbibliothek für digitale Bildung eingerichtet und bietet Co-Learning für seine Bürgerinnen und Bürger an, die sich dort von Robotern und Chatbos beraten lassen können. Zürich experimentiert mit einem Personenbeförderungssystem auf Zuruf in den späten Stunden. Linz will zur klimaneutralen Industriestadt werden und schickt Wasserstoffbusse auf die Straßen. Wadgassen im Saarland hat sich im Zuge der Pandemie von einer reinen Wohngemeinde zu einem Ort entwickelt, wo die Möglichkeiten für mobiles Arbeiten relevant geworden sind. Immer mehr Menschen wollen und können von zu Hause aus oder vor Ort arbeiten. Die Stadtverwaltung trägt dem nun durch einen Co-Living-Space in unmittelbarer Nähe von Schule und Kita Rechnung, wo die Menschen mobil arbeiten können, wenn es die eigenen vier Wände nicht ideal zulassen.

Konkurrierende Wettbewerbe

Auf der Smart Country Convention sind unzählige und sehr unterschiedliche Beispiele für mehr Smartness in Städten präsentiert worden. Angespornt durch zwei konkurrierende Modellprojektförderungen seitens des Bundesinnen- und des Bundeswirtschaftsministeriums ist für die klugen Städte und ihre sicher sehr guten Ideen einiges an Geld vorhanden. Zusätzlich schüttet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft innerhalb seines Bundesprogramms Ländliche Entwicklung (BULE) Gelder für die Stärkung des ländlichen Raums und für gleiche Lebensverhältnisse aus, die ebenfalls für Digitalprojekte verwendet werden können. Das reicht vom Car-Sharing über die Nahversorgung bis hin zu Projekten für das Ehrenamt. In Bremke bei Göttingen ist beispielsweise die „sorgende Dorfgemeinschaft“ ausgerufen worden, andernorts entstehen Marktplätze für Landkreise mit den entwickelten Lösungen, die von anderen Kommunen nachgenutzt werden können.

Nachnutzung organisieren

Apropos Nachnutzung. Vorausgeschickt sei, dass Modellprojekte und Erprobungsräume, Versuche und Irrtümer sicherlich notwendig sind, um die Modernisierung und Digitalisierung in Städten und auf dem Land voranzutreiben. Allzu bekannte Fehler sollten aber doch möglichst nicht wiederholt werden. Hierzu zählt die Heterogenität genannte Vielfalt an Lösungen, die bereits die Verwaltungsdigitalisierung auszeichnet: die vielen Parallelentwicklungen an unterschiedlichen Orten, deren Akteure offenbar nichts voneinander wissen. Beispielsweise ist es völlig unverständlich, wieso etwa in der Stadt Wolfsburg innerhalb einer Open-Smart-City-App ein Parkticket-System samt Payment, Mängelmelder und Ladesäulenfinder selbst entwickelt werden, wenn es dies längst anderswo gibt. Auch Smart-Parking-Lösungen, wie sie etwa in Lemgo durch das Fraunhofer-Institut IOSB vorangetrieben werden, gibt es bereits am Markt.
Nichts gegen den Wettbewerb um gute Lösungen. Doch sollte unbedingt vermieden werden – vor allem, wenn es sich um öffentliche Gelder handelt –, dass nun Insellösungen entstehen, die an anderer Stelle mangels Standardisierung gar nicht eingebunden werden können. Die Fördermittelgeber in den Ministerien sollten sich rechtzeitig Gedanken über eine professionelle Nachnutzung von Smart-City-Lösungen machen, so wie es in denselben Häusern derzeit bei den Verwaltungslösungen nach dem Einer-für-Alle-Prinzip geschieht.

Helmut Merschmann




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Smart City

Regionalkonferenz MPSC: Smart sein

[11.04.2025] Wie Städte digital und nachhaltig wachsen können, steht im Mittelpunkt der 22. Regionalkonferenz des Bundesprogramms Modellprojekte Smart Cities am 3. Juni 2025 in Halle (Saale). mehr...

Digitalstaatssekretär Stefan Sauer in einem Park, gemeinsam mit den drei Bürgermeistern Marc Friedrich, Jochen Engel und Marcus Merkel.

Interkommunale Zusammenarbeit: Smarte Daten helfen Bauhöfen

[11.04.2025] Daten aus Sensoren und eine App unterstützen die Orte Nauheim, Trebur und Büttelborn dabei, Baumbewässerung und Streueinsätze gezielt zu planen und künftig auch die Beleuchtung bedarfsabhängig zu steuern. Die Kommunen haben das Projekt gemeinsam umgesetzt. mehr...

Eine Ampel mit Pfeil nach rechts zeigt grün.
bericht

Digitale Verkehrssteuerung: KIMONO sorgt für Neustart

[10.04.2025] Kaiserslautern hat seiner verkehrstechnischen Infrastruktur bis 2033 eine umfassende Modernisierung und Digitalisierung verordnet. Von den im Rahmen des Projekts KIMONO entstehenden Lösungen können auch andere Kommunen profitieren. mehr...

Parkzone entlang einer Hamburger Straße.
bericht

Hamburg: Parkraum effizient prüfen

[09.04.2025] In Hamburg können Parkberechtigungen digital beantragt und von den Kontrollkräften online überprüft werden. In Zukunft sollen Scan-Fahrzeuge für noch mehr Effizienz bei der Parkraumkontrolle sorgen – vorausgesetzt, die rechtliche Grundlage wird geschaffen. mehr...

Vektorgrafik einer Smart City.

Kreis Hameln-Pyrmont: Smart City geht in Verlängerung

[09.04.2025] Der als Modellprojekt Smart Cities geförderte Kreis Hameln-Pyrmont hat die kostenneutrale Verlängerung der Projektlaufzeit um ein Jahr beantragt – mit Erfolg. Durch den zeitintensiven Abstimmungsbedarf wäre der ursprünglich vorgesehene Zeitraum bis Ende 2026 zu kurz für die Kommune gewesen. mehr...

Porträtaufnahme von Sarah Berberich, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens endura kommunal.
interview

Interkommunales Netzwerk: Mobiler in der Ortenau

[08.04.2025] Das Mobilitätsnetzwerk Ortenau setzt auf nachhaltige Verkehrslösungen und will die analoge sowie digitale Verkehrsinfrastruktur verbessern. Wie die 14 Kommunen vorgehen, erläutert Sarah Berberich, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens endura kommunal. mehr...

Stadt Wolfsburg will sich zukunftsorientiert aufstellen.

Wolfsburg: Mehr als ein Parkleitsystem

[07.04.2025] Die Stadt Wolfsburg plant – ergänzend zu den Informationen, die sie per App übermittelt – ein dynamisches Parkleitsystem in der Innenstadt. Dieses soll eine effiziente Verkehrssteuerung ermöglichen und darüber hinausgehende Informationen liefern, etwa zu Veranstaltungen. mehr...

Zweiräder, autos und Fußgänger an einer großstaädtischen Kreuzung.

Fraunhofer FOKUS: Digital Twin hilft beim Routing

[02.04.2025] Das Smart-Mobility-Team von Fraunhofer FOKUS hat im Projekt KIS’M eine Fahrrad-App entwickelt, die auf einem digitalen Zwilling des Berliner Straßenverkehrs basiert. Die App berücksichtigt individuelle Präferenzen bei der Routenplanung und bietet einen Ampelphasenassistenten. mehr...

Virtuell abstrakte 3D-Vektorflagge der Europäischen Union aus dreieckigen Polygonen auf blauem Hintergrund.

Local Digital Twins Toolbox: EU-Projekt für Kommunen

[31.03.2025] Mit der Local Digital Twins Toolbox unterstützt die Europäische Kommission Kommunen bei der Einführung entsprechender Lösungen. Teilnehmende Städte und Gemeinden bekommen wichtige Werkzeuge an die Hand und werden individuell beraten. mehr...

Startbildschirm der Website Smart City Dresden

Dresden: Website zu Smart-City-Projekten

[31.03.2025] Eine neue Website mit Informationen zu ihren Smart-City-Projekten hat die Stadt Dresden jetzt online gestellt. Zu den momentan 17 geförderten Vorhaben zählen unter anderem die Entwicklung eines interaktiven 3D-Stadtmodells und ein Testfeld für zukunftsfähige Verkehrsstrukturen. mehr...

Startseite des Webauftritts Smartes Fichtelgebirge

Landkreis Wunsiedel: Digitaler Zwilling im Aufbau

[31.03.2025] Der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge soll einen Digitalen Zwilling bekommen. Die Ausschreibung für die Anschaffung der nötigen LoRaWAN-Technologie ist bereits gestartet. Erste Anwendungen sollen noch in diesem Jahr in Betrieb gehen, insbesondere im Bereich Katastrophenschutz. mehr...

Troisdorfer Smart City Maskottchen SmarTa schaukelt in einer Hängematte

Troisdorf: Mit der smarT:app die Freizeit gestalten

[28.03.2025] Die smarT:app der Stadt Troisdorf unterstützt Nutzende mit einer interaktiven Karte jetzt auch bei der Freizeitgestaltung. mehr...

Cover der Studie Smart City Apps

Smart-City-Apps: Marktüberblick für Kommunen

[27.03.2025] Das Angebot an Smart-City-Apps auf dem deutschen Markt wächst stetig. Eine aktuelle Publikation des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) soll Kommunen einen Überblick über App-Angebote für ihre Region geben. mehr...

Blick aus der Vogelperspektive auf den Parkplatz am Gütersloher Marktplatz

Gütersloh: Daten zum Parken in der City

[26.03.2025] In Gütersloh sollen temporäre Kameras an Parkplätzen, Parkhäusern und Straßenlaternen analysieren, wie Autos und Fahrräder parken. Die erhobenen Daten will die Kommune für eine nachhaltige Verkehrsplanung nutzen. mehr...

Diskussionspanel mit vier Personen auf einer warm ausgeleichteten Bühne, im Hintergrund eine Projektion.

Pforzheim: Erfolgreiche Smart City Days

[24.03.2025] Mit einer mehrtägigen Veranstaltungsreihe präsentierte die Stadt Pforzheim den Bürgerinnen und Bürgern verschiedenste Themen und Aspekte aus den Bereichen Smart City, Digitalisierung und KI. Ziel war es, zu zeigen, wie innovative Technologien zur nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen. mehr...