Sonntag, 22. Dezember 2024

UlmDigitalisierung im Quartier

[04.08.2021] Im Quartier am Alten Eselsberg erprobt die Stadt Ulm den Nutzen digitaler Lösungen für die Stadt von morgen. Ein übergeordnetes Ziel ist die Entwicklung einer offenen und zentralen Datenplattform – des Datenhub Ulm.
Ulm erprobt digitale Lösungen für die Stadt von morgen.

Ulm erprobt digitale Lösungen für die Stadt von morgen.

(Bildquelle: Mirjam Claus/stock.adobe.com)

Im Zuge der digitalen Transformation werden in den Städten die Karten neu gemischt. Das gilt für die Lebensqualität, die Standortpolitik sowie die Stadtentwicklung. Für Ulm geht es dabei nicht nur um den Aufbau von Infrastrukturen und smarte Anwendungen, sondern auch um eine gesamtgesellschaftliche Betrachtung. Die digitale Stadtentwicklung ist ein Treiber für die Standortfaktoren Wirtschaft und Arbeit, forciert die Verwaltungsmodernisierung in Richtung Nutzer- und Querschnittsorientierung sowie Lösungskompetenz und stärkt die Zivilgesellschaft. In Ulm wird der Ansatz „Digitalisierung von unten“ genannt und setzt auf einen starken Einbezug der Stadtgesellschaft. Die Grundsätze lauten: offen, für alle, clever und nachhaltig.
Im Projekt Zukunftskommune@bw, das im Rahmen des gleichnamigen Wettbewerbs vom Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg gefördert wird, erprobt Ulm den Nutzen digitaler Lösungen für die Stadt von morgen. Erlebbar gemacht wird das im Quartier am Alten Eselsberg. Basierend auf den Ergebnissen eines Beteiligungsprozesses, in dem die Ideen und Bedürfnisse der Menschen im Quartier abgefragt wurden, hat der Ulmer Gemeinderat zwölf digitale Projektideen zur Umsetzung beschlossen.

Breiter Einbezug der Bürgerschaft

Übergeordnetes Ziel ist die Entwicklung einer offenen und zentralen Datenplattform als neue Basisinfrastruktur. Das Projekt läuft von Oktober 2018 bis Dezember 2021 und wird von der Geschäftsstelle Digitale Agenda der Stadt Ulm geleitet. Das Unternehmen City & Bits unterstützt die Kommune bei der Projektsteuerung. Auch findet eine universitäre Begleitforschung zu Themenschwerpunkten wie der crossfunktionalen Zusammenarbeit statt. Um ein agiles Erproben digitaler Wege zu ermöglichen, wird ein quartiersbezogener Ansatz verfolgt und auf einen breiten Einbezug der Bürgerschaft gesetzt – von der Ideen­findung bis hin zur Realisierung. Dabei wird prototypisch vorgegangen, die Projekte werden also schrittweise umgesetzt und durch Feedback-Schleifen bürgernah ­gestaltet. Lösungen können auf diese Weise erprobt, evaluiert und schließlich auf andere Quartiere übertragen werden.
Das Projektgebiet Alter Eselsberg gestaltet sich hinsichtlich seiner 8.700 Bewohnerinnen und Bewohner sowie des Städtebaus recht heterogen. Im Nordwesten von Ulm trifft das größte Neubauareal der Stadt – Am Weinberg – auf die gewachsenen Strukturen des Alten Eselsbergs. Insgesamt gliedert sich das Projekt in vier Handlungsfelder, in denen digitale Projekte bearbeitet werden sowie ein fünftes Handlungsfeld zur Datenplattform. Schon jetzt können am Eselsberg zahlreiche Umsetzungsprojekte begutachtet werden. Das Balkonphotovoltaik-Projekt etwa ermöglicht es den Bewohnern, an der Energiewende teilzuhaben. Erste Wohn­blöcke sind bereits ausgestattet und der selbst erzeugte Strom wird genutzt. Ein besonderer Projekterfolg ist, dass das Antragsverfahren in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Ulm vereinfacht wurde.

Querschnittsorientierte Strukturen

Des Weiteren wurde gemeinsam mit dem Verein „engagiert in ulm“ sowie dem Quartiersmanagement am Eselsberg eine neue Datenbank für ehrenamtliches Kurzzeitengagement aufgebaut. Dort können Interessierte Möglichkeiten zum Mitmachen entdecken oder sich benachrichtigen lassen, wenn ein passendes Angebot eingeht. Im Bereich Mobilität entsteht der Pilot einer Mobilitätsstation. Hier sollen Erfahrungen mit Carsharing, E-Ladesäulen und dem Entleihen von E-Lastenrädern gesammelt werden. Im Bereich Handel wurde in einer Testphase ein Online-Wochenmarkt erprobt: Das Start-up mein-wochenmarkt.online lieferte frische Waren per ­E-Lastenrad und ­E-Transporter an die Wohnungstür.
Für die ganzheitliche Betrachtung von Herausforderungen und Lösungen im Quartier ist das Zusammenfließen der Kompetenzen verschiedener Abteilungen zentral. Querschnittsorientierte Strukturen fördern den Austausch innerhalb der Fachbereiche und über Projektgrenzen hinweg, schaffen Synergien und ermöglichen es, Konflikte frühzeitig zu antizipieren. In Ulm wurden daher verschiedene Quartiersentwicklungsprojekte verknüpft: das Digitalisierungsprojekt Zukunftskommune@bw, das Förderprojekt Inklusiver Alter Eselsberg, das im Rahmen von Quartier 2020 – Gemeinsam. Gestalten vom Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg gefördert wird sowie die Entwicklung des Neubaugebiets Am Weinberg. Im Jahr 2018 wurde eine Koordinierungsgruppe eingerichtet, um die Projektaktivitäten mit ihren unterschiedlichen Organisationsstrukturen und Zeitläufen aufeinander abzustimmen. Entstanden ist eine Gruppe aus Akteuren der Fachbereiche Bildung und Soziales, Stadtentwicklung, Bau und Umwelt sowie der Digitalen Agenda.

Daten sind das neue Grundwasser

Für die Stadt Ulm sind Daten das neue Grundwasser. Daher wird eine urbane Datenplattform, der Datenhub Ulm, aufgebaut. Er soll die bestehenden Datensilos verknüpfen und als Hafen für sensorbasierte Echtzeitdaten dienen. Die intelligente Bündelung von Daten ist entscheidend, um neue digitale Services zu ermöglichen. Standards zur Bereitstellung und zum Umgang mit Daten sind wichtig, um Datensicherheit und -ethik umzusetzen. Auf Basis dieser Ulmer Smart-City-Plattform sollen dann nutzerzentrierte Anwendungen entwickelt werden, die das Leben der Stadtgesellschaft verbessern. Neben der Funktion, Daten zu speichern und sie den Nutzern kontrolliert, also rollenbasiert, zur Verfügung zu stellen, soll die Möglichkeit zur Datenauswertung mithilfe von Drittanwendungen bestehen, die dann wiederum über die Plattform zugänglich gemacht werden können. Gemäß dem Open-Data-Grundsatz soll ein Zugang für Verwaltung, Bürgerschaft, Wissenschaft und Wirtschaft zu öffentlichen Daten entstehen. Zentral sind Datensouveränität und Transparenz. Der Aufbau des Datenhub wird durch die Zeppelin Universität Friedrichshafen wissenschaftlich begleitet.
Im Projekt Zukunftskommune@bw und im Quartier Alter Eselsberg wird die Blaupause für eine quartiersorientierte Digitalisierung entwickelt und sukzessive auf andere Quartiere übertragen. Das gilt für die Projekte, die Erkenntnisse und die Methoden der Projektarbeit. Diese reichen von den Herausforderungen im Quartier über die Entwicklung datenbasierter Services bis hin zur Einbeziehung der Bürgerschaft. Als Smart-City-Modellstadt des Bundes führt Ulm Erfahrungen aus den Quartieren im Projekt Ulm4CleverCity zusammen. Außerdem wird der Datenhub Ulm kontinuierlich zum urbanen Datenraum weiterentwickelt.

Nathalie Wingartz ist Projekt-Managerin bei der Geschäftsstelle Digitale Agenda der Stadt Ulm; Jens Mofina ist Geschäftsführer der Firma City & Bits.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Smart City
Würfelkalender, der den 31. März anzeigt.

Modellprojekte Smart Cities: Laufzeitverlängerung bis 2028

[16.12.2024] Da der ursprünglich angesetzte Förderzeitraum zu knapp bemessen war, wurde den Kommunen der dritten Staffel der Modellprojekte Smart Cities eine kostenneutrale Verlängerung bis Ende März 2028 angeboten. Hildesheim will davon Gebrauch machen. Der Zeitplan aber ist eng. mehr...

Aalen: InKoMo 4.0 abgeschlossen

[16.12.2024] Das Aalener Projekt InKoMo 4.0, welches mittels Sensorik verfügbare Parkplätze erkennt und diese Informationen in Echtzeit an dynamische LED-Tafeln sowie das städtische Geodatenportal übermittelt, fand jetzt seinen Abschluss. Das Konzept lässt sich auf andere Kommunen übertragen. mehr...

Osnabrück: Schule digitalisiert Energieverbrauch

[13.12.2024] Das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium in Osnabrück hat jetzt im Rahmen eines Smart-City-Pilotprojekts seinen Energieverbrauch digitalisiert. mehr...

Weihnachtsmarkt m Rathaushof von Limbach-Oberfrohna

Limbach-Oberfrohna: Sensoren zählen Weihnachtswichtel

[12.12.2024] Ein erster Use Case im Rahmen der Smart-City-Kooperation zwischen der Stadt Limbach-Oberfrohna und dem Unternehmen GISA dient der temporären Personenstrommessung. Im Pilotprojekt Wichtelcounter wurde die Anwendung jetzt getestet. mehr...

Zwei Frauen stehen in einer Boutique und unterhalten sich.

Bamberg: Fußgängerströme im Blick

[11.12.2024] In der Bamberger Innenstadt soll eine neue Passantenfrequenzmessung erstmals umfassende Fußgängerströme erfassen. Die anonymen Daten sollen Maßnahmen bewerten und Verwaltung wie auch Gewerbetreibenden wichtige Einblicke liefern. mehr...

Screenshot Smart City Dashboard der Stadt Augsburg

Augsburg: Echtzeitdaten zur Verkehrssituation

[10.12.2024] Über ein Smart City Dashboard verfügt jetzt die Stadt Augsburg. Dieses bietet zum Start unter anderem Echtzeitdaten zur Auslastung von Parkhäusern, zum Wetter und zum Innenstadt-Adventskalender. mehr...

Stadträtin und Digitalisierungsdezernentin Isabelle Hemsley steht mit Mitgliedern des städtischen Lenkungskreises Smart City im Hanauer Kulturforum und blättert in einer Broschüre.

Stadtwandel.digital: Smart City auf die Hanauer Art

[06.12.2024] Mit dem Smart-City-Leitbild Stadtwandel.digital will Hanau die Digitalisierung gezielt vorantreiben. Es umfasst sechs Handlungsfelder und listet 13 bereits vorhandene Leuchtturmprojekte auf. Die Bürgerinnen und Bürger sollen die Zukunft ihrer Stadt aktiv mitgestalten können. mehr...

v.l.: Albrecht Pförtner, Christina Junkerkalefeld und Carsten Schlepphorst stehen bei einer Passantenzählstelle an einem Pfosten in der Gütersloher Innenstadt, im Hintergrund ist das Schaufenster eines Geschäfts zu sehen.

Gütersloh: Datenschutzkonforme Passantenzählstellen

[06.12.2024] In der Gütersloher Innenstadt messen ab sofort zwölf Zählstationen kontinuierlich und datenschutzkonform die Besucherströme. Die anonymen Daten sollen insbesondere die Stadtplanung, Wirtschaftsförderung und Veranstaltungsplanung unterstützen. mehr...

Elbphilharmonie spiegelt sich in einer Glaskugel mit dem Wort Hamburg

Hamburg: International herausragend

[05.12.2024] Die Start-up-Förderung und die Verwaltungsdigitalisierung in Hamburg sind international herausragend. In beiden Kategorien erhielt Hamburg die von der International Chamber of Commerce (ICC) vergebenen „Startup Ecosystem Stars Awards“.
 mehr...

BBSR_Studie_Smart_City_Praxis_Titelbild

Studie: Smart Cities in der Praxis

[04.12.2024] 30 Praxisbeispiele aus Smart Cities und Smart Regions stellt eine neue BBSR-Veröffentlichung vor. Die Steckbriefe beantworten zentrale Fragen zum Projekt, nennen die Herausforderungen, welche die Kommune mit der Maßnahme bewältigen möchte und zeigen den Mehrwert der Lösung auf mehr...

v.l.: Ulrich Ahle, Christine Wegner, Daniel Sieveke und Uwe Gockel halten gemeinsam eine Urkunde.

Etteln: Smarter als Hongkong

[26.11.2024] Dass auch kleinste Gemeinden im Digitalisierungswettbewerb mit Weltmetropolen mithalten können, hat Etteln bewiesen. Bei einem internationalen Smart-City-Wettbewerb belegte der Ortsteil einer nordrhein-westfälischen Gemeinde den ersten Platz, Hongkong wurde Zweiter. Ehrenamtliche Helfer, Vereine und Organisationen haben diesen Erfolg ermöglicht. mehr...

Wiesbaden_zwei Frauen auf Solarbank

Wiesbaden: Smarte Sitzbänke

[26.11.2024] Nachhaltige Energie trifft auf smarte Stadtmöbel: In Wiesbaden wurden jetzt auf dem Dern’schen Gelände zwei Solarbänke errichtet. Diese gehen auf die Idee der Jugendkonferenz zurück. mehr...

Ein Straufahrzeug, von hinten zu sehen, fährt auf einer Straße, daneben eine schneebedeckte Landschaft.

Germering: Smarter Winterdienst

[22.11.2024] Mit IoT-Sensoren und einem neuen Softwaremodul hat sich die Stadt Germering für den kommenden Winterdienst gerüstet. Die Lösung unterstützt bei der Routenplanung und Einteilung der Einsatzkräfte. Auch liefert sie Echtzeitdaten über den Straßenzustand und den Füllstand in den Salzsilos der Einsatzfahrzeuge. mehr...

Virtuelles Abbild eines Stadtzentrums, ein Baum ist im Vordergrund des Bildes zu sehen.
bericht

Kreis Hof: Stadtplanung erleben

[21.11.2024] Im Rahmen seines Modellprojekts Smart City erprobt der Landkreis Hof auch den Einsatz von Virtual-Reality-Anwendungen. Entwickelt wird unter anderem eine VR-Simulation zur Stadtplanung; zudem soll virtuelle Realität im Digitalen Zwilling zum Einsatz kommen.  mehr...

Screenshot der Veranstaltungswebsite zur 18. Regionalkonferenz, der im Header das Fridericianum in Kassel zeigt.

18. Regionalkonferenz: Barrieren abbauen in der Smart City

[18.11.2024] Um digitale Angebote, die Menschen mit Behinderungen das Leben erleichtern, geht es bei der 18. Regionalkonferenz der Modellprojekte Smart Cities am 5. Dezember in Kassel. Eingeladen sind Kommunen, die sich zum Thema informieren oder Erfahrungen austauschen möchten. mehr...