EmsdettenDurchblick statt Dschungel
Die Beschäftigten im Emsdettener Steueramt und der Kasse wünschten sich eine Lösung für das papierbedingte Platzproblem in ihren Abteilungen. Denn auch bei nur 35.000 Einwohnern kommen mit der Zeit eine Menge Akten zusammen und im Dschungel der Papierunterlagen wird ein schneller Zugriff auf Informationen immer schwieriger. Darunter leidet nicht zuletzt die Kommunikation mit dem Bürger, denn die Bearbeitung von Vorgängen dauert lange, und auf eine rasche Auskunft am Telefon kann auch nicht immer gehofft werden.
Ein Dokumenten-Management-System (DMS) kann Abhilfe leisten. Bei der Einführung wollte die nordrhein-westfälische Stadt strategisch vorgehen. Eine Projektgruppe, an der unter anderem die IT und die Organisation beteiligt waren, hat die Entscheidung vorbereitet. Das letzte Wort hatte Bürgermeister Georg Moenikes. Wilfried Breulmann, IT-Leiter der Stadtverwaltung, erklärt: „Wenn man in Richtung Informationsmanagement geht, darf es keine Insellösung sein, sondern man muss die gesamte Organisation einbeziehen.“ Denn es gibt auch Bereiche wie Kasse oder Anordnungswesen, die das ganze Haus betreffen. Ein DMS, das nur mit manchen Fachverfahren harmoniert, ist deshalb keine Lösung.
Bedarfsgerechte Produktwahl
Da der Bedarf an DMS nicht in jeder Fachabteilung gleich ist, schaltete Emsdetten zunächst einen externen Berater ein, mit dem die Prozesse in den einzelnen Bereichen untersucht wurden. Dabei kam das Analyseverfahren der Firma Picture zum Einsatz. „Auf diese Weise haben wir erkannt, in welchen Bereichen ein DMS am sinnvollsten wäre“, sagt Breulmann. Kriterien waren stets hohe Fallzahlen, ein besonders hohes Papieraufkommen, auffallend lange Durchlaufzeiten von Vorgängen und ein eklatantes Auftreten von Medienbrüchen.
Anhand eines Arbeitspapiers, das den objektiven Bedarf widerspiegelte, hat Wilfried Breulmann ein Pflichtenheft für die künftige Software entwickelt und sich anschließend an die Produktwahl gemacht. Die Entscheidung fiel Ende 2010 für das d.3-System des Unternehmens d.velop mit der Firma codia Software als Implementierungspartner.
Begonnen hat die Stadt mit der DMS-Einführung Anfang 2011 im Steueramt mit den Grundbesitzabgaben. Dort integrierte codia das d.3-System in das Finanzverfahren AB-DATA. Fortgesetzt wurde die Installation in der Wohngeldstelle mit Anbindung an das Fachverfahren WGplus. Bestand das Wohngeldarchiv bislang aus Hängeregistern mit gut 1.500 Akten, so können die Mitarbeiter jetzt die zu einem Fall gehörenden Dokumente in ihrer WGplus-Oberfläche im d.3 viewer ansehen. Sowohl für das Steueramt als auch für die Wohngeldstelle ließ die Stadt die Papiervorlagen durch einen externen Dienstleister scannen und per Massenimport ins DMS übernehmen.
DMS kommt mit Veränderungen
Die Einführung des DMS koordinierte in Emsdetten der E-Government-Beauftragte Philipp Perplies in Zusammenarbeit mit dem Systempartner. IT-Leiter Breulmann rät jeder Kommune, die Ähnliches vorhat, geeignetes Personal bereitzustellen, denn nebenbei lasse sich so ein Projekt nicht bewältigen. Da im Zuge der Einführung feststehende Prozesse zum Teil völlig umgestellt werden, sei es wichtig, die Beteiligten aus Fachamt, IT und Organisation an einen Tisch zu setzen, deren Wünsche und Anforderungen zu koordinieren und das neue Vorgehen stringent umzusetzen.
Zum E-Government gehört auch die Erweiterung der Zugangskanäle zum Rathaus. Die Bürger können jetzt über die Website Bauanträge stellen, mit dem Einwohnermeldeamt kommunizieren oder Formulare ausfüllen und übermitteln. Da für solche E-Government-Services elektronisch verfügbare Dokumente und Prozesse Voraussetzung sind, ist das DMS auch hier zentraler Bestandteil und technische Basis. „Wir versuchen, alles so weit wie möglich mit dem DMS zu erledigen, damit die Prozesse nicht mehr durch Medienbrüche gestört werden und der Bürger zeitnah und webbasiert mit uns kommunizieren kann“, sagt Perplies.
Anordnungen sind in 30 Minuten wieder bei der FiBu
Im Januar 2012 hat die Emsdettener Verwaltung zudem im Rechnungswesen die elektronische Rechnungsbearbeitung und -freigabe mit dem von codia entwickelten Workflow eingeführt. Dabei werden die Rechnungen direkt nach Eingang gescannt. Eine intelligente Erfassungs-(OCR-)Komponente des d.3-Systems liest die Rechnungsdaten aus und gleicht sie mit Stammdaten, etwa den Kreditorendaten, aus dem Finanzverfahren AB-DATA ab. Somit muss kein Mitarbeiter mehr Rechnungsdaten per Hand in AB-DATA übertragen. Die Rechnung wird im d.3-System abgelegt und die ermittelten Daten stehen im Rechnungseingangsbuch von AB-DATA zur Verfügung. Der Workflow leitet die Rechnungsbelege an die zuständigen Sachbearbeiter in der Fachabteilung weiter. Die Rechnungen wandern also per Mausklick zum Feststeller. Der bescheinigt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der zur Zahlung führenden Angaben. Dann schickt er die Rechnung, wiederum per Mausklick, zum Anordnungsbefugten, der den Vorgang schließlich, gemäß dem Vier-Augen-Prinzip, für die Finanzbuchhaltung und die Kasse freigibt. Der Freigabe-Workflow dokumentiert sämtliche Bearbeitungsschritte in einem Protokoll und verknüpft dieses als XML-Dokument mit dem Rechnungsbeleg im d.3-System. „Früher sind die Anordnungen bei uns drei Tage durchs Haus gelaufen, heute sind sie innerhalb von 30 Minuten wieder zurück bei der FiBu“, sagt Breulmann. „So muss der Bürger nicht warten.“ Und der Sachbearbeiter kann sicher sein: Eine Information, die nicht im d.3-System ist, findet er nirgendwo.
Aktenplan-Modul erwirkt Ordnung
Ordnung ist ein weiteres Thema beim E-Government. Dafür steht exemplarisch der Aktenplan: Zu Papierzeiten hat sich in der Stadtverwaltung Emsdetten kaum jemand an den Aktenplan gehalten. Das wurde unter anderem durch veränderte Arbeitsformen wie Projektarbeit und fachdienstübergreifende Themen bedingt. So sortierte jeder Beschäftigte seine Akten auf eine ihm sinnvoll erscheinende Art und Weise. Das DMS bietet mit einem integrierten Modul eine praktische Funktionserweiterung für die behördenweite Aktenverwaltung nach frei wählbarem Aktenplan, wie KGSt, Einheitsaktenplan oder Boorberg, als Ordnungsrahmen. Dieses Modul enthält umfangreiche Administrations- und Bedienfunktionen für Aktenplankonfiguration, Aktenbestandsverwaltung, Akten- und Vorgangserstellung sowie inhaltliche Navigation. Die Emsdettener haben den KGSt-Aktenplan gewählt. Damit gibt die IT- und die Organisationsabteilung den Mitarbeitern ein Ordnungssystem an die Hand, in dem sie ihre Vorgänge strukturiert und für alle nachvollziehbar ablegen können. Gleichzeitig bietet das Aktenplan-Modul jeder Organisationseinheit der Stadtverwaltung die Möglichkeit der individuellen Gestaltung.
Bürgermeister Georg Moenikes: „Auch eine Kommunalverwaltung steht heute mit ihren Einrichtungen im Wettbewerb mit verschiedenen privaten Organisationen und muss sich vor diesem Hintergrund als leistungsfähiger Partner für Bürger und Wirtschaft verstehen. Mit unserem DMS haben wir hierfür das passende Instrumentarium an der Hand.“
Der Beitrag ist in der Oktober-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt Dokumenten-Management erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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