StuttgartDurchgängig erfolgreich

Die Stuttgarter E-Government Tüftler.*
* v.l.: Ludwig Zölch (Stellvertretender Leiter der Abteilung eGovernment und IT-Strategie), Peter Altenburg, Ralf Armbruster (Abteilungsleiter und CIO), Johann Herzberg, Klaus Fanz. Nicht auf dem Bild: Raffaela Harle, Jörg Fingerle
(Bildquelle: K21 media AG)
Mit E-Government-Anwendungen kann im Idealfall eine Win-win-win-Situation zwischen Bürgern, Verwaltung und Unternehmen erreicht werden, meint Ralf Armbruster, Leiter der Abteilung eGovernment und IT-Strategie der Stadt Stuttgart. Seit 2004 läuft in der baden-württembergischen Landeshauptstadt das Projekt E-Government. Die Grundsteine dafür wurden bereits 1995 gelegt. Als damals das Thema Internet aufkam, hat man in Stuttgart beschlossen, nicht nur ein digitales Informationsangebot nach außen anzubieten, sondern auch ein entsprechendes Mitarbeiterportal anzulegen. 1998 wurde zunächst das Intranet, 2000 dann auch das Internet-Angebot auf eine Datenbank umgestellt. Damit Informationen strukturiert in die Datenbank gelegt werden konnten, wurden Eingabemasken entwickelt. Daraus hat sich das Content-Management-System entwickelt, auf dem heute alle Stuttgarter Ausgangskanäle basieren – so etwa die städtische Website. Diese lag im Jahr 2000 im bundesweiten Vergleich noch auf einem der letzten Plätze. Der Gemeinderat hatte daraufhin beschlossen, das Web-Portal zu optimieren. 2001 ist die neue Seite gestartet, 2002 kamen die ersten Preise – ein Erfolg, der sich bis heute kontinuierlich fortsetzt. Konzipiert wurde das neue Online-Portal von einem Team, aus dem die heutige Abteilung eGovernment und IT-Strategie hervorging.
Erfolgsfaktor Mensch
Der Beschluss, das Thema E-Government in Stuttgart zu adressieren, geht auf das Jahr 2003 und den damaligen Oberbürgermeister Wolfgang Schuster zurück. Von 2003 bis 2004 wurde das Stuttgarter Kompetenzzentrum E-Government aufgebaut, damals mit drei Mitarbeitern. 2012 wurde dann die Abteilung eGovernment und IT-Strategie fest etabliert. Sie ist beim Haupt- und Personalamt angesiedelt und umfasst mittlerweile ein Team von sieben Mitarbeitern, welche den E-Government-Prozess von Anfang an begleitet haben. Ralf Armbruster: „Die Mitarbeiter scheiden erst dann aus, wenn sie das Pensionsalter erreicht haben und den Ruhestand antreten. Wir arbeiten also über Jahre hinweg kontinuierlich zusammen und können somit auf Gelerntem aufbauen.“
Die Schwerpunkte des Stuttgarter E-Government lassen sich in vier Bereiche unterteilen. So werden für den Bürger unter Einsatz eines Frameworks von Software-Bausteinen sowie von Methoden- und Ablaufstrukturen Recherche-Werkzeuge und Online-Anträge unter Berücksichtigung von Usability-Kriterien entwickelt. Das Stuttgarter E-Government umfasst auch ein mobiles Web-Angebot, etwa für Handys und Smartphones. Die Datengrundlage für diese Entwicklungen liefert das städtische Content-Management-System. Mit der Kooperationsplattform MeinServiceStuttgart und dem E-Government-Portal ServiceStuttgart werden zudem Werkzeuge für den Aufbau von geregelten Workflows zwischen der Verwaltung und externen Partnern erstellt. Damit sind rechtssichere Online-Transaktionen möglich, die neuerdings auch auf dem Einsatz des neuen Personalausweises gründen. Auch die Einsicht in die elektronische Akte ist auf Basis der Plattformen möglich. Seit dem Jahr 2001 hat Stuttgart außerdem bei gebührenpflichtigen Anwendungen ein Bezahlmodul im Einsatz.
Erfolgsfaktor Baukasten
An einem Monitoring der Lösungen lässt sich erkennen, dass die digitalen Services bei den Bürgern ankommen. Das Angebot, Feinstaubplaketten online zu beantragen, kommt sogar bundesweit zum Einsatz. Der Erfolg beruht laut CIO Ralf Armbruster auf mehreren Komponenten. So soll E-Government in Stuttgart sowohl die Verwaltung als auch die Bürger entlasten. „Wichtig ist es, die Anwendungen aus Bürger- und nicht nur aus Verwaltungssicht zu betrachten. Es ist also bei der Entwicklung zu fragen, welchen Vorteil der Bürger aus einem neuen Produkt ziehen kann – denn er soll die Anwendung schließlich nutzen wollen“, sagt Armbruster. Usability-Tests eignen sich, um Unstimmigkeiten erkennen und bereinigen zu können.
Eine vorausschauende Entwicklung hat sich ebenfalls als Erfolgsfaktor erwiesen. Wenn sich aus Sicht der E-Government-Abteilung in einem Bereich Bedarf abzeichnet, werden auch ohne konkreten Auftrag Projekte gestartet. „Es hat sich immer ausgezahlt, bereits Werkzeuge oder eine prototypische Umsetzung anbieten zu können, wenn eine Anwendung dann tatsächlich gebraucht wird. Wenn beispielsweise ein Fachamt ein Anliegen anmeldet, können wir mithilfe des bis dato entwickelten Werkzeugkastens schnell auf Basis des Prototypen zu einem gemeinsamen Verständnis der angestrebten Lösung kommen.“ Hohe Fallzahlen und die Relevanz für andere Kommunen tragen ebenfalls zum Erfolg einer E-Government-Lösung bei. Armbruster: „Wir halten immer die Augen offen, was sich in anderen Kommunen im Bereich E-Government tut. So haben wir beispielsweise festgestellt, dass es auch in Stuttgart möglich sein sollte, ein Führungszeugnis mithilfe des neuen Personalausweises zu beantragen. Wir richten unser Augenmerk dabei nicht auf Anwendungen, für die schon landesweite Lösungen im Einsatz sind, wie zum Beispiel für die Kfz-Zulassung. Stattdessen konzentrieren wir uns auf Anwendungen, die lokale Fragestellungen wie die Suche nach einem geeigneten und wohnortnahen KiTa-Platz aufgreifen.“
Erfolgsfaktor Kontinuität
Ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor liegt in der Kontinuität der Produkte. Aus dem Stuttgarter CMS ist ein Framework entstanden, welches die Grundsteine für viele Anwendungen bereithält. „Ein solcher Entwicklungsbaukasten, der mir wiederverwendbare Module an die Hand gibt, kennzeichnet für mich reifes E-Government“, meint Stuttgarts CIO Ralf Armbruster. „Dabei ist es wichtig, auch die Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Anwendungen zu erkennen. Ein häufiger Fehler ist, dass die Vorgänge kontextunabhängig betrachtet werden. So werden etwa für Veranstaltungen, Öffnungszeiten von KiTas oder Anwendungen mit Kalenderfunktion getrennte Anwendungen entwickelt, ohne zu erkennen, dass es sich hier abstrahiert immer wieder um die gleiche Funktion handelt.“ In Stuttgart werden statt eines komplett neuen Antrags nach Möglichkeit immer nur die Komponenten entwickelt, die einen Antrag von vorhergehenden unterscheidet. Dabei fallen geringere Kosten an, Fehler lassen sich leichter beheben und Weiterentwicklungen können schneller umgesetzt werden.
Die Durchgängigkeit der Stuttgarter E-Government-Lösungen erlaubt es auch, ein Monitoring über alle Anwendungen zu erstellen. Dank der E-Payment-Funktion ist dabei jederzeit abrufbar, welche Beträge die Stadt über Online-Transaktionen umsetzt. Ohne die einheitliche Entwicklungsumgebung müsste für jede E-Government-Anwendung ein eigenes Monitoring aufgesetzt werden. „Da hätte man mehr Arbeit mit dem Monitoring als mit der Anwendung selbst“, erklärt Armbruster. Auch im Bereich des einheitlichen Behördenrufs 115 erweist sich der durchgängige Lösungsansatz als entscheidender Vorteil, da auf diese Weise eine optimale Service-Integration realisiert werden kann. Existierende Anwendungen können so über das D115-Service-Center auch via Telefon genutzt werden. „E-Government bedeutet in Stuttgart auch, dass möglichst jeder Kanal genutzt werden soll, um Behördendienstleistungen in Anspruch zu nehmen – gegebenenfalls sogar ohne Online-Zugang“, so Ralf Armbruster.
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