Donnerstag, 10. Oktober 2024

E-AkteDurchgängige Digitalisierung als Ziel

[21.08.2023] Mit der E-Akte sollen Dokumente leichter zugänglich, Prozesse verschlankt und Zeit und Kosten gespart werden. Eine digitale Aktenführung ist ein wichtiger Meilenstein. Das Ziel einer Ende-zu-Ende-Digitalisierung ist aber damit noch lange nicht erreicht.
Eine digitale Aktenführung ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer durchgängigen Verwaltungsdigitalisierung – darf aber nicht als Endziel verstanden werden.

Eine digitale Aktenführung ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer durchgängigen Verwaltungsdigitalisierung – darf aber nicht als Endziel verstanden werden.

(Bildquelle: 123rf.com/ddock)

Die Website des Amtes besuchen, sich elektronisch authentifizieren, mit wenigen Klicks den Antrag auf einen neuen Personalausweis stellen, die nötigen Informationen und das Lichtbild hochladen und innerhalb kürzester Zeit die Info erhalten, wann das Dokument abgeholt werden kann? Dieses Szenario zeigt, dass Behördengänge keine „Gänge“ mehr sein müssten, sondern komfortabel online erledigt werden könnten. In der Realität besteht für solch reibungslose digitale Prozesse allerdings noch Nachholbedarf. So schneidet Deutschland im Report „Benchmark für elektronische Behördendienste 2022“ der Europäischen Kommission unterdurchschnittlich ab. Bewertet wurde dabei die Bereitstellung elektronischer Behördendienste in 35 Ländern in ganz Europa. Während Malta mit 96 Prozent an der Spitze liegt, erreicht die deutsche Verwaltung lediglich einen Wert von 63 Prozent und somit fünf Prozentpunkte unter dem europäischen Durchschnitt.
Doch woran liegt das? Ideen und Initiativen gibt es: So soll mit der konsequenten Einführung der E-Akte eine nachvollziehbare, strukturierte Ablage geschaffen werden, die alle aktenrelevanten Dokumente enthält. Die Vorteile liegen auf der Hand: medienbruchfreie Bearbeitung von Dokumenten und Anliegen und ein leichter, ortsunabhängiger Zugang zu Informationen und Vorgängen. Dies ermöglicht ressourcenschonendes Arbeiten und eine Verkürzung von Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten. Davon profitieren Ämter, Steuerzahler und Antragstellende gleichermaßen.

Das Back End in den Blick nehmen

Mithilfe des Onlinezugangsgesetzes (OZG), das bis Ende 2022 den digitalen Zugang zu Verwaltungsleistungen verbessern beziehungsweise erst ermöglichen sollte, ist es bisher nicht gelungen, die Vision eines durchgängig digitalen „Ganges zum Amt“ umzusetzen. Nicht nur sind längst nicht alle öffentlichen Verwaltungen und Ämter in der Lage, Bürgerinnen und Bürgern ihre Services auch digital anzubieten. Darüber hinaus bezog sich das OZG lediglich auf das Front End, also die Online-Portale und Eingabemasken, über die Verwaltungsdienste digital erreichbar sein sollen. Alle nachgelagerten Prozesse und Fachverfahren, die in Verwaltungen genutzt werden, um die Bürgeranliegen zu bearbeiten, wurden nicht berücksichtigt.
Das führt in der Praxis zu teilweise grotesk anmutenden Szenarien. So kann es passieren, dass Bürgerinnen und Bürger ihren Antrag – etwa auf einen neuen Reisepass oder Elterngeld – zwar online stellen. Dieser digitale Antrag wird dann aber nicht automatisch erfasst und an Fachverfahren oder Sachbearbeiter weitergeleitet – stattdessen werden Anträge ausgedruckt, um manuell weiterverarbeitet zu werden. Mitunter werden dabei persönliche Daten von einem papiergebundenen Formular, das vormals digital war, erneut abgetippt, um sie in das nächste System zu übertragen. Das ist nicht nur fehleranfällig und ein Risiko für den Datenschutz, sondern vor allem langsam und ineffizient. Und das, obwohl Workflow Tools und Robotic Process Automation vielfältige Möglichkeiten zur Automatisierung von Back-End-Prozessen geben. Eine durchgehende Ende-zu-Ende-Digitalisierung oder gar partielle Automatisierung ist so unmöglich. In Zukunft müssen Verwaltungen also genau da ansetzen, wo das OZG halt macht, nämlich hinter den „Kulissen“ und Eingabemasken – wo das Backend anfängt.

Ein Single Point of Truth

Die E-Akte als nachvollziehbare, strukturierte Ablage, die alle aktenrelevanten Dokumente enthält, ist eine zentrale Säule der digitalen Verwaltung. Mit Dokumenten-Management-Systemen (DMS) und Enterprise-Content-Management-Plattformen (ECM) kann dieses Konzept praktisch umgesetzt werden. Diese Plattformen bündeln unterschiedlichste Dokumente und Informationen an einem Ort, ermöglichen jederzeit und überall sicheren Zugriff und erlauben die Implementierung rollenbasierter Zugriffsrechte. Wenn ein Paar dann etwa eine Eheschließung anmeldet, müsste es notwendige Dokumente wie die Geburtsurkunde nicht mehr in der Heimatstadt postalisch beantragen. Vielmehr könnten die jeweils befugten Beamten digital und ortsunabhängig auf alle Urkunden zugreifen, die für den Antrag nötig sind. Das spart nicht nur Zeit und Behördengänge, sondern auch Porto, Papier und Nerven.

Open-Source und Interoperabilität

Will man das Back End durchgehend digitalisieren, braucht es jedoch nicht nur einen allgemeingültigen, zuverlässigen Datenbestand, sondern auch einheitliche Standards und Schnittstellen, damit alle eingesetzten Fachverfahren und Systeme interagieren und miteinander kommunizieren können. Interoperabilität und technische Souveränität sind hier die Stichworte. Digitale Souveränität kann insbesondere mit Open-Source-Lösungen für das Management von Inhalten gewährleistet werden. Open-Source-Plattformen für ECM und Content Services bieten dabei offene Standards und die Möglichkeit, Anwendungen im Sinne eines Best-of-Breed-Ansatzes zu kombinieren und mit Low-Code- und Customizing-Optionen eigene Lösungen zu entwickeln.
Die Plattformen bilden einen zentralen Knotenpunkt, an dem Daten und Dokumente aus unterschiedlichsten Kommunikationskanälen und Applikationen zentral zusammengeführt werden und stellen vielfältige Funktionen zur Verwaltung, Bearbeitung und durchgängigen Automatisierung von Dokumentenprozessen bereit. Das ermöglicht eine effiziente Verarbeitung von Korrespondenzen und Inhalten, schnellere Durchlaufzeiten und höhere Nutzerfreundlichkeit. So setzt die Stadt Rotterdam beispielsweise schon heute die Open-Source-Plattform Alfresco von Hyland ein und ermöglicht den Usern so eine reibungslose Nutzererfahrung und intuitive Kollaborationsmöglichkeiten.

Von der Digitalisierung zur Automatisierung

Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern verfolgt das Ziel, Prozesse zu optimieren. So kann die Arbeit der Verwaltung erleichtert werden, Mitarbeitende können sich auf anspruchsvollere Aufgaben konzentrieren und die Nutzererfahrung von Bürgerinnen und Bürgern wird verbessert. Ein wichtiger Baustein ist dabei Automatisierung. Software-Lösungen für Intelligent Automation, Maschine Learning und Robotic Process Automation können verschiedenste Aufgaben übernehmen, Workflows automatisieren und so nicht nur Prozesse beschleunigen, sondern auch Fehlerquellen beseitigen sowie die Datensicherheit und Compliance verbessern. Die E-Akte und ECM-Plattformen mit offenen Standards, vielfältigen Integrationsmöglichkeiten und integrierten Automatisierungsfunktionen für den gesamten Dokumenten- und Datenlebenszyklus sind dabei ein zentrales Tool.

Marcel Ruppert ist Practice Leader Public Sector des Content-Services-Anbieters Hyland.




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