Dienstag, 12. November 2024

WittenE-Government und Papier?

[12.04.2016] Mit der Digitalisierung hat die Papierakte ihre Verlässlichkeit verloren. Witten setzt deshalb auf die elektronische Aktenführung. Einheitlichkeit erleichtert dabei den unterschiedlichen Ämtern der Stadt die Handhabung.
Die Papierakte hat ausgedient.

Die Papierakte hat ausgedient.

(Bildquelle: PEAK Agentur für Kommunikation)

Der Umgang mit Smartphone, Navigationsgerät oder Online-Banking ist für viele selbstverständlich und alltäglich. Warum aber bereitet oft allein der Gedanke an den Verzicht auf Papierakten (P-Akten) bei Behörden so viel Unbehagen? Erinnern wir uns an dieser Stelle an die einstigen Telefongeräte aus einem Kunststoff namens Bakelit: Die jungen Generationen unserer Gesellschaft kennen diese wuchtigen Geräte genauso wenig wie den Musikkonsum über Tonbandgeräte oder Kassettenrekorder. Papierakten sind noch viel älter als Bakelit: Der Gedanke, Papierblätter in Aktenordnern zu sammeln, kam in Deutschland schon Ende des 19. Jahrhunderts auf. Wenn wir heute über E-Government sprechen, also über einen Weg, Informationen innerhalb und zwischen Behörden und Unternehmen beziehungsweise Bürgern digital auszutauschen, dann sollte die gute alte Papierakte in den wohlverdienten Ruhestand gehen dürfen. Sie war lange genug eine verlässliche Stütze der Verwaltung. In den vergangenen Jahren hat die Verlässlichkeit der P-Akte jedoch mehr und mehr gelitten. Diejenigen, die die P-Akten geführt haben, sahen sich neuen Herausforderungen gegenüber. Die Kommunikationswege sind vielfältiger geworden. Täglich kommen E-Mails mit Dateianhängen ins Haus. Eine P-Akte hätte nur dann noch die gleiche Aussagekraft wie vor 150 Jahren, wenn die geschäftsrelevanten E-Mails und Dateien sowie die Dokumente aus den zahlreichen Fachprogrammen ausnahmslos ausgedruckt und dann abgeheftet – veraktet – würden. Das findet aber nur in den wenigsten Fällen statt. Wichtige Informationen befinden sich somit nicht mehr ausschließlich in den P-Akten, sondern auch in Outlook, auf Laufwerken oder in Fachprogrammen. Seit die mechanische Schreibmaschine der Datenverarbeitung gewichen ist, sind P-Akten deshalb nicht mehr die Informationssammler, die sie zuvor waren. Wenn sich heute beispielsweise ein Richter via behördlicher P-Akte ein Bild von einem Vorgang machen will, dann scheitert er häufig – manchmal allein deshalb, weil die P-Akte in der Behörde verloren gegangen ist. Kopieren ist in vielen Behörden zwar noch an der Tagesordnung, aber Sicherungskopien von ganzen P-Akten gibt es nicht.

Die E-Akte kann mehr

Ersetzt eine elektronische Akte die Papierakte? Nein, denn einfaches Ersetzen würde eine E-Akte schlicht unterfordern. Eine digitale Akte kann viel mehr, als eine Papierakte jemals leisten konnte. Sie kann nicht nur digitalisierte Papierdokumente aufnehmen, sondern übernimmt auch E-Mails und deren Dateianhänge. Auch digitale Dokumente aus Fachverfahren nimmt sie auf. Die Furcht vor Informationsverlust ist nicht mehr begründet, da E-Akten permanent elektronisch gesichert werden und somit reproduzierbar sind. Im Gegensatz zu P-Akten sind digitale Akten außerdem nicht ortsgebunden. Beispielsweise findet eine auf P-Akten basierende Antragsannahme klassisch dort statt, wo die Akten hängen. Mit der E-Akte sind die Akten hingegen überall dort, wo die Mitarbeiter sind – auch wenn sie den Raum oder das Dienstgebäude wechseln. Das ermöglicht flexible Formen der Arbeit. Wer den Aktenbestand elektronisch vorhält, der kann seinen Mitarbeitern beispielsweise das Arbeiten von zu Hause aus ermöglichen. Führungskräfte haben außerdem die Möglichkeit, mobil und von unterwegs aus auf die Akten zuzugreifen. Besonders interessant sind E-Akten aus Datenschutzsicht. P-Akten datenschutzgerecht zu bearbeiten, zu lagern und intern weiterzuleiten zählt zu den besonderen Herausforderungen im Behördenalltag. Mit der E-Akte sind Zugriffsrechte an Akten trennscharf auf einfache Art und Weise realisierbar.

Einheitlichkeit als Alleinstellungsmerkmal

Der Blick auf digitale Akten ist vielfach durch Ahnungen, Meinungen und Vorstellungen geprägt und hat somit nicht viel mit Wissen zu tun. Das muss sich schnell ändern. Bei der Stadtverwaltung Witten wird die E-Akte seit vielen Jahren eingesetzt. Obwohl die Kommune eine der so genannten Haushaltssicherungsgemeinden in Nordrhein-Westfalen und die wirtschaftliche Situation somit sehr angespannt ist, gehört die E-Akte zum Standard der Bürokommunikation und wird im ganzen Haus ausgerollt. Sie hat zwar ihren Preis, der aber rechnet sich innerhalb kürzester Zeit. Kompliziert ist der Wechsel auf elektronische Akten, wenn jeder Fachbereich eine eigene E-Akte bekommt, die sich von denen der anderen Aufgabenbereiche unterscheidet. Wenn so mit der Zeit 20 bis 40 verschiedene E-Akten in einer Behörde vorhanden sind, dann nähert man sich babylonischen Verhältnissen mit den bekannten Folgen. Die E-Akte Witten sieht deshalb überall gleich aus – ob sie nun im Personalamt, Rechtsamt, Rechnungsprüfungsamt oder Jugendamt eingesetzt wird. Das unterscheidet sie von vielen anderen Lösungen auf dem Markt.

Witten bald ohne P-Akten

Witten beherbergt eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge des Landes Nordrhein-Westfalen. Nicht zuletzt an diesem Beispiel zeigen sich die Vorteile, dass das Sozialamt und die Ausländerstelle, die neben anderen Organisationsbereichen mit dieser Aufgabe betraut sind, über die E-Akte Witten verfügen. Daten können vor Ort mit Laptops erfasst und Dokumente elektronisch ausgetauscht werden. Automatisiert werden Akten angelegt. Das erspart viel Arbeitszeit, führt zu schnelleren und gesicherten Ergebnissen und ist Ausdruck behördlichen Arbeitens zu E-Government-Zeiten. Die entsprechenden Visionen zur E-Akte hatte Witten bereits vor Rechtskraft des ersten E-Government-Gesetzes in der Bundesrepublik. Es war erklärter Wille der Stadt, zeitgemäß zu arbeiten und die Vorteile der E-Akte zu nutzen. Heute arbeiten fast alle Mitarbeiter im Rathaus, dem Hauptdienstgebäude, mit der E-Akte Witten. Die Nutzerzahl steigt Jahr für Jahr. Auf Unbehagen trifft man in Witten somit nur noch dort, wo mit der P-Akte gearbeitet wird. Ein Ende ist aber absehbar und dann gibt es in der Behörde schlicht keine Papierakten mehr.

Volker Staupe ist Projektleiter DMS bei der Stadt Witten.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Dokumenten-Management

d.velop: Beteiligung an optiGov

[17.10.2024] Mit der Beteiligung an der Firma optiGov kann das Unternehmen d.velop künftig eine ganzheitliche Digitalisierungslösung anbieten – von der Authentifizierung über die interne Abwicklung in den Fachbereichen bis hin zur rechtlich konformen Zustellung von Dokumenten. mehr...

Leichlingen: Umstieg auf die E-Akte

[09.10.2024] Die Einführung der elektronischen Aktenführung sowie die fortschreitende Digitalisierung von Dienstleistungen im Bereich Bürgerservice stehen im Fokus der aktuellen E-Government-Strategie der Blütenstadt Leichlingen. mehr...

3D-Outlines eines Briefumschlages mit @-Zeichen, dargestellt vor einem blauen Hintergrund.

Lecos: E-Mail-Archiv für die Stadt Leipzig

[09.10.2024] Mit der Einführung eines zentralen E-Mail-Archivs unterstützt IT-Dienstleister Lecos die Mitarbeitenden der Stadt Leipzig dabei, ihre Postfächer effizient zu organisieren. E-Mails, die älter als ein Jahr sind, werden automatisch archiviert, um das System zu entlasten. Die Lösung verspricht mehr Sicherheit, und die Mitarbeitenden sparen Zeit. mehr...

bericht

Bremerhaven: Ganz oder gar nicht

[26.09.2024] Das Projekt zur Umsetzung einer vollständig medienbruchfreien elektronischen Rechnungsbearbeitung hat sich in Bremerhaven als Erfolgsgeschichte erwiesen. Mittlerweile wurden alle 87 Organisationseinheiten der Stadt an die E-Rechnung angeschlossen. mehr...

Barsbüttel beschleunigt die digitale Transformation.
bericht

Barsbüttel: Mit System zur E-Akte

[25.09.2024] Wie auch kleine Gemeinden in Rekordzeit die E-Akte einführen können, macht Barsbüttel vor. Eine leistungsstarke, vielseitige Lösung, regelmäßige Schulungen und der Austausch mit anderen Anwendern gehören zum Erfolgsrezept. mehr...

Die E-Akte ist eine der drei strategischen Säulen der Verwaltungsdigitalisierung.
bericht

E-Akte: Mit Plattform vernetzt

[11.09.2024] Der IT-Dienstleister ekom21 hat die E-Akte und die Digitalisierungsplattform civento vernetzt. Ende 2023 wurden bei ersten Kunden civento-Prozesse über die komplette Antragsstrecke hinweg bis hin zur Ablage vollständig digitalisiert. mehr...

Die Langzeitaufbewahrungslösung proNEXT Archive Manager des Herstellers procilon wurde vom BSI nach TR-ESOR 1.3 zertifiziert.

procilon: BSI-Zertifikat für den Archiv-Manager

[09.09.2024] Bei der elektronischen Speicherung von Dokumenten sind Unternehmen und Institutionen an verschiedene gesetzliche Vorgaben gebunden. Die BSI-Richtlinie TR-ESOR will zur Beweiswerterhaltung solcher Dokumente beitragen. Die Lösung proNEXT Archive Manager des Herstellers procilon erhält nun als erste Lösung das BSI-Zertifikat in der aktuellen Version 3.1. mehr...

Bremen: Posteingang wird digital erfasst

[03.09.2024] Mit der Einführung einer Software für das Falleingangsmanagement will das Bremer Amt für Soziale Dienste sicherstellen, dass eingehende Anträge künftig zentral erfasst werden. Bei einer Überprüfung waren zuvor mehrere hundert Schriftstücke im Datenmüll gefunden worden, die noch nicht hätten entsorgt werden dürfen. mehr...

Bei der Hamburger Verwaltung eingehende Papierpost wird künftig digitalisiert.

Hamburg: Papierpost wird digital

[27.08.2024] Hamburg führt eine elektronische Posteingangsbearbeitung ein. Diese sorgt dafür, dass eingehende Papierpost vollständig digitalisiert und automatisch vorsortiert wird, rasch an die richtigen Stellen kommt und dort zügig bearbeitet werden kann. Das Verfahren ergänzt die bereits etablierte E-Akte. mehr...

Im Odenwald gehen vier Kommunen die Herausforderungen der Digitalisierung gemeinsam an.

Hessen: Interkommunale Zusammenarbeit im Odenwald

[25.07.2024] Die vier Kommunen Erbach, Michelstadt, Oberzent und Brombachtal gehen den Weg von einem papierbasierten Verwaltungsmodell hin zu einer digital agierenden Verwaltungsorganisation gemeinsam. Die Zusammenarbeit bewährt sich – und wird vom Land Hessen gefördert. mehr...

Akten der Stuttgarter Ausländerbehörde werden digitalisiert.

Stuttgart: Ausländerbehörde stellt auf E‐Akte um

[16.07.2024] Die Ausländerbehörde in Stuttgart will ihre Akten künftig elektronisch führen. Der Gemeinderat hat nun die Mittel zur Finanzierung des Projekts beschlossen. Rund 1,6 Millionen Euro werden für die Digitalisierung der Akten veranschlagt. mehr...

Lorenz Orga/ekom21: Wirksames Akten-Management

[20.06.2024] Die Unternehmen Lorenz Orga-Systeme und ekom21 haben ihr Produktportfolio vernetzt: Die elektronische Akte von Lorenz Orga-Systeme wurde Teil von civento, der Digitalisierungsplattform der hessischen Kommunen. Damit wird ein wirksames Akten-Management möglich. mehr...

regisafe: Umfassendes Update

[08.05.2024] Ein Update seiner Dokumenten-Management-Lösung hat der Software-Hersteller comundus regisafe herausgebracht. Wichtigste Neuerungen sind die Cloud-Lösung, die Möglichkeit zur steuerlichen Prüfung nach §2b UStG und erweiterte Funktionen für die digitale Signatur. mehr...

Die Integration generativer KI erweitert das Anwendungsspektrum einer intelligenten Such-Software.

Generative KI: Wenn die E-Akte auf Fragen antwortet

[08.05.2024] Die öffentliche Verwaltung muss täglich große Mengen an Informationen verarbeiten, gleichzeitig erwarten die Bürger immer schnellere Services. Intelligente Such-Software hilft den Behörden dabei, diesen Spagat zu meistern. Noch mehr Möglichkeiten bietet die Integration generativer KI. mehr...

Sagen der Arbeit im Aktenarchiv ade: Elena Taboada

Ehringshausen: E-Akte optimiert Arbeitsgrundlage

[02.05.2024] Binnen drei Monaten konnte die Gemeinde Ehringshausen alle ihre Bauakten in die elektronische Akte transferieren. Da die bisherigen Daten der Papierakten um Metadaten aus dem Geo-Informationssystem ergänzt wurden, fand mit der Digitalisierung auch eine qualitative Aufwertung statt. mehr...