Baurechnungen digitalE-Rechnungen im Bau
Seit April 2020 sind öffentliche Auftraggeber auf kommunaler Ebene zum Empfang von elektronischen Rechnungen nach dem Standard XRechnung verpflichtet. Unabhängig von unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern erstreckt sich diese Verpflichtung auf den oberschwelligen Vergabebereich, in welchen insbesondere Bauleistungen fallen. Folglich sehen sich öffentliche Auftraggeber sowie Lieferanten mit der Herausforderung konfrontiert, den kompliziertesten Rechnungstyp zu digitalisieren. Warum gestaltet sich die Digitalisierung der Baurechnung und des zugehörigen Prüfprozesses so schwierig? Vor allem weil drei Komponenten ineinandergreifen müssen, um eine ganzheitliche Digitalisierung zu ermöglichen: das Rechnungsdokument, die zugehörigen rechnungsbegründenden Unterlagen und der Prüfprozess selbst.
Nordrhein-Westfalen bietet zentrales Vergabeportal
Das Rechnungsdokument und dessen Eingangsformat in Verbindung mit den rechnungsbegründenden Unterlagen, beispielsweise Bauplänen oder Aufmaßen, bilden die Grundlage für die Digitalisierung des Verarbeitungsprozesses. Denn nur, wenn besagte Dokumente künftig digital eingehen, können diese ohne den zusätzlichen Aufwand für die Digitalisierung von Papierdokumenten elektronisch weiterverarbeitet werden. Die Problematik bei der Umstellung liegt hierbei jedoch nicht nur aufseiten des Rechnungsempfängers, welcher einen elektronischen Eingangskanal wie zum Beispiel ein zentrales E-Mail-Postfach für Eingangsrechnungen bereitstellen muss. Vielmehr muss auch der Rechnungssteller seinen Rechnungsausgang auf das entsprechende elektronische Format umstellen, was sich insbesondere für kleinere Betriebe als komplexe und kostenintensive Aufgabe gestaltet.
In Bundesländern wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen wird dafür Abhilfe geschaffen: Über das zentrale Vergabeportal können sowohl öffentliche Auftraggeber den Empfang von elektronischen Rechnungen gewährleisten als auch Rechnungssteller ihre Rechnungen über eine Web-Erfassung direkt im Portal generieren und versenden. Dies ist jedoch nicht in allen Bundesländern möglich, da die jeweiligen Landesregierungen nicht zur Bereitstellung eines Rechnungseingangsportals verpflichtet sind.
Komplexe Prüfungsvorgänge
Ein weiteres Problem: Bereits die aktuell vorherrschende papierbasierte Prüfung der Baurechnung zählt zu den komplexeren Prozessen, da unter anderem externe Beteiligte wie Generalplaner oder Architekten in die Rechnungsprüfung einbezogen werden müssen. So werden teils mehrere Aktenordner mit den rechnungsbegründenden Unterlagen zwischen Rechnungssteller, -empfänger sowie den externen -prüfern wiederholt versendet. Darüber hinaus kann und sollte die aktuell in der Praxis gängige Methode der Rechnungskorrekturen durch den Rotstift nicht in einen digitalen Prozess überführt werden. Hierbei handelt es sich letztendlich um eine rechtliche Grauzone, da an sich nur der initiale Aussteller zu Korrekturen berechtigt ist.
Und dazu kommt nun die Anforderung, mit der XRechnung auf einen reinen Datenstandard im XML-Format umzustellen. Im Prinzip eine sehr nachhaltige Idee, da die Übermittlung von Daten aus einem System in ein anderes durch Übertragung über Dokumente auf absehbare Zeit durch den direkten Datenaustausch ersetzt werden wird. Allerdings ist die XRechnung, welche auf der EU-Norm basiert, nicht speziell für Baurechnungen konzipiert. So werden zwar ab Juli 2020 mit der Version 1.2.2 neue Datenfelder für die Klassifizierung von Rechnungsarten für den Baubereich (zum Beispiel Abschlagsrechnungen) ergänzt – bezüglich der Anlagen gibt es allerdings Restriktionen. So sind die Anlagen einer elektronischen Rechnung nach dem Standard XRechnung, insofern diese über ein zentrales Portal übermittelt wird, auf maximal 200 einzelne Dokumente mit einer Gesamtgröße von 15 Megabyte beschränkt. Darüber hinaus werden zum aktuellen Zeitpunkt keine Anhänge im XML-Format (GAEB DA XML 3.2) oder CAD-Formate unterstützt, welche zur Übermittlung der rechnungsbegründenden Unterlagen zwingend notwendig sind. In Bezug hierauf bleibt vorerst nur die weitere Entwicklung abzuwarten.
Drei Stufen der Umsetzung der XRechnung
Davon unberührt besteht jedoch für öffentliche Auftraggeber die Verpflichtung, auch den Empfang von elektronischen Baurechnungen nach dem Standard XRechnung sicherzustellen. Es können hierbei drei Stufen der Umsetzung unterschieden werden. Sollten zum aktuellen Zeitpunkt der Empfang und die Verarbeitung von elektronischen Baurechnungen sowohl technisch als auch organisatorisch noch nicht umgesetzt sein, gilt es im ersten Schritt kurzfristig eine gesetzeskonforme Lösung zu implementieren, welche die Mindestanforderungen an öffentliche Auftraggeber erfüllt. Dies bedeutet, dass zumindest der elektronische Empfang des Rechnungsdokuments gewährleistet werden muss. Die zugehörigen umfangreichen rechnungsbegründenden Unterlagen können im Rahmen dieser Compliance-Lösung vorerst weiterhin in Papierform oder gegebenenfalls in digitaler Form (CAD-Pläne, GAEB-Dateien) per E-Mail übermittelt werden. Die Prüfung der Baurechnung wird folglich weiterhin im etablierten Papierprozess vorgenommen.
Ganzheitliche Bauplanung mit BIM
Als Übergang zu einer ganzheitlichen Lösung sollte in einem zweiten Schritt darauf hingearbeitet werden, den Prüfprozess zu digitalisieren und analog eingehende Dokumente zu scannen und dem digitalen Prozess zuzuführen. Sofern die Digitalisierung der Dokumente gewährleistet ist, kann schließlich über eine Automatisierung des Prüfprozesses von Baurechnungen nachgedacht werden. Spätestens an dieser Stelle muss auch über die Bemühungen einer ganzheitlichen Bauplanung im Rahmen von Building Information Modeling (BIM) gesprochen werden. Hier werden aktuell die Grundlagen für eine effiziente Abrechnung gelegt – die flächendeckende Umsetzung ist freilich noch einige Jahre entfernt.
Dieser Beitrag ist in gekürzter Form in der Ausgabe Mai 2020 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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