Donnerstag, 5. Dezember 2024

Digitale VerwaltungEin Blick nach vorne

[09.03.2016] Ein zentrales Servicekonto, über das Nutzer unabhängig vom Wohnsitz auf digitale Verwaltungsangebote aller föderalen Ebenen gelangen – könnte so das E-Government der Zukunft aussehen? Und welche Voraussetzungen müssten dafür erfüllt sein?
Eine Behördenplattform für alle: Illusion oder Zukunft?

Eine Behördenplattform für alle: Illusion oder Zukunft?

(Bildquelle: PEAK Agentur für Kommunikation)

Die Digitalisierung erfasst nicht zuletzt die Organisation des öffentlichen Lebens durch den Staat. Doch gerade die Beurteilung digitaler Verwaltungsservices fällt eher negativ aus: wenig nutzerfreundlich, unübersichtlich, zu fragmentiert und zu kompliziert. 64 Prozent der Bürger stufen die digitale Verfügbarkeit von Verwaltungsdienstleistungen zwar als wichtig ein, doch nur 25 Prozent nutzen digitale Kanäle, um Verwaltungsvorgänge zu erledigen. In der Accenture-Studie Digital Pulse Survey aus dem Jahr 2015 gaben 55 Prozent der deutschen Befragten an, dass sie zehn Prozent oder noch weniger ihrer Behördengänge auf digitalem Wege erledigen. Mit dem derzeitigen Angebot digitaler Verwaltungsservices sind 77 Prozent der Deutschen unzufrieden. Nutzer erwarten, dass Dienstleistungen von überall und zu jeder Zeit verfügbar sind. Das gilt auch für die Angebote des Staats. Hier spielen außerdem Nutzerfreundlichkeit und Sicherheit eine große Rolle. Die Technologie kann das leisten, doch fehlt nach wie vor ein umfassendes, interoperables Angebot. Hier könnte ein Servicekonto als individualisierte Behördenplattform eine Lösung sein – ein zentraler Zugang, der Bürger und Unternehmen unkompliziert durch Verwaltungsverfahren begleitet.

Hindernisse überwinden

Mit einem interoperablen Servicekonto wäre ein Zugriff auf digitale Services aller föderalen Ebenen unabhängig vom Wohnsitz realisierbar. Das Servicekonto wäre nach Lebenslagen sortiert und würde den Bürger durch seine konkret zu erledigenden Behördengänge leiten: von der Kinderbetreuung über die Berufsausbildung oder Zuwanderung bis hin zur Geburt oder Existenzgründung. Die Stammdaten des Nutzers würden automatisch in Online-Formulare übertragen werden. Über ein Postfach und elektronische Bezahlsysteme könnten Behördengänge zu jeder Zeit und von überall erledigt werden. Für den Schutz der persönlichen Daten würden mehrstufige Authentifizierungsverfahren bei der Anmeldung sorgen. Servicekonten können dazu beitragen, dass Verfahrensschritte künftig automatisiert und bestimmte Behördengänge überflüssig wären. Der Nutzer müsste notwendige Nachweise und Dokumente nicht selbst besorgen, weil diese nach seiner Zustimmung zwischen den Behörden selbstständig ausgetauscht werden. Unter dem Namen Mein Servicekonto könnte das digitale Angebot Bürgern und Unternehmen die notwendigen, aber oftmals lästigen Behördengänge leichter machen. Sie ließen sich nicht nur schneller, sondern auch effizienter erledigen und brächten allen Beteiligten einen Mehrwert. Welche Hindernisse müssten überwunden werden, damit Bürger und Unternehmen von digitalen und individualisierten Verwaltungsangeboten tatsächlich profitieren? Dies verdeutlicht ein Beispiel: Nehmen wir an, Laura wohnt in München und möchte ein Café in Heidelberg eröffnen. Der dafür notwendige Behördengang stellt sie vor viele Fragen: Kann Laura mit ihrem bayerischen Servicekonto auf Behördenleistungen im baden-württembergischen Heidelberg zugreifen? Wieso kann sie sich nur mit der eID des neuen Personalausweises einloggen? Gibt es eine Übersicht darüber, welche Dienstleistungen sie in welcher Reihenfolge erledigen muss? Warum kann sie Anträge nicht online signieren und digital versenden, sondern muss immer noch den Gang zur Behörde auf sich nehmen? Wieso muss sie Papierdokumente bei der einen Behörde beantragen und bei einer anderen einreichen?

Aktionsplan Servicekonto

Im Zuge eines digitalen, effizienten und nutzerfreundlichen Verwaltungsangebots sollten sich diese Fragen so nicht mehr stellen. Damit Bürger und Unternehmen von einer individualisierten Behördenplattform profitieren können, müssten bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Etwa die vollständige Digitalisierung der Daten und Verfahren. Dann müssten sichere und interoperable Portallösungen mit einer Schnittstelle zu Dienstleistungen auf allen föderalen Ebenen implementiert werden. So wäre der Zugriff auf digitale Services ebenenübergreifend und unabhängig vom Herkunftsland möglich. Die wichtigste Voraussetzung für die Akzeptanz digitaler Verwaltungsservices ist das Vertrauen der Nutzer. Daher muss die Sicherheit ihrer Daten gewährleistet sein. Das Servicekonto würde diesem Anspruch gerecht werden, denn der Nutzer behält die volle Kontrolle über seine Daten und muss der Verwendung von Dokumenten und Daten explizit zustimmen. Auf dem Weg zur Digitalen Verwaltung 2020 braucht es smarte und nutzerfreundliche Lösungen. Mein Servicekonto als interoperables, individualisiertes Angebot könnte eine solche Lösung darstellen.

Catrin Hinkel ist Geschäftsführerin für den Bereich Gesundheitswesen und Öffentliche Verwaltung bei Accenture in Kronberg im Taunus.


Stichwörter: Panorama, Servicekonto


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama

Potsdam: Onlinedienst für Fundsachen

[03.12.2024] Verlorene oder gefundene Gegenstände können in Potsdam jetzt auch online gemeldet werden. Der neue Service erleichtert das Verfahren sowohl für Finderinnen und Finder als auch für Suchende. mehr...

Augsburger Altstadt aus der Vogelperspektive.

Augsburg: Digitaler Stadtplan zur Barrierefreiheit

[26.11.2024] Mit dem digitalen Stadtplan Augsburg barrierefrei hat die bayerische Kommune ein neues Projekt gestartet, das Menschen mit Behinderung detaillierte Informationen zur Barrierefreiheit von Orten und Gebäuden bietet. Alle Angaben wurden durch Begehungen vor Ort überprüft und digital erfasst. mehr...

Baustelle: Blick durch Zaundraht auf einen Pumpenkran zum Heben und Gießen von Beton, im Hintergrund ein Gebäude, das eine Schule sein könnte.

Leipzig: Baumaßnahmen-Dashboard ist online

[26.11.2024] Die Stadt Leipzig hat ein Online-Dashboard zur Schul- und Kitabaustrategie veröffentlicht. Es bietet aktuelle Einblicke in laufende und geplante Baumaßnahmen im Bildungsbereich, übersichtlich dargestellt auf einer Stadtkarte mit detaillierten Informationen zu jedem Projekt. mehr...

Oberbürgermeister Marcus König und Eugenia Strasser halten gemeinsam die Auszeichungsurkunde.

Nürnberg: E-Government-Beauftragte der Stadt ausgezeichnet

[19.11.2024] Nürnbergs E-Government-Beauftragte, Eugenia Strasser, ist mit dem WIN-Award der Vogel IT-Akademie ausgezeichnet worden. Sie belegt somit den zweiten Platz als Woman of the Year 2024. mehr...

Illustration: Klemmbrett mit einem Formular und einem Stift daneben vor hellblauem Hintergrund.

Köln: Bürgerfreundliche Bescheide ausgezeichnet

[18.11.2024] Das Public Service Lab hat die Stadt Köln für ihr Projekt Formularwerkstätten mit dem Preis für gute Verwaltung 2024 ausgezeichnet. Das Kölner Innovationsbüro hilft Fachämtern dabei, Formulare verständlicher zu gestalten und so den Zugang zu staatlichen Angeboten zu verbessern. mehr...

Illustration: Symbolbild für den Public Sector. Mehrere klein dargstellte Menschen arbeiten zwischen einem überdimensionalen Laptop, Tablet und anderen Gegenständen.

Bitkom: Neuer Geschäftsbereich „Public Sector“

[15.11.2024] Der Digitalverband Bitkom strukturiert sich neu: Die Geschäftsbereiche „Public Sector“ und „Digitale Gesellschaft“ werden eigenständige Kompetenzbereiche. Themen wie Künstliche Intelligenz und Digitale Souveränität rücken stärker in den Fokus. mehr...

Historishcer Marktbrunnen der Stadt Eisenach, im Hintergrund das moderne Gebäude der Stadtverwaltung.
bericht

Immobilienmanagement: Stadt Eisenach setzt Maßstäbe

[11.11.2024] Eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen verpflichtet Kommunen zum sicheren Betrieb ihrer Immobilien. Die Stadt Eisenach hat durch Digitalisierung und Prozessoptimierung die Verwaltung ihrer Immobilien neu strukturiert. Dabei setzte die Kommune auf externe Unterstützung und internen Kompetenzaufbau. mehr...

Frau in blauem Pulli mit Handy in der Hand vor orangenem, darüber die Aufschrift: "Mach's jetzt online". Hintergrund

Brandenburg: Werbekampagne für Onlinedienste

[08.11.2024] Eine Werbekampagne soll Brandenburgerinnen und Brandenburger auf die bereits verfügbaren digitalen Verwaltungsdienste aufmerksam machen. Das Land stellt für Kommunen Printmaterialien und Downloads bereit, mit denen Bürgerinnen und Bürger ohne großen Aufwand über verfügbare Online-Dienste informiert werden können. mehr...

Rathaus Stadt Wiesbaden

Wiesbaden: Vernetzt zur digitalen Transformation

[05.11.2024] Die Stadt Wiesbaden ist dem Netzwerk NExT beigetreten, um durch Austausch mit über 2.000 Fachleuten innovative Ansätze für eine bürgerorientierte Verwaltung zu entwickeln und Best Practices anderer Städte zu nutzen. mehr...

Zweistöckiges Gebäude aus rotem Backstein mit Dachgauben, davor ein Parkplatz mit wenigen Autos und spärlicher Bepflanzung.

Brake: Gewerbesteuerbescheid wird digital

[29.10.2024] Die Stadt Brake (Unterweser) ist die erste Kommune Niedersachsens, die Gewerbesteuerbescheide digital über ELSTER versendet. Das Pilotprojekt von Axians Infoma und KDO zeigt, wie medienbruchfreie Verwaltungsprozesse die Verwaltung, aber auch die Steuerpflichtigen selbst entlasten können. mehr...

Aktuelle Temperaturverteilung in Frankfurt (Tag und Nacht)

Frankfurt am Main: Erweiterung für die Urbane Datenplattform

[28.10.2024] Die Stadt Frankfurt am Main hat ihre Urbane Datenplattform weiterentwickelt, diese ermöglicht jetzt auch den Zugang zu Echtzeitdaten über die Lufttemperatur. Die Plattform setzt auf die Smart-City-Lösung von ekom21, um Umwelt- und Klimadaten öffentlich zugänglich zu machen und um sich besser für anstehende Klimaveränderungen zu rüsten. mehr...

Illustration, Strickzeichnung schwarz auf weißem Grund mit vereinzelten farbigen Akzenten: Darstellung von Menschen, die sich vernetzen

NExT-Studie: Networking als Ressource

[28.10.2024] Netzwerken kann bei der Verwaltungstransformation ein echter Motor für Veränderungen sein. Empirisch erforscht ist dieser Effekt bisher noch nicht. Das will eine Studie des netzwerks NExT jetzt ändern. Für eine Online-Umfrage werden noch Mitwirkende gesucht. mehr...

Ansicht eines typisch westfälischen Fachwerkhauses von der Giebelseite, im Vordergrund Rasen.

Nordrhein-Westfalen: Ausflugsziele mit der App entdecken

[25.10.2024] Die App entdecke.nrw fördert den Regionaltourismus in Nordrhein-Westfalen und bietet Informationen zu über 500 Ausflugszielen. Nutzer können Orte wie Museen und Naturschutzgebiete entdecken, unterstützt durch eine praktische Umgebungssuche und einen integrierten Routenplaner. mehr...

Roundtable gezeichnet
bericht

Digitalisierung: Chancen nutzen, Herausforderungen meistern

[24.10.2024] Kommunen stehen zunehmend unter Druck, ihre Dienstleistungen digital anzubieten. Und es gibt durchaus ungenutzte Potenziale, die Bund, Länder und Kommunen erheblich entlasten könnten. mehr...

Ein Straßenschild mit dem Zusatz "Hochwasser" steht vor einer Wasserfläche im Abendlicht.

Nordrhein-Westfalen: Starkregenschutz aus der Hosentasche

[24.10.2024] In Nordrhein-Westfalen wurde eine App entwickelt, die Bürgern helfen soll, den Überflutungsschutz ihrer Häuser zu überprüfen und sich über Schutzmaßnahmen ihrer Kommune zu informieren. Die FloodCheck-App, bisher nur in ausgewählten Städten verfügbar, wird nun landesweit ausgerollt. mehr...