Sonntag, 19. Januar 2025

Serie Cyber-SicherheitEin falscher Klick reicht

[06.10.2022] Cyber-Sicherheit ist kein Expertenthema, sondern geht alle an. In einer sechsteiligen Serie in Zusammenarbeit mit dem Hessen CyberCompetenceCenter wird Grundwissen vermittelt und praxisnah aufgezeigt, wie sich Kommunen schützen können.
Cyber-Kriminelle sind eine Bedrohung für Kommunen.

Cyber-Kriminelle sind eine Bedrohung für Kommunen.

(Bildquelle: Who is Danny/stock.adobe.com)

Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt, die Stadt Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern und die Gemeinde Kammeltal in Bayern – drei Orte in Deutschland, die in Größe, Einwohnerzahl und Bekanntheitsgrad unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch alle drei Kommunen haben eines gemeinsam: Sie wurden im vergangenen Jahr Opfer einer Ransomware-Attacke. Plötzlich konnten essenzielle Verwaltungsdienstleistungen nicht mehr erbracht werden. Zu den betroffenen Verwaltungsdienstleistungen zählten beispielsweise die Auszahlung von Sozialleistungen, das Beantragen von Ausweisen und Pässen ebenso wie die Anmeldung von Kraftfahrzeugen.
Cyber-Angriffe auf Ämter und Behörden sind längst Alltag geworden. Dennoch scheinen viele Kommunen das Thema nur zögerlich anzugehen. Die Herausforderung, vor die insbesondere kleine und mittlere Kommunen gestellt werden, ist groß: Technik, die immer wieder erneuert werden muss, Fachkräfte, die überall händeringend gesucht werden und gewachsene IT-Systeme, bei denen der Sicherheitsaspekt nicht immer mitgedacht wurde. Für Laien wirken die meist englischen Fachbegriffe und der technische Jargon zusätzlich abschreckend. Doch Cyber- und IT-Sicherheit ist kein Thema, das nur Fachkräfte etwas angeht. Alle Nutzerinnen und Nutzer von Endgeräten müssen sich mit dem Thema auseinandersetzen – denn ein falscher Klick reicht.

Lukratives Betätigungsfeld für Kriminelle

Um die angespannte Cyber-Bedrohungslage zu verstehen, muss man sich vom Bild des Hackers als einsamem Computer-Genie im Kapuzenpullover verabschieden. Lösegeldzahlungen und die Wahrscheinlichkeit, nicht gefasst zu werden, haben ein lukratives Betätigungsfeld für Kriminelle geschaffen. Erfolgreiche Cyber-Kriminelle benötigen heute keine besonderen IT-Kenntnisse mehr. Stattdessen können sie einzelne Dienstleistungen im Darknet einkaufen oder beauftragen. Angriffe setzen oft auf Quantität und Streuwirkung: Masse statt Klasse. Daneben gibt es auch hoch spezialisierte Angreifer, die von langer Hand planen und den Angriff individuell an das Ziel anpassen.
Mit fortschreitender Digitalisierung erhöht sich auch die Geschwindigkeit des digitalen Datenverkehrs und für Cyber-Kriminelle damit die Möglichkeit, an attraktive Daten zu gelangen. Wichtige Prozesse wie beispielsweise die Fernwartung von Systemen bieten neue Angriffsmöglichkeiten. Zahlreiche Menschen geben in sozialen Netzwerken wie LinkedIn, Facebook oder Instagram Informationen über sich preis. Diese können Cyber-Kriminelle nutzen, um die betreffende Person zu manipulieren, zu erpressen oder um sie zu unüberlegten Handlungen zu bringen. Während die meisten Standardarbeitsplätze mit grundlegenden Sicherheitsmaßnahmen wie zum Beispiel einem Viren-Scanner abgesichert werden, bleiben andere Systeme ungeschützt. Hierzu gehören (Dienst-) Handys und Tablets ebenso wie Router, Industrieanlagen, Smart-TV und die Heizung, die sich aus der Ferne steuern lässt.

Mit Hessen3C Cyber-Gefahren abwehren

In Erkenntnis dieser wachsenden Bedrohungslage hat das Hessische Ministerium des Innern und für Sport im April 2019 das Hessen CyberCompetenceCenter (Hessen3C) eingerichtet. Dessen Aufgabe ist es, die Sicherheit in der Informationstechnik des Landes zu erhöhen, cyberspezifische Gefahren abzuwehren sowie die Effizienz der Bekämpfung der Cyber-Kriminalität zu steigern. Hessen3C arbeitet hierzu eng mit der hessischen Polizei, dem Landesamt für Verfassungsschutz Hessen und dem Hessischen Landeskriminalamt zusammen. Hessen3C ist die gegenüber dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) benannte zentrale Kontaktstelle für die Entgegennahme landesbezogener KRITIS-Meldungen und vertritt das Land Hessen im Nationalen Cyber-Abwehrzentrum.
Unter Wahrung des Selbstverwaltungsprinzips können hessische Kommunen und ihre Eigenbetriebe – auf freiwilliger Basis und ohne Kostenbeteiligung – Leistungen des Hessen3C nutzen. Zu diesen Leistungen gehören Beratungs- und Awareness-Veranstaltungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ein werktäglicher Schwachstellenbericht mit verifizierten Informationen zu aktuellen Schwachstellen in Hard- und Software sowie Warnungen bei akuten Cyber-Bedrohungen. Hessen3C warnt teilnehmende Kommunen zudem vor durch Diebstahl oder Datenlecks kompromittierten dienstlichen E-Mail-Adressen. Bei IT-Sicherheitsvorfällen erreichen Betroffene über die rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche besetzte Notfall-Hotline das im Hessen3C integrierte CERT-Hessen, das bei IT-Sicherheitsvorfällen zum Krisen-Management berät, gemeinsam mit den Verantwortlichen (bei Bedarf auch durch ein mobiles Team vor Ort) die Angriffswege analysiert und zu gesetzlichen Meldepflichten sowie der Erstattung von Strafanzeige informiert.

Übungen bereiten auf den Ernstfall vor

Gemeinsam mit ekom21, dem BSI-zertifizierten kommunalen IT-Dienstleister in Hessen, hat das Land Hessen das Kommunale Dienstleistungszentrum Cyber-Sicherheit (KDLZ-CS) sowie das Hessische Cyber-Abwehrausbildungszentrum Land/Kommunen (HECAAZ L/K) entwickelt. Die beiden sich ergänzenden Angebote orientieren sich an den Standards des BSI. Das KDLZ-CS steht seit 2016 zur Verfügung. Basierend auf einer Ist-Analyse zur Cyber-Sicherheit der teilnehmenden Kommune wird ein konkreter Maßnahmenplan zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen Cyber-Angriffe entwickelt. Bis zum 31. Juli 2022 haben 330 der insgesamt 443 hessischen Kommunen am Programm KDLZ-CS teilgenommen. 60 Gemeinden und fünf Landkreise haben inzwischen fortgeschrittene Maßnahmen durchgeführt.
Das HECAAZ L/K bereitet Bedienstete aus den Bereichen Verwaltungsleitung, Organisation und IT-Betrieb in realistischen Übungsszenarien auf den Ernstfall vor: einen Cyber-Angriff auf die Kommune. In den Schulungsveranstaltungen lernen die kommunalen Entscheider Maßnahmen des Business Continuity Managements (BCM) kennen. Anhand praktischer Übungen werden Notfallpläne und Strategien entwickelt. So sollen die Kommunen auch nach einem Cyber-Angriff schnell wieder arbeitsfähig sein.
Kommunale Cyber-Sicherheit und Resilienz betrifft alle. Die Bürgerinnen und Bürger sind darauf angewiesen, dass die über 10.000 deutschen Kommunen den wachsenden Bedrohungen aus dem Cyber-Raum gewachsen sind und ihre Widerstandskraft gegen Angreifer stärken.

Hessen CyberCompetenceCenter ­(Hessen3C).

Serie Cyber-Sicherheit, Teil 1: Bedeutung des Themas und Vorstellung von Hessen3C
Teil 2: Die wichtigsten Tipps zur Erhöhung der Informationssicherheit
Teil 3: Cyber-Kriminelle und ihre Methoden
Teil 4: Gefahren im Homeoffice und durch mobiles Arbeiten
Teil 5: Resilienz erhöhen – Wie kann man sich auf den Ernstfall vorbereiten?
Teil 6: Interne und externe Kommunikation in der Krise



Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: IT-Sicherheit
Brustbild von Roman Poseck in dunklem Anzugjackett und violettem Schlips.

Hessen: Sicherheitsprogramm für Kommunen

[10.01.2025] Hybride Bedrohungen und Cyberangriffe bleiben eine Herausforderung. Um die Cyberresilienz hessischer Kommunen zu stärken, wurde das Aktionsprogramm Kommunale Cybersicherheit um Maßnahmen wie etwa Pentests und Incident Response Services erweitert. mehr...

Mann im eleganten Hemd von oben aufgenommen, er hält ein Tablet und tippt darauf..

Materna Virtual Solution: Sicheres ultramobiles Arbeiten

[18.12.2024] Das BSI hat Apples indigo und Samsungs Knox in diesem Jahr für den Einsatz bei Verschlusssachen zugelassen. Materna Virtual Solution sieht darin Vorteile für Behörden: mehr Sicherheit und Flexibilität und einen Zuwachs an geeigneten Fachanwendungen. mehr...

Eine Lichtschlossillustration mit Postumschlägen auf modernem Computerhintergrund.

SEP/Databund: Kooperation für IT-Sicherheit

[29.11.2024] SEP, Hersteller der Datensicherungslösung SEP sesam, ist jetzt Mitglied des Databund. Die in Deutschland entwickelte Backup-Lösung wird bereits von zahlreichen öffentlichen Institutionen eingesetzt. Mit dem Beitritt zu Databund will SEP den Austausch mit anderen Akteuren der öffentlichen Verwaltung fördern. mehr...

Von links halten Bastian Schäfer von der ekom21, Staatssekretär Martin Rößler und Prof. Dr.-Ing. Jörn Kohlhammer vom Fraunhofer IGD den Förderbescheid des Landes Hessen.

Fraunhofer IGD / ekom21: Cybergefährdungslagen visualisieren

[21.11.2024] Neue interaktive Visualisierungen von IT-Gefährdungslagen sollen in einem Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD und des IT-Dienstleisters ekom21 entstehen. Das vom Land Hessen geförderte Vorhaben berücksichtigt auch die Bedürfnisse kleinerer Institutionen wie Kommunen. mehr...

Modern eingerichteter Sitzungssaal mit weißen Tischen und Wänden.

Märkischer Kreis: Neue IT-Projekte im Fokus

[20.11.2024] Grünes Licht für die Haushaltsansätze im Bereich Digitalisierung und IT gab der Ausschuss für Digitalisierung und E-Government des Märkischen Kreises. Geplant sind Investitionen in IT-Sicherheit, Netzwerkinfrastruktur und den weiteren Ausbau digitaler Services. mehr...

Claudia Plattner (l.), Präsidentin des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), und Bundesinnenministerin Nancy Faeser präsentieren den Bericht zur Lage der IT-Sicherheit in Deutschland.

BSI: Bericht zur Lage der IT-Sicherheit

[12.11.2024] Die Bedrohungslage bliebt angespannt, die Resilienz gegen Cyberangriffe aber ist gestiegen. Das geht aus dem aktuellen Bericht zur Lage der IT-Sicherheit in Deutschland hervor, den das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nun vorgestellt hat. mehr...

LivEye: Sicherheitsüberwachung auf Weihnachtsmärkten

[08.11.2024] Für die Sicherheitsüberwachung auf Weihnachtsmärkten hat das Unternehmen LivEye ein neues Konzept entwickelt, das Datenschutz und effektive Gefahrenabwehr kombiniert. mehr...

Innenminister Roman Poseck eröffnete den Cybersicherheitsgipfel im Regierungspräsidium Darmstadt vor mehr als 100 Vertreterinnen und Vertretern südhessischer Kommunen.

Hessen: Höhere Cybersicherheit

[05.11.2024] Mit dem Aktionsprogramm Kommunale Cybersicherheit sollen hessische Kommunen umfassender in der IT-Sicherheit unterstützt und auf künftige Cyberangriffe vorbereitet werden. mehr...

Illustration: Stilisierter aufgeklappter Laptop mit Piratenfahne über dem Display, einen Ransomware-Angriff symbolisierend.

SIT: Ein Jahr nach dem Ransomware-Angriff

[04.11.2024] Ein Jahr nach der Cyberattacke auf die Südwestfalen-IT haben die Mitarbeitenden gemeinsam mit den IT-Teams betroffener Kommunen die Systeme wiederhergestellt. Um künftig besser gegen Cyberbedrohungen geschützt zu sein, fordert Geschäftsführer Mirco Pinske klarere gesetzliche Regelungen – etwa die Berücksichtigung kommunaler IT-Dienstleister in der NIS2-Richtlinie. mehr...

Screenshot eines pixeligen Bildschirms. Zu sehen ist auf dunklem Grund die hellblaue Schrift "Security", eine Mauszeigerhand zeigt darauf.

Sachsen-Anhalt: Mehr IT-Sicherheit für Kommunen

[04.11.2024] Um die Cybersicherheit in Sachsen-Anhalts Kommunen zu stärken, startete das Land gemeinsam mit dem BSI das Pilotprojekt SicherKommunal. Durch das Projekt sollen Städte, Landkreise und Gemeinden gezielt bei der Verbesserung ihrer IT- und Informationssicherheit unterstützt werden. mehr...

bericht

Lösungen: Cybersicherheit stärken

[13.09.2024] Die NIS2-Richtlinie bietet die Chance, die IT-Sicherheit auf ein deutlich höheres Level zu heben, ist aber auch mit Herausforderungen verbunden. Kommunen benötigen zudem Lösungen, die speziellen IT-Sicherheitsanforderungen genügen. mehr...

Zwei Versionen der Videokonferenzlösung Zoom haben ein IT-Sicherheitskennzeichen vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erhalten.

BSI: IT-Sicherheitskennzeichen für Zoom

[11.09.2024] Für zwei seiner Produkte hat der vielfach genutzte Videokonferenzdienst Zoom das IT-Sicherheitskennzeichen vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erhalten. Geprüft wurden unter anderem der Accountschutz, Rechenzentrumsbetrieb und das Update- und Schwachstellenmanagement. mehr...

Die Panelteilnehmenden des Vitako-Empfangs.
bericht

IT-Sicherheit: Feuerwehr und Firewall

[02.09.2024] Cyberattacken treffen immer öfter auch Verwaltungen. Um kommunale IT besser abzusichern, fordert Vitako eine Reihe von Maßnahmen: eine stärkere Vernetzung, mehr Mittel, den Ausbau des BSI zur Zentralstelle und die Schaffung eines regulativen Rahmens. mehr...

Bayerns Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (2.v.r.) übergibt das LSI-Siegel „Kommunale IT-Sicherheit“ an die Stadt Schwandorf.

Schwandorf: Siegel für IT-Sicherheit

[29.08.2024] Die Stadt Schwandorf hat vom bayerischen Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) jetzt das Siegel „Kommunale IT-Sicherheit“ erhalten. mehr...

Mirco Pinske

Interview: Wertvolle Lehren gezogen

[14.08.2024] Nach dem umfassenden Cyberangriff arbeitet der IT-Dienstleister Südwestfalen-IT an einer strategischen Neuausrichtung. Im Kommune21-Interview berichtet Geschäftsführer Mirco Pinske, wie die Aufarbeitung vorangeht und welche Konsequenzen bereits gezogen wurden mehr...