Mobile GovernmentEine Frage der Strategie
Herr Aeugle, immer mehr Bürger nutzen mobile Geräte. Mobile Government lautet deshalb eines der Schlagworte im öffentlichen Sektor. Welche Erwartungen verknüpfen Sie damit?
Mobile Government stellt die nächste Evolutionsstufe der dienstleistungsorientierten Verwaltungs- und Behördenkommunikation dar. In den vergangenen Jahren stand bei mobilen Verwaltungsangeboten das Thema Personalisierung hoch im Kurs. Jetzt sind ortsbezogene Dienste gefragt. Wir dürfen nicht mehr davon ausgehen, dass der Nutzer vor dem heimischen Computer sitzt. Durch den immer stärkeren Gebrauch von Smartphones und Tablets kann er von jedem Ort der Erde aus auf Angebote zugreifen. Mobile Government macht also auch E-Government-Angebote allgegenwärtig verfügbar und verändert somit die Erwartungshaltung der Bürger an eine moderne Verwaltung.
Welchen Beitrag leistet Mobile Government zur Modernisierung der Verwaltung?
Im vergangenen Jahr zeigte die Initiative D21, dass mehr als ein Drittel der deutschen Internet-Nutzer ausschließlich über mobile Endgeräte surft. Zählt man hybride Nutzer hinzu, die neben stationären auch mobile Endgeräte benutzen, sind es schon über zwei Drittel. Dem geänderten Nutzungsverhalten müssen auch Verwaltungen mit zeitgemäßen Angeboten Rechnung tragen. Sei es mit Apps für mobile Mehrwertservices oder mit Websites, die für mobile Endgeräte optimiert sind. Gut gestaltete Apps, die dem Bürger einen Nutzen bringen, können dazu beitragen, das Image einer Behörde deutlich zu verbessern.
Handelt es sich dabei um ein reines IT-Thema?
Auf gar keinen Fall. Mobile Government wird oft auf technische Aspekte reduziert. Oder es stehen sehr technische Fragestellungen im Vordergrund. Ob das Kommunikationsziel nun besser durch eine native App oder eine mobile Website unterstützt wird, muss in erster Linie an der Behördenstrategie ausgerichtet werden. Denn auf Leitungsebene – und nicht in der IT-Abteilung – wird über innovative Dienstleistungsansätze entschieden.
Wie sollte M-Government in die E-Government-Strategien von Bund, Ländern und Kommunen integriert werden?
M-Government steckt als Weiterentwicklung von E-Government noch in den Kinderschuhen, was uns aber großartige Chancen eröffnet. Funktionsframeworks für Verwaltungs-Apps, einmal entwickelt und von einer zentralen Instanz für Verwaltungen auf allen föderalen Ebenen bereitgestellt, könnten die Basis für verschiedenste mobile Anwendungen sein. Der große Vorteil wäre, dass der Anbieter des Frameworks den Einsatz zeitgemäßer Standards und Schnittstellen garantiert und Best Practices für die Wiedernutzung in anderen App-Projekten dokumentiert. Außerdem wäre ein solcher Ansatz für die öffentliche Verwaltung kostengünstiger, da Apps nicht jedes Mal von Grund auf neu entwickelt werden müssen, sondern die gewünschten Funktionen aus einem Set von Modulen zusammengesetzt werden könnten.
Wir dürfen nicht mehr davon ausgehen, dass der Nutzer vor dem heimischen Computer sitzt.
Was bedeutet dies für die Serviceportale der öffentlichen Hand?
Klassische Portale und mobile Apps werden sich mittelfristig gut ergänzen. In einer langfristigen Perspektive wird sich die Nutzung öffentlicher Internet-Angebote aber stärker weg von All-in-one-Lösungen, hin zu stark personalisierten Angeboten entwickeln. Hier bieten Apps ein großartiges Potenzial. Heute verfügen nur wenige Verwaltungsportale über ein zeitgemäßes Responsive Design, geschweige denn über eine App-Version mit konkreten mobilen Serviceangeboten. Es ist inzwischen aber absehbar, dass einzelne aus Portalen bekannte Funktionen vollständig in mobile Anwendungen ausgelagert werden.
Wie profitieren die Mitarbeiter der Ämter und Behörden von M-Government?
Mobile Lösungen bieten Mitarbeitern in Ämtern und Behörden einen direkten Mehrwert, wenn sie mit ortsbezogenen Daten arbeiten. Nehmen wir zum Beispiel die fast schon klassische Mängelmelder-App. Der Beschäftigte im Ordnungsamt bekommt den vom Bürger gemeldeten Fall mit Geo-Koordinaten, einer Problembeschreibung und Fotos direkt auf den Bildschirm. Eine defekte Ampel wird vom Nutzer in der App automatisch kategorisiert und erreicht dadurch unmittelbar den richtigen Ansprechpartner in der Verwaltung. M-Government steigert dadurch die Effizienz in der Behörde und vereinfacht Arbeitsabläufe.
Welche Anwendungen sind bereits verfügbar?
Glücklicherweise reichen mobile Angebote der Verwaltung inzwischen weit über mobilisierte Informationswebsites hinaus und nähern sich echten Mehrwertdiensten. Bemerkenswert finde ich, dass es innerhalb einer Behörde bislang nur selten eine koordinierte Strategie zur Umsetzung von Mobile-Government-Projekten gibt. Das ändert sich aber mittlerweile: Die klassische Online-Kommunikation wird immer stärker durch mobile Apps ergänzt, die ortsabhängige Verwaltungsdienste ermöglichen.
Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen: Wie kommunizieren Bürger und Wirtschaft künftig mit der Verwaltung?
Potenzial liegt insbesondere in der Sensorik der Smartphones. Nutzer können zulassen, dass Apps Zugriff auf aktuelle Positions- und Ausrichtungsdaten erhalten, die Kamerafunktion für Augmented-Reality-Dienste genutzt werden kann oder über Bluetooth eine Kommunikation zu Drittgeräten hergestellt wird. Das ermöglicht einen unschlagbaren Mehrwert gegenüber klassischen Online-Diensten. Die Innovations- und Produktzyklen mobiler Endgeräte sind extrem kurz. Das bedeutet, dass Konzepte, die technisch heute noch nicht umsetzbar sind, schon mit der nächsten oder übernächsten Gerätegeneration machbar sein können. Noch vor fünf Jahren waren intelligente, vernetzte Armbanduhren oder Head-Up-Displays in Brillen Zukunftsfiktionen. Mit so genannten Smart Glasses und Smart Watches ist das heute Realität. Daraus ergeben sich spannende Anknüpfungspunkte auch für die mobile Verwaltung.
Dieser Beitrag ist in der Mai-Ausgabe von Kommune21 im Titelthema Mobile Government erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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