Donnerstag, 26. Dezember 2024

Smart CityEine Frage der Technologie

[09.03.2023] Eine Studie der TU München zum Thema Smart City konzentrierte sich insbesondere da­rauf, wie umfangreich Low-Power-Wide-Area-Netzwerke in Deutschland bereits zum Einsatz kommen. Das Ergebnis bietet neue Denkanstöße für Smart Cities.
Low-Power-Netzwerke sind eine energiesparende Funktechnologie für Smart Cities.

Low-Power-Netzwerke sind eine energiesparende Funktechnologie für Smart Cities.

(Bildquelle: WrightStudio/stock.adobe.com)

Ein Team der Technischen Universität München (TUM) rund um Professor Joachim Henkel hat im Frühjahr 2022 eine Online-Umfrage unter 115 Expertinnen und Experten aus 107 deutschen Städten durchgeführt. Die Teilnehmenden der Studie „Smart Cities in Deutschland 2022 – Technologien, Anwendungsfälle und Partizipation“ gaben dabei unter anderem Auskunft über die Einbindung der Bürgerschaft im Rahmen von Smart-City-Projekten, bereits umgesetzte Vorhaben und die Motivation für ihr Engagement.
Im Rahmen der Befragung inte­ressierte sich das Team insbesondere für die von den befragten Kommunen eingesetzten Low-Power-Wide-Area(LPWA-)Funktechnologien, handelt es sich hierbei doch um eine besonders energiesparende Sensorik, die oft über mehrere Jahre hinweg mit einer Batterie betrieben werden kann. Die kleinen Datenpakete, die über die LPWA-Netzwerke gesendet werden können, sind völlig ausreichend für viele Anwendungen, die nicht auf Echtzeitdaten angewiesen sind. Städte setzen solche LPWA-Netzwerke etwa zur Umweltüberwachung oder im Gebäude-Management ein. Unter den an der Befragung teilnehmenden Kommunen finden sich überwiegend Städte in der Größenordnung von 20.000 bis 100.000 Einwohnern (66 Prozent), ansonsten Großstädte und zwei Kleinstädte. Die meisten der befragten Kommunen haben ihr Smart-City-Engagement dabei erst nach 2016 begonnen und nur etwa die Hälfte von ihnen erhielt dafür finanzielle Förderung.

LoRaWAN hoch im Kurs

Laut der Umfrage kommen in der Smart City verschiedene Kommunikationstechnologien zum Einsatz: Neben klassischem WLAN (72 Prozent) erfreuen sich Mobilfunknetze wie LTE oder 5G (49 Prozent) sowie auch die erwähnten LPWAs (50 Prozent) recht hoher Beliebtheit bei Kommunen jeder Größenordnung. Während WLAN und Mobilfunk im öffentlichen Diskurs schon länger angekommen sind, finden LPWA-Technologien dort bislang kaum Aufmerksamkeit. Die Studie konzentrierte sich daher darauf, besser zu verstehen, wie umfangreich und in welchen technischen Set-ups LPWA-Technologien heute schon in deutschen Smart Cities eingesetzt werden.
Bei der Auswahl einer passenden LPWA-Technologie stehen für die meisten Städte Hygienekriterien wie IT-Sicherheit und die Verfügbarkeit passender Sensorik im Markt im Vordergrund. Unter den drei wichtigsten Auswahlkriterien findet sich darüber hinaus die Unabhängigkeit von Dritten. Das verweist auf eine bisher in der Technologieauswahl wenig diskutierte Eigenschaft: die digitale Souveränität einer Stadt. Die Bewertung der drei prominentesten LPWA-Technologien LoRaWAN, Sigfox und Narrowband-IoT hinsichtlich des Aspekts „Unabhängigkeit von Dritten“ malt ein eindeutiges Bild: Zwei Drittel der Befragten sehen LoRaWAN hier als besonders passend. Bei allen anderen Kriterien zur Auswahl einer passenden LPWA-Technologie zeigt sich eine große Unsicherheit bei der Bewertung: Rund die Hälfte der Befragten vermag keine der drei Technologien als besonders passend zu benennen. Und wenn doch eine bevorzugte Technologie genannt wird, so handelt es sich hier fast immer um LoRaWAN.

Bürgerbeteiligung ist ausbaufähig

Zu erwarten wäre, dass LoRaWAN dementsprechend auch besonders häufig in der Praxis eingesetzt wird, und das ist in der Tat der Fall: Die Mehrheit, nämlich 72 Prozent, der befragten Städte realisiert die Unabhängigkeit von Dritten mittels eines LoRaWANs, das sie selbst oder die eigenen Stadtwerke betreiben. Nur eine Minderheit (15 Prozent) greift auf einen externen Netzwerkanbieter zurück. Auffallend ist, dass 63 Prozent der Städte parallel ein frei zugängliches Netzwerk, vergleichbar mit kostenfreiem WLAN im öffentlichen Raum, bereitstellen. Nicht selten realisieren Städte dies durch zwei oder mehrere sich überlagernde LoRaWANs. Interviews im Rahmen einer Vorstudie legen nahe, dass Städte für sicherheitskritische Anwendungen im Betrieb, wie zum Beispiel die Lecküberwachung im Fernwärmenetz, ein geschlossenes LoRaWAN nutzen und ein zweites, offenes Netzwerk als Service für die Bürgerschaft und für weniger sicherheitskritische Daten bereitstellen.
Von ihrem Smart-City-Engagement erwarten sich die Städte laut der Umfrage vor allem Reputationsgewinne, eine höhere Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Verbesserung städtischer Abläufe. Obwohl 89 Prozent der Städte also die Bürgerschaft als Zielgruppe von Smart City sieht, informieren bisher nur 41 Prozent diese regelmäßig über ihre Smart-City-Aktivitäten und nur 34 Prozent binden die Bürger aktiv ein, etwa über Hackathons, Ideenwettbewerbe oder Kollaborationen mit lokalen Bildungseinrichtungen. Einige Städte arbeiten zudem mit lokalen IT-affinen Gruppen wie dem The Things Network (19 Prozent), dem Chaos Computer Club (neun Prozent) oder Code for Germany (neun Prozent) zusammen. Dabei treffen die Kommunen hier nicht nur auf IT-affine Bürgerinnen und Bürger mit häufig sehr großem Know-how, sondern es können aus einer solchen Zusammenarbeit auch lokal sinnvolle Anwendungen wie Hochwasserfrühwarnsysteme durch Wasserstandsmonitoring hervorgehen.

Kooperationen erleichtern die Umsetzung

Des Weiteren gaben in der Umfrage zahlreiche Städte an, dass ihnen eine offene Infrastruktur und der Bürgerschaft offen zugängliche Sensordaten sehr wichtig sind. Damit drängen sich sofort Anschlussfragen auf, die es zeitnah auszuloten gilt: Welche Daten können wie aufbereitet zur Verfügung gestellt werden? Welchen Zielgruppen werden sie bereitgestellt? Und wie kann die Stadt die erforderliche Datenqualität erreichen? Natürlich müssen die IT-Sicherheit der Stadtverwaltung und der Datenschutz dabei stets gewährleistet sein. Gerade angesichts dieser Mammutaufgabe sind Kooperationen und ein gemeinsames Konzept für Open Data in deutschen Smart Cities notwendig.
Die Tendenz geht also zur offenen Smart City – bei Daten wie bei der Infrastruktur. Und auch die Bürgerschaft soll stärker eingebunden werden. Die Richtung ist klar, anders sieht es beim konkreten Umsetzungsplan aus: Er ist noch vage und wird maßgeblich vom Austausch, dem Wissenstransfer und der Weiterentwicklung in den Städte abhängen. Ein Blick über die Landesgrenzen hinweg zeigt, dass die meisten deutschen Städte deutlich später als die internationalen Vorbilder in Richtung Smart City gestartet sind. Dabei gibt es gute Gründe dafür, sich auf den Weg zu machen: International beschleunigen viele Städte mithilfe von Smart-City-Aktivitäten die Verkehrswende, verbessern die Luftqualität und werden zudem als höchst innovativ und sehr bürgerfreundlich wahrgenommen. Den eingeschlagenen Weg weiterzugehen ist für deutsche Städte eine große Chance, und LPWA-Netzwerke erlauben es ihnen, verschiedene Anwendungsfälle kostengünstig umzusetzen.

Studienleiterin Lucia Baur ist Doctoral Candidate & Research Assistant am Dr. Theo Schöller-Stiftungslehrstuhl für Technologie- und Innovations­management der Technischen Universität München.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Smart City
Würfelkalender, der den 31. März anzeigt.

Modellprojekte Smart Cities: Laufzeitverlängerung bis 2028

[16.12.2024] Da der ursprünglich angesetzte Förderzeitraum zu knapp bemessen war, wurde den Kommunen der dritten Staffel der Modellprojekte Smart Cities eine kostenneutrale Verlängerung bis Ende März 2028 angeboten. Hildesheim will davon Gebrauch machen. Der Zeitplan aber ist eng. mehr...

Aalen: InKoMo 4.0 abgeschlossen

[16.12.2024] Das Aalener Projekt InKoMo 4.0, welches mittels Sensorik verfügbare Parkplätze erkennt und diese Informationen in Echtzeit an dynamische LED-Tafeln sowie das städtische Geodatenportal übermittelt, fand jetzt seinen Abschluss. Das Konzept lässt sich auf andere Kommunen übertragen. mehr...

Osnabrück: Schule digitalisiert Energieverbrauch

[13.12.2024] Das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium in Osnabrück hat jetzt im Rahmen eines Smart-City-Pilotprojekts seinen Energieverbrauch digitalisiert. mehr...

Weihnachtsmarkt m Rathaushof von Limbach-Oberfrohna

Limbach-Oberfrohna: Sensoren zählen Weihnachtswichtel

[12.12.2024] Ein erster Use Case im Rahmen der Smart-City-Kooperation zwischen der Stadt Limbach-Oberfrohna und dem Unternehmen GISA dient der temporären Personenstrommessung. Im Pilotprojekt Wichtelcounter wurde die Anwendung jetzt getestet. mehr...

Zwei Frauen stehen in einer Boutique und unterhalten sich.

Bamberg: Fußgängerströme im Blick

[11.12.2024] In der Bamberger Innenstadt soll eine neue Passantenfrequenzmessung erstmals umfassende Fußgängerströme erfassen. Die anonymen Daten sollen Maßnahmen bewerten und Verwaltung wie auch Gewerbetreibenden wichtige Einblicke liefern. mehr...

Screenshot Smart City Dashboard der Stadt Augsburg

Augsburg: Echtzeitdaten zur Verkehrssituation

[10.12.2024] Über ein Smart City Dashboard verfügt jetzt die Stadt Augsburg. Dieses bietet zum Start unter anderem Echtzeitdaten zur Auslastung von Parkhäusern, zum Wetter und zum Innenstadt-Adventskalender. mehr...

Stadträtin und Digitalisierungsdezernentin Isabelle Hemsley steht mit Mitgliedern des städtischen Lenkungskreises Smart City im Hanauer Kulturforum und blättert in einer Broschüre.

Stadtwandel.digital: Smart City auf die Hanauer Art

[06.12.2024] Mit dem Smart-City-Leitbild Stadtwandel.digital will Hanau die Digitalisierung gezielt vorantreiben. Es umfasst sechs Handlungsfelder und listet 13 bereits vorhandene Leuchtturmprojekte auf. Die Bürgerinnen und Bürger sollen die Zukunft ihrer Stadt aktiv mitgestalten können. mehr...

v.l.: Albrecht Pförtner, Christina Junkerkalefeld und Carsten Schlepphorst stehen bei einer Passantenzählstelle an einem Pfosten in der Gütersloher Innenstadt, im Hintergrund ist das Schaufenster eines Geschäfts zu sehen.

Gütersloh: Datenschutzkonforme Passantenzählstellen

[06.12.2024] In der Gütersloher Innenstadt messen ab sofort zwölf Zählstationen kontinuierlich und datenschutzkonform die Besucherströme. Die anonymen Daten sollen insbesondere die Stadtplanung, Wirtschaftsförderung und Veranstaltungsplanung unterstützen. mehr...

Elbphilharmonie spiegelt sich in einer Glaskugel mit dem Wort Hamburg

Hamburg: International herausragend

[05.12.2024] Die Start-up-Förderung und die Verwaltungsdigitalisierung in Hamburg sind international herausragend. In beiden Kategorien erhielt Hamburg die von der International Chamber of Commerce (ICC) vergebenen „Startup Ecosystem Stars Awards“.
 mehr...

BBSR_Studie_Smart_City_Praxis_Titelbild

Studie: Smart Cities in der Praxis

[04.12.2024] 30 Praxisbeispiele aus Smart Cities und Smart Regions stellt eine neue BBSR-Veröffentlichung vor. Die Steckbriefe beantworten zentrale Fragen zum Projekt, nennen die Herausforderungen, welche die Kommune mit der Maßnahme bewältigen möchte und zeigen den Mehrwert der Lösung auf mehr...

v.l.: Ulrich Ahle, Christine Wegner, Daniel Sieveke und Uwe Gockel halten gemeinsam eine Urkunde.

Etteln: Smarter als Hongkong

[26.11.2024] Dass auch kleinste Gemeinden im Digitalisierungswettbewerb mit Weltmetropolen mithalten können, hat Etteln bewiesen. Bei einem internationalen Smart-City-Wettbewerb belegte der Ortsteil einer nordrhein-westfälischen Gemeinde den ersten Platz, Hongkong wurde Zweiter. Ehrenamtliche Helfer, Vereine und Organisationen haben diesen Erfolg ermöglicht. mehr...

Wiesbaden_zwei Frauen auf Solarbank

Wiesbaden: Smarte Sitzbänke

[26.11.2024] Nachhaltige Energie trifft auf smarte Stadtmöbel: In Wiesbaden wurden jetzt auf dem Dern’schen Gelände zwei Solarbänke errichtet. Diese gehen auf die Idee der Jugendkonferenz zurück. mehr...

Ein Straufahrzeug, von hinten zu sehen, fährt auf einer Straße, daneben eine schneebedeckte Landschaft.

Germering: Smarter Winterdienst

[22.11.2024] Mit IoT-Sensoren und einem neuen Softwaremodul hat sich die Stadt Germering für den kommenden Winterdienst gerüstet. Die Lösung unterstützt bei der Routenplanung und Einteilung der Einsatzkräfte. Auch liefert sie Echtzeitdaten über den Straßenzustand und den Füllstand in den Salzsilos der Einsatzfahrzeuge. mehr...

Virtuelles Abbild eines Stadtzentrums, ein Baum ist im Vordergrund des Bildes zu sehen.
bericht

Kreis Hof: Stadtplanung erleben

[21.11.2024] Im Rahmen seines Modellprojekts Smart City erprobt der Landkreis Hof auch den Einsatz von Virtual-Reality-Anwendungen. Entwickelt wird unter anderem eine VR-Simulation zur Stadtplanung; zudem soll virtuelle Realität im Digitalen Zwilling zum Einsatz kommen.  mehr...

Screenshot der Veranstaltungswebsite zur 18. Regionalkonferenz, der im Header das Fridericianum in Kassel zeigt.

18. Regionalkonferenz: Barrieren abbauen in der Smart City

[18.11.2024] Um digitale Angebote, die Menschen mit Behinderungen das Leben erleichtern, geht es bei der 18. Regionalkonferenz der Modellprojekte Smart Cities am 5. Dezember in Kassel. Eingeladen sind Kommunen, die sich zum Thema informieren oder Erfahrungen austauschen möchten. mehr...