Dienstag, 11. Februar 2025

InterviewEinfach mal machen

[02.07.2015] E-Government kommt nur langsam voran, weil Geld und Personal fehlen, sagt Olav Neveling. Der Sales Manager, bei Materna für das Geschäft mit der öffentlichen Hand veranwortlich, wünscht sich auch mehr Flexibilität bei der Umsetzung von Projekten.
Olav Neveling

Olav Neveling

(Bildquelle: Materna)

Herr Neveling, durch IT-Systeme soll das Verwaltungshandeln effektiver, bürgernäher und kostengünstiger werden. Wie weit ist aus Ihrer Sicht die IT-gestützte Verwaltungsmodernisierung in Deutschland vorangekommen?

Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Im kommunalen Bereich gibt es relativ viele Ansätze zur Digitalisierung der Verwaltung. Die Projekte sind allerdings noch nicht komplett lebenslagenorientiert und die Prozesse sind noch nicht durchgängig digitalisiert. Auf Landesebene sehe ich deutlich weniger Ansätze. Und auf Bundes­ebene hätte ich mir gewünscht, dass das E-Government-Gesetz für mehr Schub gesorgt hätte.

Das Gesetz ist seit zwei Jahren in Kraft. Wie bewerten Sie die Regelungen?

Das E-Government-Gesetz des Bundes ist sicherlich ein Motor, um neue Energien freizusetzen für E-Government- oder Open-Data-Projekte. Aber bislang ist doch wenig passiert. Wir führen zwar viele Planungsgespräche mit Bundesverwaltungen, wodurch viele Ideen entstehen, etwa zu ganzheitlichen Prozessen. Aber die Umsetzung kommt nicht voran. Was fehlt, sind die finanziellen Mittel, um entsprechende Projekte umzusetzen. Allein die flächendeckende Einführung der E-Akte auf Bundesebene kostet laut Schätzungen rund 240 Millionen Euro. Nicht mal ein Bruchteil dieser Summe ist in den Haushalten dafür eingestellt.

Materna hat mit der Hochschule Harz eine Studie zum E-Government-Gesetz durchgeführt. Was waren die wesentlichen Ergebnisse?

Die Studie zeigt, dass sich viele Behörden auf allen staatlichen Ebenen intensiv damit auseinandergesetzt haben. Nur zehn Prozent der Behörden meinen, vom EGovG betroffen zu sein. Außerdem hat sich gezeigt, dass die Kommunen bei der Verwaltungsmodernisierung schon weiter fortgeschritten sind. Sie spüren ja auch den Druck der Bürger unmittelbar. Ein Ergebnis war, dass sich viele Behörden mit Spezialthemen wie De-Mail, der eID oder elektronischen Bezahlmöglichkeiten beschäftigen. Aber auch die Hinderungsgründe wurden deutlich genannt: fehlendes Budget und Personal.

Was müssen Bund, Länder und Kommunen jetzt tun, um E-Government voranzubringen?

Es wäre hilfreich, wenn es für E-Government-Projekte aller staatlichen Ebenen ein Investitionsprogramm geben würde. Damit wären Anreize gesetzt, um entsprechende Infrastrukturen aufzubauen. Zudem sollten die E-Services besser beworben werden. Es müsste also ins Marketing investiert und auch ein Akzeptanz-Management eingeführt werden, um Bürger und Unternehmen für die E-Government-Angebote zu begeistern. Wünschenswert wäre zudem eine länderübergreifende IT-Standardisierung und eine noch engere Zusammenarbeit der kommunalen IT-Dienstleister.

„Es wäre hilfreich, wenn es ein Investitionsprogramm für E-Government-Projekte geben würde.“
Wie optimistisch sind Sie, dass ein Investitionsprogramm aufgelegt wird?

(lacht) Wenn ich mir die Aussagen der Politik anhöre, bin ich gar nicht optimistisch. Ein ähnliches Konjunkturpaket der Bundesregierung für E-Government wie in den Jahren 2005 oder 2009 ist leider in weiter Ferne.

Im August findet das 16. ÖV-Symposium in Nordrhein-Westfalen statt. Wie steht Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Bundesländern bei der Verwaltungsmodernisierung da?

Auf dem Symposium werden viele Beispiele vorgestellt, das ist positiv. Ich würde aber nicht von einer Vorreiterrolle sprechen. Noch arbeitet die Landesregierung an einem eigenen E-Government-Gesetz, das sicherlich für weitere Projekte sorgen wird. Das Motto der Veranstaltung lautet „Auf dem Weg zur digitalen Verwaltung“. Das ist nicht ohne Grund gewählt.

Bei Materna ist ja eine neue Geschäftsführung im Amt. Die Gründer Winfried Materna und Helmut an de Meulen sind in den Beirat gewechselt. Wie wirkt sich dies auf das Geschäft mit der öffentlichen Hand aus?

Die Amtszeit ist mit drei Monaten noch viel zu kurz, sodass sich noch kein endgültiges Resumee ziehen lässt. Erste Kontakte durch Herrn Binder im Behördenumfeld spiegeln eine positiv Resonanz wider. Im Zuge der Neuausrichtung der Business Line Government verfolgen wir das Ziel, unsere Behörden-Accounts themen- und lösungsorientiert zu betreuen. Wir werden zwar keine eigenen Produkte entwickeln. Wir werden aber verstärkt mit marktführenden Herstellern von Standardtechnologien zusammenarbeiten, um so Mehrwerte bei der Umsetzung individueller Lösungen für unsere Kunden zu schaffen. Unsere Angebote werden also noch stärker auf die Bedürfnisse der Ämter und Behörden ausgerichtet.

Materna verfügt über Erfahrung aus zahlreichen IT-Projekten in der Wirtschaft. Was kann die öffentliche Verwaltung von den Unternehmen lernen?

Das ist eine schwierige Frage, weil die Ausgangslage der Unternehmen und Behörden ganz unterschiedlich ist. Politische Zwänge, Ressortgrenzen und enge Budgetrahmen sind in Unternehmen nicht so stark ausgeprägt. Neben den bereits genannten Themen Marketing und Akzeptanz-Management möchte ich noch die Risikobereitschaft nennen. Einfach mal Projekte machen, Handlungsspielräume flexibel und kreativ zu nutzen, das können Behörden von der Wirtschaft lernen.

Interview: Alexander Schaeff




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