InterviewEinkauf unter Genossen
Frau Koll-Sarfeld, Herr Siedenberg, auf Initiative des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen wurde die Einkaufsgemeinschaft für NRW-Kommunen KoPart gegründet. Welche Ziele werden mit der Genossenschaft verfolgt?
Koll-Sarfeld: Im Mittelpunkt steht die Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder durch Bündelung und Verbesserung der kommunalen Bedarfsdeckung. Dies geschieht durch Dienstleistungen im Bereich Beschaffung für die Mitglieder.
Welche Leistungen bietet KoPart den Kommunen an?
Koll-Sarfeld: Durch gebündelte Ausschreibungen von Massenartikeln erzielt KoPart für die Mitglieder bessere Preise und senkt deren Beschaffungsaufwand. Zugleich unterstützen wir sie bei der Individualbeschaffung etwa von Abfallentsorgungs- oder Gebäudereinigungsdienstleistungen oder beim Kauf von Feuerwehr- und Kommunalfahrzeugen. Dabei führt KoPart rechtssichere Ausschreibungen durch, die sowohl den Anforderungen des europäischen und deutschen Vergaberechts, wie auch den landesspezifischen Vorgaben sowie dem Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen genügen.
Siedenberg: Aktuell haben wir das Leistungsspektrum mit der Online-Katalogbestellung um ein neues Konzept erweitert, um für die Mitgliedskommunen bei der Beschaffung von Verbrauchsmaterialien noch bessere Einkaufspreise und eine deutliche Zeitersparnis zu erzielen. So können die internen Prozesskosten gesenkt werden.
Wie funktioniert die Bestellung im elektronischen Katalog?
Siedenberg: Die Bedienung ist denkbar einfach: Wie bei anderen gängigen Bestellplattformen auch, wählt der Benutzer aus einer Liste die gewünschten Artikel aus und legt sie in einem digitalen Warenkorb ab. Nach Abschluss des Bestellvorgangs wird der Auftrag an die einzelnen Lieferanten weitergeleitet, die dann die bestellten Waren an den Besteller versenden. Dabei bleiben Genehmigungsregeln und Mitzeichnungsrechte erhalten: Durch die Hinterlegung von Genehmigungen im Rahmen der Einkaufsplattform können Budgetrechte ebenso wie Mitzeichnungen problemlos übertragen werden, sodass die von der Kommune gewünschte Beschaffungsstruktur optimal erhalten oder gestaltet werden kann.
Koll-Sarfeld: Durch den Abschluss von Rahmenverträgen mit den Anbietern von Vollsortimenten ist zugleich auch sichergestellt, dass die berechtigten Besteller nicht auf die von ihnen präferierten Produkte verzichten müssen. Gleichzeitig wird auf diese Weise den vergaberechtlichen Anforderungen Rechnung getragen, indem die Rahmenvereinbarung nach den einschlägigen Rechtsvorschriften ausgeschrieben werden.
Welche Technik steckt hinter dem elektronischen Verfahren?
Siedenberg: Eine von den Kommunen und den Lieferanten unabhängige Bestellplattform ermöglicht es dem einzelnen Besteller, aus einem breiten Sortiment an Waren in verschiedenen Produktbereichen seinen Bedarf zu decken. So können berechtigte Besteller derzeit auf Warensortimente aus den Bereichen Bürobedarf, Tinte und Toner, Reinigung und Hygiene, Weißpapier, Kindergartenbedarf, Verkehrsschilder, Arbeitsschutz, Feuerwehr- und Schulbedarf zurückgreifen. Für jedes dieser Sortimente ist ein Rahmenvertragspartner als Lieferant hinterlegt. Tätigt der Beschaffer nun eine Bestellung, werden die einzelnen Inhalte des Warenkorbes an den jeweiligen Lieferanten digital versandt. Dabei wird ein Industriestandard verwendet, der eine vollständige automatisierte Verarbeitung der Bestellung durch den Lieferanten ermöglicht. Dadurch werden auf der Bestellerseite eine Menge Zeit und damit Prozesskosten eingespart. Aber auch für den Lieferanten vereinfacht sich der Bearbeitungsvorgang, was sich wiederum in niedrigeren Angebotspreisen niederschlägt. Daneben können über das System aber auch Artikelanfragen und Reklamationen in einfacher Art und Weise abgewickelt werden.
„In Zukunft ist mit einer deutlich wachsenden Bedeutung des elektronischen Einkaufs zu rechnen.“
Welche Vorteile bringt das Verfahren für die teilnehmenden Kommunen und wie sind die ersten Erfahrungen?
Siedenberg: Natürlich ist es oftmals die Senkung der Einkaufskosten, die den Kommunen zuerst ins Auge springt. Die wirklichen Vorteile des Einkaufssystems liegen nach unserer Auffassung aber vielmehr in der Senkung von Prozesskosten. Gerade die Besteller von Verbrauchsartikeln sind häufig keine extra für diese Tätigkeit ausgebildeten Einkäufer, sondern Bürokräfte oder Hausmeister, deren Aufgabe es nicht sein sollte, sich mit der Einholung mehrerer Angebote und der korrekten Abgabe von Verpflichtungserklärungen auseinanderzusetzen. Durch die einfache und intuitive Bedienung des Systems gewinnen gerade diese Mitarbeiter Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben zurück.
Koll-Sarfeld: Daneben gibt es aber einen weiteren bedeutenden Aspekt, der nicht in Euro beziffert werden kann: Transparenz. Durch die vollumfängliche digitale Dokumentation der Bestellhistorie wird für die Kommunen eine größtmögliche Transparenz hinsichtlich des Bedarfs erreicht, die erstmals einen umfassenden Überblick über die Beschaffung von Verbrauchsartikeln ermöglicht. Dies ist deswegen so elementar, weil gerade Verbrauchsartikel so vielseitig und oftmals niedrigpreisig sind, dass eine effektive Kontrolle nicht gewährleistet werden kann.
Wie ist eine Einkaufsgemeinschaft wie KoPart aus beschaffungsrechtlicher Sicht zu bewerten?
Koll-Sarfeld: KoPart wendet bei den betreuten Vergabeverfahren das Vergaberecht an. Dies schließt das europäische Primärrecht sowie die europäischen Verordnungen und Richtlinien ebenso ein wie deren nationale Umsetzungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge sowie den einzelnen Vergabeordnungen. Auch bei nationalen Vergabeverfahren berücksichtigt KoPart das geltende Vergaberecht sowie die kommunalen Haushaltsgrundsätze. Für das Katalogverfahren werden regelmäßig EU-weit Rahmenverträge ausgeschrieben. Dabei ist eine Beauftragung der KoPart durch deren Mitglieder verfahrensfrei im Wege der Inhouse-Vergabe möglich.
Wie wird sich das Thema elektronischer Einkauf und Beschaffung aus Ihrer Sicht entwickeln?
Koll-Sarfeld: Die Digitalisierung des Beschaffungswesens ist nicht mehr aufzuhalten. Die neuen EU-Richtlinien stärken zunehmend die Bedeutung der elektronischen Ausschreibung und bringen zugleich ständig neue rechtliche Anforderungen für den einzelnen Beschaffer. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass die angespannte Haushaltslage vieler Kommunen auch in Zukunft weiter Bestand haben wird. Vor diesem Hintergrund besteht ein großes Potenzial für den elektronischen Einkauf.
Siedenberg: Wir planen, die bereits bestehenden Kataloge zu erweitern und zu ergänzen. Alles in allem ist daher für die Zukunft mit einer deutlich wachsenden Bedeutung des elektronischen Einkaufs zu rechnen.
Dieses Interview ist im Titel der Juni-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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