Schul-ITEins zu eins für alle?
Wenn Schülern ein persönliches digitales Endgerät für die individuelle Nutzung zur Verfügung steht, spricht man von einer Eins-zu-eins-Ausstattung. Auf diese werden große Hoffnungen gesetzt, sowohl für eine optimierte Förderung der Medienkompetenz, als auch für generell verbesserte Lern- und Lehrprozesse. Bereits im Jahr 2010 empfahl die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, alle Schüler mit mobilen Computern auszustatten. Eine aktuelle, unter der Schirmherrschaft der Initiative D21 durchgeführte Studie zur Medienbildung an deutschen Schulen, fordert das ebenso, allerdings ohne sich auf ein bestimmtes Endgerät festzulegen. Die Versprechungen sind groß, ob sie sich halten lassen, wird sich herausstellen. Die Geschichte der Einführung technischer Innovationen in der Schule mahnt zur Vorsicht. Denn alle gingen einher mit hohen Erwartungen hinsichtlich ihres Beitrags zur Verbesserung von Lern- und Lehrprozessen. Eingetreten sind die wenigsten. Ein differenzierter Blick auf die Nutzung mobiler Endgeräte in der Schule ist angeraten.
Jugend lebt mobil
Fest steht: Aus dem Alltag Heranwachsender sind mobile digitale Medien nicht mehr wegzudenken. Im Rahmen der JIM-Studie werden jährlich die 12- bis 19-Jährigen zu ihrer Mediennutzung befragt. Der aktuellen Umfrage zufolge besitzen diese schon seit Längerem mindestens ein Handy, 90 Prozent inzwischen auch ein Smartphone. Ein Tablet nennen immerhin rund 20 Prozent der Jugendlichen ihr Eigen. Das entspricht einem Zuwachs von 50 Prozent gegenüber dem Jahr 2012. Auch das Internet nutzen die Heranwachsenden immer häufiger über diese Medien. Zunehmend werden Tablets und Smartphones in unterschiedlichen Szenarien auch zum schulischen Lernen eingesetzt – meistens in einzelnen Klassen, teilweise in ganzen Jahrgängen und sehr vereinzelt in ganzen Schulen. Bei der Ausstattung dominieren zwei Modelle: Entweder wird ein einheitliches Gerät für alle Beteiligten gewählt. Diese werden häufig als Klassensätze angeschafft und dürfen auch nur in der Schule benutzt werden. Oder es werden unterschiedliche schülereigene private Endgeräte unter dem Stichwort Bring Your Own Device (BYOD) integriert. Letztere Variante weckt bei manchem Schulträger die Hoffnung, die oft mit hohen Kosten verbundene Frage nach der technischen Ausstattung auf die Eltern der Schüler abzuwälzen. Diese Hoffnung ist trügerisch. BYOD ist kein Sparmodell. Allein die erforderlichen Investitionen in breitbandige Infrastrukturen, ausreichende WLAN-Zugänge und das erforderliche Identitymanagement sind erheblich, unabhängig davon, für welche mobile Lösung man sich entscheidet. Nach wie vor ist die Schul-IT meist dezentral für die Nutzung innerhalb der Schule ausgelegt. Lern-Management-Systeme oder sonstige Portale, die auch über das Web genutzt werden können, sind noch längst nicht überall Standard. Für das konsequente Lernen mit mobilen Endgeräten sind sie aber unverzichtbar. Zahlreiche kommerzielle cloudbasierte Dienste und Anwendungen sind für viele Aspekte mobilen Medienhandelns unverzichtbar. Für die wenigsten dieser Anwendungen stehen aber Lösungen bereit, die den Anforderungen an den Datenschutz in den Schulgesetzen gerecht werden.
Vom Sinn und Unsinn digitaler Medien
Schüler können mit mobilen digitalen Medien anders lernen, müssen das aber nicht – denn diese Anwendungen lassen sich auch problemlos mit herkömmlichen Unterrichtsformen verbinden. Digitale Medien eröffnen zum Beispiel neue Formen der Kooperation und Kollaboration zwischen Lernenden und Lehrenden, die prinzipiell auch ortsungebunden erfolgen können. Digitale Medien erlauben es außerdem, dass der Lernstoff an die individuellen Anforderungen der Lernenden angepasst wird. Dazu kommen flexiblere Zugänge zu den jeweiligen Aufgaben, gepaart mit variierenden Lernpfaden. Beide Aspekte sind auch unter der Prämisse des inklusiven Lernens in ihrer Bedeutung kaum hoch genug einzuschätzen. Neu sind veränderte Feedback-Kulturen. Diese finden zum einen automatisiert statt, etwa bei der Arbeit mit Apps zur Förderung bestimmter Kompetenzen. Zum anderen werden dafür beispielsweise Video- und/oder Audioaufzeichnungen der Schüler genutzt, die den Lehrkräften neue Möglichkeiten des Problemverständnisses eröffnen. In die gleiche Richtung zeigt die Multimodalität des Lernens, die durch den Einsatz mobiler Medien erhöht wird. Angesprochen sind zum einen unterschiedliche Eingabe- und Interaktionsmöglichkeiten mit den Geräten. Zum anderen lassen sich damit vielfältige Medienformate wie Bilder, Töne, Videos und Texte entlang der unterschiedlichen Lernpräferenzen produzieren, kombinieren und weitergeben. Getrennt davon ist zu hinterfragen, ob die Heranwachsenden unter Einsatz mobiler Endgeräte besser lernen. Im Kontext der Logik outputorientierter Bildungspolitik geht es dabei vorrangig um den verbesserten Kompetenzerwerb. Zum Lernen mit mobilen Medien gibt es dazu vor allem hinsichtlich der methodisch-methodologischen Qualität existierender Untersuchungen noch keine ausreichenden Erkenntnisse. Die gleiche Kritik gilt für die meisten anderen Studien zum Lernen mit digitalen Medien. Die Gewinne an fachlichen und überfachlichen Kompetenzen, die sich auf den Einsatz digitaler Medien zurückführen lassen, reichen bei Weitem nicht aus, daraus die möglichst rasche Eins-zu-eins-Ausstattung aller Schüler abzuleiten. Es geht aber auch nicht um ein Entweder-oder, sondern vielmehr um ein Sowohl-als-auch. Die Forschung weist darauf hin, dass den verschiedenen Medien unterschiedliche Funktionen im Lernprozess zukommen, die es sinnvoll aufeinander abzustimmen gilt. Dafür braucht es geeignete Projekte, in denen verschiedene Lernszenarien systematisch erprobt und evaluiert werden, um daraus allgemeingültige Schlüsse ziehen zu können. Auch Schulträger sollten sich für diesen Kurs interessieren und bei der Weiterentwicklung der schulischen IT-Infrastruktur die Anforderungen mobilen Lernens verstärkt in den Blick nehmen. Denn ob Eins-zu-eins-Umsetzung oder auf Basis anderer Lösungen – die Relevanz des mobilen Lernens für schulische und andere Lernprozesse wird zunehmen.
Dieser Beitrag ist im Spezial der Februar-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Baden-Württemberg: KI-Zentrum Schule gegründet
[23.10.2024] Das neue KI-Zentrum Schule des Landes Baden-Württemberg soll Schulen dabei unterstützen, Künstliche Intelligenz lernförderlich nutzbar zu machen. Angesiedelt ist es im Heilbronner Innovationspark Künstliche Intelligenz. mehr...
Pforzheim: DigitalPakt Schule abgeschlossen
[02.10.2024] Die 36 Bildungseinrichtungen der Stadt Pforzheim verfügen jetzt über alle Möglichkeiten für einen modernen und digitalen Unterricht. Zum erfolgreichen Abschluss des Großprojekts „DigitalPakt Schule 2019 – 2024“ leistete insbesondere die reibungslose Zusammenarbeit von Schulen und Stadtverwaltung einen großen Beitrag. mehr...
Nordrhein-Westfalen: Pilotprojekt zum Lernen mit KI
[02.10.2024] Im Rahmen eines Pilotprojekts wird in Nordrhein-Westfalen der Einsatz generativer KI in den Fächern Mathematik und Deutsch erprobt. Wissenschaftlich begleitet wird das Vorhaben namens KIMADU von der Universität Siegen. mehr...
Saarland: Note Eins für Netzanbindung der Schulen
[10.09.2024] 98 Prozent aller saarländischen Schulen können jetzt auf Gigabitbandbreiten zugreifen. Damit nimmt das Land beim Gigabit-Internet an Schulen die Spitzenposition unter allen Bundesländern ein. Der Ausbau wurde nicht von einzelnen Kommunen, sondern zentral koordiniert. mehr...
Potsdam: Schuldigitalisierung kommt voran
[06.09.2024] In Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam wurden seit dem Jahr 2020 46 Schulen in öffentlicher Trägerschaft mit Breitbandanbindungen und digitaler Technik wie Smartboards und Beamern ausgestattet. Finanziert wurde dies aus Eigenmitteln der Stadt sowie aus Mitteln des Digitalpakts Schule. mehr...
Digitalgestützte Bildung: Gesamtpaket für neues Lernen
[05.09.2024] Samsung will den digitalen Entwicklungsprozess der Schulen mit ganzheitlichen Konzepten begleiten. Dazu gehören nicht nur innovative und dennoch nutzerfreundliche Produkte, sondern auch Hilfestellungen rund um die Handhabung, wie Steven Pollok, Director Display Division bei Samsung Electronics, erklärt. mehr...
Nordrhein-Westfalen: Virtual Reality im Klassenzimmer
[03.09.2024] Das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen stellt rund 3.000 VR-Brillen zur Erprobung neuer innovativer Technologien im Unterricht bereit. Das Pilotprojekt nimmt gezielt auch die Lehrkräfteausbildung in den Blick. mehr...
Braunschweig: DigitalPakt-Mittel ausgeschöpft
[23.08.2024] Der DigitalPakt Schule erlaubte der Stadt Braunschweig Fortschritte bei der Ausstattung ihrer Schulen. Nahezu alle Schulen verfügen inzwischen über einen Glasfaseranschluss, viele ebenfalls über digitale Präsentationsflächen. Für die Betreuung und Instandhaltung fordert die Stadt weitere Mittel von Bund und Land. mehr...
eco-Umfrage: Skepsis gegenüber KI an Schulen
[13.08.2024] Künstliche Intelligenz hält Einzug in deutschen Schulen: Zwölf Bundesländer bieten nach den Ferien KI-Lösungen an. Eine Umfrage des eco zeigt allerdings, dass gut 60 Prozent einen KI-Einsatz als Unterstützung für Schülerinnen und Schüler negativ bewerten. mehr...
ITK Rheinland: Digitalisierung von Schulen
[12.08.2024] Die ITK Rheinland hat jetzt alle Schulen in Neuss und Meerbusch mit iPads ausgestattet. Die neuen Lernmittel und stabilere Internetverbindungen haben einen positiven Effekt auf den Unterricht. mehr...
Deutscher Städtetag: Schnell Klarheit für den Digitalpakt 2.0
[01.08.2024] Viele Schulen warten dringend auf eine Fortsetzung des Digitalpakts, der im Mai auslief. Ob dafür im nächsten Bundeshaushalt Geld eingeplant ist, bleibt unklar. Der Deutsche Städtetag fordert das Bundesbildungsministerium auf, schnellstmöglich Klarheit zu schaffen. Blieben die Mittel aus, drohe Schulen ein Rückfall in die digitale Steinzeit. mehr...
Karlsruhe: Zukunftsfähiger IT-Support an Schulen
[23.07.2024] Die Stadt Karlsruhe will eine zukunftsfähige Strategie für den IT-Support an ihren Schulen finden. Ein IT-Beratungsunternehmen wurde beauftragt, um festzustellen, ob sich langfristig das Outsourcing an eine externe Firma oder eher eine stadtinterne Lösung eignet. Der Schulbeirat entschied sich nun für letzteres. mehr...
Brandenburg: Mobilgeräte für alle Lehrkräfte
[15.07.2024] Im Land Brandenburg wird Schule noch digitaler: Alle Lehrkräfte sollen mit mobilen Endgeräten ausgestattet werden. Dazu wendet das Land verbleibende Mittel aus dem DigitalPakt, aber auch Landesmittel auf. Finanziert wird nicht nur die Beschaffung, sondern im Bedarfsfall auch die datenschutzkonforme Administration der Geräte. mehr...
Bundesrat: Länder erhöhen Druck beim DigitalPakt 2.0
[10.07.2024] Mit dem DigitalPakt Schule hat der Bund Länder und Kommunen bei Investitionen in die digitale Bildungsinfrastruktur unterstützt – bis Mai dieses Jahres. Nun verhandeln Bund und Länder über die Anschlussfinanzierung. Im Bundesrat sprachen sich die Länder für eine verlässliche Fortführung bis 2030 aus. mehr...
Kreis Darmstadt-Dieburg: Bug-los glücklich
[05.07.2024] An seinen 81 Schulen will der Kreis Darmstadt-Dieburg einen zum jeweiligen Unterrichtsstil passenden IT-Einsatz ermöglichen. Er bietet deshalb Schulungen für die Lehrkräfte an, stellt IT-Fachkräfte für die Technik zur Verfügung und setzt eine cloudbasierte zuverlässige Software ein. mehr...