Mittwoch, 8. Januar 2025

BauwesenErfolgreicher Vorreiter

[06.09.2021] Bis Ende 2022 soll die digitale Baugenehmigung bundesweit zum Standard werden. Die Umsetzung kommt momentan aber nur schleppend voran. Anders im Kreis Nordwestmecklenburg. Dort können die Bauherren den Antrag für einige Bauvorhaben bereits online stellen.
Der digitale Bauantrag ist im Kreis Nordwestmecklenburg bereits Realität.

Der digitale Bauantrag ist im Kreis Nordwestmecklenburg bereits Realität.

(Bildquelle: Have a nice day/stock.adobe.com)

Wer einen Bauantrag stellen möchte, muss neben dem eigentlichen Antragsformular jede Menge anderer Unterlagen einreichen. Als Beispiele genannt seien Sicherheitsnachweise, der Lageplan, Bauzeichnungen oder Kostenberechnungen. Zwar können diese Dokumente bei vielen Behörden bereits in elektronischer Form übermittelt werden. Aufgrund der Schriftformerfordernis ist der Bauherr aber oft noch verpflichtet, sie auch in Papierform abzugeben. Umgekehrt wird die Baugenehmigung der Behörde in Papierform erteilt. Die Folge sind lange Bearbeitungszeiten, ein hoher bürokratischer Aufwand sowie eine große Fehleranfälligkeit. Deutlich schneller, effizienter und nutzerfreundlicher ist ein komplett digitales Baugenehmigungsverfahren, bei dem sämtliche Abläufe per Mausklick erledigt werden können – und zwar vom Einreichen des Bauantrags bis zur Erteilung der Baugenehmigung. In ein paar Kommunen ist dies bereits Realität, die übrigen könnten sehr bald nachziehen.
Im August 2017 erließ die Bundesregierung das Onlinezugangsgesetz (OZG), welches kurz darauf in Kraft trat. Laut diesem Gesetz sind Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, bis spätestens Ende 2022 insgesamt 575 Verwaltungsdienstleistungen elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Auch das Baugenehmigungsverfahren gehört dazu und soll bis dahin in jeder Gemeinde Deutschlands digital durchführbar sein. Noch geht die Umsetzung eher schleppend voran, einige Länder und Kommunen sind aber auf dem besten Weg. Etwa im Kreis Nordwestmecklenburg können Bauherren seit dem 1. Januar 2021 den Bauantrag digital stellen.

2019: Start des Pilotprojekts digitale Baugenehmigung

Schon im Mai 2019 ist in der Kommune das Pilotprojekt „digitale Baugenehmigung“ gestartet. Gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommerns Landesregierung entwickelte die Kreisverwaltung ein Verfahren, mit dem Bauanträge online eingereicht und komplett digital bearbeitet werden können. Um eine möglichst unkomplizierte und intuitive Lösung zu konzipieren, wurden die Wünsche und Erfahrungen der Nutzer in die Entwicklung gleich mit einbezogen.
Seit Jahresbeginn 2021 haben die Bauherren nun die Wahl zwischen dem vereinfachten und dem alten Baugenehmigungsverfahren. Vo­raussetzung für den digitalen Antrag ist die Anmeldung mit einem MV-Nutzerkonto. Entscheidet sich ein Bauherr für diesen Weg, genießt er einige Vorteile. Zunächst einmal spart er sich den Gang zum Amt und das Porto für den Papierantrag. Auch sind die Gebühren für das vereinfachte Genehmigungsverfahren geringer als beim herkömmlichen Vorgehen. Die Antragsformulare kann er direkt am Computer ausfüllen, die erforderlichen Unterlagen als PDF hochladen. Beim Absenden des Online-Formulars wird er darüber informiert, falls wichtige Unterlagen oder Angaben fehlen. Im weiteren Verlauf kann er jederzeit den Bearbeitungsstatus des Bauantrags online einsehen – sowohl vom PC als auch vom Smartphone aus. Zudem können vom Bauträger bis hin zum Architekten alle anderen am Bauvorhaben beteiligten Personen zeitgleich auf den Bauantrag zugreifen und diesen bearbeiten oder zur Prüfung freigeben. Ebenso können alle Behörden gleichzeitig auf die Unterlagen zugreifen. Das Genehmigungsverfahren verläuft deshalb deutlich schneller als bei der herkömmlichen Vorgehensweise. Obendrein muss die Entscheidung über den Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang sämtlicher Unterlagen erfolgen. Nur aus wichtigen Gründen darf diese Frist um höchstens einen Monat verlängert werden. Der Bescheid über die Baugenehmigung wird schließlich elektronisch verschickt.

Andere Kommunen wollen System übernehmen

Noch steht die digitale Genehmigung nicht für alle Bauvorhaben in Nordwestmecklenburg zur Verfügung. Sie kann bislang für Wohngebäude samt zugehöriger Nebengebäude und Nebenanlagen, sonstige bauliche Anlagen samt zugehöriger Nebengebäude und Nebenanlagen, die keine Gebäude sind, sowie für Mobilställe in Anspruch genommen werden. So legt es § 63 Absatz 1 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) fest. Das vereinfachte Genehmigungsverfahren können sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen nutzen.
Der Kreis Nordwestmecklenburg mag Vorreiter bei der digitalen Baugenehmigung sein, es dürfte aber nicht mehr lange dauern, bis das Verfahren auch andernorts zur Verfügung steht. Jedenfalls haben bereits weitere Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern, darunter die Hansestadt Rostock und Neubrandenburg, sowie die Bundesländer Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz zugesagt, das System übernehmen zu wollen. Andere Bundesländer signalisieren Interesse. Denn laut Aussage des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik, Markus Richter, ist das System so flexibel konzipiert, dass es problemlos an die rechtlichen Vorgaben weiterer Länder angepasst werden kann.
Darüber hinaus arbeiten Brandenburg und das Saarland seit Längerem an eigenen Lösungen, um die digitale Baugenehmigung zu realisieren. Ob das Online-Genehmigungsverfahren bis Ende 2022 allerdings tatsächlich jedem Bauherren in Deutschland zur Verfügung stehen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt (Stand: 1. Juni 2021) nicht abzusehen. Bundes-CIO Richter zeigte sich angesichts der Erfolge in Nordwestmecklenburg jedoch zuversichtlich und bezeichnete sie als „Sternstunde der Digitalisierung in Deutschland“.

Gitte Hartung ist Redakteurin beim VFR Verlag für Rechtsjournalismus GmbH, Berlin.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Fachverfahren
Eine Frau und zwei Männer, gekleidet unter anderem mit gelber Warnweste und Baustellenschutzhelm, stehen auf einer Baustelle und blicken auf einen Laptop bzw Papierunterlagen.
bericht

Gifhorn: Digitale Baugenehmigung

[20.12.2024] Bei der Stadt Gifhorn können Baugenehmigungen ab sofort online, rechtssicher und medienbruchfrei beantragt werden. Das Projekt hat die niedersächsische Kommune mit dem Unternehmen MACH ProForms umgesetzt. mehr...

AKDB: Erleichterte Anhörung von Ordnungswidrigkeiten

[20.12.2024] Ihren Onlinedienst zur Anhörung von Ordnungswidrigkeiten hat die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) auf eine neue technische Basis gestellt. Von der Modernisierung profitieren Bürger und Behörden gleichermaßen: Das Verfahren ist schneller, einfacher und nutzerfreundlicher. mehr...

Kreis Göttingen: Digitale Vergabe von Kitaplätzen

[19.12.2024] 
Als erste Kreisverwaltung setzt der Landkreis Göttingen die Lösung NOLIS | Kita-Platz für eine vollständig digitale Kitaplatzvergabe ein. Für weitere fünf Gemeinden im Kreisgebiet ist damit ab sofort eine Onlinevoranmeldung möglich. mehr...

Reihe von Autos, die in einer Straße parkt,, der Bildhintergrund ist unscharf.

Lemgo: Parkausweis per Klick

[18.12.2024] In Lemgo können Bewohnerparkausweise ab sofort vollständig digital beantragt werden. Ein schlanker, automatisierter Prozess spart den Gang zum Amt und erleichtert die Bearbeitung. Möglich wurde dies durch eine Lösung des Dienstleisters OWL-IT. mehr...

Braut mit Blumenstrauß bekommt den Hochzeitsring angesteckt

Rheinland-Pfalz: Einfacher heiraten

[13.12.2024] In Rheinland-Pfalz können Brautpaare die Anmeldung zur Eheschließung künftig ohne den Gang zum Amt über das Internet vornehmen. Das Land führt dazu den von der Hansestadt Bremen entwickelten Service „Ehe digital“ ein. mehr...

Nordrhein-Westfalen: Workout macht fit für BIM

[12.12.2024] Um die Kommunen des Landes fit zu machen für das digitale Bauen und Planen, hat das nordrhein-westfälische Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung die Schulungsreihe „Kommunal.BIMsprint NRW“ aufgesetzt. mehr...

Hand mit Handy auf dem Potsdams Kitaportal läuft

Potsdam: Kitaportal gestartet

[11.12.2024] Über ein Kitaportal verfügt jetzt die Stadt Potsdam und verbessert damit ihren Service für Eltern und Personensorgeberechtigte. mehr...

Ein Kind spielt mit Bauklötzen auf dem Boden.
bericht

Kitalösungen: Freiräume geschaffen

[29.11.2024] Die Stadt Nürnberg arbeitet seit rund einem Jahr mit dem Fachverfahren adebisKITA. Über Schnittstellen zum Kitaportal und zur Software SAP HCM können insbesondere die Kita­leitungen entlastet werden; und das manuelle Erfassen von Daten ist obsolet geworden. mehr...

Illustration: Drei Personen sitzen auf Stühlen wartend vor einer mutmaßlichen Bürotür.

Schwerin: Wohnsitz online anmelden möglich

[29.11.2024] In Schwerin können Bürgerinnen und Bürger ihren Wohnsitz ab sofort digital anmelden. Mit der Elektronischen Wohnsitzanmeldung (eWA) entfällt der Behördengang. Der Service wurde nach dem EfA-Prinzip entwickelt und wird von immer mehr Kommunen nachgenutzt. mehr...

ITEBO: Virtuelles Bauamt rege genutzt

[28.11.2024] Mehr als 250.000 elektronische Baugenehmigungen sind in den vergangenen Jahren über das virtuelle Bauamt ITeBAU von Anbieter ITEBO abgewickelt worden. In diesem Jahr wurde die Integration der Standards XBau 2.3.1 und XTA2 für die Bauaufsichtsbehörden umgesetzt. mehr...

Kreis Saarlouis: Minister informiert sich über digitalen Bauantrag

[27.11.2024] Im Saarland ist der Digitale Bauantrag Anfang Juli in den Silent-Go-live-Betrieb gestartet. Nun hat sich Digitalminister Jürgen Barke im pilotierenden Landkreis Saarlouis über den Projektfortschritt informiert. mehr...

Gruppenfoto das (v.l.) Bürgermeister Tobias Handtke, Miriam Rathmann, Tim Beckmann, Stefan Pahmeier (per Videokonferenz auf einem Bildschirm zugeschaltet), Steffen Matthees, Jan Behrenbruch und Partho Banerjea zeigt.
bericht

Neu Wulmstorf: Kundenorientiertes Meldewesen

[22.11.2024] Um den Bürgerservice im Meldewesen kundenorientierter zu gestalten, setzt Neu Wulmstorf eine Software zur Terminverwaltung, -buchung und Besucherlenkung ein. Ein per Schnittstelle integriertes Selbsterfassungssystem für Passfoto und Unterschrift steht ebenfalls zur Verfügung. mehr...

Foto von Philipp Martin und Juliane Schmeling vom Fraunhofer FOKUS sowie Nadja Scholz und Marie-Theres Mayer bei der Präsentation von SoFinData.

Berlin: SoFinData im Probe-Echtbetrieb

[18.11.2024] Mit SoFinData steht in Berlin eine neuartige landesweite Planungs- und Steuerungsgrundlage für die Sozial- und Finanzplanung zur Verfügung. Die vorrangig auf Open-Source-Lösungen basierende Plattform ist seit November im Probe-Echtbetrieb. mehr...

Ein deutscher Reisepass, das deutsche Grundgesetzbuch und eine Deutschlandflagge liegen auf einer marmorierten Unterlage.

Essen: Einbürgerungsbehörde startet E-Verfahren

[14.11.2024] Die Einbürgerungsbehörde der Stadtverwaltung Essen stellt auf ein digitalisiertes Antragsverfahren um. Das Verfahren soll so von bislang 1,5 Jahren auf vier Monate verkürzt werden. mehr...

NRW: Die digitale Baugenehmigung startet

[13.11.2024] Die Stadt und der Kreis Borken sowie der Märkische Kreis haben jetzt gemeinsam mit dem Unternehmen Prosoz Herten den vollständig digitalen Baugenehmigungsprozess eingeführt. Das neue System soll den Weg für eine landesweite Digitalisierung im Bauwesen in Nordrhein-Westfalen ebnen. mehr...