E-AkteErsetzendes Scannen
Ohne elektronische Akten und ohne eine elektronische Vorgangsbearbeitung kann eine moderne Verwaltung nicht arbeiten. Dabei gilt die Einführung elektronischer Akten weniger als ein technisches Projekt, sondern vielmehr als organisatorische Herausforderung für Behörden. Die Unsicherheiten bei der Umsetzung sind groß, vor allem bei Fragen des ersetzenden Scannens. Die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako, und die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) haben im Frühjahr 2017 gemeinsam mit dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald eine Leitlinie zum ersetzenden Scannen veröffentlicht, die sich vor allem an Kommunalverwaltungen richtet. Die Handreichung gibt Antworten auf praktische Fragen und enthält eine Mustervorlage für die ordnungsgemäße Digitalisierung von Dokumenten.
Unsicherheiten trotz Rechtsgrundlagen und Richtlinien
Die Rechtsgrundlagen für die Führung elektronischer Akten sind eigentlich klar. Sie ergeben sich aus den Paragrafen 6 und 7 des E-Government-Gesetzes des Bundes sowie meist sehr ähnlichen Regelungen in Ländergesetzen. Sie sehen vor, dass bei der Übertragung von Papieroriginalen in elektronische Dokumente nach „Stand der Technik“ sicherzustellen ist, dass eine Übereinstimmung besteht. Papieroriginale sollen nach Übertragung in elektronische Dokumente vernichtet oder zurückgegeben werden können. Ähnliche Regelungen gibt es für elektronische Urkunden in der Zivilprozessordnung und im Entwurf der Verordnung für den elektronischen Rechtsverkehr. Ergänzend zu den rechtlichen Regelungen existiert eine Technische Richtlinie des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), die als Entscheidungshilfe zur Steigerung der Rechtssicherheit angelegt ist. Die TR-03138 Ersetzendes Scannen (TR RESISCAN) regelt zwar nicht die Frage der Zulässigkeit des ersetzenden Scannens, enthält aber konkrete Hinweise für zu ergreifende technische, organisatorische und personelle Maßnahmen, die beim Scan-Prozess zu beachten sind. Dennoch bestehen in der Behördenpraxis oft Zweifel, wie das ersetzende Scannen praktisch gestaltet werden kann.
Initiative soll Sicherheit bringen
Typische Fragen sind: Was genau bedeutet „Stand der Technik“? Wie ist der Beweiswert gescannter Dokumente vor Gericht einzuschätzen? Welche Originale müssen zurückgegeben werden, wann dürfen sie vernichtet werden? Diese Unsicherheit führt zu einer geringen Akzeptanz bei der Einführung elektronischer Akten. Oder es wird ein erheblicher Mehraufwand betrieben, weil zur Sicherheit hybride Akten geführt werden, das heißt, digital und auf Papier. Diese Unsicherheit zu beseitigen war das Ziel eines gemeinsamen Projekts, das vom Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald initiiert wurde. Gegründet wurde ein Runder Tisch Rechtskonforme E-Akte, der gemeinsam mit Vitako und der KGSt eine Leitlinie zum ersetzenden Scannen nach TR RESISCAN erarbeitet hat. Diese Initiative wurde vom BSI begleitet und wird als wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Erhöhung der Rechtssicherheit und Wirtschaftlichkeit beim ersetzenden Scannen betrachtet.
Schutzbedarfsanalyse gibt Entwarnung
KGSt und Vitako weisen stets darauf hin, dass das ersetzende Scannen immer nur die zweitbeste Lösung ist. Besser ist es, jegliches Papieraufkommen zu vermeiden und elektronische Kanäle zu nutzen oder diese weiter auszubauen. Vor der technischen Umsetzung des Scannens müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Dazu gehören Fragen nach der Sinnhaftigkeit und nach dem Schutzbedarf eines Dokuments: Muss ein Dokument überhaupt gescannt werden, ist es aktenrelevant? Welches ist das angemessene Sicherheitsniveau eines Dokuments, gibt es hier gesetzliche Vorgaben? Beim Schutzbedarf wird nach den Vorgaben der TR RESI-SCAN unterschieden zwischen den Klassen normal, hoch und sehr hoch. Die KGSt hat für typische Dokumentenarten deutscher Kommunalverwaltungen eine exemplarische Schutzbedarfsanalyse vorgenommen und kommt zu dem Ergebnis, dass grundsätzlich von der Schutzbedarfskategorie normal auszugehen ist. Die Schadensauswirkungen sind begrenzt und überschaubar und es sind wegen eines fehlenden Papieroriginals keine beträchtlichen oder katastrophalen Schadensauswirkungen zu erwarten.
Interne Scan-Strategie wichtig
Neben der Schutzbedarfsanalyse einzelner Dokumente ist auch die Festlegung interner Scan-Strategien von Bedeutung. In der kommunalen Praxis gibt es unterschiedliche fachliche Scan-Strategien, wie ersetzendes Scannen mit anschließender Vernichtung des Originals, kopierendes Scannen mit Aufbewahrung des Originals in einer hybriden Akte oder auch gar nicht scannen, wenn es beispielsweise um Dokumente mit der Kennzeichnung streng geheim geht.
Aus der Beantwortung solcher fachlicher Fragen leiten sich dann organisatorische Scan-Strategien ab. Dabei ist zu klären, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort gescannt werden soll. Bei der Frage nach dem Ort gibt es mehrere Möglichkeiten: Scannen beim externen Dienstleister, in einer zentralen Posteingangsstelle, im Fachbereich oder am Arbeitsplatz eines Sachbearbeiters. Die jeweilige Scan-Strategie ist abhängig von der Größe einer Kommune, von der technischen und personellen Ausstattung sowie von der Qualifikation der Mitarbeiter.
Um die sehr allgemein gehaltenen Vorgaben der TR RESISCAN für Kommunalverwaltungen besser handhabbar zu machen, hat eine Vitako-Projektgruppe unter Beteiligung von 25 kommunalen Experten die Vorgaben diskutiert und auf kommunale Verhältnisse übertragen. Herausgekommen ist eine Musterverfahrensbeschreibung für typische Scan-Szenarien. Sie bietet Kommunen eine Vorlage für die Dokumentation von Maßnahmen und Verfahrensschritten, die für die behördeninternen Scan-Prozesse inklusive der Vernichtung der originären Papierbelege gelten. Ziel ist es, den Scan-Prozess unter Aufrechterhaltung der Beweiskraft des Digitalisats einfach umsetzen zu können. Dabei geben die Größe der Verwaltung, das Aufgabenspektrum und nicht zuletzt die IT-Ausstattung einen bestimmten Handlungsspielraum vor, der hier Berücksichtigung findet.
Individuelle Musterverfahrensbeschreibung
Betrachtet werden die von der Behörde selbst durchgeführten Scan-Prozesse, nicht die Beauftragung externer Dienstleister, weil hier besondere Rahmenbedingungen gelten. Mithilfe der Musterverfahrensbeschreibung kann der örtlich eingesetzte Scan-Prozess Schritt für Schritt dokumentiert werden. Gliederung und Text sind so angelegt, dass entweder Textpassagen ergänzt werden oder auf die Erstellung notwendiger Dokumente aufmerksam gemacht wird. Dazu gehören beispielsweise Organisationspläne, eine Übersicht über verwendete Hard- und Software oder dokumentierte Schulungsmaßnahmen für die im Scan-Prozess verantwortlichen Mitarbeiter. Vitako empfiehlt, solche themenspezifischen Dokumente als mitgeltende Anlagen beizufügen, um im Fall von Änderungen einzelne Anlagen erneuern zu können, ohne dabei das Gesamtwerk ändern zu müssen. Die individuell modifizierte Musterverfahrensbeschreibung mit den jeweils erforderlichen Anlagen ergibt dann die für die jeweilige Kommunalverwaltung geltende Verfahrensbeschreibung im Sinne der TR RESISCAN.
http://www.kgst.de
http://www.breisgau-hochschwarzwald.de
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