E-AkteFast 20 Jahre papierlos
In diesem Jahr kommt bei der Digitalisierung und dem E-Government einiges auf die Kommunen zu. Im Vordergrund steht dabei die Umsetzung rechtlicher Anforderungen wie zum Beispiel zur elektronischen Rechnung, EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) oder eIDAS-Verordnung. Unter diesen Voraussetzungen steht die öffentliche Verwaltung immer stärker in der Pflicht, dem digitalen Wandel mit serviceorientierten Online-Angeboten zu begegnen.
Während auf föderaler Ebene eine ganzheitliche digitale Strategie noch vermisst wird, zeigen viele Kommunen, dass ein funktionierendes E-Government kein Hexenwerk ist. Ihre im Grundgesetz verankerte Selbstverwaltung ist dabei Herausforderung und Ansporn zugleich. Während auf Bundesebene Zuständigkeiten und Rahmenbedingungen noch diskutiert werden, handeln Kommunen direkt vor Ort. „Nur so können sie die hohe Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger erfüllen“, erklärt Thomas Körtge, Leiter für Zentrale Dienste bei der Stadt Soltau. „Die weitgehend uneingeschränkte Organisationshoheit ist dabei der eigentliche Schlüssel für ein zielführendes digitales Handeln für mehr Bürgernähe und eine zukunftsfähige Verwaltung.“
Soltau ist Digitalisierungspionier
Seit 20 Jahren gehört die niedersächsische Stadt Soltau in der Lüneburger Heide mit 22.000 Einwohnern zu den Digitalisierungspionieren. Als die Themen Internet und Digitalisierung aufkamen, erkannte die Stadtverwaltung die neuen Handlungsmöglichkeiten und nutzte sie, um bessere Dienstleistungen für die Bürger erbringen zu können. Eine gute interkommunale Zusammenarbeit im Heidekreis sowie die immer wieder nachjustierten IT-Konzepte ermöglichten es der niedersächsischen Mittelstadt, einen eigenen digitalen Weg zu beschreiten. Folgende Meilensteine wurden dabei definiert und bislang umgesetzt: die Speicherung aller Daten in relationalen Datenbanken, die Umwandlung aller manuellen Arbeiten in technisch unterstützte Prozesse sowie die Überführung aller Papierakten in ein elektronisches Archiv.
Damit gelang der Stadt, als einer der ersten Kommunen überhaupt, bereits im Jahr 1999 die flächendeckende Einführung der E-Akte. Aus einem Erstbestand von 178.000 Akten wurden im Jahr 2018 rund fünf Millionen elektronische Vorgänge. „Wir hatten immer einen roten Faden und haben uns von unserem Weg nicht abbringen lassen – allen rechtlichen Bedenken und kritischen Stimmen zum Trotz“, berichtet Thomas Körtge. Als verantwortlicher IT-Leiter bestimmte er die digitale Entwicklung Soltaus von Beginn an mit.
Vollständig papierlos
Heute arbeiten die Verwaltung und ihre städtischen Unternehmen ausschließlich digital – eine Papierakte sucht man hier vergebens. Alle Daten, Informationen und vorgangsbezogenen Inhalte werden in dem verwaltungsweiten Enterprise-Content-Management-System (ECM) enaio von Software-Hersteller Optimal Systems gespeichert: „enaio ist das Ergebnis einer langen und erfolgreichen Zusammenarbeit. Gleichzeitig ist es eine Basis, die das papierlose Arbeiten in der gesamten Verwaltung überhaupt erst möglich macht“, sagt Körtge. In den vergangenen Jahren hat Optimal Systems die rasche digitale Entwicklung der Stadt Soltau nicht nur begleitet, sondern sich auch aktiv eingebracht. Das ursprünglich als reines Dokumenten-Management-System (DMS) angewendete System wurde permanent um neue Schnittstellen und Fachanwendungen erweitert. Aktuell sind in Soltau alle Fachverfahren bis auf wenige Ausnahmen an enaio angebunden.
Eine vollständig papierlose Vorgangsbearbeitung hat für die Stadt viele Vorteile und Mehrwerte. Dabei geht es nicht vorrangig um das Einsparen von Papier, sondern um die vielfältigen Handlungsmöglichkeiten. Die unternehmensweite Volltextsuche bedeutet beispielsweise, jederzeit und unmittelbar dem Bürger gegenüber auskunfts- und handlungsfähig zu sein. Körtge erklärt: „Indem wir die Vorteile der Digitalisierung nutzen, stellen wir sicher, dass unser öffentliches Gemeinwesen auch in Zukunft funktioniert.“ Damit ist Soltau eine von zahlreichen Kommunen, die mit diesem System die Digitalisierung meistern. Ein weiterer Vorteil liegt in der Kompatibilität mit vielen etablierten Fachverfahren: Nutzt die Verwaltung bereits eine spezielle IT-Lösung – zum Beispiel im Sozialamt – kann enaio hier nahtlos andocken.
Neues anpacken statt ausruhen
Selbstverständlich will sich die Stadt Soltau nicht auf den bisherigen Erfolgen ausruhen. „Die neuen Themen müssen angepackt und auf dem Erreichten konsequent aufgebaut werden – bis hin zu einer vollständig digitalisierten Verwaltung“, sagt IT-Leiter Thomas Körtge.
Bürgermeister Helge Röbbert ist stolz auf die digitale Transformation, die in der niedersächsischen Stadt in den vergangenen 20 Jahren vollzogen wurde. Besonders, wenn es um die Mobilität geht: „Ich gehöre zur Generation iPad und habe heute, genauso wie meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das Rathaus immer mobil dabei. Der enaio Web-client ermöglicht mir jederzeit einen schnellen und sicheren Zugriff auf alle Daten und Akteninhalte. Solche Lösungen waren mir bisher nur von großen Unternehmen bekannt. Soltau zeigt, dass dies auch öffentliche Behörden umsetzen können.“
Als nächstes wird sich die Stadt Soltau mit Themen wie Open Data auseinandersetzen, denn auch in Niedersachsen wird es bald ein Transparenzgesetz geben. In enaio ist dazu bereits der Baustein „Bürgerkonto“ vorbereitet, der über elektronische Vorgänge hinweg in der Lage sein wird, Daten und Inhalte von und für Bürger bereitzustellen.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Mai 2018 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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