Dienstag, 11. Februar 2025

T-City FriedrichshafenFazit fällt positiv aus

[29.05.2012] Seinen Bericht zur wissenschaftlichen Begleitforschung des 2007 gestarteten Projekts T-City Friedrichshafen hat das Geographische Institut der Universität Bonn vorgestellt. Untersucht wurde unter anderem der Nutzen intelligenter Verwaltungslösungen. Die Ergebnisse bieten auch anderen Kommunen interessante Ansatzpunkte.
T-City Friedrichshafen: Evaluation der Universität Bonn bewertet das Projekt positiv.

T-City Friedrichshafen: Evaluation der Universität Bonn bewertet das Projekt positiv.

(Bildquelle: K21 media AG)

Die baden-württembergische Stadt Friedrichshafen wurde im Februar 2007 zur T-City gekürt – die Kommune hatte sich zuvor in einem von der Deutschen Telekom durchgeführten Wettbewerb gegen 51 andere mittelgroße Städte durchgesetzt. Ziel des Projekts: Mithilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) die Lebens- und Standortqualität optimieren und alle Akteure der Stadt besser vernetzen. Im Zuge der zunächst auf fünf Jahre angelegten Laufzeit haben beide Partner gemeinsam innovative Ansätze entwickelt, um Lösungen für aktuelle städtische Herausforderungen zu erarbeiten — wie etwa eine transparentere Verwaltung, besser vernetzte Verkehrssysteme, die Schaffung der Voraussetzungen für die Energiewende, und die besonderen Anforderungen einer alternden Bevölkerung. Mehr als 40 Projekte wurden realisiert, die alle Bereiche des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens betreffen. Ende 2011 haben die Partner eine Verlängerung ihrer Zusammenarbeit für weitere drei Jahre vereinbart (wir berichteten).

Besondere Partnerschaft

Ähnlich wie bei anderen Smart-City-Projekten wurde in Friedrichshafen mit dem Aufbau einer Breitband-Infrastruktur die Grundlage für die Nutzung der IKT-Anwendungen geschaffen. Einzigartig ist das Vorhaben, Projekte und Innovationen mit der gesamten Stadtgesellschaft zu entwickeln. Neben politischen Entscheidungsträgern oder Verwaltungseinheiten wurden auch Bürger, Vereine und Unternehmen einbezogen. Eine vergleichbare Public Private Partnership gibt es nirgendwo. Eine weitere Besonderheit: Seit Projektstart führt die Arbeitsgruppe Stadt- und Regionalforschung des Geographischen Instituts der Universität Bonn eine unabhängige Begleitforschung durch. Dazu wurden jährlich im Rahmen umfangreicher Interviews Bürger und ansässige Unternehmen befragt. Im Fokus standen das Gesamtprojekt sowie ausgewählte Einzelprojekte.

Mit E-Government Barrieren abbauen

Einige der Projekte kommen mittlerweile auch außerhalb Friedrichshafens zum Einsatz. Im Bereich E-Government haben zum Beispiel Bürger, Unternehmen und Verwaltung in Friedrichshafen erstmals die De-Mail getestet. Die rechtssichere E-Mail wird 2012 deutschlandweit eingeführt. Auch die einheitliche Behördenrufnummer 115 wurde im Bodenseekreis als erstem Landkreis in Baden-Württemberg erprobt – und ist dort seit April 2011 im Regelbetrieb. Weitere E-Government-Projekte haben dazu beigetragen, in Friedrichshafen zahlreiche Prozesse im Verwaltungsbereich zu optimieren und Barrieren abzubauen. Dies bedurfte zunächst einer Analyse und Anpassung bestehender Verwaltungsstrukturen. Gemeinsam mit der Stadt hat die Telekom hierfür zwei Plattformlösungen entwickelt, über welche Prozesse im Bürgeramt sowie E-Government-Anwendungen Friedrichshafens laufen. Die eine Plattform integriert das optimierte Stadtportal www.friedrichshafen.de sowie das neue Tourismusportal www.friedrichshafen.info, von denen es auch mobile Versionen gibt. Über die andere werden die Portale für Bürgeranliegen www.sags-doch.de und zur Anmeldung im Kindergarten gesteuert.
Das Stadtportal ermöglicht den Bürgern einen übersichtlichen Zugriff auf alle Behördeninformationen. Zudem können online Termine vereinbart, Formulare abgerufen oder nach einem verlorenen Gegenstand recherchiert werden. Über das Tourismusportal lassen sich Unterkünfte buchen, Veranstaltungen suchen und Freizeittipps barrierefrei einholen. Wer Fragen oder Anregungen unkompliziert und schnell an die Verwaltung weitergeben möchte, erledigt dies über das Anliegenportal Sag’s doch oder die dazugehörige Android-App. Der aktuelle Bearbeitungsstand ist jederzeit einsehbar, was für mehr Transparenz sorgt. Mit einem Serviceversprechen garantiert die Stadt den Nutzern zudem, ihr Anliegen innerhalb von zehn Arbeitstagen zu beantworten. Über KindergartenOnline können sich Eltern über die Betreuungseinrichtungen in Friedrichshafen informieren und ihre Kinder in drei priorisierten Kindergärten vormerken.

Sichtbarkeit und Akzeptanz schaffen

Nach Angaben der Stadt ist die Verwaltung durch diese Maßnahmen effektiver geworden. Ein Bürger, der im Schnitt ein- bis zweimal im Jahr mit ihr zu tun hat, nimmt dies jedoch kaum wahr. Erschwerend kommt hinzu, dass er jede Verbesserung in kürzester Zeit als Selbstverständlichkeit hinnimmt und die zugrunde liegende Technologie für ihn weitgehend unsichtbar ist. Zeitgleich mit der technischen Optimierung des Stadtportals hat die Stadt daher das Bürgeramt auch baulich kundenfreundlicher gestaltet, was den Bürgern die Veränderungen stärker bewusst gemacht hat. Dass mit der gewonnenen Effizienz nicht gleich Sparmaßnahmen umgesetzt, sondern zuerst der Service verbessert wurde, hat zudem die nötige Akzeptanz bei den Verwaltungsangestellten geschaffen.

Bürgerbedürfnisse im Blick

Als Einzelprojekt stand zum Beispiel KindergartenOnline im Fokus der Wissenschaftler. Der Stadtverwaltung bringt das Portal Vereinfachungen: Es hilft ihr, einzuschätzen, wie viele Plätze benötigt werden. Für die Erzieherinnen und die Kindergartenleitung bedeutet die Umstellung auf das neue System zunächst einen erheblichen Mehraufwand. Künftig erwarten sie jedoch ebenfalls Erleichterungen bei der Organisation und Bedarfsplanung. Die geschaffene Transparenz zwischen Verwaltung und Kindergarten wird jedoch nicht von allen Mitarbeitern begrüßt. Neben den Befürchtungen vor Kürzungen von Personal und Finanzen stellt auch der zeitliche Mehraufwand einen zusätzlichen Druck im Arbeitsalltag dar. Zudem seien ältere Erzieherinnen oftmals mit der Technik nicht vertraut.
Auch die Eltern wünschen sich weitere Verbesserungen des Portals. Sie erhoffen sich dadurch mehr Transparenz, zum Beispiel die Möglichkeit zur Ummeldung, Einsicht in freie Plätze oder den Anmeldestatus des Kindes. Positiv bewerten sie die Gesamtübersicht über alle Kindertageseinrichtungen der Stadt. Fazit: E-Government hat die Abläufe für die Verwaltung vereinfacht. Um auch den Bürgern merkliche Vorteile bieten zu können, müsste der generelle Anmeldeprozess noch stärker an ihren Bedürfnissen ausgerichtet werden.

T-City im Buch

Zu ähnlichen Ergebnissen kommen die durch die Uni Bonn untersuchten Projekte aus den Schwerpunktbereichen intelligente Energie und Gesundheit. Auch hier hat sich gezeigt: Für den Projekterfolg ist es entscheidend, auf die Bedürfnisse der Bürger einzugehen, welche die Technologien nutzen sollen. Wertet man ihr Feedback kontinuierlich aus und setzt es möglichst einfach und anwenderfreundlich um, so vergrößert das die Chancen, eine hohe Akzeptanz und mehr Lebens- und Standortqualität zu erreichen.
Die detaillierten Forschungsergebnisse hat die Uni Bonn unter dem Titel „Smart City konkret – Eine Zukunftswerkstatt in Deutschland zwischen Idee und Praxis“ im jovis-Verlag veröffentlicht.

Michael Lobeck und Prof. Dr. Claus-Christian Wiegandt sind Projektleiter der T-City Begleitforschung am Geographischen Institut der Universität Bonn.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Balkendiagramm zeigt die Nutzung von E-Government-Diensten in den Jahren 2019-2024. 2018 klag der wert bei 48%, seitem pendeln die Zahlen um 50-55 %.

Cisco Digital Kompass 2025: Bei der Digitalisierung zu langsam

[11.02.2025] Cisco hat eine neue Untersuchung zur Digitalisierung in Deutschland vorgelegt. Demnach gibt es Fortschritte beim Glasfaserausbau und Online-Banking, doch KI und Cybersicherheit bleiben Problemfelder. Besonders die digitale Verwaltung stagniert seit dem Aufwind durch Corona. mehr...

Sachsen-Anhalt: Ideen für digitale Verwaltung gesucht

[11.02.2025] Das Land Sachsen-Anhalt sucht erneut innovative Ideen für die digitale Verwaltung. Gefragt sind digitale Konzepte und Modelle für die vielfältigen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Bewerbungen sind bis 14. März möglich. mehr...

Detailansicht des Hinterrads eines Fahrrads von schräg hinten.

Lübeck: Fundsachen werden online versteigert

[07.02.2025] Fundsachen, die nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist nicht abgeholt wurden, wird die Hansestadt Lübeck ab sofort online versteigern. mehr...

Eine größere Personengruppe mit vornehmlich dunkel gekleideten, jungen Menschen steht in Fotopose auf einer modernen Treppe.

Ulm: Digitaler Portier im Rathaus

[06.02.2025] Ein digitaler Portier soll künftig im Ulmer Rathaus als erste Anlaufstelle für Anliegen bei der Stadtverwaltung dienen – etwa für Termine oder Auskünfte. Entwickelt wurde das Tool von Fachleuten der städtischen Abteilung Interne Dienste und Studierenden der Technischen Hochschule Ulm. mehr...

Ein Mann tippt über seiner Laptoptastatur schwebende E-Mail-Icons an.
bericht

Leipzig: Erfolgsfaktor Kommunikation

[31.01.2025] Die Leipziger Stadtverwaltung hat ihr E-Mail-System von Lotus Notes auf Microsoft Exchange umgestellt und eine zentrale E-Mail-Archivierung eingeführt. Eine transparente Kommunikation hat das Gelingen des umfassenden Projekts gesichert. mehr...

Materna Virtual Solution: So verändert sich das mobile Arbeiten

[31.01.2025] Mit zunehmender technischer Entwicklung verlagert sich die Arbeit verstärkt auf mobile Geräte. Materna Virtual Solution identifiziert fünf Trends, die im Jahr 2025 maßgeblich das Arbeiten prägen werden – von KI und Datensouveränität bis hin zu Sicherheitslösungen und Mixed Reality. mehr...

Innenminister Michael Ebling (l.) und der Präsident der Universität Koblenz, Prof. Dr. Stefan Wehner, bei der Übergabe einer Urkunde.

Rheinland-Pfalz: Digitalisierung von Kulturerbe

[29.01.2025] Rheinland-Pfalz fördert die Digitalisierung des kulturellen Erbes: Mit rund 284.000 Euro unterstützt das Land das Projekt KuLaDig RLP bis 2026. Ziel ist es, Kommunen – insbesondere im ländlichen Raum – zu helfen, kulturelle Besonderheiten digital zu erfassen und multimedial aufzubereiten. mehr...

Panoramablick über Berlins Innenstadt, in der Mitte der Fernsehturm, im Hintergrund dramatische Wolken

Berlin: Start-ups und Verwaltung zusammenbringen

[27.01.2025] GovTech-Start-ups können die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung wirksam unterstützen. Die Berliner Senatswirtschaftsverwaltung will dieses Potenzial noch besser nutzen und hat jetzt einen Bericht vorgelegt, der zeigt, wie die Zusammenarbeit gelingt. mehr...

Gruppe von neun personen steht in einem gelb gestrichenen Raum, vor sich ein Transparent mit der mehrfarbigen Aufschrift "Digitaltag".

Landkreis Regensburg: Spitze bei Digitalisierung

[22.01.2025] Der Landkreis Regensburg zieht eine positive Bilanz zur bisherigen Verwaltungsdigitalisierung. In vielen Bereichen ist er ein Vorreiter in Bayern. Digitale Dienstleistungen werden stark genutzt, und KI sowie Prozessautomatisierung schaffen Ressourcen für besseren Bürgerservice. mehr...

Screenshot der Parkbest-App, die eine Parkscheibe auf dem Bildschirm eines Smartphones anzeigt. Ein zweiter Smartphonebildschirm zeigt eine Straßenkarte an, in die die aktuelle Position eines Fahrzeugs eingeblendet ist.

Limburg an der Lahn: Digitale Parkscheibe

[16.01.2025] In einem Pilotprojekt testet Limburg an der Lahn die Digitale Parkscheibe des Unternehmens Park Best. Interessierte können die Parkscheibe mit wenigen Klicks in einer App aktivieren, die auch die aktuelle Parksituation vor Ort anzeigt und die Nutzer an die Parkzeit erinnern kann. mehr...

porta westfalica OWL-IT-abschlussbericht_digitalstrategie

Porta Westfalica: Strategisch digital mit OWL-IT

[14.01.2025] Auf dem Weg zur digitalen Verwaltung ist die Stadt Porta Westfalica gemeinsam mit Dienstleister OWL-IT weitergekommen und hat eine gesamtstädtische Strategie für Digitalisierung und Wissensmanagement erarbeitet. mehr...

Logo des Ko-Pionier-Preises auf dunkelblauem Grund

Ko-Pionier-Preis: Besser nachnutzen

[10.01.2025] Der Ko-Pionier-Preis will die Nachnutzung innovativer Verwaltungslösungen fördern. Verwaltungen, die Lösungen erfolgreich übernommen haben, können sich bis 14. Februar 2025 bewerben. Die Preisverleihung findet im März 2025 im Rahmen des Kongresses Digitaler Staat statt. mehr...

Screenshot, der die drei Webinarteilnehmer zeigt.
bericht

Kommune21 im Gespräch: Mammutprojekt RegMo

[08.01.2025] Im jüngsten Webinar aus der Reihe Kommune21 im Gespräch diskutierten Jasmin Deling, Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW, sowie Hartje Bruns von Governikus die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Registermodernisierung. mehr...

Lübeck: Faxgeräte abgeschaltet

[08.01.2025] Die Hansestadt Lübeck hat zum Jahresende 2024 die analogen Faxgeräte abgeschaltet. Feuerwehr und der Bereich Wahlen bleiben weiterhin über Fax erreichbar. mehr...

Logo des Ko-Pionier-Preises auf dunkelblauem Hintergrund

Ko-Pionier-Preis: Verwaltungslösungen besser nachnutzen

[07.01.2025] Der neue Ko-Pionier-Preis würdigt Verwaltungen, die bewährte Lösungen erfolgreich übernehmen. Die Initiative Re:Form will damit Nachnutzung fördern und Verwaltungsabläufe effizienter gestalten. Die Preisvergabe erfolgt im März 2025 in Berlin. mehr...