BenchmarkFortschritt als Maßstab

Hamburg gilt als sehr zukunftsorientiert.
(Bildquelle: MEV Verlag)
Weltweit lebt heute bereits jeder zweite Mensch in einer Stadt. Nach Angaben des United Nations Department of Economic and Social Affairs wird der Anteil der Stadtbevölkerung in Westeuropa bis 2020 sogar auf 80 Prozent steigen. Die daraus resultierenden Herausforderungen sind vielfältig: Kommunen müssen auf die Auswirkungen des Bevölkerungsanstiegs in den Bereichen Mobilität, öffentliche Infrastruktur und Dienstleistungen reagieren, Bürger zu einer besseren Nutzung von Strom und Wasser anregen, den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren und die Effizienz interner Verwaltungsabläufe steigern. Vor diesem Hintergrund entstand der Grundgedanke der Smart City, der sich mit der Entwicklung zu einer intelligenten und zukunftsorientierten Stadt auseinandersetzt. Standen in den 1990er-Jahren die Themen Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Verringerung von Emissionen im Vordergrund des Smart-City-Konzepts, wurde es in jüngerer Vergangenheit eng mit der Rolle von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) verknüpft, die in unterschiedliche Bereiche einer Kommune Einzug halten, so beispielsweise im Verkehrsbereich, bei Energiethemen, im Gebäude-Management, bei Bürgerservices oder in der städtischen Verwaltung.
Die smarteste Stadt Deutschlands
Im Rahmen des IDC Smart Cities Benchmark wurden die 52 größten Städte Deutschlands mit mehr als 150.000 Einwohnern vor dem Hintergrund des Idealbilds einer Smart City untersucht. Um die Städte hinsichtlich ihrer Smartness zu beurteilen, entwickelte IDC ein Modell, dass sich in die zwei Bereiche Enabling Forces und Smartness Dimensions untergliedert. Dabei stellen die Enabling Forces grundlegende Charakteristiken einer Kommune dar und können als Strukturfaktoren einer Stadt angesehen werden. Sie bilden die Basis für die Smartness Dimensions und können die Transformation einer Stadt zu einer Smart City beschleunigen oder bremsen. Die Felder Verwaltung, Gebäude, Mobilität, Dienstleistungen sowie Energie und Umwelt sind Gestaltungsbereiche, welche die künftige Entwicklung von Städten maßgeblich prägen werden. Sie sind daher die Kernbestandteile des Smart-City-Modells und spiegeln sich in den fünf Smartness Dimensions Smart Government, Smart Buildings, Smart Mobility, Smart Energy & Environment und Smart Services wider. Im Rahmen des Smart-Government-Faktors wurden beispielsweise Aspekte wie die stärkere Einbindung von Bürgern über das Internet, Open Data, die Förderung von nachhaltigem Verhalten der Bürger oder das Angebot von E-Services untersucht. So nutzten nach Angaben des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) bislang lediglich 37 Prozent der Bürger zwischen 16 und 74 Jahren in Deutschland das Internet für die Interaktion mit den Behörden.
Hamburg siegt mit deutlichem Abstand
Zur Beurteilung der Städte wurden insgesamt 65 Indikatoren herangezogen, deren Ergebnisse schließlich in das Ranking des IDC Smart Cities Benchmark mündeten. Die einbezogenen Informationen wurden zwischen Januar und April 2012 erhoben und stammen unter anderem aus öffentlich verfügbaren statistischen Quellen, insbesondere des Statistischen Bundesamts und der Statistischen Landesämter, städtischen Web-Seiten und Ratsinformationssystemen. Die Untersuchung hat ergeben, dass die Freie und Hansestadt Hamburg die smarteste Stadt Deutschlands ist, womit sie sich den ersten Platz im IDC Smart Cities Benchmark 2012 sichern konnte. Hamburg hat sich aufgrund eines hervorragenden Ergebnisses in den verschiedenen Smartness Dimensions mit eindeutigem Abstand gegenüber den anderen Kommunen durchgesetzt und dabei als einzige der 52 Städte in jeder Kategorie eine Platzierung unter den Top 10 erzielt – dies spricht für den ganzheitlichen Ansatz, der dort verfolgt wird. Highlights in den Smartness Dimensions stellen beispielsweise die umfangreiche Hamburg App, die Möglichkeit zur Nutzung des Handytickets im Hamburger Verkehrsverbund oder das Smart-Meter-Pilotprojekt in der Hamburger Hafencity dar. Auch der 100-prozentige Anteil erneuerbarer Energien an der Stromlieferung des städtischen Versorgungsunternehmens Hamburg Energie und das umfassende Tourismusportal sind hervorzuheben.
Das Gesamtergebnis im Überblick
Die Ränge zwei bis vier der Vergleichsstudie liegen eng beieinander und werden von den Städten Frankfurt am Main, München und Berlin belegt. Düsseldorf konnte sich gegenüber Köln aufgrund des besseren Ergebnisses bei den Enabling Forces den fünften Platz sichern. Bremen, Stuttgart, Nürnberg und Karlsruhe machen die weiteren Plätze unter sich aus.
Elf Städte bilden die Gruppe der Herausforderer. Sie haben sowohl in den Smartness Dimensions als auch bei den Enabling Forces überdurchschnittlich gut abgeschnitten, konnten aber in beiden Bereichen nicht herausragen. Als Beispiele können Bonn und Münster angeführt werden. Sie sind gut positioniert im Hinblick auf die Enabling Forces und könnten durch entsprechende Initiativen in den Smartness Dimensions in die Top 10 vorstoßen. Das Mittelfeld der untersuchten Städte ist in der Kategorie „Handelnde“ zusammengefasst. Ihr Gesamtergebnis bewegt sich um den Mittelwert der 52 Städte. Diese Kommunen engagieren sich in den untersuchten Feldern des Smart-City-Modells, stechen aber nicht durch eine konsequente Umsetzung von Aktivitäten hervor. Die Nachzügler bilden die letzte Gruppe des Rankings. Sie haben im Smart-City-Modell am schlechtesten abgeschnitten und es bislang versäumt, smarte Initiativen einzuführen und Maßnahmen im Hinblick auf eine nachhaltige und intelligente Stadtentwicklung umzusetzen.
Insgesamt ist festzustellen, dass sowohl in den fünf Smartness Dimensions als auch beim Gesamtergebnis Luft nach oben besteht. Der Maximalwert wurde keiner Stadt in einem Bereich zuteil. Gleiches gilt für Städte der untersten Kategorie. Es gibt keine Totalverweigerer. Auch bei den Nachzüglern konnte ein gewisses Maß an smarten Maßnahmen in den untersuchten Kategorien aufgezeigt werden – auch wenn das Verbesserungspotenzial bei ihnen am größten ist.
Kein smartes Patentrezept für die Teilnehmer
Die Untersuchung hat abschließend gezeigt, dass sich jede Stadt in einem individuellen Entwicklungsstadium im Hinblick auf das Smart-City-Konzept befindet, was auch in den einzelnen Dimensionen deutlich wird. Ein allgemeiner „One Size Fits All“-Ansatz zur Transformation einer Stadt zur Smart City ist daher nicht erfolgsversprechend. Vielmehr sollte jede Kommune von ihren individuellen Gegebenheiten ausgehend eine langfristige und ganzheitliche Vision entwickeln und diese mit einem Handlungsplan hinterlegen. Der Weg zur Smart City wird ein holpriger sein, den es jedoch im Hinblick auf die bestehenden Herausforderungen zu beschreiten gilt.
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