Sonntag, 22. Dezember 2024

WürzburgFür alle Fälle GIS

[12.01.2017] Seit dem Jahr 2013 arbeitet die Stadt Würzburg sachgebietsübergreifend mit dem Geografischen Informationssystem INGRADA Web. Insgesamt 1.200 Mitarbeiter haben Zugriff auf die Software. Die Abteilung Geodaten & Vermessung spinnt die Fäden.
Das Geo-Informationssystem hat in der Stadt Würzburg seinen festen Platz gefunden.

Das Geo-Informationssystem hat in der Stadt Würzburg seinen festen Platz gefunden.

(Bildquelle: Matthias Bucks/pixelio.de)

Zwar haben Geo-Informationssysteme (GIS) in der Verwaltung inzwischen einen festen Platz gefunden, dass alle Fachabteilungen und städtischen Betriebe mit einer Software arbeiten, entspricht jedoch noch lange nicht dem aktuellen Stand. Vielmehr kursieren in zahlreichen Kommunen nicht nur unterschiedliche Software-Produkte, sondern auch jede Menge analoger Papierpläne und kuriose Datenbestände wie Baumkataster in Excel-Tabellen oder Datensätze mit Raumbezug in Word-Dokumenten. 
Um größtmögliche Synergien zu schaffen, steht in Würzburg seit drei Jahren allen Mitarbeitern referatsübergreifend INGRADA Web als geografisches Auskunftssystem zur Verfügung; 500 Anwender haben einen Vollzugriff auf die geografische Bearbeitungssoftware. Ziel ist es, auch andere Anwendungen über Schnittstellen auf die raumbezogenen Daten im INGRADA Web zugreifen zu lassen und eine homogene Datenbasis zu schaffen. So können die Daten aus verschiedenen fachlichen Bereichen abgerufen und gemeinsam ausgewertet werden. Die Übernahme all jener unterschiedlichen Datenbestände ins GIS stellt die im Baureferat angesiedelte Abteilung Geodaten & Vermessung bei ihrer täglichen Arbeit vor besondere Herausforderungen.

Die Welt in digitalen Katastern

INGRADA Web stellt hierfür eine Reihe wichtiger Im- und Export-Funktionen, über 20 Fachkataster aus den Bereichen Stadtverwaltung, Stadtplanung, Umwelt, Ver- und Entsorgung sowie die Anbindung an externe Verfahren wie die Friedhofsverwaltung oder eine Finanz-Software bereit. Was den verwaltungsübergreifenden Einsatz von INGRADA außerdem wesentlich befördert, ist die INGRADA-Applikation Eigene Daten, mit der ohne Programmierkenntnisse beliebige Kleinkataster jenseits der Standard-Applikationen definiert werden können. 
Auf der Intergeo 2015 hatte der INGRADA-Hersteller Softplan Informatik bereits zum zweiten Mal den Eigene Daten Award ausgelobt. Annett Heusinger und Udo Leinbach von der Stadt Würzburg durften den Preis entgegennehmen. Annett Heusinger ist Ingenieurin für Vermessung und Geoinformatik und eine von 19 Mitarbeitern im Sachgebiet Geodaten & Vermessung. Wenn sie über ihre Arbeit spricht, könnte man meinen, die ganze Welt sei in digitalen Katastern und Fachschalen darstellbar – so vielfältig sind die Applikationen, die in den vergangenen drei Jahren mit INGRADA Web entstanden sind. 

Aktualität und Qualität der Daten

Dabei haben die Würzburger nicht nur unterschiedlichste Kleinkataster geschaffen, sondern auch das Baum- und Grünflächenkataster in INGRADA Web implementiert. Das Gartenamt hatte nämlich analog zu den Stadtwerken bis vor anderthalb Jahren ein eigenes GIS auf Basis #bild2 von Intergraph sozusagen als Insellösung im Einsatz. „Über 50.000 Bäume und die ganzen Inventare Grünflächen, Spielplätze und so weiter mussten importiert werden, das war schon ein großer Transport, der uns im vergangenen Jahr begleitet hat“, berichtet Heusinger. Ein Datenbestand, der von nun an auch gepflegt sein will. Schließlich steht und fällt ein jedes System mit der Aktualität und Qualität seiner Daten. Die Datenpflege zählt zwar zu den Routineaufgaben des GIS-Teams, ihre Bedeutung wächst jedoch mit der Zunahme der Datenvolumen und Fachkataster. Auch der Bereich Geodateninfrastrukturen lebt von umfangreichen Datenaktualisierungen und auch hier gibt es noch Luft nach oben. Zurzeit erfolgt die Datenübernahme für ein weiteres Fachkataster: die Applikation Bebauungsplan. Die Pläne sind gescannt, die ersten Schritte gemacht. Bis nächstes Jahr sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, so Heusinger. Aktuell haben die Würzburger neben den Fachkatastern Baum- und Grünflächen und Bebauungsplan vor allem die Fachschalen Liegenschaften, Einwohnerwesen, Verkehrszeichen und Altlasten im Einsatz. Heusinger: „Das Einwohnerwesen ist immer eine ganz heikle Kiste. Sobald ein Datensatz irgendeinen Rückschluss zulässt, ist die Veröffentlichung selbst innerhalb der Verwaltung problematisch.“ Die aktuelle Dokumentation der Verkehrszeichen im Außendienst soll hingegen einmal in ein Verkehrsleitsystem münden. Für Außendiensttätigkeiten und die Datenpflege im Gelände stellt das Unternehmen Softplan den Mobile Viewer oder die AEM-App für Smartphone und Tablet-PC bereit. 

Würzburg ist in zwei Höhensystemen abgebildet

Hinzu kommen in Würzburg jede Menge Kleinkataster zu Gewerbeflächen, Einzelhandel, Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulsprengeln, Potenzialflächen, Feingliederung, Wahllokale, Altlasten, ein Solarkataster und viele mehr. Eine Besonderheit stellt das Kleinkataster Höhenbolzen dar. Es resultiert aus dem Umstand, dass die Stadt Würzburg in zwei Höhensystemen abgebildet ist, in dem der Bayerischen Vermessungsverwaltung und in einem eigenen. „Wenn also ein Vermessungsbüro in Würzburg einen Auftrag annimmt, muss es sich darüber im Klaren sein, dass es entweder im Höhensystem der Stadt misst oder sich die Höhenbolzen beim Staatlichen Vermessungsamt besorgt“, erläutert Heusinger. Viele der Kleinkataster hat das GIS-Team neu konzipiert, andere Kataster sind das Ergebnis von Datenübernahmen aus alten Access-Datenbanken oder Excel-Tabellen. Heusinger: „Die werden dann bei uns eingereicht mit der Bitte: Bringt das mal ins GIS!“ Ein weiterer Schwerpunkt der Abteilung Geodaten & Vermessung ist die Pflege der Topografie. Weil im ALKIS die Topografie nicht mehr abgebildet wird, ist die GIS-Abteilung seit der Umstellung auch Topografie-Lieferant für die Stadtwerke und Eigenbetriebe sowie für Nutzer außerhalb der Stadt.   
Die Stadt Würzburg setzt bereits seit dem Jahr 1996 die GIS-Mapping-Software Autodesk Mapguide ein. Anlass für die Einführung eines GIS, so Heusinger, bot das damalige Verlangen der Bayerischen Vermessungsverwaltung, die alten Flurkatasterblätter zu digitalisieren. Auch das INGRADA Web Interface bietet auf Basis von Autodesk-Produkten wie dem Autodesk Infrastructure Webserver vielfältige Möglichkeiten für das Management von Geodaten. Über einen Webbrowser kann INGRADA Web dabei einer großen Zahl von Anwendern zur Verfügung gestellt werden, ohne dass eine Installation erforderlich wäre. Der Weg vom Einsteiger-GIS zum Web-GIS INGRADA für Kommunen im Jahr 2013 war also in weiten Teilen schon vorgezeichnet. Annett Heusinger lobt außerdem die leicht zu bedienende und gut verständliche Oberfläche von INGRADA Web, die trotz aller Einfachheit vielfältige Möglichkeiten bietet.

3D-Flug durch die Stadt geplant

„Seit INGRADA Web allen Mitarbeitern als Auskunftssystem zur Verfügung steht, gewinnt der Umgang mit digital verfügbaren Geodaten und deren Auswertung in der Verwaltung zusehends an Bedeutung“, sagt Annett Heusinger, die sich über die gute Resonanz aus den Fachabteilungen freut. Außerdem habe sich die Zusammenarbeit des Baureferats mit den übrigen Abteilungen durch den Einsatz einer gemeinsamen Plattform intensiviert. Hierzu habe nicht zuletzt die im internen Schulungsprogramm verankerte GIS-Schulung beigetragen, die die Abteilung Geodaten & Vermessung für alle Mitarbeiter der Verwaltung anbietet.
Und auch zukünftig warten auf die Geo-Informatikerin jede Menge Aufgaben. Zurzeit forderten die Abteilungen etwa immer mehr Schrägluftbilder an. Diese können in INGRADA Web einfach hinterlegt und verwaltet werden. Außerdem habe die Stadt Würzburg seit dem vergangenen Jahr eine eigene Drohne im Einsatz. „Deren Bilder georeferenzieren wir und übergeben sie an INGRADA Web, sodass auch die Endanwender die Drohnenflüge abrufen können“, sagt Heusinger. Des Weiteren befasse sich das GIS-Team mit 3D-Daten und hier insbesondere mit der Auswertung von LOD-Daten (Level of Detail). Was die GIS-Expertin außerdem anbieten will, ist ein 3D-Flug durch die Stadt. Für eine solche dreidimensionale Datenverarbeitung kann INGRADA Web laut Hersteller mit der externen Software FIS All 3D gekoppelt werden. Das nächste Großprojekt wird aber die Umstellung auf das Koordinatensystem UTM (Universal Transverse Mercator) sein, die für 2018 geplant ist. Und so ziehen Heusinger und ihr Team weiter die Fäden, um so viele Sachverhalte wie möglich im GIS abzubilden. 

Melanie Schulz




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