Serie GovTech Start-upsFür Entlastung sorgen

Start-ups: Digitale Ideen für die Verwaltungsarbeit.
(Bildquelle: youriy/stock.adobe.com)
Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist, sagte einst der französische Publizist und Politiker Victor Hugo. Doch manche Ideen zünden erst im zweiten oder dritten Anlauf. Ein Geschäftsmodell an neue Sachlagen und veränderte Marktbedingungen anzupassen, die sich erst im Verlauf der Geschäftstätigkeit zeigen und zuvor nicht richtig wahrgenommen wurden, gilt als eine der Stärken von Start-up-Unternehmen. Die Jungfirmen stellen damit ihre Flexibilität und Agilität unter Beweis – die Fähigkeit, auf veränderte Bedarfslagen schnell reagieren zu können. So ist es GovRadar ergangen, einem auf öffentliche Beschaffung spezialisierten GovTech aus München. Das Unternehmen hat sich vor vier Jahren mit dem Anspruch gegründet, ein „Check24 für den öffentlichen Sektor“ zu werden.
„Die Geschäftsidee ist durch die Beobachtung entstanden, dass Beschaffung im gesamten öffentlichen Sektor, aber vor allem in der kommunalen Welt eine große Herausforderung darstellt“, verrät Gründer Sascha Soyk. „Beschaffung ist ein großer wirksamer Hebel, um die Handlungsfähigkeit der Verwaltung sicherzustellen – sie trägt dazu bei, dass unser Staat funktioniert. Hinzu kommt, dass viele Kommunen mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen haben. Ihnen fehlen ganz einfach qualifizierte Mitarbeitende, die sie in der Beschaffung einsetzen können.“
Einfacher ausschreiben
30.000 Vergabestellen gibt es in Deutschland, die Hälfte davon auf kommunaler Ebene. Dort annoncieren Kommunen ihren Bedarf an Gütern und Leistungen – jede für sich und meist ohne Kontakt zu anderen. GovRadar unterstützt sie bei der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen, die den komplexen Vergaberechtsnormen unterliegen. Von der Idee, einen Katalog mit Millionen von Referenzprodukten zu führen, von Bleistiften über Dämmmaterialien bis hin zum Feuerwehrauto, ist das Unternehmen wieder abgerückt. „Wir haben uns mit GovRadar auf Leistungsbeschreibungen spezialisiert, die unsere Software automatisiert generiert. Wir ermöglichen gutes Wissensmanagement für Kommunen, indem wir auf vorhandenes Wissen der gesamten deutschen Beschaffungscommunity zurückgreifen. So muss nicht jede Kommune mit einer Ausschreibung bei anfangen“, sagt Sascha Soyk.
Im Oktober 2021 ging die Plattform an den Start. Zu den ersten Kunden zählten die Stadt Biberach, der IT-Verbund Stormarn und das Straßen- und Verkehrsmanagement Hessen Mobil. Inzwischen haben etwa 200 Institutionen, darunter Kommunen, Ministerien und Universitäten, von den Angeboten des Münchner GovTech-Unternehmens Gebrauch gemacht. Die Jahreslizenzen erlauben die Recherche und automatisierte Generierung von Leistungsbeschreibungen. Inzwischen wird auch Künstliche Intelligenz eingesetzt. Das KI-Tool wird mit zuverlässigen Qualitätsdaten aus öffentlichen Ausschreibungen trainiert und garantiert so Vergaberechtskonformität. Auf diese Weise lassen sich viel Zeit und personelle Ressourcen einsparen.
Baukasten für individuelle Formulare
Dem grassierenden Fachkräftemangel zu begegnen, ist vielleicht die größte Motivation und zugleich die beste Begründung für die Digitalisierung. Einer McKinsey-Studie zufolge sollen bis zum Jahr 2030 rund 840.000 Fachkräfte im öffentlichen Sektor fehlen. Zumindest die Start-up-Szene rüttelt dieses Szenario auf. Die Newcomer-Firmen unterstützen Kommunen mit nützlichen digitalen Tools bei der Verwaltungsarbeit. Sehr grundsätzlich geht ein Berliner Start-up diese Aufgabe an, indem es Hilfestellung bei der obersten Digitalisierungsmaßgabe anbietet: der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Die OZG Forms & Solutions GmbH (OZG FS) hat sich im April 2022 gegründet, als abzusehen war, dass die Ziele des OZG nicht erreicht werden können. Im Januar 2024 ist das Angebot online gegangen, das aus standardisierten Online-Anträgen als Software-as-a-Service (SaaS) besteht.
Gedacht ist es für Kommunen, die ihren Bürgern digitale Angebote für die wichtigsten Verwaltungsverfahren anbieten wollen und nicht länger auf Einer-für-Alle-Lösungen aus der Staatsmanufaktur warten möchten. „Unser Angebot richtet sich insbesondere an kleinere Kommunen ohne großes technisches Know-how“, sagt Co-Gründer Arthur Dell. „Mithilfe unseres Baukastens können individuelle Formulare, egal wie komplex sie sind, innerhalb eines Tages erstellt werden. Wenn es noch schneller gehen soll, nimmt man einfach eines unserer fertigen OZG-Standardformulare.“ So umfasst etwa das Starter-Paket Antragsformulare für 17 Leika-Leistungen darunter Bewohnerparkausweis, Geburtsurkunde, Hundesteuer, Parkausweis für Schwerbehinderte und Seniorenpass.
Integrationsplattform und Serious Games
Einfach und ohne IT-Fachkenntnisse in jeder Kommune einsetzbar ist auch Integreat. Die „Integrationsplattform für Zugewanderte“ wurde von der gemeinnützigen Tür-an-Tür-Digitalfabrik aus Augsburg entwickelt, die sich vor acht Jahren gegründet hat. In über 100 Städten und Landkreisen ist die Plattform mittlerweile implementiert. Sie ist ein echtes Kollaborationsprojekt, zudem barrierefrei und beruht auf Open Source Software. Kommunen können passgenaue Informationen zu Sprachkursen, Wohn- und Einkaufsmöglichkeiten für Geflüchtete in mehreren Sprachen anbieten, Veranstaltungen und Termine ankündigen oder Informationen für Fachkräfte bereitstellen.
Zum Aufgabenspektrum einer Verwaltung gehören auch Weiterbildung und Schulungsmaßnahmen für die eigenen Mitarbeitenden. Das Düsseldorfer Start-up Talent:Digital setzt dafür auf Edutainment und hat so genannte Serious Games entwickelt – Computerspiele, die seriöse Inhalte vermitteln. Spielerisch werden die Teilnehmer beispielsweise zu Themen wie IT-Sicherheit, Cloud-Nutzung und Kollaboration geschult. Grundlage sind Simulationen von Realszenarien, etwa die Ablage von Dokumenten in der Cloud und deren Freigabe zum kollaborativen Arbeiten mit Kollegen. Ein anderes Schulungsprogramm unterweist die Mitarbeiter von Jobcentern in neueste gesetzliche Anforderungen rund um den Kooperationsplan. Es dient als Weiterqualifizierung von Integrationsfachkräften und Fall-Manager.
System für hybrides Arbeiten
Auch das Start-up ivicos aus Frankfurt am Main ist im Bereich Bildung tätig und hat mit „Campus“ ein System für hybrides Arbeiten geschaffen. Die Campus-Plattform kann nicht nur von einzelnen Teams, sondern von der ganzen Organisation genutzt werden. Die Idee dahinter, die vielleicht eher Unternehmen als Behörden betrifft, ist, einen digitalen Ort für Kreativität, Kollaboration und Zusammenkunft unter den Bedingungen des hybriden Arbeitens zu schaffen. Dort sollen sich sowohl die Mitarbeitenden im Büro als auch die Homeworker zusammen mit Kunden, Lieferanten oder Beratern treffen. Auf den öffentlichen Sektor bezogen, können in Campus aber auch beispielsweise Servicedesks für Bürger und Onboarding-Programme für neue Kollegen eingerichtet werden.
https://www.ozg-forms-services.de
https://integreat-app.de
https://www.talentdigital.eu
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