Freitag, 18. April 2025

ZukunftsstädteFundamente der Smart City

[09.06.2016] Viele Städte wollen Smart Cities werden und arbeiten dazu mit IT-Konzernen zusammen. Kommune21 sprach mit dem Berater und Smart-City-Podcast-Produzent Willi Kaczorowski über den Sinn und Zweck solcher Kooperationen.
Willi Kaczorowski ist Berater und Smart-City-Podcast-Produzent.

Willi Kaczorowski ist Berater und Smart-City-Podcast-Produzent.

(Bildquelle: Privat)

Herr Kaczorowski, derzeit wird viel über Smart Cities, aber auch Digitale Dörfer diskutiert. Geht es hier nur um Breitband-Anschlüsse und vernetzte Infrastruktur oder auch um die Digitalisierung der Verwaltung? Wie lautet Ihre Definition der Begriffe?

Die meisten Definitionen von Unternehmen oder Wissenschaftsinstitutionen, die sich ja auch durch Drittmittel finanzieren, sind interessengeleitet. Deshalb verwende ich die Definition von Wikipedia: Danach ist Smart City ein Sammelbegriff für gesamtheitliche Entwicklungskonzepte, die darauf abzielen, Städte effizienter, technologisch fortschrittlicher, grüner und sozial inklusiver zu gestalten. Diese Konzepte beinhalten technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationen. Unter Smart Country verstehe ich dann die Anpassung dieser Konzepte an die besonderen Gegebenheiten der Räume jenseits der Metropolen und großen Städte. Zum ganzheitlichen Konzept gehört dann natürlich die digitale Verwaltung.

Berlin, Hamburg, aber auch Gelsenkirchen oder Heidelberg wollen Smart Cities werden und haben Verträge mit IT-Unternehmen unterzeichnet. Warum sollten Städte mit diesen globalen Konzernen kooperieren?

Die Zusammenarbeit mit IT-Unternehmen bietet Chancen, ruft aber auch Probleme hervor. Chancen bestehen beispielsweise darin, Projekte mitfinanziert zu bekommen, weil die großen IT-Unternehmen an Vorzeigeprojekten interessiert sind, die sie dann auch vermarkten können. Darüber hinaus spricht für eine Zusammenarbeit auch der schnelle technologische Fortschritt bei der Digitalisierung. Stichwort: Know-how-Transfer. Außerdem gibt es die Chance, die Projekte professioneller zu managen, weil börsennotierte Unternehmen agiler und zielorientierter arbeiten müssen. Und schließlich ist die Umgestaltung zu einer Smart City auch ein Teil der Wirtschaftsförderung. Durch die Zusammenarbeit mit IT-Unternehmen bekunden Städte ihren Fortschrittswillen und bauen sich für Start-ups ein positives Image auf. Die größte Gefahr liegt darin, dass sich die Konzepte zu einer geschlossenen Veranstaltung entwickeln, ohne die Stadtgesellschaft daran zu beteiligen.

Auf welchen technologischen Fundamenten wird die Smart City errichtet?

Das wichtigste Fundament ist die Verfügbarkeit schneller, hochleistungsfähiger Internet-Verbindungen – möglichst stationär und mobil. Viele Städte setzen hier zu Recht auf Glasfaser als die Anschlusstechnologie der Zukunft. In der Smart City ist Breitband ein Bestandteil der Daseinsvorsorge, der die traditionelle Versorgungs- und Entsorgungsinfrastruktur sowie die soziale Infrastruktur gleichberechtigt ergänzt. Durch die Veränderungen, die jetzt aufgrund technischer Möglichkeiten wie intelligente Vernetzung und Sensorik sowie Big Data oder Cloud Computing für die herkömmliche Daseinsvorsorge erfolgen werden, kommt dieser vernetzten und intelligenten Infrastruktur im 21. Jahrhundert eine Leitrolle zu. Für demografisch benachteiligte Regionen stellt das hochleistungsfähige Internet sogar einen Beitrag zur Dableibensvorsorge dar.

„Durch die Zusammenarbeit mit IT-Unternehmen bekunden Städte ihren Fortschrittswillen.“
Welche Ziele verfolgen die IT-Konzerne und warum wollen die Städte smart werden?

Beginnen wir mit den Städten: Die Zukunftskommission der Stadt Neuss hat beispielsweise drei Ziele formuliert: Wirtschaftskraft und Wohlstand mehren, gesellschaftliche Teilhabe und Gemeinsinn fördern, effizientere Gestaltung der Daseinsvorsorge. In anderen Städten kommt noch das Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit mit besonderer Betonung auf Ressourceneffizienz hinzu. Die IT-Unternehmen sind primär an Leuchtturmprojekten interessiert, die zeigen, dass ihre Technologie helfen kann, die Lebens-, Aufenthalts- und Arbeitsqualität einer Stadt erheblich zu verbessern. Jenseits vom Gewinnstreben haben aber auch die Beschäftigten dieser Unternehmen den Wunsch, in einer Stadt zu leben, die digitale Technologien zur Erreichung ihrer Ziele selbst einsetzt.

Von welchen internationalen Beispielen können deutsche Städte lernen, sich für die Zukunft besser aufzustellen?

Smart-City-Vorreiter sind in Europa Barcelona, Wien, Kopenhagen, Stockholm oder Amsterdam. Deshalb kooperieren Städte wie Köln oder München mit diesen internationalen Champions auch in EU-Projekten. Dabei zeigt sich ein interessanter Trend. Auch international erobert die digitale Teilhabe in Regionen jenseits der Metropolen die politische Agenda. Aufgrund vielfältiger Verflechtungen im digitalen Alltag, etwa in den Bereichen Verkehr, Umwelt, Logistik oder Gesundheitsversorgung, werden die Schnittstellen zwischen der Metropole und ihrem Umland stärker in die Gesamtkonzeption einbezogen.

Sie veröffentlichen den Podcast Smart City Talk. An wen richtet sich das Angebot und was sind die Inhalte?

Der Podcast ging im Oktober 2015 an den Start. Er richtet sich an Verantwortliche in Politik und Verwaltung in den Kommunen und Regionen. Im Podcast sollen Visionäre, Multiplikatoren, Macher und Projektverantwortliche für Smart-City-Projekte zu Wort kommen. Darüber hinaus gibt es Einzelausgaben, in denen ich Eindrücke und Erkenntnisse aus Smart-City-Konferenzen oder Projekte vorstelle. Beispielsweise konnte die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab ihre Digitalstrategie und die Konsequenzen für das Projekt Digitale Dörfer erläutern. Auch der Städte- und Gemeindebund war mehrfach durch den Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg oder den Sprecher Franz-Reinhard Habbel dabei. Interviewpartner in einer der nächsten Folgen wird beispielsweise der neue Oberbürgermeister der Stadt Ulm sein. Gunther Czisch hat die Digitalisierung ganz oben auf seiner Agenda.

Interview: Alexander Schaeff




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Wehende Flagge des Landes Schleswig-Holstein vor schwach bewölktem Himmel.

Schleswig-Holstein: Kooperation verlängert

[16.04.2025] Nach fünf erfolgreichen Jahren haben Schleswig-Holstein und der ITV.SH ihre Kooperation zur Verwaltungsdigitalisierung bis Ende 2029 verlängert. Geplant sind unter anderem der Roll-out weiterer digitaler Anträge und Unterstützung für Kommunen bei Informationssicherheits- und IT-Notfällen. mehr...

Darmstadt: Resiliente Krisenkommunikation

[11.04.2025] Großflächige, lang andauernde Stromausfälle sind selten – stellen die Krisenkommunikation jedoch vor Schwierigkeiten, weil Mobilfunk, Internet und Rundfunk ausfallen. In Darmstadt wird nun eine energieautarke digitale Litfaßsäule erprobt, die auch bei Blackouts als Warnmultiplikator funktioniert. mehr...

Gruppenfoto mit Vertreterinnen und Vertretern der Verbandsgemeinden Diez, Kaisersesch, Montabaur und Weißenthurm, die im Prozessmanagement kooperieren.

Diez/Kaisersesch/Montabaur/Weißenthurm: Kooperation im Prozessmanagement

[08.04.2025] Gemeinsam wollen die Verbandsgemeinden Diez, Kaisersesch, Montabaur und Weißenthurm ihre Verwaltungsprozesse effizienter gestalten. Im Fokus steht die Wissensdokumentation ihrer Prozesse. Auch sollen eine Datenbank für Notfallszenarien und ein interkommunales Prozessregister aufgebaut werden. mehr...

Drei ältere Personen sitzen auf einem Sofa und beschäftigen sich mit verschiedenen digitalen Endgeräten.

Hessen: Projekt Di@-Lotsen wächst weiter

[07.04.2025] Das hessische Digitallotsen-Projekt, das älteren Menschen den Zugang zur digitalen Welt erleichtern soll, wird fortgeführt und ausgeweitet. Kommunen, Vereine und andere Einrichtungen können sich bis zum 11. Mai 2025 als digitale Stützpunkte bewerben. mehr...

Logo der Berliner Beihilfe-App auf blauem Hintergrund.

Berlin: Beihilfe ohne Medienbrüche

[04.04.2025] In Berlin haben Beamtinnen und Beamte nicht nur die Möglichkeit, Anträge auf Beihilfe digital zu stellen – mit einer neuen App ist es ab jetzt auch möglich, den Bearbeitungsstand einzusehen und die Bescheide digital zu empfangen. mehr...

Interkommunale Zusammenarbeit: Dritte Förderphase für Digitale Dörfer RLP

[01.04.2025] Das Netzwerk Digitale Dörfer RLP erhält bis 2026 weitere 730.000 Euro Landesförderung. Erfolgreiche Digitalprojekte sollen landesweit ausgerollt und die interkommunale Zusammenarbeit gestärkt werden. Ein Schwerpunkt liegt auf wissenschaftlich unterfütterten Pilotprojekten zum Bürokratieabbau. mehr...

In Bayern soll nach dem Willen von Digitalminister Fabian Mehring der „Digitalisierungsturbo“ gezündet werden.

Bayern: Ein Jahr Zukunftskommission

[31.03.2025] Die Zukunftskommission #Digitales Bayern 5.0 hat ihren aktuellen Bericht vorgelegt. Unter Leitung des Finanz- und Heimatministeriums erarbeiten Ministerien, Kommunalverbände und Experten Lösungen für eine einheitlichere, effizientere und sicherere IT in Bayerns Kommunen. mehr...

Stadtansicht von Bernkastel-Kues, ein altes Fachwerkhaus im Bildzentrum.

Rheinland-Pfalz: Projekt KuLaDig geht in die nächste Runde

[28.03.2025] Die kulturelle Vielfalt in Rheinland-Pfalz systematisch digital erfassen und für die Öffentlichkeit aufbereiten – das will das Projekt KuLaDig. Nun steht fest, welche Kommunen darin unterstützt werden, ihr kulturelles Erbe digital zu erfassen und zugänglich zu machen. mehr...

Open Data ansprechend strukturieren.

Polyteia: Wege für den Datenschutz in der Verwaltung

[27.03.2025] Einer sinnvollen Nutzung kommunaler Daten für die Entscheidungsfindung steht nicht selten der Datenschutz entgegen. Das Projekt ATLAS will zeigen, wie moderne Datenschutztechnologien in der Praxis helfen und echten Mehrwert für den öffentlichen Sektor schaffen. mehr...

Olaf Kuch und Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König stehen vor einer Abholstation für Ausweisdokumente.

Nürnberg: Vier Abholstationen für Ausweisdokumente

[26.03.2025] Die Stadt Nürnberg hat ihr Angebot an Abholstationen für Ausweisdokumente verdoppelt. An insgesamt vier Standorten können die Bürgerinnen und Bürger nun Personalausweise, Reisepässe und eID-Karten unabhängig von den Öffnungszeiten der Bürgerämter abholen. mehr...

Difu-Befragung: Kommunalfinanzen beherrschendes Thema

[25.03.2025] Eine Vorabveröffentlichung aus dem „OB-Barometer 2025“ zeigt, dass kommunale Finanzen das drängendste Thema der Stadtspitzen sind – auch mit Blick auf zukünftige Investitionen. Es sei nötig, dass Kommunen einen beträchtlichen Anteil aus dem Sondervermögen erhielten, so das Difu. mehr...

Berlin: ÖGD wird fit für die Zukunft

[25.03.2025] Mit dem Programm „Digitaler ÖGD“ werden in Berlin Grundlagen für moderne Technologien, Softwarelösungen und schlankere Prozesse in den Einrichtungen des ÖGD geschaffen. Davon können Mitarbeitende wie auch Bürgerinnen und Bürger profitieren. mehr...

Außenansicht des Mainzer Rathauses.

Mainz: Ko-Pionier-Sonderpreis 2025

[24.03.2025] Mit dem Ko-Pionier-Sonderpreis 2025 wurde die Stadt Mainz ausgezeichnet. Dieser Preis würdigt Verwaltungen, die innovative Ansätze aus anderen Städten erfolgreich adaptieren und an ihre spezifischen Rahmenbedingungen anpassen. mehr...

LSI Bayern: Ausschuss für Kommunale Fragen zu Gast

[18.03.2025] Bei einer Sitzung des Innenausschusses im LSI standen die Bedrohungslage im Cyberraum und Schutzmaßnahmen für Bayerns IT im Fokus. LSI-Präsident Geisler stellte die Unterstützungsangebote für Kommunen vor, bevor die Abgeordneten das Lagezentrum und das Labor besichtigten. mehr...

Landrätin Dagmar Schulz und Stabsstellenleiterin Digitalisierung Sabrina Donner mit der Auszeichnung des Silicon Valley Europe

Kreis Lüchow-Dannenberg: Ausgezeichnete Digitalisierungsstrategie

[17.03.2025] Für seine herausragende Digitalisierungsstrategie hat der Landkreis Lüchow-Dannenberg das Qualitätssiegel „Top-Organisation 2025“ des Netzwerks Silicon Valley Europe erhalten. mehr...