Donnerstag, 5. Dezember 2024

Dokumenten-ManagementGanz Berlin stellt um

[13.01.2022] Akten sind ein wichtiger Teil der DNA einer Verwaltung. In Berlin wurde nun mit der Einführung einer digitalen Akte gestartet, die am Ende von allen Behörden landesweit genutzt werden soll. Ein Mammutprojekt, das eine umfassende Vorbereitung erforderte.
Berliner Behörden arbeiten künftig mit digitalen Akten.

Berliner Behörden arbeiten künftig mit digitalen Akten.

(Bildquelle: JFL Photography/stock.adobe.com)

Im Land Berlin werden künftig rund 70.000 Anwenderinnen und Anwender in allen Behörden mit der Digitalen Akte arbeiten. Die Federführung liegt bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, die das Mammutprojekt steuert. Neben der Einführung der eigentlichen Software werden auch die organisatorischen Vo­raussetzungen geschaffen und viele Prozesse optimiert, damit die Digitale Akte reibungslos eingeführt werden kann. Zum Aufgabenpaket gehören zudem ein umfangreiches E-Akte-Readiness-Projekt, das in den einzelnen Behörden die technischen und fachlichen Voraussetzungen prüft, sowie ein weitreichendes Akzeptanz-Management, das die Bediensteten über den neuen Basisdienst informiert und sie darauf vorbereitet. Ein umfassendes Schulungs- und E-Learning-Paket rundet die Einführung ab.
Neben den Senatsverwaltungen als Landesbehörden sowie nachgeordneten Behörden und Einrichtungen kommen noch zwölf Bezirksämter als kommunale Strukturen hinzu. Entsprechend muss die Digitale Akte weitreichende Anforderungen von Landesbehörden bis hin zu kommunalen Belangen berücksichtigen. Die Bezirksämter sind vergleichbar mit Großstädten in der Größenordnung von 300.000 bis 400.000 Einwohnern. Bei den Landesbehörden reicht die Palette von den Senatsverwaltungen über nachgeordnete Verwaltungen, wie den Berliner Forsten oder dem Fischereiamt mit einer kleinen Anzahl an Nutzenden, bis hin zu den verschiedenen Polizeibehörden mit mehr als 20.000 Bediensteten. Die zwölf Bezirke bieten Leistungen verschiedener Fachlichkeiten an, vom Amt für Soziales bis hin zum Amt für Umwelt und Natur.
Damit sich alle Behörden in der Struktur der Digitalen Akte wiederfinden, wurde in den vergangenen Monaten eine Referenzkonfiguration entwickelt, die die Vorgaben des Berliner Aktenplans, Standard-Aktentypen und Ablagestrukturen enthält. Der Anpassungsbedarf bei der Einführung lässt sich so minimieren.

Schnelle Migration von Bestandsdaten

Da einzelne Behörden bereits Versuche mit einer elektronischen Akte gestartet haben, kommt auch die Migration von Bestandsdaten zum Tragen. Dazu wurden Tools entwickelt, die in der Pilotphase erprobt und verfeinert werden. Ziel ist es, denjenigen Behörden, die schon ein E-Akte-System einsetzen, einen unterbrechungsfreien Start mit der Digitalen Akte zu ermöglichen. Die Behörden sollen bereits am nächsten Tag im neuen System mit den Akten weiterarbeiten können, die am Tag zuvor im Zugriff waren.
Egal, ob es sich um Bürgerbeschwerden, Asylanträge oder Bewerbungen bei den Behörden handelt – künftig werden alle Dokumente eines Verwaltungsvorgangs digital gemanagt. Der größte Vorteil ist die Zeitersparnis – es müssen keine Dokumente mehr von A nach B transportiert werden. Alle Akten sind jederzeit im Zugriff. Und da alle Dokumente in elektronischer Form vorliegen, kann die Sachbearbeitung gezielt im Datenbestand suchen. Für Bürgerinnen und Bürger bedeutet das, dass die Bearbeitung schneller vonstatten geht und Behörden jederzeit über den aktuellen Sachstand Auskunft geben können. Darüber hinaus ist die Digitale Akte Berlin so ausgelegt, dass Dokumente auch über Ämter- oder Behördengrenzen hinweg ausgetauscht werden können, was die Bearbeitungszeiten noch einmal erheblich verkürzt.
Die Digitale Akte wird Funktionalitäten zur elektronischen Aktenführung und -bearbeitung, die elektronische Vorgangsbearbeitung, sichere elektronische Langzeitspeicherung sowie ein integriertes Input Management zur Digitalisierung eingehenden Schriftguts abdecken. Sie ist für einen sicheren, stabilen, performanten und skalierbaren Betrieb unter Berücksichtigung der IKT-Architekturstandards der Berliner Verwaltung ausgelegt, die unter anderem die Berlin Cloud, Platform as a Service oder den Berlin-PC umfasst.
Den Auftrag zur Einführung hat das IT-Beratungsunternehmen Materna als Generalunternehmer erhalten. Die Digitale Akte Berlin basiert auf dem Dokumenten-Management-System nscale eGov des Bielefelder Herstellers Ceyoniq Technology. In Berlin wird dabei die Web-Lösung mit dem Web Client eingesetzt. Den technischen Betrieb des IKT-Basisdienstes Digitale Akte übernimmt das landeseigene IT-Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ).

Blaupause für den Roll-out

Bevor jedoch Fachverfahren an die Digitale Akte Berlin angebunden werden, muss zunächst der IKT-Basisdienst Digitale Akte flächendeckend ausgerollt werden. Der Zeitplan sieht vor, dass zunächst eine Referenzkonfiguration für alle Behörden erstellt wird, die bereits einen Großteil der Anforderungen abdeckt, den Aktenplan des Landes Berlin bereitstellt und somit als Blaupause für jeden Roll-out einer Behörde dient. Für den Betrieb der Digitalen Akte wird eine OpenShift-Systemumgebung aufgebaut, die es ermöglicht, auf einfache und schnelle Art und Weise neue Mandanten bereitzustellen und Konfigurationen zu verteilen. Vor allem bei späteren Updates wird die Technologie ihre Vorteile ausspielen und einen reibungslosen Betrieb gewährleisten. Das Land Berlin nimmt mit diesem Konzept eine Vorreiterstellung ein.
Die Vorarbeiten sind bereits abgeschlossen. Noch im Jahr 2021 gehen mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport und dem Bezirks­amt Mitte die beiden ersten Piloten an den Start. Das Bezirksamt Mitte präsentiert mit seinen 2.800 Mitarbeitenden die komplette Anforderungspalette einer Kommune, die Senatsinnenverwaltung nutzt schon ein E-Akte-Vorgängersystem, das zum Start der Digitalen Akte Berlin vollständig migriert sein muss. Die Herausforderung liegt darin, dass dies reibungslos erfolgt, ohne dass der Arbeitsablauf beeinträchtigt wird.
Mit dem Abschluss der Pilotphase sind auch alle Vorbereitungen beendet und es geht in den flächenmäßigen Roll-out. Zurzeit finden vorbereitende Gespräche mit den ersten knapp 20 Behörden statt, die im Jahr 2022 in den Genuss der Digitalen Akte kommen werden.

Effektives Akzeptanz-Management

Wie bei allen Digitalprojekten bedingt auch die Einführung eines E-Akte-Systems eine massive Veränderung in den Arbeitsabläufen einer Behörde. Auf diesen Kulturwandel müssen die Anwenderinnen und Anwender vorbereitet und mitgenommen werden. Deshalb hat die Projektleitung in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport schon vor Projektstart ein effektives Akzeptanz-Management etabliert, das alle Anwendenden informiert und erste Kontakte mit der Software ermöglicht. Mit Newslettern, Erfahrungsaustauschen, regelmäßigen Informationen im Intranet des Landes und Fragerunden wird eine kontinuierliche Kommunikation gepflegt, es werden Fragen beantwortet und Anregungen entgegengenommen.
Die aufgrund der Corona-Pandemie erforderlichen Schutzmaßnahmen hatten auch Auswirkungen auf die Schulungen. Seit Oktober 2021 stehen Schulungstermine sowohl für Anwendende als auch für Administrierende an verschiedenen Standorten in Berlin zur Verfügung. Dies bietet auch Interessierten aus Behörden, die im Jahr 2022 mit der Digitalen Akte ausgestattet werden, einen ersten praktischen Eindruck. Parallel dazu entwickelt die Materna-Tochter TMT umfangreiches Online-Lernmaterial, um mit aufeinander abgestimmten Lernvideos gezielt informieren zu können.

Johannes Rosenboom ist Leiter Sales, Marketing und Business Development im Geschäftsbereich Public Sector bei Materna.




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