ArchivierungGegen das Vergessen
Die Digitalisierung der Verwaltung ist weit fortgeschritten: Elektronische Akten, Standesamtsdaten, Gewerberegister, Einwohnermeldedaten, Katasterdaten oder die elektronischen Unterlagen in Ratsinformationssystemen sind nur einige Beispiele für kommunale Verwaltungsverfahren, in denen Fachdaten und Dokumente mittlerweile komplett elektronisch entstehen. Bereits jetzt werden in vielen Bereichen der Verwaltung keine Papierüberlieferungen mehr erzeugt oder die Papierakte ist nur noch eine Restakte ausgedruckter Dokumente.
Der Wert digitaler Informationen rückt meist erst dann ins Bewusstsein, wenn diese nicht mehr zur Verfügung stehen – sei es aufgrund technischer Probleme wie Hardware-Defekten oder nicht mehr lauffähiger Software oder nach dem bewussten Löschen, da die Daten für entbehrlich gehalten wurden. Es müssen deshalb zwingend Wege gefunden werden, um auch all die informationellen und kulturellen Überlieferungen zu erhalten, die immer weniger auf herkömmlichen (Papier-)Medien aufgezeichnet sind.
Gemeinschaftliche Lösung generieren
Archivgesetze schreiben vor, dass alle Unterlagen von bleibendem Wert auf Dauer sicher zu verwahren sind. Hier stellt sich die Frage, ob alle öffentlichen Einrichtungen darauf vorbereitet sind. Am fachlichen Verständnis oder politischen Willen jedenfalls fehlt es ihnen selten. Die Aufgabe ist aber so anspruchsvoll, dass einzelne Einrichtungen damit überfordert sind. Experten sollten sich deshalb vernetzen, um sich zunächst mit den vielfältigen Herausforderungen der elektronischen Langzeitarchivierung zu befassen. Daraus wiederum können sie gemeinschaftlich eine Lösung generieren, die für Einrichtungen jedweder Größe geeignet ist.
DA NRW schafft organisatorischen Rahmen
Aus dieser Erkenntnis heraus wurde unter dem Dach des digitalen Archivs NRW (DA NRW) ein Lösungsverbund für die dauerhafte elektronische Aufbewahrung von Unterlagen aufgebaut. Das Angebot richtet sich an alle Einrichtungen, die ihr elektronisches Kulturgut nach dem Archivgesetz und Pflichtexemplargesetz sicher und auf Dauer speichern müssen oder wollen. DiPS.kommunal ist als Teil dieses Lösungsverbunds eine elektronische Langzeitarchivlösung für Kommunalarchive in Nordrhein-Westfalen, betrieben durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die Stadt Köln. DiPS.kommunal ist die mandantenfähige Weiterentwicklung der Langzeitarchivlösung DiPS. Sie wurde ursprünglich durch die Firmen SER Solutions Deutschland und HP für verschiedene Archive, beispielsweise das Bundesarchiv, zwei Landesarchive, zwei Stadtarchive und einen Landschaftsverband, projektiert.
Mit DiPS.kommunal steht eine – insbesondere hinsichtlich ihrer Benutzerfreundlichkeit weiterentwickelte – Lösung für Einrichtungen in ganz Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus bereit. Durch die fachliche Vernetzung der Archive untereinander sowie mit IT-Dienstleistern, schafft das DA NRW den organisatorischen Rahmen dafür. Das digitale Archiv garantiert die Weiterentwicklung auf Grundlage einer hohen archivfachlichen Expertise und ist dabei an den kommunalen Bedarfen orientiert.
Zwischenarchiv für Familienverkettungen
Bereits während des Testbetriebs wurde ein Schwerpunkt auf die Anbindung von Fachverfahren aus der Kommunalverwaltung an DiPS.kommunal gelegt. So genannte unstrukturierte Daten, etwa aus File-Systemen von Verwaltungseinrichtungen oder privaten Nachlassgebern, können verhältnismäßig gut in den vorhandenen IT-Infrastrukturen zwischengelagert werden. Die Ausgangslage bei kommunalen Fachanwendungen und Dokumenten-Management-Systemen mit so genannten strukturierten Daten ist schwieriger. Steht nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen keine Lösung zur Langzeitarchivierung zur Verfügung, droht der Kampf gegen das Vergessen verloren zu gehen. Ein praktisches Beispiel dafür besteht im Einwohnerwesen, das für volljährige Einwohner aus Datenschutzgründen eine Auflösung der Familienverkettungen im Melderegister vorsieht. Aus Sicht von Familienforschern ist das ein Alptraum, wenn es nicht die Möglichkeit gäbe, diese Familienverkettungen in einem Zwischenarchiv – im Normalfall im jeweiligen Kommunalarchiv – zu archivieren, bis der vollständige Informationsschatz nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen für den kompletten Einwohnerdatensatz in einem Langzeitarchiv wie DiPS.kommunal für die Ewigkeit aufbewahrt werden kann.
XDOMEA-Nachrichten gewährleisten Homogenität
Der eigentliche Schritt von strukturierten Daten in das elektronische Langzeitarchiv DiPS.kommunal wird über XDOMEA-Nachrichten abgebildet. Das soll die Hürde für die diversen Fachverfahrenshersteller möglichst niedrig halten und gleichzeitig die Homogenität der eingehenden Daten gewährleisten. An den erfolgreichen Schreibprozess in den Archivspeicher schließt eine Quittung an, die ebenfalls einer XDOMEA-Nachricht entspricht. Sie erlaubt es den liefernden Systemen, danach eine automatische Bereinigung der Datenbestände vorzunehmen, während gleichzeitig die Archive und deren abliefernde Einrichtungen keine Datenverluste befürchten müssen.
Für unstrukturierte Daten bringt DiPS.kommunal eine Anwendung mit, die PIT.plus genannt wird. PIT steht hier für PreIngestToolset. Bei dieser Anwendung handelt es sich um eine Weiterentwicklung des bereits etablierten PIT. Sie erlaubt den Archiven einige Vorabschritte. Dazu zählen beispielsweise die Formaterkennung und -validierung, die Kassation einzelner Datensätze, die Strukturierung von Dateisammlungen und natürlich die Erhebung von Metadaten vor Ort, also nahe an den Quelldaten. Danach erfolgt eine sicher verschlüsselte und durch Prüfsummen überwachte Übertragung in die Rechenzentren der Betreiber von DiPS.kommunal.
Lesbarkeit mit Blick auf die Ewigkeit prüfen
In den hochverfügbaren Rechenzentren der DiPS.kommunal-Betreiber Köln und LWL werden die Daten der nutzenden Institutionen unter strenger Mandantentrennung gespeichert. Auch strukturierte Daten aus Fachverfahren und E-Akten nehmen diesen Weg. Ein fachlich erprobter und streng definierter Workflow sorgt für eine erneute Formaterkennung und -validierung. Anhand hinterlegter Konfigurationen wird festgestellt, ob die Dateien über einen Formatwandler in archivfähige Dateiformate konvertiert werden müssen, sofern sie nicht bereits in einem Archivformat vorliegen. Dieser Schritt ist mit Blick auf eine Lesbarkeit für die Ewigkeit besonders bedeutsam, da schnell obsolet werdende und anderweitig ungeeignete Formate in einem Langzeitarchiv nicht aufbewahrt werden dürfen. Nach einer Prüfung und gegebenenfalls Ergänzung der Metadaten zur Lieferung, wird diese zur Langzeitarchivierung freigegeben und auf revisionssichere Speichersysteme an mehreren Standorten geschrieben.
Aufbewahrt nach den jeweils aktuellsten technischen und fachlichen Erkenntnissen und in Portalen unter Beachtung der jeweils gültigen Datenschutzbestimmungen präsentiert, bilden künftig auch elektronische Dokumente einen wesentlichen Grundstein für den bereits genannten Kampf gegen das Vergessen. Mit Blick auf den Informationsbedarf künftiger Generationen unterstützt die Stadt Köln mit dem LWL diesen Kampf durch den gemeinschaftlichen Aufbau der Lösung DiPS.kommunal im Rahmen des Digitalen Archivs NRW.
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