E-AkteGelungene Transformation
Die Einführung der elektronischen Akte ist für viele Behörden ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bietet die Digitalisierung Vorteile bezüglich Effizienz und Sicherheit, andererseits scheint es ein langer und schwieriger Weg bis zur kompletten Implementierung zu sein. In den vergangenen Jahren hat die Digitalisierung erheblich an Schwung gewonnen und vielerorts vollzieht sich bereits die Transformation hin zu neuen Lebens-, Geschäfts- und Arbeitskonzepten. Bund und Länder haben die Behörden auf Basis des von der Bundesregierung entwickelten Programms Digitale Verwaltung 2020 sowie des E-Government-Gesetzes (EGovG) beauftragt, ihre internen und externen Geschäftsprozesse zu digitalisieren. Dazu gehört unter anderem die elektronische Abbildung der behördlichen Schriftgutverwaltung und damit die vollständig elektronische Aktenführung. Die Umstellung auf die E-Akte betrifft den gesamten Behördenapparat – eine Herkulesaufgabe, der sich viele deutsche Behörden noch nicht gestellt haben. Dabei ist die systematische Digitalisierung mit der richtigen Vorbereitung nicht nur machbar, sondern bietet auch viele Vorteile. Es gibt Lösungen, die speziell dafür entwickelt wurden, gesetzliche Auflagen und Regularien zu erfüllen. Mit deren Hilfe lässt sich der Wandel zur E-Akte auf technischer Ebene reibungslos vollziehen. Bei der Einführung sollte ein besonderes Augenmerk auf die drei Bereiche Erfassung, Klassifizierung und Archivierung gelegt werden, um die nötige Transparenz und Konsistenz der Informationen zu gewährleisten. Nehmen wir das Beispiel einer deutschen Gerichtsbarkeit, die für Außenstellen an 90 verschiedenen Standorten verantwortlich ist. Bei dieser Größenordnung müssen pro Jahr circa 100 Millionen Seiten an eingehendem Schriftgut bewältigt werden, das heißt bis zu 5.000 Seiten pro Tag und Standort.
Technische Voraussetzungen schaffen
Die erste Aufgabe besteht darin, an jedem der 90 Standorte eine eigene E-Poststelle einzurichten und die nötigen technischen Voraussetzungen in der Behörde zu schaffen. Geht ein Schriftstück bei einem der Amtsgerichte ein, muss es gemäß den Vorgaben für rechtssicheres, beweiswerterhaltendes oder ersetzendes Scannen erfasst werden. Das analoge Dokument wird also gescannt, die entsprechende Datei von einem Mitarbeiter am Bildschirm gesichtet und die Erfassung bestätigt. Hierzu bedarf es einer Scan-Lösung mit digitaler Signierung, damit die Gültigkeit des Dokuments auch in seiner digitalen Form erhalten bleibt. Nach sechs Monaten kann das analoge Dokument vernichtet werden. Ein wichtiger Punkt, der konzeptionell vorgesehen werden sollte, ist die Integration digitaler Posteingänge wie E-Mail oder Portalinteraktionen. Auf diese Weise ist die neue digitale Welt auch für den Wandel in der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürger oder Unternehmen vorbereitet. Die richtige Zuordnung zu entsprechenden E-Akten oder Fachanwendungen oder die Übergabe in eine spezifische Vorgangsbearbeitung bilden die Grundlage für eine optimierte, effiziente Verwaltungsarbeit, die zudem standardkonform und normengerecht ist. Um das zu gewährleisten ist es ratsam, eine intelligente Erfassungslösung zu implementieren. Werden die Dateien manuell verschlagwortet und zur weiteren Bearbeitung vorbereitet, entsteht ein erheblicher manueller Mehraufwand für die Mitarbeiter sowie ein erhebliches Fehlerrisiko. Abhilfe schaffen können E-Government-Lösungen mit automatischer Klassifizierung, die das Dokument bereits direkt beim Scannen korrekt zuordnen und in den entsprechenden Vorgang überführen. So erkennt das Programm zum Beispiel eine Bewerbung und ordnet sie automatisch dem Personalbereich zu. Des Weiteren sind einige Software-Lösungen zur Extrahierung auf Zeilenebene fähig – so genanntes Data-Capture –, womit zum Beispiel bestimmte Daten in einer gescannten Rechnung automatisch erkannt, extrahiert und im SAP-System überprüft und validiert werden, sodass die Rechnung schließlich automatisch gebucht wird.
Einheitliche Systeme und Reorganisation
Nachdem die Dokumente erfasst und bearbeitet wurden, sind die zu den Akten verfügten Vorgänge oder die geschlossenen digitalen Akten im elektronischen Langzeitarchiv korrekt aufzubewahren. Hierfür werden die finalen Daten und Dokumente in ein langzeitspeicherfähiges Format wie das PDF-Archivformat PDF/A oder andere Spezialformate konvertiert. Damit ist auch ein im Rahmen der Verfahrensdokumentation jederzeit rechtsverwertbarer Nachweis möglich. Für den Zeitraum der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist werden die Dokumente revisionssicher – das heißt wieder auffindbar, nachvollziehbar, unveränderbar und fälschungssicher – aufbewahrt. Nach Ablauf der Frist werden sie gemäß der gesetzlichen Vorgaben ausgesondert. Auch in diesem Bereich umfasst die manuelle Ablage ein Risikopotenzial. Heterogene IT-Infrastrukturen bringen fast immer Bruchstellen in der Informationsübertragung mit sich und steigern so das Risiko fehlerhafter Datensätze. Ein einheitliches System für die Vorgangsbearbeitung und Langzeitarchivierung in der gesamten Behörde ist daher empfehlenswert. Auf Basis eines automatisierten, digitalisierten Archivierungsprozesses aus einem Guss kann die korrekte Ablage durchgängig gewährleistet werden. Neben der Schaffung der nötigen technischen Voraussetzungen und Prozesse für die E-Akte ist es die zweite und vielleicht größere Herausforderung, die Strukturen in den Behörden zu reorganisieren. Mitarbeiter, die durch frühzeitige und großflächige Aufklärungsarbeit auf die Transformation an ihrem Standort vorbereitet werden, stehen dem Wandel von der analogen zur digitalen Arbeitsweise meist sehr offen gegenüber. Um dies zu gewährleisten ist es ratsam, Trainings und Weiterbildungsinitiativen, die individuell dem Kenntnisstand der Belegschaft angepasst sind, zu organisieren und die aktive Teilnahme anzuregen. Das kommt auch den Mitarbeitern selbst zugute, denn angesichts des demografischen Wandels entsteht für die verbleibenden Mitarbeiter ohne die Einführung automatisierter Prozesse ein erheblicher Mehraufwand, um die Arbeitslast aufzufangen. Damit die Digitalisierung auch in öffentlichen Einrichtungen erfolgreich umgesetzt werden kann, sollten alle Beteiligten den Wandel unterstützen. Es gilt, die richtigen technischen und strukturellen Voraussetzungen zu schaffen, auf allen Hierarchieebenen Bereitschaft für das Neue zu wecken, eine konkrete, umsetzbare Strategie festzulegen und diese so auszuführen, dass alle relevanten Mitarbeiter beteiligt werden.
Dieser Beitrag ist in der September-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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