Sonntag, 22. Dezember 2024

E-VergabeGemeinsam zu mehr Effizienz

[20.07.2023] Eine zentrale interkommunale Vergabestelle haben die rheinland-pfälzischen Kommunen Wörth am Rhein, Hagenbach und Kandel eingerichtet. Sie entlastet die Partner von bürokratischem Aufwand und ermöglicht ihnen eine rechtssichere und effiziente Beschaffung.
Wörth am Rhein

Wörth am Rhein, Hagenbach und Kandel haben ein zentrale interkommunale Vergabestelle eingerichtet.

(Bildquelle: Markus Burck)

Seit Jahren stehen Gemeinden vor der immer schwieriger werdenden Herausforderung, ihre öffentliche Beschaffung rechtssicher durchzuführen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gemeindeverwaltungen, die das Vergabeverfahren betreuen, müssen hochspezialisiert sein und über Kenntnisse in den europa-, bundes- und landesrechtlichen Vorgaben verfügen. Einzelne kleinere Gemeindeverwaltungen können dies häufig nur mit hohem Aufwand und unter Einbindung externer Stellen leisten.
Die Stadt Wörth am Rhein und die Verbandsgemeinden Hagenbach und Kandel im Süden von Rheinland-Pfalz haben deshalb im Jahr 2018 eine zentrale interkommunale Vergabestelle eingerichtet. Die Beteiligten sehen in diesem Schritt einen Beitrag zu rechtssicherer, effizienter, nachhaltiger und kostengünstiger Beschaffung. Durch die klare Aufgabenteilung zwischen Auftragsdefinition in der Fachabteilung und Durchführung des Vergabeverfahrens in der Vergabestelle entsteht Transparenz im Verfahren. Damit trägt die zentrale Vergabestelle auch zur Korruptionsvorbeugung und einem transparenten Verwaltungshandeln bei. Die Bündelung wesentlicher Teile des Vergabeprozesses in einer Organisationseinheit führt darüber hinaus zur Entlastung einzelner Fachbereiche.

E-Vergabe ist Standard

Die drei Gebietskörperschaften erreichen zusammen rund 45.000 Einwohner und liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander. Großzügige Unterstützung haben die Beteiligten durch das Land Rheinland-Pfalz erfahren. Durch das Förderprogramm „Starke Kommunen – Starkes Land“ forciert das Land die interkommunale Zusammenarbeit von Gemeinden und leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Aufbau von kommunalen Fähigkeiten. Die seither durch die zentrale interkommunale Vergabestelle durchgeführten Auftragsvergaben sprechen für sich und bestätigten den Erfolg der interkommunalen Zusammenarbeit: Wurden im Jahr 2019 zunächst 115 Aufträge mit einer Auftragssumme von rund zwölf Millionen Euro abgewickelt, waren es 2022 bereits 153 Aufträge mit einer Auftragssumme von rund 14 Millionen Euro.
Einer der wesentlichen Vorteile ist, dass die vielfältigen gesetzlichen Vorschriften und Verwaltungsanweisungen besser beherrschbar sind, als dies eine kleinere Gemeindeverwaltung alleine leisten könnte. Aus personalwirtschaftlicher und organisatorischer Sicht ist zu betonen, dass Vertretungen ständig gewährleistet sind und ein fachlicher Austausch sichergestellt ist. Eine wichtige Tätigkeit der interkommunalen Vergabestelle ist zudem die Beratung der Fachbereiche in den jeweiligen Verbandsgemeinde- und Stadtverwaltungen. Somit werden Informationen und Wissen auf verschiedensten Ebenen geteilt. Das Führen der Vergabeakten erfolgt durchgängig zentral und digital in der Vergabestelle; die E-Vergabe ist Standard.

Bürokratischer Aufwand stark reduziert

Wichtiges Werkzeug der interkommunalen zentralen Vergabestelle Wörth, Kandel, Hagenbach ist die so genannte Bieterkartei, eine Datenbank, in der Bieterfirmen ihre Eignungsunterlagen auf ihren Wunsch hin zentral hinterlegen und sich damit präqualifizieren können. Bei Angebotseinreichung sind deshalb nur verfahrensspezifische Unterlagen erforderlich. Die Zen­trale Vergabestelle kann die Eignung der Bieterfirmen bereits im Vorfeld nachvollziehen und trägt damit zur Qualitätssicherung bei. Durch die gezielte Suche nach Gewerken fällt auch die Markterkundung leichter. Die Daten der Bieterkartei werden durch die Zentrale Vergabestelle ständig aktualisiert, die Bieterfirmen haben dort eine feste Ansprechperson. Die Einrichtung und Pflege der Bieterkartei bedeutet eine immense Zeitersparnis bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in den beteiligten Gemeinden. Insgesamt wird der bürokratische Aufwand deutlich reduziert.
Bis die Vergabestelle im Jahr 2019 ihre Arbeit aufnehmen konnte, gab es eine Reihe nicht zu unterschätzender Vorarbeiten zu leisten und einige Klippen zu umschiffen. Wesentliche Bedeutung hatte die Vereinheitlichung der Vergabeprozesse. Schließlich musste eine teils jahrzehntelange Verwaltungspraxis in den einzelnen Häusern auf ein neues System umgestellt werden. Auch die Zusammenarbeit mit externen Partnern wie Architekturbüros musste neu justiert werden. Hierzu erließen die jeweiligen Behördenleiter eine gleichlautende Dienstanweisung, die einerseits die Zusammenarbeit mit der Vergabestelle und andererseits die Arbeitsweise in der Vergabestelle regelt. Darüber hinaus mussten Absprachen zu den Kostenverteilungen, zum Personaleinsatz und zu den Projektbudgets getroffen werden.

Eigene Räumlichkeiten eingerichtet

Dreh- und Angelpunkt war die Frage, ab wann die zentrale Vergabestelle einzubeziehen ist. Denn den Beteiligten war klar, dass die Übertragung jeder einzelnen, auch kleineren Beschaffung die Vergabestelle schnell überlastet und das Ziel ihrer Einrichtung von vornhe­rein konterkariert hätte. Zur Definition dieses Punktes wurde zunächst die Vergabeart diskutiert. Letztlich entschied man sich für das Einziehen einer festen Betragsgrenze, die im Ergebnis bedeutete, dass alle Aufträge ab einem Auftragswert von 10.000 Euro über die Vergabestelle abzuwickeln sind.
Auch die Schulung der Beschäftigten der Vergabestelle bestimmte einen wesentlichen Teil der Vorbereitungsarbeiten. Hierzu wurde ein umfassendes Fortbildungs- und Qualifizierungsprogramm aufgelegt, um den Mitarbeitenden das Rüstzeug für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit in die Hand zu geben. Bei der Vorbereitung und der Errichtungsphase wurden die drei Kommunen vom rheinland-pfälzischen Innenministerium, welches das zuvor genannte Förderprogramm betreut, umfassend begleitet. In der Vergabestelle sind aktuell vier in Vollzeit beschäftigt. Rechtzeitig zum Arbeitsbeginn wurden in der Stadt Wörth am Rhein Büroräume in einem Bürgerhaus frei, sodass die organisatorische Zusammenfassung auch in eigenen Räumlichkeiten realisiert werden konnte.

Interkommunal besser aufgestellt

Der Fachkräftemangel, die immer komplexer werdende Aufgabenstruktur und sich verändernde finanzielle Spielräume sind gewichtige Gründe für die weitere interkommunale Zusammenarbeit. Die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Hagenbach, Iris Fleisch, sowie ihre Amtskollegen Dennis Nitsche (Stadt Wörth am Rhein) und Volker Poss (Verbandsgemeinde Kandel) jedenfalls sind vom Erfolg der interkommunalen zentralen Vergabestelle überzeugt.
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Tobias Simon ist bei der Stadtverwaltung Wörth am Rhein Büroleiter der Abteilung 1 – Zentralverwaltung.




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