Donnerstag, 5. Dezember 2024

115Gemeinsame Sache

[11.06.2014] Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz kooperieren im Rahmen der Metropolregion Rhein-Neckar auch beim einheitlichen Behördenruf. Dem Verbund angeschlossen hat sich unter anderem der Kreis Bergstraße.
Kreis Bergstraße wirbt für 115.

Kreis Bergstraße wirbt für 115.

v.l.: Matthias Wilkes, Landrat Kreis Bergstraße; Alexandra Kattler, Leiterin des Service-Centers in Ludwigshafen; Markus Arnold, Projektleiter bei der MRN GmbH

(Bildquelle: Kreis Bergstraße)

In der Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) findet eine in Deutschland bislang einzigartige Kooperation in Sachen einheitlicher Behördenrufnummer statt. Die Einführung der 115 ist eines von zehn Teilprojekten im Rahmen des seit Ende 2010 existierenden Modellvorhabens „Kooperatives E-Government in föderalen Strukturen“. Gemeinsam mit dem Bund und den Ländern Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz soll am Beispiel der Metropolregion aufgezeigt werden, wie Vernetzung und der sinnvolle Einsatz von IT dazu beitragen können, Verwaltungsvorgänge kundenfreundlicher, einfacher, schneller und kostengünstiger zu gestalten.
Die hessische Kreisverwaltung Bergstraße beschäftigt sich seit November 2007 mit dem Thema 115. Im Rahmen einer Diplom-Arbeit wurde im Sommer 2008 erstmals ein Umsetzungskonzept für den Kreis entwickelt. Hierbei zeigte sich jedoch auch der unverhältnismäßige Kostenaufwand für die Einrichtung und den Betrieb eines eigenen 115-Service-Centers. Es herrschte daher schnell Konsens über die Tatsache, dass ein solches Service-Center auf Ebene der Kreisverwaltung bei gleichzeitiger Einhaltungspflicht des abzugebenden 115-Serviceversprechens nicht wirtschaftlich betrieben werden kann.

Anfragen länderübergreifend beantworten

Der Landrat des Kreises Bergstraße, Matthias Wilkes, schlug der MRN daher eine verwaltungs- und grenzübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Region vor. Die Besonderheit der angestrebten Zusammenarbeit: Ein gemeinsames 115-Service-Center müsste über drei Ländergrenzen hinweg Bürgeranfragen beantworten. Das stellte vor allem im Bezug auf die Wissensbereitstellung eine besondere Herausforderung dar. Das Projekt „115 in der MRN“ wurde von Beginn an als regionales Vorhaben aufgesetzt. Im Januar 2010 fand ein erster Workshop statt, um das Potenzial für eine regionsweite Einführung zu ermitteln. Die Ausarbeitung eines ersten Konzepts sowie die Präzisierung der wesentlichen Themen Finanzierung, Datenbereitstellung und rechtliche Vereinbarungen erfolgten durch die Arbeitsgruppe 115. Diese setzte sich zusammen aus Vertretern der interessierten Stadt- und Landkreise und wurde unterstützt durch die Landesansprechpartner 115 aus Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz sowie den Beauftragten der Geschäfts- und Koordinierungsstelle 115 beim Bundesinnenministerium.
Schnell wurde klar, dass bei der Bereitstellung der für eine Beauskunftung notwendigen Daten eine redundante Pflege vermieden werden sollte. Daher fiel die Wahl auf die bereits bestehenden Zuständigkeitsfinder in den Ländern: Hessenfinder, BUS-RLP und service-bw. Denn die hier eingestellten Informationen können nicht nur im Service-Center, sondern auch zur Darstellung im Internet verwendet werden. Im Kern der 115-Einführung stand zudem die Bereitschaft der Stadt Ludwigshafen, ein regionales 115-Service-Center aufzubauen. Im November 2011 wurde Ludwigshafen Mitglied des D115-Verbunds und konnte so bereits wichtige Erfahrung bei der Beauskunftung für das eigene Stadtgebiet sammeln.

Kommunen frühzeitig informiert

Schon in einer frühen Phase des Vorhabens „115 in der MRN“ fanden zahlreiche Informationstermine in den Stadt- und Landkreisen der Region statt. Dieses mitunter sehr zeit­intensive Vorgehen war wichtig, um den Kenntnisstand zur einheitlichen Behördenrufnummer vor Ort zu vertiefen. Die Stadt- und Landkreise wurden eingeladen, ihren Bürgern den 115-Service anzubieten, ohne eigene Service-Center-Strukturen aufbauen zu müssen. Aus diesen Gesprächen ergaben sich zahlreiche, für die weitere Konzeption und Akzeptanz bei den Kommunen ganz essentielle Rückmeldungen. Für Landrat Matthias Wilkes stand fest, dass der Kreis Bergstraße in der Pilotphase zunächst die Finanzierung für alle teilnehmenden kreisangehörigen Städte und Gemeinden übernehmen würde. Obwohl die Kreisverwaltung mit der Kostenübernahme in den ersten zwei Jahren warb, waren zunächst nur 10 von 22 Kommunen zu einer Teilnahme am gemeinsamen Projekt bereit. Die übrigen zogen sich größtenteils mit der Aussage zurück, man wolle erst die Ergebnisse des Pilotbetriebs abwarten. In der Kreisverwaltung wurde eine Gegenfinanzierung des 115-Beitrags entwickelt, der trotz der nicht flächendeckenden Teilnahme der Kommunen für das gesamte Kreisgebiet aufzubringen war. Vorgesehen ist unter anderem die schrittweise Einsparung der eigenen Telefonzentrale sowie ab dem Jahr 2013 der Wegfall der eingekauften Call-Center-Dienste für den Zulassungsbereich der Straßenverkehrsbehörde.
Nachdem der Teilnehmerkreis feststand, wurden sowohl in der Kreisverwaltung als auch in den kreisangehörigen Kommunen jeweils die Leistungsbeschreibungen im Hessenfinder sowie zugehörige Formulare vollständig geprüft und überarbeitet. Außerdem wurden in allen Häusern elektronische 115-Postfächer für die zukünftig eintreffenden Tickets aus dem 115-Service-Center in Ludwigshafen eingerichtet. Die Prüfung der eigenen Angaben im Hessenfinder zeigte sich vielerorts problematisch, da die Datenpflege noch nicht endgültig geregelt war. Grund: Viele Städte und Gemeinden müssen sowohl ihre eigenen Internet-Auftritte als auch zusätzlich die Daten im Hessenfinder pflegen. Die Kreisverwaltung Bergstraße vermied diese Doppelarbeit durch die Anschaffung eines Content-Management-Systems (CMS) mit bidirektionaler Schnittstelle zum Hessenfinder. So können die Leistungen von dort in das eigene CMS importiert, mit den Angaben zu den zuständigen Mitarbeitern und entsprechenden Formularen versehen auf der eigenen Homepage dargestellt und auch in den Hessenfinder exportiert werden.

Paradebeispiel für Zusammenarbeit

Im Mai 2012 fiel schließlich der Startschuss für das badisch-hessisch-pfälzische Kooperationsprojekt. „Die Freischaltung der Behördennummer 115 in der Metropolregion Rhein-Neckar zeigt, wie gut eine flächendeckende Einführung auch über Ländergrenzen hinweg funktionieren kann. Das ist ein wichtiger Impuls für den bundesweiten Ausbau“, erklärte Bundes-CIO Cornelia Rogall-
Grothe. Neben dem Kreis Bergstraße werden durch das Service-Center in Ludwigshafen auch die Städte Frankenthal und Speyer sowie die Kreise Rhein-Neckar und Rhein-Pfalz beauskunftet. Heidelberg und Mannheim wurden mit jeweils eigenen Service-Centern ebenfalls Mitglieder des 115-Verbunds. Somit steht der telefonische Bürgerservice derzeit rund 1,7 der insgesamt 2,4 Millionen Bürgern der MRN zur Verfügung.
Für seine Mitwirkung an dem Projekt hat der Kreis Bergstraße eine Finanzspritze aus dem hessischen Landesetat in Höhe von 100.000 Euro erhalten. „Das Projekt 115 ist ein Paradebeispiel funktionierender interkommunaler Zusammenarbeit, deren Ziel es sein muss, weitere Aufgabenbereiche im Rahmen des Verbunds auszubauen“, freute sich Landrat Matthias Wilkes. Inzwischen wird im Kreis Bergstraße der komplette Zulassungsbereich durch die 115 beauskunftet. Die Stadt Bensheim nutzt den Service für den Ticketverkauf und die Beratung zum Hessentag, die Stadt Viernheim wickelt alle eingehenden Anrufe ihres Bürgerservices über die 115 ab. Auch der Kreis Bergstraße denkt darüber nach, die komplette Telefonzentrale auf die 115 umzustellen. Das soll aber sozialverträglich erst dann erfolgen, wenn das vorhandene Personal im Ruhestand ist oder für andere Einsatzgebiete benötigt wird.

Thomas Wieland ist beim Kreis Bergstraße Abteilungsleiter Bürgerservice, Kreisgremien, Presse, Vereine und Kultur.




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