Geodaten-ManagementGeoreferenzierter Kreis
Herr Landrat, der Vogelsbergkreis baut mit den Kommunen im Kreisgebiet eine Geodaten-Infrastruktur auf. Wie konnten Sie die kreisangehörigen Gemeinden von der Zusammenarbeit überzeugen?
Alle Beteiligten davon zu überzeugen, neue Möglichkeiten und Verfahren zu nutzen, ist generell keine leichte Aufgabe – auch im Hinblick auf die finanzielle Lage der Kommunen und des Kreises. Bei uns im Vogelsbergkreis war das ebenso. Allerdings hatten wir von Anfang an 15 Kommunen bei den regelmäßigen Treffen des Runden Tisches GDI Vogelsberg mit im Boot. Es herrschte sehr großes Interesse an einer gemeinsamen Geodaten-Infrastruktur und an einer Möglichkeit, Geodaten mit allen Kommunen auszutauschen. Zusätzlich wurde von uns in Bürgermeisterdienstversammlungen Aufklärungsarbeit geleistet.
Welche Vorteile versprechen Sie sich für die Kreisverwaltung?
Nun, die Vorteile drücken sich letztendlich in Prozessverbesserungen in der Kreisverwaltung aus. Ich nenne hier beispielhaft genaue Planungsgrundlagen wie georeferenzierte Bebauungspläne, die in Sitzungen direkt zur Verfügung stehen und so die Entscheidungsprozesse vereinfachen und beschleunigen. Mit der Integration des Geografischen Informationssystems ins Baugenehmigungsverfahren haben wir einen Sprung von der digitalen Akte in die georeferenzierte Welt des GIS vollzogen. Von dort bekommen wir punktgenaue grafische Informationen und können weitere Themen wie Windkraftanlagen, Überschwemmungsgebiete oder Naturschutzgebiete digital darstellen. Diese Auskünfte erhält der Sachbearbeiter oder Entscheider direkt am Arbeitsplatz, bei Besprechungen oder in Sitzungen. Auch die Auskunftsmöglichkeit von Bürgeranliegen wird dadurch wesentlich verbessert.
In welchen Bereichen kommt eine GDI besonders zum Tragen?
Ich kann hier mehrere Punkte aufführen. Bei der Menge an Daten, die hier bewältigt werden muss, ist eine dezentrale Bearbeitung und Aktualisierung der GIS-Daten ausgesprochen sinnvoll. Danach werden die Informationen zentral in ein Geoportal übertragen. Genau das macht eigentlich die GDI aus: dezentrale Bearbeitung, zentrale Speicherung und die Verfügbarkeit für alle Nutzer. Gleichzeitig können die Beteiligten alle Daten in das hauseigene GIS integrieren – was wiederum zu Prozessverbesserungen in der Verwaltung führt. Weitere Vorteile liegen im Aufbau und Betrieb einer gemeinsamen GDI-Technologie und INSPIRE-konformen Bereitstellung von Geodaten und Geodatendiensten. Durch gemeinsame Ausschreibung und Nutzung von Netzkomponenten, Hard- und Software, können Kosten reduziert und die Haushalte der Kommunen entlastet werden. Geofachdaten werden nur einmal erhoben und sind für alle nutzbar. Wichtig ist mir auch die Optimierung kommunaler und interkommunaler Geschäftsprozesse, auch die regionale Zusammenarbeit wird gefördert. Die ganze Region Vogelsberg wird dabei in den Fokus genommen und kann sich sehr gut über ein entsprechendes Geo-Portal präsentieren – auch gegenüber Investoren aus anderen Ländern. Gleiches gilt für die Bürgerbeteiligung bei Projekten des Kreises.
„Wir haben uns als Kreis mit den Kommunen auf eine vernünftige Kostenverteilung geeinigt.“
Das Projekt wurde vom angesprochenen Runden Tisch GDI Vogelsberg begleitet. Wer saß mit am Tisch und welche Rolle spielte das Gremium bei der Umsetzung des Projekts?
Der Runde Tisch setzt sich aus Mitarbeitern der Kommunen, den Ämtern für Boden-Management Fulda und Homberg Efze, dem Regierungspräsidium Gießen und der Kreisverwaltung des Vogelsbergkreises zusammen. Dieses Gremium spielte eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung des Projekts: In neun Treffen wurden alle Grundlagen und Voraussetzungen geschaffen, es wurden Vorleistungen erbracht, wie das Scannen oder die Georeferenzierung von Bebauungsplänen. Der Runde Tisch GDI Vogelsberg hat den Projektantrag für die Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit formuliert, inklusive einer Darstellung des Effizienzgewinns. Das nämlich sind die Voraussetzungen einer weiteren interkommunalen Zusammenarbeit.
Wie hoch sind die Investitionen in das Projekt – und wie werden die Kosten verteilt?
Wir haben uns als Kreis mit den Kommunen auf eine vernünftige Kostenverteilung geeinigt, die es auch bei eher nicht so guter Haushaltslage der Kommunen erlaubt, ein solches Projekt zu stemmen. Die Gesamtkosten, bis zum Aufbau eines Geoportals, werden sich auf etwa 170.000 Euro belaufen. Durch die Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit durch das Land reduzieren sich diese Kosten auf rund 70.000 Euro, wovon der Kreis die Hälfte trägt. Der Rest wird auf die Kommunen entsprechend ihrer Einwohnerzahl umgelegt.
Wie amortisiert sich die Geodaten-Infrastruktur aus Ihrer Sicht?
Das ist eine schwierige Frage. Wann die Aufwendungen durch Erträge gedeckt werden können, ist so einfach nicht abzusehen und zu berechnen. Neben den Prozessverbesserungen und Optimierungen in den Verwaltungen haben wir selbstverständlich einen Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Wissenschaft. Diese Vorteile gehen über die Verwaltungen hinaus und haben deshalb eine enorme volkswirtschaftliche Dimension. Die Wege des einzelnen Beteiligten werden kürzer, Kosten werden reduziert. Wir gehen davon aus, dass wir bei Beteiligung aller Kommunen Einsparungen von rund 50 Prozent erzielen können. Und zwar durch Kostendegression der Fixkosten und durch Reduzierung der variablen Kosten. Beispiele dafür sind die Einrichtung des Server-Betriebs einer GDI, die Einrichtung der Dienste einer Geodaten-Infrastruktur oder auch die Konzeptionskosten eines Geoportals. Alle diese Kosten verteilen sich dann auf 19 Kommunen und die Kreisverwaltung. Wir haben bei uns das Optimum erreicht: Alle Entscheidungsträger der Kommunen haben die GDI Vogelsberg als wichtig erachtet und machen mit.
Dieser Beitrag ist in der März-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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