Wohngeld PlusGewaltiger Mehraufwand
Die Anfang Januar 2023 in Kraft getretene Gesetzesnovelle zum Wohngeld Plus stellt Kommunen vor große Herausforderungen. Von einer Verdreifachung der Antragszahlen, von 600.000 auf geschätzte zwei Millionen wohngeldberechtigte Haushalte wird ausgegangen. „Die hohen Energiepreise treffen diejenigen am härtesten, die ohnehin mit sehr wenig Geld auskommen müssen,“ erklärte Bundesbauministerin Klara Geywitz, als das Gesetz Mitte Oktober vergangenen Jahres im Bundestag diskutiert wurde. Neben einem Heizkostenzuschuss für September bis Dezember 2022 sind höhere Zuschüsse zur Miete, nämlich rund 370 Euro statt 180 Euro, und – indem die Einkommensgrenzen gesenkt wurden – ein ausgeweiteter Kreis der Antragsberechtigten vorgesehen. Zudem kann sich der Bewilligungszeitraum auf zwei Jahre verlängern.
Zu kurze Vorlaufzeit
Die Initiative, einkommensschwache Haushalte bei Miete und Energiekosten zu unterstützen, stößt in Kommunen und bei den kommunalen Spitzenverbänden auf große Zustimmung. Allerdings monierten die Verbände frühzeitig, dass die Antragsflut mit dem bisherigen Personal nicht ohne Weiteres zu bewältigen sei und es daher zu Verzögerungen bei der Bearbeitung und Auszahlung von Leistungen kommen werde. Der Deutsche Städtetag forderte deswegen im September vergangenen Jahres eine deutliche Vereinfachung des Antragsverfahrens bei der Identifizierung von Wohngeldberechtigten, etwa durch unbürokratische Abschlagszahlungen oder indem Rentenversicherung und Bundesagentur für Arbeit die Kommunen unterstützen. Hierauf ist der Gesetzgeber nicht eingegangen.
Was die Kommunen zudem ärgert, ist der kurzfristige Erlass der Wohngeldnovelle Ende November 2022. „Die Vorlaufzeit für solch eine massive Ausweitung des Wohngelds war zu kurz“, erklärt Harald Rau, Beigeordneter der Stadt Köln und Leiter des Dezernats für Soziales, Umwelt, Gesundheit und Wohnen. „Leider haben Bund und Länder die diesbezüglichen Hinweise des Städtetags und der Kommunen nicht aufgegriffen. Überall muss das Personal, welches das erhöhte Antragsaufkommen bearbeitet, erst noch aufgebaut und eingearbeitet werden. Dabei stellt sich die Personalakquise als herausfordernd dar, weil alle Wohngeldstellen in Deutschland gleichzeitig ihr Personal aktuell aufstocken müssen.“
Zahl der Berechtigten steigt
In Köln geht man davon aus, dass die Zahl der Berechtigten auf 25.000 ansteigt. Bislang betrug die Bearbeitungszeit eines Wohngeldantrags drei Monate. Da sich der Mehraufwand vor allem auf die Monate Januar und Februar konzentrieren wird, dürften sich die Bearbeitungszeiten um etliche Monate erhöhen. Darüber hinaus wird in vielen Kommunen beobachtet, dass die Menschen Probeanträge auf der Grundlage von online zugänglichen Wohngeldrechnern stellen, die – unabhängig vom Erfolg – dennoch komplett bearbeitet werden müssen. „Verändert hat sich beim neuen Wohngeld, dass es viele Menschen gibt, die gerade an der Berechtigungsgrenze sind“, berichtet Beate Schärer, Abteilungsleiterin Soziales und Senioren in der Stadtverwaltung Schorndorf in Baden-Württemberg. „Mit Änderung der Anspruchsgrenze fragt ein ganz neuer Personenkreis an, wobei auffällt, dass die nicht mehr aufs Amt kommen, sondern im Netz recherchieren und dann den Antrag nutzen, der bei uns auf der Homepage steht.“
Viele Kommunen machen allerdings auch proaktiv auf die Gesetzesänderungen aufmerksam. „Wir haben gemeinsam mit dem Diakonischen Werk einen Infoflyer entworfen“, sagt Florian Marré, Bürgermeister der 18.000 Einwohner zählenden Stadt Diepholz in Niedersachsen. „Enthalten sind Kontaktdaten zum hiesigen Sozialamt, zum Sozialamt des Landkreises, den Stadtwerken, der Schuldnerberatung oder der Diepholzer Platte. Alle Informationen sind samt QR-Code und Ansprechpartner aufgelistet. Der Flyer wird mit dem kostenfreien Wochenblatt allen Haushalten zur Verfügung gestellt, um niedrigschwellig alle Antragsberechtigten zu erreichen.“ Nun wird damit gerechnet, dass aus vormals 150 bis zu 600 Leistungsempfänger werden.
Aufwendige Bearbeitung
Ob groß oder klein – alle Kommunen stehen vor einem gewaltigen Mehraufwand. Christian Aegerter, Hauptamtsleiter in Leipzig und seit Februar im Ruhestand, macht auf einen weiteren Umstand aufmerksam (wir berichteten): „Man muss bedenken, dass das Wohngeld immer dann neu berechnet werden muss, wenn sich das zu berücksichtigende Einkommen oder die Ausgaben ändern. Pro Wohngeldantragsteller werden demnach etwa vier Vorgänge pro Jahr bearbeitet. Das summiert sich. Wir gehen in Leipzig davon aus, dass wir künftig 15.000 zusätzliche Wohngeldfälle haben. Mit den bisherigen Vorgängen summiert sich das auf 80.000 bis 100.000 zu bearbeitende Vorgänge pro Jahr.“
Was die Bearbeitung eines Wohngeldantrags so aufwendig macht, sind die vielen notwendigen Dokumente: der eigentliche Antrag auf Miet- oder Lastenzuschuss, Verdienstbescheinigungen aller im Haushalt lebenden Personen, die Mietbescheinigung und Betriebskostenabrechnungen, Nachweise über Mietzahlungen oder gegebenenfalls ein Eigentumsnachweis, Grundsteuerbescheid, Nachweise über bestehende Kredite, Jahreskontoauszüge und Bausparverträge. Zudem müssen Leistungsbescheide über Arbeitslosengeld I oder II, BAföG oder Rentenbescheide, Kindergeldnachweise, Schwerbehindertennachweise und Nachweise über Unterhaltszahlungen vorgelegt werden. Der Gesetzgeber macht es nicht nur Antragstellern, sondern auch der Verwaltung schwer.
Wie es einfacher gegangen wäre
Wäre Digitalisierung überhaupt eine Lösung? Wie unter einem Brennglas zeigt sich in der aktuellen Situation, wo Deutschland bei der Digitalisierung steht. Der im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) vorgesehene EfA-Online-Antrag ist nicht fertig geworden, und hätte ohnehin keine einfache Anbindung an die unterschiedlichen Fachverfahren in Kommunen erlaubt. Folglich haben die Bundesländer die Reißleine gezogen, sind auf die bisher genutzten Software-Systeme zurückgefallen und haben diese gemäß den neuen Gesetzesvorgaben anpassen lassen: die Lösung Aucoteam wird in vielen Kommunen Nordrhein-Westfalens genutzt, DiWo in ganz Sachsen und Teilen Baden-Württembergs, enaio in Niedersachsen – mal mit, meist ohne direkte Anbindung an ein Dokumenten-Management-System oder eine digitale Akte. Das bedeutet für die Verwaltung: viel Handarbeit.
Dabei könnte es auch einfacher gehen, denn ein Teil der Daten liegt in Verwaltungsregistern bereits vor. Christian Aegerter schätzt, dass „etwa die Hälfte der Daten, die man für das Wohngeld braucht, in staatlichen Registern vorhanden ist, zum Beispiel das Einkommen, die Zahl der unterhaltspflichtigen Kinder, die Höhe der Leistungen vom Jobcenter oder von der Kranken- oder Rentenversicherung.“ Allerdings wäre, um darauf automatisiert zuzugreifen, eine Verknüpfung der Register notwendig. Und so weit sind wir bekanntlich nicht. Für Aegerter, einer der Autoren der Dresdner Forderungen (wir berichteten), ergibt sich daraus nur eine Konsequenz: „Man kann nicht ständig neue Gesetze verabschieden und die Umsetzung auf andere föderale Ebenen delegieren, wenn dort das Personal fehlt. Wir dürfen nur die Regelungen schaffen, die wir auch umsetzen können.“ Für Aegerter wären ohnehin Bund und Länder fürs Wohngeld zuständig – mit einem zentralen Portal, zentral bereitgestellten Formularen und Fachverfahren. Schließlich tragen sie auch die Kosten.
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