IT-SicherheitHandbuch zum Datenschutz
Die unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder haben jetzt ein 40 Seiten umfassendes Handbuch zum Standard-Datenschutzmodell (SDM) veröffentlicht. Das SDM gibt Organisationen wie Behörden, Unternehmen oder Wissenschaftsinstituten ein Instrument an die Hand, mit dem sie personenbezogene Verfahren datenschutzkonform einrichten und betreiben können. Außerdem soll das Modell zu bundesweit abgestimmten, transparenten und nachvollziehbaren Beratungs- und Prüftätigkeiten auch der Datenschutzbehörden führen. Die Bedeutung des SDM wird vermutlich dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn die europäische Datenschutzgrundverordnung in Kraft tritt. Die Kommunen müssen ihre Verwaltungsverfahren technisch und organisatorisch entsprechend ihren Landesdatenschutzgesetzen umsetzen. Die deutschen Datenschutzgesetze sind ausdrücklich in den Artikeln eins und zwei des Grundgesetzes verankert. Demzufolge sollen technische und organisatorische Schutzmaßnahmen den Grundrechteschutz der Bürger operationalisieren. Ein Problem bei Datenschutzprüfungen im Alltag ist, dass es häufig Spielraum für die Interpretation der Wirksamkeit technischer Schutzmaßnahmen gibt. Dies hat bei notorisch knappen Kassen in der Vergangenheit häufig dazu geführt, dass Schutzmaßnahmen allein mit dem Blick auf geringe Kosten ausgewählt und umgesetzt wurden und nicht nach der real zu erzielenden Wirksamkeit. Zudem ist unklar, ob die etwa aus dem Maßnahmenkatalog des IT-Grundschutzes des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ausgewählten Schutzmaßnahmen, den Geschäftsprozessen einer Behörden oder den grundrechtlich verbürgten Datenschutzrechten der Bürger dienen. IT-Grundschutz hat die Sicherung von Geschäftsprozessen zum Ziel. Diese können allerdings den rechtlich gesicherten Schutzinteressen von Bürgern entgegenstehen. Das SDM nimmt hier entschieden die Schutzperspektive des Bürgers ein, sucht aber über das Konzept der Schutzziele auch die Nähe zum IT-Grundschutz.
Elementare Schutzziele
In den vergangenen 30 Jahren hat man mit der Verwendung von Schutzzielen im Kontext der IT-Sicherheit gute Erfahrungen gemacht. Die Schutzziele sind sowohl für Juristen und Techniker als auch für Organisations- und Systemplaner im Grundsatz verständlich. Das Konzept der Schutzziele bietet zudem eine Systematik, mittels derer technische und organisatorische Schutzmaßnahmen aufeinander abgestimmt und vollständig berücksichtigt werden können. Sobald für ein Verfahren die umzusetzenden Schutzmaßnahmen ausgewiesen sind, kann der Betriebswirt kalkulieren. Viele der neueren Landesdatenschutzgesetze, insbesondere in den neuen Bundesländern, enthalten bereits Schutzziele. Etwa die Hälfte der deutschen Landesdatenschutzgesetze (LDSG) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) kennen sie hingegen nicht. Die Autoren des SDM haben deshalb viel Mühe darauf verwendet, die LDSGe sowie das BDSG mit den sechs elementaren Schutzzielen abzugleichen. Ziel ist es, ein deutschlandweit einheitliches Niveau an Schutzmaßnahmen zu erreichen.
Die drei weithin bekannten Schutzziele der IT-Sicherheit sind Verfügbarkeit, Integrität und Vertraulichkeit. Das SDM weist daneben die weniger bekannten Schutzziele Transparenz, Intervenierbarkeit und Nichtverkettbarkeit aus. Diese werden im Modell als Gewährleistungsziele bezeichnet. Außerdem betont das SDM die besondere Bedeutung von Datenvermeidung und Datensparsamkeit. So sollen bevorzugt gar keine Daten oder, falls unabdingbar, Daten nur im geringstmöglichen Umfang verarbeitet werden.
Das Gewährleistungsziel Transparenz umfasst im Wesentlichen zwei Schutzmaßnahmen, mit denen die Prüffähigkeit von Kommunen hergestellt wird. Dazu zählt die Dokumentation von Verfahren und die Protokollierung von Prozessen. Die Transparenz ist eine notwendige Voraussetzung für Kommunen, um personenbezogene Verfahren nachweisbar rechtskonform zu beherrschen und zu steuern. Je stärker Kommunen mit ihren Aktivitäten Personen fremdbestimmen, desto zugriffsfester, aktueller, hochauflösender, fälschungssicherer und revisionsfester muss die Prüfbarkeit der Organisationstätigkeiten sein.
Verschiedene Stufen
Um das Gewährleistungsziel Intervenierbarkeit zu erfüllen, müssen Kommunen ihre Datenverarbeitung so einrichten, dass sie jederzeit die Rechte der Bürger an ihren Daten – wie Beauskunftung, Korrektur, Löschung nachweisbar umsetzen. Des Weiteren sind Prozesse notwendig, mit denen die Datenverarbeitung jederzeit geändert und an neue Verhältnisse angepasst werden kann. In Analogie zum IT-Grundschutz unterscheidet das SDM drei Stufen an Schutzbedarfen: Bei einem normalen Schutzbedarf kann die Schutzmaßnahme Löschen etwa so umgesetzt werden, dass ein Datum mit großem technischen Aufwand für eine gewisse Zeit noch rekonstruierbar bleibt. Für die gleiche Schutzmaßnahme Löschen muss bei hohem Schutzbedarf hingegen ein sehr viel höherer Aufwand an Know-how, Geld und Zeit in die Rekonstruktion investiert werden. Es gilt die Regel: Je höher der Schutzbedarf einer Person ist, desto wirkungsvoller müssen die Schutzmaßnahmen zugunsten der Personen ausgebildet sein. Das Schutzziel Nichtverkettbarkeit besagt, dass Kommunen ihre personenbezogene Datenverarbeitung sehr eng am Zweck des Verfahrens ausrichten müssen. Umgesetzt wird dieses Schutzziel durch ein Rollen- und Rechtekonzept, durch die Trennung von Datenbeständen, IT-Systemen und Prozessen sowie durch Pseudonymisierung und Anonymisierung von Daten und Kommunikationsbeziehungen. Das Schutzziel soll etwa verhindern, dass bei der Nutzung von Landesrechenzentren oder von Clouds die Trennung der drei Gewalten operativ unterlaufen wird. Schließlich ist es die Gewaltentrennung, die den Bürgern den strukturellen Schutz vor staatlicher Willkür bietet. Derzeit arbeiten die Datenschutzbehörden an einem deutschlandweit abgestimmten Katalog mit Details zu Referenzschutzmaßnahmen. Ein solcher könnte dann analog zum Maßnahmenkatalog des IT-Grundschutzes von den verantwortlichen Stellen einfach abgearbeitet werden.
Dieser Beitrag ist in der Februar-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
LivEye: Sicherheitsüberwachung auf Weihnachtsmärkten
[08.11.2024] Für die Sicherheitsüberwachung auf Weihnachtsmärkten hat das Unternehmen LivEye ein neues Konzept entwickelt, das Datenschutz und effektive Gefahrenabwehr kombiniert. mehr...
Hessen: Höhere Cybersicherheit
[05.11.2024] Mit dem Aktionsprogramm Kommunale Cybersicherheit sollen hessische Kommunen umfassender in der IT-Sicherheit unterstützt und auf künftige Cyberangriffe vorbereitet werden. mehr...
SIT: Ein Jahr nach dem Ransomware-Angriff
[04.11.2024] Ein Jahr nach der Cyberattacke auf die Südwestfalen-IT haben die Mitarbeitenden gemeinsam mit den IT-Teams betroffener Kommunen die Systeme wiederhergestellt. Um künftig besser gegen Cyberbedrohungen geschützt zu sein, fordert Geschäftsführer Mirco Pinske klarere gesetzliche Regelungen – etwa die Berücksichtigung kommunaler IT-Dienstleister in der NIS2-Richtlinie. mehr...
Sachsen-Anhalt: Mehr IT-Sicherheit für Kommunen
[04.11.2024] Um die Cybersicherheit in Sachsen-Anhalts Kommunen zu stärken, startete das Land gemeinsam mit dem BSI das Pilotprojekt SicherKommunal. Durch das Projekt sollen Städte, Landkreise und Gemeinden gezielt bei der Verbesserung ihrer IT- und Informationssicherheit unterstützt werden. mehr...
Lösungen: Cybersicherheit stärken
[13.09.2024] Die NIS2-Richtlinie bietet die Chance, die IT-Sicherheit auf ein deutlich höheres Level zu heben, ist aber auch mit Herausforderungen verbunden. Kommunen benötigen zudem Lösungen, die speziellen IT-Sicherheitsanforderungen genügen. mehr...
BSI: IT-Sicherheitskennzeichen für Zoom
[11.09.2024] Für zwei seiner Produkte hat der vielfach genutzte Videokonferenzdienst Zoom das IT-Sicherheitskennzeichen vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erhalten. Geprüft wurden unter anderem der Accountschutz, Rechenzentrumsbetrieb und das Update- und Schwachstellenmanagement. mehr...
IT-Sicherheit: Feuerwehr und Firewall
[02.09.2024] Cyberattacken treffen immer öfter auch Verwaltungen. Um kommunale IT besser abzusichern, fordert Vitako eine Reihe von Maßnahmen: eine stärkere Vernetzung, mehr Mittel, den Ausbau des BSI zur Zentralstelle und die Schaffung eines regulativen Rahmens. mehr...
Schwandorf: Siegel für IT-Sicherheit
[29.08.2024] Die Stadt Schwandorf hat vom bayerischen Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) jetzt das Siegel „Kommunale IT-Sicherheit“ erhalten. mehr...
Interview: Wertvolle Lehren gezogen
[14.08.2024] Nach dem umfassenden Cyberangriff arbeitet der IT-Dienstleister Südwestfalen-IT an einer strategischen Neuausrichtung. Im Kommune21-Interview berichtet Geschäftsführer Mirco Pinske, wie die Aufarbeitung vorangeht und welche Konsequenzen bereits gezogen wurden mehr...
München: Hauptabteilung für IT-Sicherheit
[02.08.2024] Die bayerische Landeshauptstadt München misst der IT-Sicherheit einen hohen Stellenwert bei. Um dies zu verdeutlichen, wurde im IT-Referat jetzt eine neue Hauptabteilung für Cybersecurity gegründet. Geleitet wird sie von Chief Information Security Officer Thomas Reeg. mehr...
ITEBO: OpenR@thaus-Vorfall aufgearbeitet
[23.07.2024] Mit seinem Verwaltungsportal OpenR@thaus liefert ITEBO zahlreichen Kommunen eine Basisinfrastruktur, um Leistungen, wie vom OZG vorgesehen, digital anbieten zu können. Im Juni war die Lösung aus Sicherheitsgründen offline gestellt worden. Nun berichtet ITEBO im Detail über den Vorfall und dessen Aufarbeitung. mehr...
Crowdstrike-Panne: Geringe Störungen bei Kommunalverwaltungen
[22.07.2024] Das Update des Sicherheitsdienstleisters Crowdstrike, das am Freitag globale IT-Ausfälle auslöste, hat auch dazu geführt, dass der kommunale IT-Dienstleister SIT seine Systeme sicherheitshalber abgeschaltet hat. Die Auswirkungen auf Kommunen waren aber lediglich geringfügig. mehr...
Interview: Angriffe wird es immer geben
[10.07.2024] Öffentliche Einrichtungen rücken zunehmend in den Fokus von Cyber-Kriminellen und staatlich gelenkten Hackern. Kommune21 sprach mit regio-iT-Geschäftsführer Stefan Wolf, wie Städte und Gemeinden den Gefahren begegnen können. mehr...
OpenR@thaus: Serviceportal nicht erreichbar
[02.07.2024] Wegen einer Sicherheitslücke wurde das Serviceportal OpenR@thaus zum zweiten Mal in kurzer Zeit vom Netz genommen. Davon betroffen sind rund 300 Kommunen. Die Wartungsarbeiten dauern derzeit an. Offenbar besteht ein Zusammenhang zu einer Schwachstelle der BundID, die es erlaubt, relativ einfach auf einer eigenen Website ein BundID-Log-in umzusetzen. mehr...
Märkischer Kreis: Bedrohungslagen nehmen zu
[27.05.2024] Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht, der Märkische Kreis geht jedoch viele richtige Wege, um einem Hacker-Angriff vorzubeugen. Das zeigt ein Bericht, den der IT-Sicherheitsbeauftragte des Märkischen Kreises jetzt im Digitalausschuss im Kreishaus Lüdenscheid vorgestellt hat. mehr...