BerlinHebel bewegt
Frau Smentek, bei der Veröffentlichung von Verwaltungsdaten werden die Behördenmitarbeiter jetzt von der Technologiestiftung Berlin unterstützt. Wie wird die Open Data Informationsstelle (ODIS) angenommen und welche Bedeutung hat Open Data für die Verwaltung?
Die ODIS hat im Mai 2018 den Betrieb aufgenommen und wird bereits in verschiedenen Projekten verwendet. Zu erreichen ist sie unter daten.berlin.de. Dabei liegt die Bedeutung von Open Data auf der Hand – es geht um Transparenz. Das fängt bei der Kita-Suche an und reicht bis zu tagesaktuellen Informationen zu Berliner Badestellen und Wasserqualität.
Mitte Juni dieses Jahres hat die Steuerungsgruppe zur Verbesserung der gesamtstädtischen Verwaltungssteuerung dem Senat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Was sind demnach die wichtigsten Handlungsfelder, um die Verwaltung fit für die Zukunft zu machen?
Der Senat hat sich auf Schwerpunkte für die anstehenden politischen Abstimmungen geeinigt: die Personalgewinnung und -entwicklung zu modernisieren, ein gesamtstädtisches System der Steuerung zu etablieren, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und Change-Management-Prozesse zu verstärken. Es geht um den Wandlungsprozess von analog zu digital, von Einzelinteressen orientiert zu gesamtstädtisch-gesteuert, von hierarchisch zu partizipativ. Ein spannender Prozess, den es von vielen Seiten gemeinsam anzugehen gilt.
Wie ist Berlin bei der Digitalisierung im Ländervergleich aufgestellt?
Das E-Government-Gesetz Berlin (EGovG Bln) vom Mai 2016 hat die Modernisierung und Digitalisierung der Berliner Verwaltung auf eine grundlegend neue rechtliche Basis gestellt. Wir haben in den vergangenen Monaten mit dem Aufbau einer eigenen Abteilung, der IKT-Steuerung, im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Inneres und Sport und mit der Etablierung einer zentralen Finanzierung der Basis-IKT (verfahrensunabhängige IKT) die notwendigen Pflöcke für eine erfolgreiche Digitalisierung der Berliner Verwaltung eingeschlagen und die Strukturen für die erfolgreiche digitale Transformation gelegt. Im Ergebnis ist die laufende Umsetzung des Gesetzes das komplexeste Digitalisierungsprogramm in der deutschen Verwaltung. Weder der Bund noch andere Länder oder Kommunen stehen vor der Herausforderung, über 80.000 IKT-Arbeitsplätze in mehr als 100 Dienststellen sowie mehrere hundert verschiedene IT-Fachverfahren gleichzeitig onlinefähig zu machen, zu modernisieren und den Betrieb zu vereinheitlichen. Wir haben diverse Hebel bewegt, viele Strukturen geschaffen und sind auf dem richtigen Weg.
Sie waren bei einer Unternehmensberatung für den Bereich öffentlicher Dienst zuständig und haben später als selbstständige Unternehmensberaterin Verwaltungen bei der Modernisierung begleitet. Welche Stolpersteine behindern Ihrer Erfahrung nach die Digitalisierung des Public Sector?
Die Vielfalt der Leistungen, Produkte, Prozesse und Verfahren ist in einer öffentlichen Verwaltungslandschaft wie dem Land Berlin ungleich größer und komplexer als zum Beispiel in einem privatwirtschaftlich organisierten Konzern mit vergleichbarem Personalkörper. Man kann das Land Berlin mit seiner Leistungsbreite auch als hochdiversifizierten Mischkonzern bezeichnen. Diese fachliche Vielfalt trifft dann auf enorm hohe Anforderungen bei den Digitalisierungsschlüsselthemen Standardisierung, Sicherheit und Datenschutz. Insgesamt ergeben sich daraus verwaltungsspezifische Herausforderungen, wenn es zum Beispiel um Serviceleistungen geht. Da gibt es viele Angebote, die so genannte Schriftformerfordernisse und Schutzbedarfe fordern. Stichworte sind hier die digitale Signatur und der elektronische Personalausweis.
„Die laufende Umsetzung des EGovG Bln ist das komplexeste Digitalisierungsprogramm in der deutschen Verwaltung.“
Wie kann E-Government gelingen?
Durch Umdenken und Transformation. Das bedeutet zum einen das konsequente Hinterfragen von Anforderungen, die oft aus der analogen Welt stammen. Zum anderen bedeutet es eben auch, Prozesse aus der Perspektive und unter Beteiligung der Nutzerinnen und Nutzer zu gestalten. Die zentralen Zugänge zu unseren Online-Angeboten mittels des Service-Portals, der Service-App, des Service-Kontos und des E-Payment entwickeln wir stetig weiter. Die Online-Terminvergabe machen wir zukünftig intelligenter und haben deshalb beispielsweise ein User Experience Lab veranstaltet und Bürger gefragt, wie für sie der perfekte Online-Termin funktioniert. Mit unserem aktuellen Projekt Digitaler Antrag werden wir Mitte nächsten Jahres eine Reihe von Antrags- und Genehmigungsprozessen online stellen; begleitet von einer Kampagne zur Verbreitung und Nutzung des elektronischen Personalausweises. E-Government ist insbesondere vor dem Hintergrund des bundeseinheitlich geregelten Onlinezugangsgesetzes eine nationale Aufgabe, die kooperativ von Bund, Ländern und Kommunen erfolgt und übergreifend koordiniert wird.
Wie hat sich Ihr Blick auf die öffentliche Verwaltung durch Ihre berufliche Laufbahn verändert?
Früher habe ich öffentliche Verwaltungen beraten und heute kann ich diese Erfahrungen in meine tägliche Arbeit einfließen lassen. Das ist ein Perspektivwechsel, der Spaß macht. Ich habe bei einigen meiner Beratungsprojekte darunter gelitten, dass meine Auftraggeber nicht immer den Mut fanden, auch unbequeme Entscheidungen zu fällen. Das versuche ich anders zu machen. Eines bleibt aber klar: In den Verwaltungen gibt es viele engagierte Beschäftigte, welche die Dinge voranbringen wollen. Gemeinsam mit ihnen arbeite ich an der zukunftsfähigen Verwaltung.
Unter den 16 Landes-CIOs gibt es zwei Frauen. Was sind Ihrer Meinung nach Gründe hierfür?
Wir sind jetzt drei: in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Und nicht unerwähnt sollte auch die Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt bleiben. Insgesamt ist die IT eher noch eine Männerdomäne und das setzt sich natürlich entsprechend in den Karrieren fort. Gerade die Rolle der CIOs ist aber von interdisziplinären Anforderungen geprägt: neben technischem Verständnis sind das Organisation, Kommunikation, Recht und Sozialwissenschaften. Daher bin ich davon überzeugt, dass sich hier in Zukunft ein Bild der Geschlechterausgewogenheit einstellt – im Übrigen hat auch unser zentraler IT-Dienstleister, das IT-Dienstleistungszentrum Berlin, eine
Und warum gibt es immer noch so wenige Frauen in Führungspositionen?
In Deutschland waren im vergangenen Jahr laut Destatis rund 29 Prozent der Führungspositionen von Frauen besetzt. Somit lag die Bundesrepublik im Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedstaaten nur im unteren Drittel. Auf politischer Ebene will der Senat die paritätische Beteiligung von Frauen an der politischen Willensbildung deshalb in Parlamenten, Ämtern und Gremien erhöhen. Ziel ist es, damit die Zahl der Frauen in Führungspositionen sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der Privatwirtschaft zu steigern. Ein Wandel ist in Berlin bei der Besetzung von Spitzenpositionen bereits erkennbar, beispielsweise bei der Polizei, den Verkehrsbetrieben und der Stadtreinigung.
Diese Beitrag ist in der Ausgabe November 2018 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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