Donnerstag, 10. Oktober 2024

InterviewHemmschuhe für die Digitalisierung

[30.08.2023] Zwischen Unternehmen und Behörden gibt es zum Teil große Unterschiede, wie schnell Digitalisierungsprojekte umgesetzt werden. Die Gründe erläutert Johannes Tacke, Vertriebsleiter des Chemnitzer Unternehmens KIX Service Software.
Johannes Tacke

Johannes Tacke

(Bildquelle: TEAM CODE ZERO)

Herr Tacke, laut dem aktuellen Digital Office Index des Branchenverbands Bitkom scheitern Digitalisierungsprojekte meist an zu hohen Kosten, zu wenig Zeit und zu wenig qualifiziertem Personal. Haben Sie diese Erfahrungen auch gemacht?

In der einen oder anderen Form ja. In den meisten Fällen liegt es jedoch daran, dass ein konkreter Fokus fehlt und die Anforderungen diffus sind. Es gibt dann ein – sagen wir mal – dynamisches Ziel, und wenn dieses nicht erreicht wird, wächst die Unzufriedenheit. Die Verantwortlichen sollten sich vorher also Zeit nehmen und festlegen: Was möchte ich mit meinem Digitalisierungsprojekt erreichen und bis wann? Dafür sind eine fachlich versierte Projektleitung und ein regelmäßiger Austausch aller Beteiligten unverzichtbar. Am Anfang eines jeden Projekts sollte eine Kosten-Nutzen-Rechnung stehen. Das würde auch dabei helfen, die Kosten realistisch zu kalkulieren, denn diese schätzen die Akteure häufig zu niedrig ein.

Laut Bitkom sind Unternehmen meist offener für Innovationen als öffentliche Verwaltungen, und die Digitalisierung geht bei ihnen schneller voran. Deckt sich das mit ihrer Einschätzung?

Ja, das kann ich so leider unterschreiben. In Unternehmen herrschen ganz andere Voraussetzungen. Sie arbeiten meist mit einem agilen Projekt-Management, und binden zielgerichtet verschiedene Abteilungen bei der Umsetzung ein. Allgemein müssen Unternehmen bei der Beschaffung ein höheres Tempo an den Tag legen, um nicht den Anschluss gegenüber der Konkurrenz zu verlieren. Hinzu kommt, dass Unternehmen in der Regel ein größeres Budget für die Digitalisierung zur Verfügung steht, als öffentlichen Einrichtungen.

Das Budget ist also das größte Problem der Behörden?

Diese Frage muss ich ganz klar bejahen. Aber es gibt auch andere Baustellen. In Behörden haben wir es häufig mit verschiedenen Akteuren zu tun, die eigene Vorstellungen haben. Hinzu kommt die Bürokratie. Eine Verschlankung wäre also sicherlich hilfreich. Zudem dauern Ausschreibungen oft viel zu lange. Wir haben es teilweise mit Wartezeiten von einem Jahr zu tun, so kann die Beschaffung einer IT-Lösung nicht mit deren rascher Weiterentwicklung mithalten. Es gibt aber auch Punkte, in denen sich das Tempo kaum erhöhen lässt. Das gilt vor allem für Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur mit ihren vielen sicherheitsrelevanten Aspekten.

„Kommunikation ist bei Digitalisierungsprojekten das Allerwichtigste.“
Könnte ein Generationenwechsel helfen?

Mit Sicherheit, das haben wir schon häufiger beobachtet. Ein Generationenwechsel führt immer auch zu einem Mentalitätswechsel. Jüngere Mitarbeiter sind neuen Technologien gegenüber offener und können die Vorteile besser einordnen. Bei älteren Kollegen stellt sich mitunter eine gewisse Abwehrhaltung ein. Bei der Generation, die in ihrem Arbeitsleben mit Karteikarten großgeworden ist, ist das sogar halbwegs verständlich. Es hat damals funktioniert und funktioniert auch heute noch irgendwie. Dass der traditionelle Weg nicht immer der optimale Weg ist, müssen wir den Leuten dann erst klarmachen.

Sind Sie schon auf Fälle von Scheindigitalisierung gestoßen?

Davon habe ich bisher nur in den Medien gelesen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass manchenorts die Digitalisierung lediglich nach außen hin umgesetzt, im Hinterzimmer aber weiter nach alten Mustern gearbeitet wird. In manchen Fällen bekommen die Mitarbeiter allerdings auch ein neues System aufgesetzt, ohne über dessen Möglichkeiten informiert zu sein. Bei unseren Projekten setzen wir daher auf die Einbeziehung und Motivation aller. Wir führen unsere IT-Service-Management-Software KIX nicht nur bei Unternehmen oder Behörden ein, sondern schulen die Mitarbeiter auch im Nachgang und unterstützen sie beim Fein-Tuning oder bei Problemen. So bleibt der Kontakt auch nach der eigentlichen Migration bestehen und wir wissen, dass Neuerungen auch wirklich umgesetzt werden.

Wie nehmen Sie ihren Kunden die Angst vor der Digitalisierung?

Meiner Erfahrung nach ist Kommunikation bei Digitalisierungsprojekten das Allerwichtigste, ob in Behörden oder bei Unternehmen. Oft müssen wir die Leute erst an die Hand nehmen und mit allen Beteiligten sämtliche Schritte durchgehen. Wir besprechen dann die Ziele, die Kosten, den Zeitplan, und auch mögliche Anpassungen auf dem Weg. Hier ist es hilfreich, dass wir mit unserem System auf Open-Source-Technologie setzen und individuelle Wünsche und Anforderungen so in kürzester Zeit umsetzen können. Mein Job ist es, die Menschen zu beraten und ihnen die Vorteile und Möglichkeiten der Digitalisierung zu zeigen. Der Wille zur Erneuerung muss aber letztlich von den Verantwortlichen kommen.


Interview: Bettina Weidemann




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