Sonntag, 6. Oktober 2024

Smart CityHerzstück digitaler Infrastruktur

[28.03.2019] Eine Plattform für Smart Cities haben SAP und Software AG gestartet. Welche Vorteile diese bietet und welche Faktoren auf dem Weg zur intelligenten Stadt zielführend sind, erläutern die Smart-City-Experten der beiden Software-Häuser gegenüber Kommune21.
Software AG und SAP realisieren Smart-City-Plattform.

Software AG und SAP realisieren Smart-City-Plattform.

Werner Rieche, Regional President DACH der Software AG, und Susanne Diehm, Leiterin Public & Healthcare sowie Mitglied der Geschäftsleitung von SAP Deutschland

(Bildquelle: SAP)

SAP und Software AG haben auf der Smart Country Convention (20. bis 22. November 2018, Berlin) ihre Kooperation für den Aufbau einer offenen Smart-City-Plattform bekanntgegeben (wir berichteten). Mit ihr sollen Städte, Gemeinden und Landkreise individuelle Smart-City- und Smart-Country-Vorhaben eigenverantwortlich umsetzen und den Bürgern neue intelligente Services anbieten können. Die Plattform kann modular erweitert werden, wenn projektbezogen neue Anforderungen hinzukommen.
Die beiden größten Software-Häuser Deutschlands haben die Lösung eigenen Angaben zufolge in Anlehnung an die Normierungsinitiative DIN SPEC Offene Urbane Plattform 91357 der EU erstellt. Sie umfasse ein abgestimmtes Zusammenspiel von Komponenten aus den Bereichen Internet der Dinge (Internet of Things, IoT), Big Data und künstliche Intelligenz sowie eine Entwicklungsplattform für smarte Apps. Dabei integriere sie bestehende Dateninseln und sei offen für andere Lösungsanbieter – vom kommunalen Betrieb über den IT-Dienstleister bis hin zum Start-up.

Datenkontrolle und Kosteneffizienz

„Zusammen mit SAP werden wir eine zukunftsweisende digitale Plattform für die Kommunen in Deutschland aufbauen“, sagt Werner Rieche, Regional President DACH der Software AG. „Damit können Städte, Gemeinden und kommunale Betriebe den Weg zur vernetzten Verwaltung und zu neuen intelligenten Services gemeinschaftlich und souverän gestalten.“ Susanne Diehm, Leiterin Public & Healthcare sowie Mitglied der Geschäftsleitung von SAP Deutschland, ergänzt: „Smarte Länder und Städte können nur mithilfe einer smarten und offenen Plattform realisiert werden. Die gemeinsame Nutzung unserer Plattform soll allen Mitgliedern der kommunalen Familie ein hohes Maß an Datenkontrolle und Kosteneffizienz garantieren.“

Smarter Winterdienst

Nach Aussage von Susanne Diehm ist die Smart-City-Plattform der richtige Weg für Kommunen, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Ein Beispiel dafür war als Showcase auf der Smart Country Convention zu sehen: der smarte Winterdienst. Dabei liefert ein Aufsatz für ein Fahrzeug im Winterdienst relevante Daten rund um den Streudienst über Sensoren in Echtzeit in die Cloud und stellt sie für eine weitere Verarbeitung auf der SAP-HANA-Plattform bereit. Dort werden sie analysiert und greifbar gemacht. So lassen sich die Route des Streufahrzeugs und die Streumengen optimieren. Die Software AG steuert hierfür verschiedene IoT-Services bei, etwa für das Geräte-Management, das Onboarding von Sensoren sowie die Datenübermittlung an die Plattform.

Ganz neue Anwendungsmöglichkeiten

Die Anwendungsmöglichkeiten der Smart-City-Plattform beschränken sich aber selbstverständlich nicht auf den Winterdienst. Wie die Smart-City-Experten Christopher Hönn (Software AG) und Bernd Simon (SAP) gegenüber Kommune21 erläutern, sind grundsätzlich alle Einsatzbereiche denkbar. Insbesondere unterstütze die Plattform die Integration und Auswertung der unterschiedlichsten Daten aus dem kommunalen Umfeld. Klassische Software-Anwendungen können das nach Angaben der Experten nicht leisten, da sie für ganz bestimmte Anwendungsfälle konzipiert sind, etwa die Ampelsteuerung im Stadtverkehr, und nur von bestimmten Organisationen, wie dem Verkehrsreferat, genutzt werden können. „Die Smart-City-Plattform vernetzt diese Einsatzbereiche und bietet somit ganz neue Anwendungsmöglichkeiten, wenn beispielsweise die Ampeln des Verkehrsreferats anhand der aktuellen Luftqualitätsdaten vom Umweltreferat gesteuert werden sollen.“ Da die Plattform offen und skalierbar sei, gebe es von technischer Seite keine Grenzen bei der Vernetzung der unterschiedlichsten kommunalen Daten und Anwendungen.

Neue Form der Kooperation

Im Kern sorgt die Smart City dafür, dass die verschiedenen Stake­holder besser miteinander arbeiten können, sind die Experten von SAP und Software AG überzeugt. Das gelte für Bürger und ortsansässige Unternehmen ebenso wie für die kommunale Verwaltung mit ihren Betrieben und Trägern. „Die digitale Plattform ist nicht der Zweck, aber sie fördert und fordert diese neue Form der Kooperation. So können neue Erkenntnisse in sehr viel kürzerer Zeit und besserer Qualität gewonnen werden.“ Wenn beispielsweise ein neues Konzept für den innerstädtischen Fahrradverkehr mit Radwegen, Verleihstationen, Entschärfung von Unfallschwerpunkten und tageszeit- sowie wetterbedingten Nutzungsschwankungen erarbeitet wird, dann sind daran mehrere Referate über viele Monate hinweg beteiligt. Mit einer Plattform hingegen lassen sich die unterschiedlichsten Datenquellen für komplexe Analysen und Planungsszenarien sofort nutzen, so die Experten.
„Zum anderen wird die Plattform Herzstück der zukünftigen kommunalen digitalen Infrastruktur, die – einmal implementiert – mit vergleichsweise geringen Kosten für neue Teilnehmer erweitert werden kann“, meinen Christopher Hönn und Bernd Simon. Je mehr der zahlreichen kommunalen Akteure die gemeinsame Plattform nutzen, desto effizienter und kostengünstiger werde sie. Das Internet of Things stecke noch in den Kinderschuhen. Immer mehr Sensoren und Aktoren werden in kommunale Fahrzeuge, Maschinen, Gebäude und Straßen eingebaut und erzeugen so eine neue digitale Infrastruktur. In diesem Zusammenhang sei es nach Angaben der Smart-City-Experten wünschenswert, die dafür notwendige IoT-Plattform nur einmal für alle Teilnehmer aufbauen zu müssen anstatt immer wieder neu für jeden einzelnen Teilnehmer.

Kultur des Ausprobierens

Als erfolgsentscheidend auf dem Weg zur Smart City bezeichnen Hönn und Simon klare Ziele, realistische Erwartungen aller Beteiligten und das Verständnis, dass es im Kern um die Menschen und eine sehr anspruchsvolle Organisationsveränderung geht und nicht um eine neue IT-Funktionalität. Die Kooperation zwischen den Kommunen, den Verwaltungsbereichen und den Betrieben müsse neu gestaltet werden. Das erfordere von der Verwaltung die Bereitschaft zur Veränderung sowie eine entsprechende finanzielle und personelle Ausstattung. Erfahrungsgemäß werde die Arbeit für die Beschäftigten nicht weniger. Sie verlagere sich auf neue Aufgabenbereiche. Der Wandel gelinge nur, wenn er von den Verantwortlichen hinreichend unterstützt und geführt wird. „Damit man nicht an diesem übergroßen Zielbild scheitert, braucht es eine Roadmap mit kleineren Schritten und konkreten Zwischenergebnissen, eine Kultur des Ausprobierens und des Lernens aus Fehlern – den eigenen ebenso wie denen von anderen –, Strategieanpassungen, wo notwendig, und einen langen Atem“, sind die Smart-City-Experten überzeugt.

Alexandra Braun


Stichwörter: Smart City,


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Smart City

Kiel: Smart City mit Breitband

[02.10.2024] Im Smart City Index des Bitkom hat sich Kiel um zehn Plätze auf Rang 21 verbessert. Gleichzeitig erreicht der Breitbandausbau in der Stadt eine entscheidende Phase: Bis zum Frühjahr 2025 sollen mehr als 85 Prozent aller Haushalte Zugang zu Internet über Glasfaser haben. mehr...

Ivan Aćimović
interview

Freiburg im Breisgau: Digitale Version der Stadt

[30.09.2024] Mithilfe der urbanen Datenplattform und Künstlicher Intelligenz arbeitet Freiburg im Breisgau daran, den Alltag in der Stadt deutlich zu verbessern. Kommune21 sprach mit Ivan Aćimović, Leiter des Modellprojekts Smart City, über das Projekt. mehr...

NRW: Digitaler Zwilling wehrt Gefahren ab

[26.09.2024] Ab sofort setzt die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr in Nordrhein-Westfalen auf den Digitalen Zwilling. Mithilfe dieser Software können Einsatzkräfte realitätsnahe Einschätzungen aus der Ferne vornehmen und so effizienter auf Krisen reagieren. mehr...

Zukunftsforum MYK: Digitalisierung und Klimaschutz im Fokus

[19.09.2024] Beim dritten Zukunftsforum MYK in Ochtendung stand die Verbindung von Digitalisierung und Klimaschutz im Fokus. Über 200 Teilnehmende diskutierten, wie innovative digitale Lösungen zur Bewältigung des Klimawandels und zur nachhaltigen Entwicklung im Landkreis Mayen-Koblenz beitragen können. mehr...

Pforzheim: Umweltsensoren für die Stadtentwicklung

[16.09.2024] Smarte Technologien sollen in Pforzheim dazu beitragen, den Folgen der Klimaveränderung – insbesondere Hitze, Trockenheit und Starkregen – zu begegnen. Dazu wird nun begonnen, erste Sensoren für ein LoRaWAN-basiertes Klimadaten-Messnetzwerk zu installieren. mehr...

München verteidigt seine Spitzenposition im Smart-City-Ranking.

Smart City Studie 2024: München durchbricht Schallmauer

[12.09.2024] In immer mehr deutschen Städten steht der Wandel hin zur Smart City im Fokus. Das zeigt die Smart City Studie 2024 des Beratungsunternehmens Haselhorst Associates. Spitzenreiter München durchbricht im diesjährigen Ranking gar die Schallmauer von 50 Prozent beim Smart-City-Entwicklungsgrad. mehr...

Homberg (Efze)

Region Digitaler Knüll: Vier Kommunen machen Lust auf Land

[06.09.2024] Vom intelligenten Einsatz von Sensoren über Terminals für die selbstständige Beantragung von Ausweisen bis hin zu Abholstationen für Ausweisdokumente oder Coworking Hubs reichen die Projekte, welche die Region Digitaler Knüll ausmachen werden. Es handelt sich um das gemeinsame Projekt von vier ländlichen Kommunen. mehr...

Stadt Bonn erprobt den Einsatz von Feuchtesensoren für eine intelligente Baumbewässerung.

Bonn: Bäume intelligent bewässern

[03.09.2024] 
Wasser ist eine wertvolle Ressource, die es mit Bedacht einzusetzen gilt. Gleichzeitig brauchen Bäume in der Stadt ausreichend davon, um vital zu bleiben. Die Stadt Bonn erprobt daher nun im Sinne einer intelligenten Bewässerungstechnik den Einsatz von Feuchtesensoren.
 mehr...

Aachen: Forschungsprojekt zu KI

[02.09.2024] Im Rahmen des Projekts P2Broker erforscht ein Konsortium aus der RWTH Aachen, der Stadt Aachen, der Universität zu Köln und der Hochschule Trier den Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung. Gefördert wird das Vorhaben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. mehr...

Die Stadt Ulm hält an Ihrem Chatbot "Ulmer Spatz" fest.

Ulm: Spatz darf weiter helfen

[29.08.2024] Die Stadt Ulm hat einem Gemeinderatsantrag, in welchem die Abschaltung des städtischen Chatbots „Ulmer Spatz“ gefordert wurde, eine Absage erteilt. Der Chatbot sei zwar noch nicht perfekt, werde aber jeden Tag besser. mehr...

Cottbus erprobt die digitale Stadtentwicklung.

Cottbus: Datendrehscheibe der Stadt

[28.08.2024] Im Rahmen der Modellprojekte Smart Cities zeigt die Stadt Cottbus, wie digitale Technologie dazu genutzt werden kann, den Weg zur vernetzten Stadt zu ebnen. Das Vorhaben setzt sich aus insgesamt vier Teilprojekten zusammen. mehr...

Mönchengladbach: Input für die Stadt-App

[23.08.2024] Die Stadt Mönchengladbach entwickelt in Zusammenarbeit mit anderen Städten eine Smart-City-App nach dem Open-Source-Prinzip. Die App soll Informationen zum aktuellen Stadtgeschehen und zu zahlreichen Themen liefern. Im Rahmen einer Veranstaltung wurde nun auch die Öffentlichkeit an der Entwicklung beteiligt. mehr...

Datensätze der Smart City Bamberg stehen jetzt als Open Data zur Verfügung.

Open Data: Von Bamberg für Bamberg

[21.08.2024] Eine Vielzahl an Daten laufen auf der Plattform der Smart City Bamberg zusammen. Geeignete Datensätze stellt die Stadt nun sukzessive auf einem Open Data Portal zur Verfügung. mehr...

Digitalministerin Professorin Kristina Sinemus überreicht im Werra-Meißner-Kreis einen Förderbescheid in Höhe von 1.030.005 Euro an Landrätin Nicole Rathgeber.

Werra-Meißner-Kreis: Transformation zur digitalen Landregion

[20.08.2024] Der Werra-Meißner-Kreis strebt mit verschiedenen Initiativen und Projekten die Transformation zu einer digitalen Landregion an. Ein zentrales Projekt ist dabei das Werra-Meißner-Lab, das als Anlaufstelle und Impulsgeber für die digitale Entwicklung in der Region dient. mehr...

Die Stadt Krefeld verfügt jetzt über einen 3D-Laserscanner.

Krefeld: 3D-Laserscanner angeschafft

[19.08.2024] Die Stadt Krefeld hat mithilfe von Smart-City-Geldern einen 3D-Laserscanner angeschafft. Diese Investition soll die Verwaltung von städtischen Gebäuden effizienter gestalten und neue digitale Möglichkeiten eröffnen. mehr...