BonnHoheitswissen war einmal

Die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn hat Leitlinien zu Open Government Data verabschiedet.
(Bildquelle: Tanja Ritter/pixelio.de)
Es war ein besonderer Moment, als der Bonner Stadtrat am 30. Januar 2014 den Tagesordnungspunkt „Leitlinien Open Government Data“ einstimmig beschloss und ein bemerkenswertes politisches Zeichen setzte (wir berichteten). Der Einstieg zur Öffnung von Verwaltungsdaten ist keine projektbezogene Einzelmaßnahme, sondern wird sich in den kommenden Jahren organisatorisch, technisch und personell auf das laufende Geschäft in allen Verwaltungsbereichen auswirken. Unmittelbar betroffen ist auch die Politik. Sie kann einerseits auf Informationsbestände zugreifen, andererseits wird sie mit der Ratsdokumentation selbst Bestandteil von Open Government Data (OGD) sein. Der gesellschaftliche Kulturwandel ist nicht zu übersehen. Erwartet wird, wenn auch in regional unterschiedlicher Ausprägung, eine der Gesellschaft dienende und zugleich rechenschaftspflichtige Verwaltung. Vom Monitoring von Einzelmaßnahmen über Geschäfts- und Tätigkeitsberichte bis hin zu informellen Bürgerbeteiligungsverfahren stehen die Verwaltungsleistungen immer detaillierter im Fokus politischer Anträge und stadtgesellschaftlicher Anfragen. Aufgrund der angespannten Haushaltslage der Kommunen wächst der Informationsbedarf, um Zukunftsstrategien entwickeln, diskutieren und entscheiden zu können. Auf Dauer ist es nicht ausreichend, Informationen nach überholten Denkmustern eines Hoheitswissens zu veröffentlichen. Informationen proaktiv im Sinne von Open Government Data zugänglich zu machen, ist ein zentraler Innovationsfaktor, der dazu beiträgt, dass ein gemeinsames Verständnis bei notwendigen stadtgesellschaftlichen Entscheidungsprozessen erreicht wird.
Vorreiter Bonn
Der Schritt hin zu mehr Demokratie wird organisatorisch und finanziell spürbar sein, da langwierige Verfahren verkürzt und Fehlentwicklungen auf Basis falscher oder unzureichender Informationen vermieden werden können. OGD kann dabei als Werkzeug für Institutionen und Entscheider dienen und internen Nutzen für die Verwaltung generieren. In Bonn wurde bundesweit zum ersten Mal auf kommunaler Ebene eine Arbeitsgruppe mit Akteuren aller Stadtratsfraktionen, der Verwaltung und der Bürger gebildet, die Leitlinien für die Umsetzung von Open Government Data entwickeln sollte. Der persönliche Informationsaustausch hat sich dabei als äußerst hilfreich herausgestellt. Frühzeitig war abzusehen, dass eine Roadmap hilft, Open Government Data in der Verwaltung intern strategisch abzustimmen und in den verschiedenen Gremien als digitale Agenda politisch zu beraten. In dem Entwicklungsprozess wurde offenkundig, dass die Arbeitsgruppenmitglieder überwiegend Einzelinteressen verfolgen. Was bei politischen Parteiprogrammen inhaltlich abgegrenzt werden kann, gilt weniger für die Gruppe der Zivilgesellschaft. Die Erwartungen sind vielfältig und skalieren sich vom privaten Hobby bis hin zum gewerblichen Interesse an bestimmten Datensätzen für einzelne Projekte. Mitunter gehen sie über die allgemein bekannte Definition von OGD zu grundsätzlichen staatsrechtlichen Themen hinaus.
Kompromissebenen unter der Lupe
Die Verwaltung befand sich innerhalb dieses Prozesses in einer Orientierungsphase. Es galt, abzuwägen, was mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen geleistet werden kann. Es ist deshalb sinnvoll, bei solchen Vorhaben frühzeitig abzugleichen, ob Kompromissebenen vereinbar sind oder durch im Diskurs steigende Anforderungen zu einer Alles-oder-Nichts-Entscheidung führen. Diese Gefahr besteht, da Anforderungen mit Erwartungshaltungen einhergehen, die nicht immer zeitlich direkt machbar sind. Als Sollbruchstelle spielt die rechtliche Dimension von Open Government Data in einer öffentlich-rechtlichen Betriebsform eine zentrale Rolle. Bislang fehlen belastbare juristische Abhandlungen zu Einzelfragen, was für eine auf Rechtssicherheit konditionierte Verwaltung schwer zu handhaben ist. Von Lizenz- bis zu Haftungsthemen ist Pionierarbeit gefragt. Sie dürfte Ursache dafür sein, dass bei Umsetzungsvorhaben in Deutschland zwar erste Anzeichen, aber noch keine spürbaren Fortschritte zu verzeichnen sind. Auch die erhofften Leuchtturmeffekte des Bundes und der Länder zur Klärung von Basisfragen sind bislang ausgeblieben und intendieren derzeit keine wesentlichen Vorteile für lokale Vorhaben. Soweit gesetzliche Verpflichtungen fehlen, bietet das statuierte Recht der kommunalen Selbstverwaltung aber auch die Chance, IT-Innovationen und Verwaltungsmodernisierung umzusetzen. Das ist keine neue Erfahrung, sondern zeigt frappierende Parallelen zu den Entwicklungsphasen der ersten behördlichen Internet-Angebote. Denn neben einem Informationszugriff für externe Dritte ist auch die verwaltungsinterne Nutzung ein Gradmesser für eine moderne Verwaltung. Diese stößt allerdings bis heute aufgrund proprietärer technischer Schnittstellen (API) an die Grenzen.
Mehr als eine abstrakte Vision
OGD bietet technologisch die Chance, mit neuen API-Lösungen, wie zum Beispiel durch die Initiative OParl oder Open311, Anwendungen im E- beziehungsweise M-Government-Segment kostengünstig für die interne und externe Nutzung zu realisieren. Die Leitlinienentwicklung hat in diesem Kontext hohe Potenziale aufgezeigt. Das fließt in ein aktuelles Mobile-Government-Vorhaben bei der Stadt Bonn ein. Das mit den Leitlinien beschlossene mehrstufige Bonner Open-Government-Vorgehensmodell befindet sich nun in der technischen Umsetzung und wird bereits von kommerziellen Datennutzern angefragt. Es zeigt sich: Open Government Data ist keine abstrakte Zukunftsvision und nicht solitär zu betrachten, sondern findet schon heute Eingang in die kommunale IT und das behördliche Informationsangebot.
Dieser Beitrag ist in der Mai-Ausgabe von Kommune21 im Spezial Open Data erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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