VerwaltungsdigitalisierungHürden abbauen
Die Corona-Pandemie hat nicht nur den Kommunen gezeigt, wie essenziell es ist, die Verwaltungen zu modernisieren und alle Prozesse auf den Prüfstand zu stellen. Dabei geht es nicht allein um die technische Digitalisierung, angesagt ist vielmehr ein Umdenken innerhalb der Strukturen vieler Behörden.
Die Corona-Pandemie werden wir kurz- oder langfristig überwinden – und zwar dank der mutigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Visionäre, die von Anfang an den Kampf gegen das Virus aufgenommen und die ersten Impfstoffe entwickelt haben. Zu unserem Glück als Bürgerinnen und Bürger lag dieser Auftrag nicht in der Hand einer öffentlichen Verwaltung, sonst wären wir wohl bis heute mit bürokratischen Hürden und Zuständigkeitsprüfungen beschäftigt, würden auf Verordnungen und Weiteres warten.
Gewachsene Bürokratien werden verteidigt
In den vergangenen zwei bis drei Jahren wurden innerhalb der Verwaltungen zahlreiche neue Ämter geschaffen, die mit der Digitalisierung beauftragt sind und hier federführend sein sollen. Als Qualifikationsmerkmal für die mit den Digitalisierungsprojekten betrauten Mitarbeitenden gilt in zahlreichen Verwaltungen jedoch immer noch, dass diese den Verwaltungsspezifischen Lehrgang AL II absolviert haben. Der Kampf zwischen den zuständigkeitsgeübten Verwaltungsangestellten und den Visionären aus dem IT-Bereich hat verhehrende Folgen für den Fortschritt bei der Digitalisierung.
Einen weiteren Stolperstein stellen interne Grabenkämpfe zwischen den verschiedenen Ämtern dar, wenn jedes die Digitalisierung für sich alleine und nach seiner Vorstellung vorantreiben will. Keine Rolle spielt es dabei leider oft, wie sinnvoll und wirkungsvoll der eingeschlagene Weg in die Digitalisierung für die Verwaltung selbst, für die Unternehmen sowie die Bürgerinnen und Bürger ist. Vielmehr geht es allzu häufig darum, die Bürokratien und die Macht hinter den Bürotüren auf den einzelnen Etagen zu verteidigen. Somit wird die Digitalisierung in vielen Kommunen nicht als Chance gesehen, sondern es herrscht die Furcht, dass sich seit Jahrzehnten geltende Verwaltungsstrukturen als Hindernis und das ein oder andere Amt als überflüssig herausstellen könnten.
Über den Tellerrand blicken
Digitalisierung ist kein Verwaltungsakt, daher lässt sich die Frage, ob eine verwaltungskonforme Digitalisierung möglich ist, getrost mit Nein beantworten. Die Digitalisierung einer Verwaltung ist eine dauerhafte Aufgabe und muss amtsübergreifend bewältigt werden. Ein Querschnittsamt ist nur ein Teil der Lösung der vielen Probleme, die mit der Digitalisierung einhergehen, es muss jedoch auch Fachkräfte beherbergen und nicht nur zuständigkeitsgeübte Verwaltungsangestellte.
Ein Blick über den Tellerrand würde vielen Kommune auf ihrem Weg zur Digitalisierung helfen. Viel wichtiger ist es aber, dass die Führungsebene und die Personalämter, welche mit der Suche nach geeignetem Personal beauftragt sind, die Kompetenzen einer Fachkraft erkennen, auch wenn diese nicht über eine Verwaltungsausbildung verfügt. Damit steht dann aber schon die nächste Herausforderung für viele Bürokraten in der Verwaltung im Raum: Diesen Fachkräften und IT-Experten den benötigten Spielraum zu gewähren, vor allem aber, ihnen Vertrauen und Respekt entgegenzubringen.
Denn diese sind meist top ausgebildet und blicken auf jahrelange Erfahrung zurück. Sie können technische Zusammenhänge schnell und unbürokratisch erkennen und entsprechend handeln – denn für sie steht der Grundsatz einer Verwaltungsausbildung „Zuständigkeitsprüfung“ nicht im Vordergrund, sondern der jeweilige Vorteil und der daraus entstehende Nutzen durch die Digitalisierung.
Offen sein für Visionäre
Es mangelt bei der Verwaltungsdigitalisierung weder an den finanziellen Mitteln noch an Software-Lösungen – im Gegenteil. Passende Software und Budget alleine reichen jedoch nicht aus, um die Digitalisierung voranzutreiben. Es bedarf vielmehr eines grundlegenden Umdenkens der Führungsebenen innerhalb der Verwaltung.
Viele Verwaltungen sind dazu aufgerufen, ihre internen Strukturen kritisch und sehr schnell auf den Prüfstand zu stellen. Es muss sich die Erkenntnis durchsetzen, dass es im Jahr 2022 und nach einer Krise wie der Corona-Pandemie nicht mehr darum gehen kann, dass sich die Verwaltung selbst verwaltet, sondern vielmehr darum, sich nach außen zu öffnen und zugänglich zu machen – und zwar nicht nur in Form von Türen, sondern besonders für die vielen Visionäre und Macher, die Deutschland aufzuweisen hat.
Für viele Fachkräfte sind die Stellenausschreibungen des öffentlichen Diensts nicht mehr attraktiv genug. Die Vergütung mag dafür ein wichtiger Grund sein, eine entscheidende Rolle spielt jedoch auch der mangelnde Spielraum, welchen die Verwaltung den Fachkräften bietet, um ihre Ideen zu verwirklichen. Ihnen bleibt daher nur der Weg in die private Wirtschaft, wo man sich schon vor Jahren auf ein unbürokratisches Miteinander vorbereitet und die Voraussetzungen hierfür geschaffen hat. Ideenbringer sind in der privaten Wirtschaft willkommen und müssen im Gegensatz zur öffentlichen Verwaltung nicht bei jeder Stellenbewertung den Nachweis erbringen, ob sie einen Verwaltungslehrgang absolviert haben oder nicht. Entscheidend ist hier alleine die erbrachte Leistung.
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