Prozess-ManagementIn Kooperation zum Ziel
Prozess-Management ist in Kommunalverwaltungen längst kein Fremdwort mehr. Es unterstützt bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) oder bei der Bewältigung der Auswirkungen des demografischen Wandels. Auch beim Thema Risiko-Management wird Prozess-Management gerne mit dem Aufbau eines internen Kontrollsystems verknüpft.
Obwohl das Thema also mitnichten einen geringen Stellenwert in der kommunalen Landschaft einnimmt, ist es doch erstaunlich, wie wenig (Personal-)Ressourcen dafür bereitgestellt werden. Oft wird es von „Einzelkämpfenden“ nach vorne getrieben, die neben dem Prozess-Management häufig auch Themen wie die Umsetzung des OZG, die Einführung der E-Akte und weitere Digitalisierungsprojekte in der Stellenbeschreibung stehen haben. Prekäre Haushaltslagen tragen ihr Übriges dazu bei, die Digitalisierungsbestrebungen zu hemmen.
Da kommen doch einige Fragen auf: Wie können wir die an uns gestellten Anforderungen mit dem vorhandenen Personal umsetzen? Warum arbeitet jede Kommune separat am Aufbau eines Prozess-Management, obwohl das Thema eigentlich alle interessiert? Wieso bündeln wir nicht unsere (Personal-)Ressourcen, um möglichst effizient ans Ziel zu kommen? Damit haben sich auch einige Kommunen am Niederrhein beschäftigt. Dort schloss man sich zum Kooperationsprojekt „Prozessmanagement@Niederrhein“ zusammen, um die aktuellen Herausforderungen mit einem interkommunalen Prozess-Management zu lösen. Das Team besteht aus 13 Verwaltungen sowie der Picture GmbH. Das Unternehmen mit dem Fokus auf Organisationsgestaltung und Prozess-Management im öffentlichen Sektor initiierte das Projekt gemeinsam mit den Verwaltungen der Stadt Willich und dem Kreis Wesel.
Vorteile für die beteiligten Kommunen
Um ein einheitliches Prozess-Management aufzubauen und die Nachnutzung der modellierten Prozesse zu gewährleisten, wurde die PICTURE Prozessplattform als zentrales Werkzeug bei allen Verwaltungen eingeführt. Die beteiligten Verwaltungen haben diverse Möglichkeiten, um Prozesse untereinander auszutauschen. Darüber hinaus hat jede Verwaltung die Möglichkeit, ein individuelles, hausinternes Prozessregister aufzubauen und eigene Vorhaben voranzutreiben.
Doch welche konkreten Vorteile erhoffen sich die teilnehmenden Kommunen von dem Projekt? Zunächst konnte zeitnah nach dem Kick-off-Termin im März 2021 die Prozessidentifikation, die einen essenziellen Bestandteil eines Prozess-Management darstellt, durch den interkommunalen Zusammenschluss schneller abgeschlossen und angestoßen werden. Um auf bereits erfolgten Vorarbeiten einzelner Verwaltungen aufzubauen, wurden so genannte Blaupausen für kreis- oder stadtspezifische Prozessregister zusammengestellt. Anhand dieser Vorlagen konnten die Verwaltungen ihr eigenes individuelles Prozessregister aufbauen. Nicht anfallende Prozesse wurden gestrichen und neue hinzugefügt. Weitere kommunenspezifische Attribute rundeten die eigene Prozesslandschaft ab.
Insbesondere aufgrund der stetig steigenden Haushalts- und Personalsorgen soll auch der finanzielle Vorteil der interkommunalen Kooperation nicht unerwähnt bleiben. Durch die arbeitsteilige Erstellung von Prozessmodellen kann jede Verwaltung bis zu 1.000 Arbeitsstunden pro Jahr einsparen und erhält dennoch die gleiche Anzahl an Modellen. Durch gemeinsame Konventionen und Prozessstandards sind die Abläufe auch für andere Verwaltungen immer nachvollziehbar, entsprechen einer vorgegebenen Qualität und können ohne größeren Aufwand in die eigene Prozessplattform übernommen werden.
Projektteilnahme in eigenem Tempo
Wichtigster Punkt für die Beteiligten ist jedoch der neue Blick, den sie auf bereits bestehende Prozesse erhalten. In so genannten Prozesswerkstätten, die viermal im Jahr stattfinden, tauschen sich die teilnehmenden Kommunen und hier insbesondere die Fachexperten über die prozessualen Abläufe aus. Welche Prozesse für die Werkstatt modelliert werden, wird gemeinsam entschieden. Einzelne Verwaltungen melden sich je nach Kapazität, um die ausgewählten Prozesse mit ihren Fachämtern zu visualisieren. So wird keine Verwaltung über ihr zumutbares Maß hinaus belastet und kann im eigenen Tempo am Projekt teilnehmen. Es gibt zwar Mindestanforderungen, auf die man sich einstimmig verständigt hat, aber jede Verwaltung kann entscheiden, in welcher Geschwindigkeit sie ihr eigenes Prozessregister aufbaut.
In der zweitägigen digitalen Prozesswerkstatt wird gemeinsam diskutiert, wo eventuelle Schwachstellen im Prozessablauf stecken könnten und welche Abschnitte im Ablauf auch für die eigene Verwaltung interessant sind. Für die Prozess-Manager ist die Teilnahme der Fachexperten dabei essenziell, um gemeinsam Optimierungspotenziale herauszuarbeiten. Das führt nicht selten dazu, dass innerhalb der Prozesswerkstatt SOLL-Modelle live und gemeinsam erarbeitet werden. Dadurch wird nicht nur der Gedanke des Prozess-Management auf einer interkommunalen Ebene transportiert, sondern in den Verwaltungen selbst das Verständnis hierfür gestärkt. Alle in der Prozesswerkstatt besprochenen Prozesse werden in der gemeinsamen Prozessbibliothek zum Download bereitgestellt. Ein Import in die eigene Prozessplattform ist dadurch jederzeit bequem möglich.
Den Stein gemeinsam ins Rollen bringen
Zusätzlich werden auch andere Ideen verfolgt. So werden beispielsweise Themen wie die Erstellung von Prozess-Management-Lernvideos für Mitarbeitende, die Stärkung der Akzeptanz des Themas Prozess-Management in der Mitarbeiterschaft oder die Erstellung gemeinsamer Leistungskataloge für die OZG-Leistungen realisiert. Seit März 2021 arbeitet das interkommunale Projekt gemeinsam an großen Meilensteinen der kommunalen Verwaltung. Diese Steine bekommen einzelne Verwaltungen nicht allein umgestoßen. Durch das Kooperationsprojekt müssen sie vor dieser Aufgabe trotzdem nicht kapitulieren, sondern können die Steine gemeinsam nacheinander ins Rollen bringen.
https://www.picture-gmbh.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe September 2022 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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