UlmInnovationsmotor gestartet
Mit jungen, lokalen Start-ups Lösungen für kommunale Herausforderungen finden, umsetzen und langfristig in die Stadt integrieren: Das ist das Ziel des Ulmer Innovationsmotors Weinhof. Das Projekt gehört zu den vom Bund geförderten Modellvorhaben Smart Cities und zeigt mit seinem ersten Innovationswettbewerb, wie die digitale Zukunft gemeinsam mit allen wichtigen Akteuren einer Stadt gestaltet werden kann. Und so hat nicht nur der Gewinner des Wettbewerbs – ein KI-basierter digitaler Begleiter, der für mehr Sicherheit in Angsträumen sorgen soll – Vorbildcharakter, sondern vor allem der Innovationsmotor selbst. „Entscheidend für den Erfolg war die frühzeitige Zusammenarbeit tragender Gruppen aus der Stadtgesellschaft und der Start-up-Community sowie ihr Wille zur Umsetzung“, resümiert Damian Wagner-Herold, der als Berater und Experte für urbane Innovationen und Smart Cities den Innovationsmotor Weinhof aufgebaut und umgesetzt hat. „Mit einem co-kreativen Beteiligungs- und Erprobungsprozess sowie unserem Vergabeprozess haben wir dafür die Voraussetzung geschaffen.“ Allem voran wurde unter dem Dach der Digitalen Agenda Ulm das gesamte Ökosystem der Stadt aktiviert. Dazu gehörten neben den relevanten städtischen Ämtern und kommunalen Unternehmen beispielsweise die IHK, die Universität und die Hochschulen Ulm und Neu-Ulm, aber auch Multiplikatoren wie das Verbundprojekt Startup Süd oder das Digitalisierungszentrum Ulm-Alb-Donau-Biberach. Lösung fürs Ulmer Lederhofareal Im Mittelpunkt des ersten Wettbewerbs stand das Ulmer Lederhofareal. Zwischen einem Großkino, dem Flüsschen Blau und einem Parkhaus gelegen, hat sich der eigentlich idyllische Ort in den vergangenen Jahren zu einem typischen von Drogenkriminalität dominierten Angstraum entwickelt. Eine Herausforderung, die Kommunen gut kennen. „Um sicherzustellen, dass die Innovationen mit den Start-ups nicht nur erprobt, sondern auch bedarfsgerecht umgesetzt und in die Stadt integriert werden können, sind wir bereits bei der Vergabe neue Wege gegangen“, beschreibt Sabine Meigel, Leiterin der Digitalen Agenda Ulm, das Vorgehen. In einem zweistufigen Verfahren wurden im Rahmen eines Events zunächst alle Ideen der am Wettbewerb teilnehmenden Unternehmen vorgestellt und anschließend von einer Jury bewertet. Die drei vielversprechendsten Ideen wurden mit einem Budget von jeweils 20.000 Euro ausgestattet, um sie direkt vor Ort im Lederhof auf ihre Umsetzbarkeit prüfen zu können. Dazu gehörten neben dem Digitalen Begleiter der lokalen Projektpartner citysens und beebucket auch eine intelligente, responsive Lichtsteuerung gepaart mit digitaler Kunst der Gruppe IlULMination sowie multifunktionale Stadtmöbel von greenovacity. „Besonders wichtig war die begleitende und erklärende Kommunikation“, sagt Damian Wagner-Herold. „Dazu gehörte neben dem Branding auch eine Landingpage auf den Seiten der Stadt Ulm. Über Social-Media-Kanäle haben wir außerdem regelmäßig Informationen zu den Erprobungen gepostet und die unterschiedlichen Ansätze in Videos veranschaulicht. Auf diese Weise konnten wir Vorbehalte, etwa gegen den Einsatz von KI und Kameras, frühzeitig auffangen.“ Testphase war Geld wert Die Testphase erfolgte in regelmäßiger Abstimmung mit den Start-ups, für die die städtischen Abläufe und Zuständigkeiten in der Regel schwer zu durchschauen sind. Dieses Vorgehen war am Ende Geld wert, denn es wurde absehbar, dass eine der Lösungen den vorgegebenen Rahmen von 100.000 Euro sprengen würde. Eine reguläre Ausschreibung hätte diese Erkenntnis erst in der Umsetzungsphase verlustbringend zu Tage gefördert. Nach der Testphase stellten sich die beiden verbliebenen Teilnehmer dem Votum einer fünfköpfigen Jury, bestehend aus Vertretern der Stadtentwicklung, der Parkbetriebsgesellschaft, der Stadtwerke, der IHK und der Technischen Universität. „Während das Vergabeverfahren für die erste Phase niederschwellig wie bei Architektenwettbewerben zu handhaben war, haben wir uns bei der Endauswahl stark an das öffentliche Vergabeverfahren nach § 50 UVgO angelehnt“, erläutert Sabine Meigel das Vorgehen. „Mit unserer Vergabestelle haben wir einen Weg gefunden, die sehr unterschiedlichen Ansätze abzugleichen und eine möglichst objektive Entscheidung für die Vergabe und Umsetzung treffen zu können.“ Bewertet wurden die Projekte in sechs verschiedenen Kategorien. Von der Präsentation der Idee über den Angebotspreis bis hin zum vorgelegten Finanz- und Projektplan galt es, die Zielerreichung, den Mehrwert und die Umsetzbarkeit zu beurteilen. Wie die Lösung im laufenden Betrieb organisiert, finanziert und angepasst werden kann, floss ebenfalls in die Punktewertung ein. Darüber hinaus prüfte die Jury, wie digital und anschlussfähig die Lösung ist und ob es sich um eine öffentlich zugängliche Open Source Software handelt. Am Ende hatte der Digitale Begleiter die Nase vorn und wird in den kommenden Monaten vor Ort umgesetzt. KI als schützende Begleiterin Beim Digitalen Begleiter handelt es sich um eine kamerabasierte Lösung. Die Kameras erfassen eine bestimmte Person und lassen sie während ihres Aufenthalts im Lederhofareal nicht mehr aus dem Blick. Die künstliche Intelligenz nimmt die Person ausschließlich als nicht personalisiertes Objekt wahr, überprüft jedoch permanent die Umgebung. Bei Auffälligkeiten wie Übergriffen oder Stürzen löst das System sofort einen Alarm aus, der an eine Leitstelle oder einen Sicherheitsdienst weitergeleitet werden kann. Ebenso kann eine direkte Reaktion vor Ort ausgelöst werden. Denkbar sind hier akustische Signale, etwa die „Stimme aus dem Off“, oder das Einschalten der Beleuchtung. Initiiert wird dieser Prozess durch eine App, die der Besucher beim Betreten des Lederhofs über einen QR-Code auf seinem Handy installieren kann. Mit dieser App kann man sich nicht nur digital begleiten lassen, sondern auch manuell über einen SOS-Button in der App um Hilfe rufen. Die Sicherheit des digitalen Begleiters ist auch in Bezug auf persönliche Daten gewährleistet: Es werden keine Informationen gesammelt, die Rückschlüsse auf die Person zulassen. Die KI arbeitet in Echtzeit und es können nur statische Informationen wie die Anzahl der Begleitungen ausgewertet werden. Ein weiterer Vorteil: Der digitale Begleiter ist skalierbar und kann ohne großen Aufwand auf andere Bereiche angepasst werden. So könnte er, entsprechend trainiert, auch in Parkhäusern oder gegen Vandalismus und Sprayeraktivitäten im öffentlichen Raum und Nahverkehr eingesetzt werden. Nächster Wettbewerb steht an Der Innovationsmotor indes läuft weiter. Ende des Jahres startet der nächste Wettbewerb. Dann sollen neue Beteiligungsplattformen entwickelt werden. „Als eher kleine Stadt mit begrenzten Kapazitäten haben wir mit dem Innovationsmotor ein Modell und eine Architektur für andere Städte geschaffen, die von unserer Erfahrung profitieren können“, hebt Sabine Meigel hervor. Damian Wagner ergänzt: „Es muss klar sein, dass wir für die nachhaltige Verankerung und den Betrieb von Smart City-Maßnahmen und angesichts der komplexen Anforderungen an unsere Städte und Wirtschaftsstandorte nicht mehr umhin kommen, kommunale Innovations- und Kooperationsstrukturen aufzubauen und flexiblere, niedrigschwellige Vergabeverfahren anzubieten.“
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