Software-EntwicklungIT vom Reißbrett
Für Behörden, die täglich gewaltige Datenberge bezwingen, bietet die Digitalisierung ein riesiges Potenzial. Die Projekte im Regierungsprogramm „Digitale Verwaltung 2020“ sollen diese Möglichkeiten nutzbar machen. Ein Schwerpunkt dabei ist die Öffnung von Datenbeständen und Infrastrukturen, die einen einfacheren Kontakt der Verwaltung mit Bürgern und Unternehmen ermöglichen sollen. Selbstverständlich soll aber auch die digitale Zusammenarbeit der Behörden untereinander verbessert werden. Die Entwickler haben in der öffentlichen Verwaltung in den kommenden Jahren also alle Hände voll zu tun, um die Erwartungen behördenintern und -extern zu erfüllen. Da die Ressourcen aber kaum zunehmen werden, kommt es darauf an, Ansätze zu wählen, mit denen sich die Entwicklung neuer Anwendungen beschleunigen lässt.
Code-Schnipsel wiederverwenden
Low Code Development ist ein realistischer und erfolgversprechender Ansatz, dem etwa die Marktforscher von Forrester Research eine glänzende Zukunft prophezeien. Im Kern geht es bei Low Code Development darum, ein Projekt mit möglichst wenig neuem Programm-Code zu realisieren. Hierzu werden auf einer zentralen Entwicklungsplattform bestehende Code-Schnipsel oder -Bausteine in einem neutralen Format vorgehalten. Sie können dort wiederverwendet und beliebig kombiniert werden.
Das Regierungsprogramm „Digitale Verwaltung 2020“ sieht bereits eine Reihe von Projekten vor, die Hürden und Medienbrüche auf Ebene der Systeme, Abteilungen und Behörden sowie zwischen der Verwaltung und den Bürgern beseitigen sollen. Dazu zählen zum Beispiel ein Portalverbund für den sicheren Online-Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen, der Empfang und die Verarbeitung elektronischer Rechnungen, ein digitaler Beschaffungsprozess auf Bundesebene oder die organübergreifende Digitalisierung des Gesetzgebungsverfahrens. Sind durchgängig digitale Prozesse erst einmal möglich, zeigen sich in der Regel schnell neue Digitalisierungspotenziale.
Software aus vorgefertigten Bausteinen
Fachanwender sprechen eine andere Sprache als die Entwickler. Selbst die kommunikativsten und flexibelsten Programmierer stellen immer wieder fest, dass das Ergebnis ihrer Arbeit nicht die Erwartungen erfüllt. Das liegt zu einem großen Teil daran, dass Fachanwender gar nicht wissen können, wie Entwicklung genau funktioniert. Low-Code-Entwicklung verfolgt daher einen anderen Ansatz: Die Fachanwender können die von ihnen gewünschten Applikationen selbst aus verschiedenen vorgefertigten Bausteinen zusammenstellen, ohne eine einzige Zeile Programm-Code schreiben zu müssen. Welche Funktionalitäten und Services aus welchen Anwendungen im Hintergrund aufgerufen, dann orchestriert und ausgeführt werden müssen, muss einen Low-Code-Entwickler nicht kümmern. Es kann ihm auch egal sein, auf welche Datenspeicher die Funktionsbausteine zugreifen oder welche Anpassungen vorzunehmen sind, damit sie auf unterschiedlichen, auch mobilen Endgeräten korrekt funktionieren.
Für die notwendige Sicherheit ist über die Zuweisung entsprechender Bausteine bereits im Vorfeld gesorgt. Relevant ist für einen Low-Code-Entwickler nur, dass alle benötigten Bausteine vorhanden sind und die erforderlichen Vorarbeiten von den eigentlichen Programmierern bereits geleistet wurden. So könnte ein Low-Code-Entwickler aus der Ministerialverwaltung beispielsweise eine Parlamentsanfrage als Ausgangspunkt nehmen und die verschiedenen benötigten Bausteine verknüpfen.
Dazu gehören unter anderem Security, Austausch per E-Mail, Zugriffsrechte und Zuständigkeiten, eine Akte für sämtliche Inhalte, die Definition und Überwachung von Fristen, die Oberfläche und die Bereitstellung auf verschiedenen Geräten. Auf diese Weise lässt sich der ganze Ablauf gleichsam am Reißbrett designen. Die notwendigen Schritte im Hintergrund, um das Design in eine funktionierende Applikation zu verwandeln, werden automatisiert ausgeführt.
Behördenübergreifende Plattform nötig
Damit aus dieser Vision Realität wird, braucht es eine entsprechende Plattform für Low Code Development, die standardmäßig bereits viele Funktionsbausteine sowie Schnittstellen enthält. Eine solche Plattform lässt sich behördenübergreifend einsetzen. Die möglichen Skaleneffekte führen zu Kostenersparnissen und Effizienzgewinnen. Wichtig ist, dass die verwendete Plattform auf Standards für die Prozessmodellierung beruht und somit leicht in andere Systeme, zum Beispiel die Business Process Model and Notation (BPMN) oder die Case Management Model and Notation (CMMN) exportierbar ist.
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