Business IntelligenceKennzahl zur Kontrolle
Business Intelligence (BI) bezeichnet alle Verfahren und Prozesse zur systematischen Sammlung, Auswertung und Darstellung von Daten in elektronischer Form. Ziel ist die Gewinnung von Erkenntnissen, die qualitativ bessere Entscheidungen ermöglichen. Die Privatwirtschaft nutzt BI-Systeme insbesondere in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Controlling. Da ein Teil dieser Arbeitsfelder für Kommunen keine oder nur wenig Relevanz besitzt, stellt sich die Frage, welche Vorteile eine Kommune aus dem BI-Einsatz ziehen kann.
Die Stadt Landsberg am Lech zählt laut einer Studie des Würzburger Business Application Research Centers (BARC) zu den zehn Prozent der deutschen Kommunen, die bereits ein BI-System nutzen. Klares Ziel des Oberbürgermeisters Mathias Neuner ist es, das steigende Informationsbedürfnis der kommunalen Führungskräfte, der Kämmerei, des Controllings und mittelfristig auch der Stadträte oder Bürger aus einer einheitlichen und konsolidierten Datenquelle zu erfüllen. Neuner: „Die Zeit der individuellen Excel-Listen ist vorbei. Sie sollen durch eine verlässliche Berichterstattung abgelöst werden.“ Hinter dieser Aussage steht die Erkenntnis, dass nahezu alle Verwaltungsprozesse durch IT unterstützt werden, die einzelnen Fachverfahren jedoch als separate Dateninseln agieren. Eine fachliche Kooperation oder gar systemtechnische Integration der Fachverfahren untereinander wird vielfach nur für ausgewählte Verwaltungsprozesse angeboten.
Einzeldaten werden zusammengeführt
Die Grenzen dieser heterogenen IT-Landschaft sind nur bei einer ganzheitlichen Betrachtung der Kommune zu erkennen. Typisch hierfür sind unter anderem Führungskennzahlen. So erfordert beispielsweise die Kennzahl „Kosten eines Kita-Platzes“ die wert- und mengenbezogenen Prozessergebnisse aus dem Fach- und dem Finanzverfahren. Da nicht für jede Kennzahl und für jede übergreifende Analyse eine Schnittstelle zwischen den Fachverfahren aufgebaut wird, behilft man sich vielfach mit individuellen Excel-Auswertungen und pflegt den Datenbestand manuell. Hier kann Business Intelligence als organisations- und fachverfahrensübergreifendes System helfen. Es überführt die fragmentierten Einzeldaten der dezentralen Fachanwendungen redundant in ein Data Warehouse. Auf diese Weise bleiben die singulären Fachverfahren autonom, führen weiterhin ihren speziellen Datenbestand, verwalten die Zugriffsrechte ihrer Benutzer und ermöglichen geeignete Ausdrucke. Das kommunale Berichtswesen wird für alle Abteilungen auf Basis des Data Warehouse erstellt. Somit nutzen alle Beteiligten denselben Informationsstand, dessen Umfang nur durch individuelle Zugriffsrechte eingeschränkt wird. Mühsame Datenerfassungen und zeitraubende Datenabstimmungen zwischen unterschiedlichen Berichten entfallen.
Die Stadt Landsberg am Lech setzt das BI-System CAP (Controlling- und Analyseplattform) der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) ein. Technisch basiert dieses System auf einem mehrdimensionalen Data Warehouse (OLAP). Fachlich umfasst es Datenwürfel aus den Themenfeldern Strategie, Haushaltsplanung, Finanzen, Personal und Projekt-Management. Künftig sollen weitere Informationen aus dem Einwohnermeldeamt und der Zeiterfassung hinzukommen. Für die Analyse dieser breiten Datenplattform stehen praxiserprobte Standardauswertungen und Dashboards bereit. Bei Bedarf lassen sich diese Auswertungen wie in einem Baukasten selbstständig an individuelle Fragestellungen anpassen und neue Berichte im Sinne eines Self-Service BI erstellen und publizieren. Diese Option verändert die traditionelle Arbeitsweise. War bislang ein unbeschränkter Zugang zu den Daten(banken) meist nur IT-Fachkräften vorbehalten, heißt es nun in einem Whitepaper des BARC: „Anwender übernehmen das BI-Ruder“.
Mit BI Baukosten im Griff
Neben diesen allgemeinen Vorteilen des BI wird nachfolgend die Datenintegration bewusst an einem wichtigen, aber meist unbekannten Thema herausgearbeitet: Überwachung der Baukosten. Kommunen investieren Millionenbeträge in öffentliche Bauprojekte, vielfach ohne ein geeignetes Werkzeug für die Steuerung zu besitzen. So existiert für die konstruktiven Arbeiten eine technische Software, der haushaltsrelevante Teil wird hingegen über das Finanzverfahren abgewickelt. Eine Verflechtung dieser Verfahren scheitert unter anderem an unterschiedlichen Ordnungsbegriffen (Produktkonto kontra Kostengruppe/Gewerk). Die Kostenüberwachung erfolgt in vielen Kommunen nur durch das Engagement der Mitarbeiter und individueller Excel-Listen. In Landsberg wird diese Integration in wenigen Wochen mit der BI-Lösung realisiert. Der jährliche Bau-Etat der Stadt umfasst Maßnahmen des Bauunterhalts sowie reine Neubauprojekte. Die Planung und Projektleitung wird federführend von der Bauabteilung wahrgenommen. Die Kollegen kennen aus ihrem technischen Fachverfahren die aktuellen Planungswerte aufgeschlüsselt nach den Phasen der DIN 276, aber die Rückmeldung, wie viel für ein Gewerk bereits bezahlt wurde und welche Mittel noch frei sind, wurde bislang manuell geführt. Wie die Pilotumgebung bereits zeigt, werden je Projekt die einzelnen Planungsphasen, der Ansatz, die Ermächtigung, die geleisteten Zahlungen und die noch verfügbaren Mittel beispielsweise nach Kostengruppen sortiert ausgewiesen. Neben diesem enormen Informationsgewinn für die Bauleitung lässt sich so etwa der Verwendungsnachweis für die Förderstelle generieren und die Kämmerei erkennt erstmals die „mutmaßlichen Endkosten“ eines Projekts und kann gegebenenfalls frühzeitig reagieren.
Dieses Beispiel der Integration zeigt eines besonders deutlich: Werden die Daten aus unterschiedlichen Fachverfahren zusammengeführt, wird der Informationsstand aller Beteiligten erhöht und indirekt die Arbeitsqualität verbessert. Somit stellt sich nicht die Frage, wie viel BI eine Kommune braucht, sondern welche Fachverfahren bis zu welchem Zeitpunkt in ein gemeinsames BI-System zu integrieren sind.
http://www.akdb.de
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