Mittwoch, 9. Oktober 2024

Künstliche IntelligenzKI in den Kinderschuhen

[29.01.2024] Die Kommunen erwarten von KI-Systemen einen hohen Nutzen für die Verwaltungsarbeit. Die Einschätzung ist jedoch eher theoretischer Natur, denn Erfahrungen mit der neuen Technologie sind selten. Das zeigt eine Stellungnahme des KDN. Dabei gäbe es zahlreiche Anwendungsfelder.

Auf eine Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen zum Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung hat der Dachverband kommunaler IT-Dienstleister in Nordrhein-Westfalen (KDN) eine Stellungnahme abgegeben (43004+wir berichteten). Die in dem Papier dargestellten Perspektiven und Herausforderungen spiegeln einen wichtigen Moment der technologischen Entwicklung und ihrer Integration in den öffentlichen Sektor wider.
Besonders bemerkenswert ist der Kontrast zwischen dem hohen Nutzenpotenzial, das die Befragten der KI beimessen, und der tatsächlichen Umsetzung von KI-Systemen in der Praxis, die noch in den Kinderschuhen steckt. Diese Diskrepanz unterstreicht die Notwendigkeit, über die reine Technikfaszination hinauszugehen und sich mit den realen Bedingungen für einen erfolgreichen Einsatz von KI auseinanderzusetzen.

KI-Systeme erproben

Ein zentraler Punkt der Stellungnahme des KDN ist die Forderung nach einer verstärkten Erprobung von KI-Systemen in der öffentlichen Verwaltung, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Diese Forderung ist grundlegend, denn ohne eine solide Basis an Erfahrungswerten ist es schwierig, die tatsächlichen Nutzenpotenziale und Grenzen von KI-Anwendungen realistisch einzuschätzen. Die Erprobung sollte dabei nicht nur technische Aspekte umfassen, sondern auch organisatorische, rechtliche und ethische Fragen berücksichtigen, um einen ganzheitlichen Ansatz für die Integration von KI in die öffentliche Verwaltung zu entwickeln.

Zahlreiche Anwendungsfelder

Die Anwendungsbereiche von KI-Systemen in der öffentlichen Verwaltung sind vielfältig und spiegeln das breite Spektrum der Aufgaben und Herausforderungen wider, mit denen die Kommunen konfrontiert sind. KI-Systeme können in mehreren Schlüsselbereichen einen erheblichen Mehrwert bieten:

Dokumenten-Management und Texterkennung: KI kann eingesetzt werden, um große Mengen von Dokumenten zu analysieren, zu sortieren und zu verarbeiten. Durch die Fähigkeit, Muster zu erkennen und Texte zu interpretieren, können KI-Systeme dabei helfen, Informationen schneller zu finden, zusammenzufassen und zugänglich zu machen. Dies ist besonders nützlich für die Archivierung und das Wiederauffinden von Dokumenten sowie für die Automatisierung von Routineaufgaben, wie beispielsweise die Bearbeitung von Anträgen.

Sprach- und Tonerkennung: Diese Technologien ermöglichen die Transkription von Audioinhalten und die automatische Übersetzung des gesprochenen Wortes, was den Zugang zu Dienstleistungen für Menschen mit unterschiedlichem Sprachhintergrund erleichtern kann. Spracherkennung kann auch für die Protokollierung von Ratssitzungen oder die automatische Beantwortung von Bürgeranfragen eingesetzt werden, um die Effizienz zu steigern und Wartezeiten zu verkürzen.

Gesichts-, Gesten- und Raumerkennung: In sicherheitsrelevanten Anwendungen wie Videoüberwachung oder Zugangskontrolle können KI-Systeme zur Identifikation und Verhaltensanalyse eingesetzt werden. Diese Technologien können auch in der Verkehrsüberwachung, zur Steuerung autonomer Fahrzeuge oder zur Überwachung öffentlicher Räume eingesetzt werden.

Chatbots und Assistenzsysteme: KI-gestützte Chatbots können Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr über Verwaltungsdienstleistungen informieren, Anfragen entgegennehmen und die Bearbeitung einfacher Vorgänge übernehmen. Assistenzsysteme können Verwaltungsmitarbeitenden helfen, effizienter zu arbeiten, indem sie beispielsweise relevante Informationen vorschlagen oder Routineaufgaben automatisieren.

Automatisierung von Verwaltungsentscheidungen: In Bereichen, in denen Entscheidungen auf der Grundlage klar definierter Kriterien getroffen werden können, kann KI dazu beitragen, den Entscheidungsprozess zu beschleunigen und konsistente Ergebnisse sicherzustellen. Dies kann die Effizienz und Transparenz von Verwaltungsverfahren erhöhen.

Kluft zwischen Machbarkeit und Akzeptanz

Die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI, insbesondere die Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, der rechtlichen Rahmenbedingungen und der Akzeptanz bei den Beschäftigten und in der Bevölkerung, müssen ernst genommen werden. Diese Bedenken deuten auf eine große Kluft zwischen technologischer Machbarkeit und gesellschaftlicher Akzeptanz hin. Die Entwicklung transparenter Richtlinien und die Schaffung von Vertrauen in KI-Systeme sind daher entscheidend, um diese Herausforderungen zu überwinden. Immerhin zeigt eine aktuelle Bitkom-Umfrage, dass die Bürgerinnen und Bürger dem Einsatz von KI-Lösungen in verschiedenen Bereichen, auch in der öffentlichen Verwaltung, erstaunlich aufgeschlossen gegenüberstehen.
Insgesamt beleuchtet die Stellungnahme des KDN die komplexe Dynamik des Einsatzes von KI in der öffentlichen Verwaltung und bietet einen wertvollen Rahmen für die Diskussion über die Zukunft der digitalen Kommune. Die Betonung der Notwendigkeit praktischer Erprobung, die Anerkennung der Herausforderungen und die vorgeschlagenen Unterstützungsmaßnahmen sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einem verantwortungsvollen und effektiven Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung.

Alexander Schaeff




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Holger Klötzner, Dezernent für Digitalisierung und Bildung der Stadt Darmstadt; Maral Koohestanian, Leiterin des Dezernats für Smart City, Europa und Ordnung der Stadt Wiesbaden; Eileen O’Sullivan, Dezernentin für Bürger:innen, Digitales und Internationales der Stadt Frankfurt am Main
interview

Smartes Rhein Main 2030: Gemeinsame Vision

[02.10.2024] Eine gemeinsame Vision für ein smartes Rhein-Main-Gebiet haben die Städte Frankfurt am Main, Wiesbaden und Darmstadt erarbeitet. Im Interview erklären die CIOs Eileen O’Sullivan, Maral Koohestanian und Holger Klötzner, was konkret geplant ist. mehr...

Landrat Achim Brötel ist neuer Präsident des Deutschen Landkreistages.

Deutscher Landkreistag: Achim Brötel ist neuer Präsident

[11.09.2024] Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat einen neuen Präsidenten gewählt: Achim Brötel, Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, tritt die Nachfolge von Reinhard Sager an, der das Amt zuvor zehn Jahre lang innehatte. mehr...

Charta Digitale Ethik setzt die Rahmenbedingungen für den Einsatz digitaler Technologien in der Essener Stadtverwaltung.

Essen: Charta Digitale Ethik verabschiedet

[04.09.2024] In ihrer Charta Digitale Ethik hat die Stadt Essen die Rahmenbedingungen für den Einsatz digitaler Technologien in der Stadtverwaltung festgelegt. Das soll insbesondere für einen ethisch verantwortungsvollen Umgang mit Künstlicher Intelligenz sorgen. mehr...

Scheckübergabe an die Gewinner des Wettbewerbs um den Ulmer Lederhof.

Ulm: Innovationsmotor gestartet

[23.08.2024] Um ihre Digitale Agenda mit kreativen Köpfen aus der Region umzusetzen, hat die Stadt Ulm den Innovationsmotor gestartet – einen Ideenwettbewerb insbesondere für junge Unternehmen. Runde eins hat der digitale Begleiter für Angsträume gewonnen. mehr...

Markt Postbauer-Heng: Digitalisierung ist kein Privileg der Metropolen

[08.08.2024] Auch kleine Kommunen sind in der Lage, bürgernahe digitale Lösungen zu implementieren, wie das Beispiel des Marktes Postbauer-Heng zeigt. Um die Entstehung digitaler Insellösungen zu vermeiden, wurde die Zukunftskommission #Digitales Bayern 5.0 ins Leben gerufen. mehr...

Kick-off zur Digitalisierungsstrategie der Stadt Petershagen
.

Petershagen: Mit OWL-IT in die digitale Zukunft

[02.08.2024] Gemeinsam mit dem IT-Dienstleister OWL-IT hat die Stadt Petershagen nun den Startschuss für die Erarbeitung einer umfassenden Digitalstrategie gegeben. mehr...

In Bayern soll nach dem Willen von Digitalminister Fabian Mehring der „Digitalisierungsturbo“ gezündet werden.

Bayern: Land unterstützt Digitalisierung der Kommunen

[16.07.2024] Bayerns Digitalminister sieht die konsequente Digitalisierung der Verwaltung als wichtige Möglichkeit, um den künftigen Ruhestand der Babyboomer-Generation und den dadurch entstehenden Fachkräftemangel zu kompensieren. Es gelte, die Potenziale von Standardisierung, Zentralisierung und KI zu nutzen. mehr...

Essen-CDO Peter Adelskamp

Interview: Wir brauchen eine Dachmarke

[15.07.2024] Peter Adelskamp ist Chief Digital Officer (CDO) in Essen und dort zugleich Fachbereichsleiter Digitale Verwaltung. Im Gespräch mit Kommune21 berichtet er von seiner Arbeit in Essen und dem dortigen Stand der Digitalisierung. mehr...

Laut dem jüngsten eGovernment-Benchmark-Report haben die europäischen Staaten bei der Bereitstellung digitaler Behördendienste stetige Fortschritte gemacht.

eGovernment Benchmark 2024: Nutzerzentrierung ist der Schlüssel

[08.07.2024] Laut dem jüngsten eGovernment-Benchmark-Report der Europäischen Kommission haben die europäischen Staaten bei der Bereitstellung digitaler Behördendienste stetige Fortschritte gemacht. Raum für Optimierungen gibt es insbesondere bei grenzüberschreitenden Diensten und bei Dienstleistungen, die von regionalen und kommunalen Behörden erbracht werden. mehr...

Schleswig-Holstein: Kommunale Open-Data-Projekte gefördert

[05.07.2024] Wirtschaft und Forschung profitieren von offenen Daten, können zu mehr Transparenz beitragen und dadurch Bürgernähe schaffen. Das Land Schleswig-Holstein fördert ab sofort bis 2027 kommunale Projekte zur Anbindung an das landesweite Portal für offene Daten. mehr...

Das OZG 2.0 muss eine neue Genetik vorweisen.

OZG 2.0: Neue DNA verankern

[04.07.2024] Um ein Erfolg zu werden, muss das OZG 2.0 die Ende-zu-Ende-Digitalisierung als neue DNA verinnerlichen. Mit der Einigung zwischen Bund und Ländern ist die Basis dafür geschaffen. mehr...

Bayerns Digitalminister Dr. Fabian Mehring

Digitales Bayern: Der Sound der Zukunft

[03.07.2024] Bayern segelt auf Innovationskurs, sagt Fabian Mehring. Kommune21 sprach mit dem Digitalminister des Freistaats über die Reorganisation seines Ressorts, seine Pläne für einen innovativen Staat und die Rolle der Kommunen dabei. mehr...

Durch die Förderung möchte Thüringen die begrenzten personellen Ressourcen der Kommunen in der IT und in den Fachbereichen entlasten

Thüringen: Landesmittel für kommunale Digitalisierung

[03.07.2024] Das Land Thüringen will die kommunale Digitalisierung mit zehn Millionen Euro fördern. Das geht aus der neuen Thüringer E-Government-Richtlinie hervor, die jetzt offiziell veröffentlicht wurde. Kommunen können ab sofort neue Anträge beim Finanzministerium stellen. mehr...

Nürnberg: Expertise bei KI

[02.07.2024] Im Rahmen der Zukunftskommission #Digitales Bayern 5.0 soll die Digitalisierung der Kommunen verbessert werden. Die Frankenmetropole Nürnberg bringt ihre Expertise unter anderem im Bereich Künstliche Intelligenz im Bürgerservice ein. mehr...

Vitako: Kommunale IT besser schützen

[18.06.2024] Cyber-Attacken legen zunehmend kommunale Verwaltungs-IT lahm. Dabei entstehen enorme Schäden für Verwaltung, Bürger und Wirtschaft. Vitako fordert nun den Ausbau des BSI zur interföderalen IT-Sicherheits-Zentralstelle und die Einordnung kommunaler IT als KRITIS. mehr...