Sonntag, 6. Oktober 2024

GelsenkirchenKI meets Ordnung

[18.07.2024] Im Rahmen des Projekts KI meets Ordnung sammelte die Stadt Gelsenkirchen erfolgreich erste Erfahrungen mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Das Vorhaben konnte auch bestehende Vorbehalte gegenüber der neuen Technologie entkräften.
KI hilft dem Ordnungsdienst in Gelsenkirchen.

KI hilft dem Ordnungsdienst in Gelsenkirchen.

v. l.: Alessandro Pesce und Sascha Hockertz vom KOD der Stadt Gelsenkirchen

(Bildquelle: Stadt Gelsenkirchen)

Vandalismusschäden an Spielgeräten, Scherben im Spielsand, Hunde auf Spielplätzen. Alles Phänomene, die – gerade in Großstädten – bekannt und auf so genannte Fehlnutzungen von öffentlichen Spielflächen zurückzuführen sind. Regelungen zur Nutzung solcher Flächen, wie Spielplätze oder Schulhöfe, finden sich oftmals in den örtlichen ordnungsbehördlichen Verordnungen. Diese legen beispielsweise die Nutzungszeiten fest. Bei Verstößen gegen diese Regelungen werden die Ordnungsbehörden tätig, in den Großstädten Nordrhein-Westfalens sichtbar durch den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD). Wie in vielen anderen Ruhrgebietskommunen war es auch in Gelsenkirchen gängige Praxis, durch eine Intensivierung der Streifen des KOD den Fehlnutzungen auf den Spielplätzen und Schulhöfen entgegenzuwirken. Oftmals war der KOD aber gerade dann nicht vor Ort, wenn diese Fehlnutzung erfolgte. Die Bestreifung war ineffizient, wichtige personelle Ressourcen wurden unnötigerweise gebunden. Vor dieser Ausgangslage entstand in Gelsenkirchen das Projekt KI meets Ordnung. Zentrale Frage war: Kann die Stadt Digitalisierung einsetzen, um die Streifen des KOD effizienter zu gestalten? Um dies zu beantworten, wurde das Know-how der Vernetzten Stadt – Gelsenkirchen ist Digitale Modellkommune – mit dem des Referats Öffentliche Sicherheit und Ordnung und eines externen Dienstleisters gebündelt und gemeinsam wurden verschiedene Überlegungen für diesen Use Case angestellt.

Radartechnologie und Künstliche Intelligenz

Zunächst war angedacht, solche Fehlnutzungen durch eine Kombination aus Videoüberwachung und Edge Computing (die dezentrale Datenverarbeitung direkt an der Kamera) zu identifizieren und dann eine Meldung an den kommunalen Ordnungsdienst oder dessen Leitstelle abzusetzen. Diese Lösung ließ sich jedoch aufgrund datenschutzrechtlicher Beschränkungen nicht realisieren. In der Projektgruppe wurde daher nochmals überlegt, welche Informationen konkret benötigt werden, um eine Fehlnutzung, wie zum Beispiel einen Aufenthalt außerhalb der zulässigen Zeiten, zu erkennen. Es ist für diesen Anwendungsfall nämlich nur wichtig zu wissen, dass sich gerade eine Person unerlaubt auf den Spielflächen aufhält; weitere personenbezogene Informationen sind nicht erforderlich. Unter dieser Prämisse entstand die Idee, für das Erkennen von Fehlnutzungen Radartechnologie einzusetzen, wie sie aus der Schifffahrt und dem Flugverkehr bekannt ist. Vorteil dieser Lösung: Radartechnologie ist datenschutzkonform, es werden keine personenbezogenen Daten erhoben. In der Praxis werden durch die Radargeräte auf den Spielflächen große Datenmengen generiert, die auf einer Urbanen Datenplattform (UDP) landen. An dieser Stelle kommt nun die Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz. Sie hilft dabei, die großen Datenmengen anhand bestimmter Parameter, wie beispielsweise Aufenthaltsdauer, Bewegungsrichtungen oder Festlegung von individuellen Überwachungsgrenzen, zu qualifizieren. So lässt sich mithilfe der KI einfacher unterscheiden zwischen Personen, die eine Spielfläche überqueren und Personen, die sich tatsächlich auf den Flächen aufhalten – denn nur letzteres begründet ein Tätigwerden des Kommunalen Ordnungsdienstes.

Keine unnötigen Streifengänge mehr

Wird eine Fehlnutzung als solche identifiziert, wird automatisch eine E-Mail an die Leitstelle des KOD generiert. Von dort wird der Ordnungsdienst über das Digitale Auftragsmanagement zum Einsatzort entsendet. Er sucht die Örtlichkeiten in den Abendstunden also nur noch dann auf, wenn konkrete Fehlnutzungen identifiziert wurden, weitere – unnötige – Streifengänge entfallen.
Die technischen Anforderungen an die Inbetriebnahme eines Standorts sind gering. Zwingend benötigt werden lediglich eine Dauerstromversorgung für die Radargeräte, eine Internet-Übertragung (eine Mobilfunk SIM-Karte ist hier ausreichend) sowie eine Urbane Datenplattform, an welche die Informationen übertragen werden können. In Gelsenkirchen wurde der Einsatz von KI in der Ordnungsarbeit in Verbindung mit Radartechnologie im Jahr 2022 an sechs Projekt­standorten – Spielplätze und Schulhöfe – erprobt. Ende des vergangenen Jahres hat die Stadtverwaltung eine erste Bilanz des Pilotprojekts gezogen. Demnach haben Technik und Workflow während des Erprobungszeitraums stabil und zuverlässig funktioniert und nur einen geringen Wartungsaufwand erfordert. Die Stadt kam darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die Technologie einen positiven Einfluss auf die Ordnungslage an den Standorten hatte und vermutlich einen Abschreckungseffekt mit sich bringt. Auch ist der gewünschte Effekt eingetreten, dass die Streifgänge des Kommunalen Ordnungsdienstes effizienter geworden sind. Der Einsatz von Digitalisierung und KI ist daher auch in der Ordnungsarbeit sinnvoll, allerdings ist hierbei Aufklärungsarbeit wichtig (welche Technik kommt zum Einsatz?).

Ausweitung auf weitere Standorte geplant

Die Stadt Gelsenkirchen hat die Standorte aus dem Pilotprojekt in den Regelbetrieb übernommen. Noch im Laufe dieses Jahres sollen weitere Standorte hinzukommen, zudem wurden weitere Use Cases entwickelt. So soll der Einsatz der erprobten Technologie in Ergänzung um Videotechnik (nur punktuelle Aufzeichnungen) bei illegalen Müllablagerungen erprobt werden. Darüber hinaus sollen neben der standortfesten Technik künftig auch mobile Lösungen getestet werden.

Thomas Richter ist Chief Digital Officer der Stadt Gelsenkirchen.




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