Donnerstag, 5. Dezember 2024

InterviewKleinkrämerei vermeiden

[21.07.2021] Beim kommunalen Gesamtabschluss gilt es noch einige Stellschrauben zu drehen, um dessen Aussagekraft zu erhöhen, sagt Matthias Breitenfelder, Geschäftsführer der hallobtf! GmbH, im Kommune21-Interview.
Matthias Breitenfelder

Matthias Breitenfelder

(Bildquelle: hallobtf! GmbH)

Herr Breitenfelder, in Nordrhein-Westfalen erstellen die Kommunen bereits seit dem Jahr 2010 Gesamtabschlüsse. Wie ist Ihre Meinung als Hersteller einer weitverbreiteten Gesamtabschluss-Software: Ist der Gesamt­abschluss ein Erfolgsmodell?

Wirtschaftlich gesehen für uns schon und für viele Wirtschaftsprüfungsgesellschaften erst recht. Für die Kommunen aber eher nicht. Überspitzt gesagt: Sie stecken viel Arbeit in ein Berichtswerk, mit dem niemand etwas anfängt. Denn schon zum Start der kommunalen Doppik im Jahr 2003 unterlag man bezüglich des Gesamtabschlusses einem fundamentalen Irrtum. Ohne nach dem Sinn zu fragen, wurde das übernommen, was man aus der Privatwirtschaft kannte. Nehmen Sie einen Konzern wie die Deutsche Bahn (DB) mit ihren weltweit rund 550 Konzerntöchtern. Die Aktionäre und die Öffentlichkeit sehen die DB als ein einziges Unternehmen und daher sollen sich ihre Bilanz, ihre Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) sowie ihr Lagebericht genau so darstellen. Das ist auch im Handelsgesetzbuch vorgeschrieben. Nehmen Sie andererseits die Stadt Musterstadt mit ihren Stadtwerken. Nimmt irgendjemand diese als Teil des Konzerns Stadt Musterstadt wahr? Gibt es Aktionäre der Stadt, die sich dafür interessieren? Gibt es sonst jemanden, der mit einer konsolidierten Konzernbilanz und einer konsolidierten Konzern-GuV der Stadt Musterstadt irgendetwas anfängt?

Sollte man also das kommunale Konzernberichtswesen gänzlich abschaffen?

Ganz im Gegenteil. Der damalige Grundgedanke war ja richtig und wichtig: Die Kommune wird als ein Dienstleistungsunternehmen für die Bürgerinnen und Bürger gesehen. Selbstverständlich sollen die Kommunen offenlegen, wie sie diese Dienstleistungen organisieren, welche Ziele sie sich hierbei setzen und mit welchen Maßnahmen sie diese erreichen wollen. Wichtige Messgrößen sind Kennzahlen, anhand derer sich beurteilen lässt, ob die Maßnahmen Erfolg haben und wie weit der Weg zum Ziel noch ist. Dabei sollte es keinen Unterschied machen, ob die Verwaltungen selbst die Services erbringen oder ob sie diese Aufgaben in eigene Unternehmen auslagern.

„Kommunen stecken momentan viel Arbeit in ein ­Berichtswerk, mit dem niemand etwas anfängt.“
Also ein kommunaler Konzern-Geschäftsbericht?

Das wäre schön. Schauen Sie sich beispielsweise den Geschäftsbericht beziehungsweise den integrierten Bericht der DB an. So etwas auf das kommunale Umfeld zu übertragen – das wäre toll. Davon sind wir allerdings noch weit entfernt. Momentan geht es erst einmal um einen aussagefähigen Beteiligungsbericht nach einem normierten Schema. In Nordrhein-Westfalen ist Anfang April dieses Jahres das schon im November 2019 angekündigte verbindliche Muster für den Beteiligungsbericht erschienen. Trotz einiger Schwächen stellt es einen wichtigen, ersten Schritt in die richtige Richtung dar. Wir haben uns natürlich sofort an die Arbeit gemacht und unsere Lösung Doppik al dente!-Konzernreporting in Stellung gebracht. In 90-minütigen Web-Meetings zeigen wir, wie auf Basis dieses Musters mit geringstmöglichem Aufwand ein Beteiligungsbericht in erstklassiger gestalterischer Qualität entsteht. Er genügt allen vom Verordnungsgeber vorgeschriebenen Anforderungen und kann leicht zu einem wirklich aussagefähigen Berichtswerk ausgebaut werden. Das Interesse bei den nordrhein-westfälischen Kommunen ist riesig.

Sie hatten Schwächen des Musters für den Beteiligungsbericht angesprochen – welche sind dies konkret?

Der Gesetzgeber in Nordrhein-Westfalen schreibt beispielsweise vor, dass die wesentlichen Finanz- und Leistungsbeziehungen im kommunalen Konzern darzustellen sind. Das ist schön und gut – aber was macht das Muster daraus? Eine Matrix, in der zwischen jeweils zwei Unternehmen die gegenseitigen Forderungen, Verbindlichkeiten, Aufwendungen und Erträge dargestellt werden. Aber wen interessiert es, ob eine Stadt gegenüber ihren Stadtwerken 7,8 Millionen Euro an Aufwendungen und 18,4 Millionen Euro Erträge hatte? Viel eher möchte ich doch wissen, wie die Energielieferungen der Stadtwerke zu Buche schlagen, wieviel Gewerbesteuer und wieviel Konzessionsabgabe die Stadtwerke gezahlt haben und wie hoch sich die Darlehen belaufen, welche die Stadt ihrem Tochterunternehmen gewährt hat.

Und wie wollen Sie diese Informationen aufbereiten?

Wir haben zahlreiche Gesamtabschlüsse unserer Kunden analysiert und daraus einen Beziehungskatalog entwickelt, der die typischen konzerninternen Finanz- und Leistungsbeziehungen in einer strukturierten Form aufzählt. Diesen nehmen wir – als alternative Option zum amtlichen Muster – als Grundlage für die Darstellung der Beziehungen im Konzern (siehe Grafik).

Was raten Sie Kommunen, die jetzt vor der Herausforderung Gesamtabschluss stehen? Wie sollten diese starten?

Sie sollten die Herausforderung annehmen und das Beste daraus machen. Erfahrungsgemäß entfallen mehr als 90 Prozent der anstehenden Arbeiten auf die Eliminierung konzerninterner Finanz- und Leistungsbeziehungen. Hier gilt es, Kleinkrämerei zu vermeiden und die großen Brocken zu identifizieren. Auch hierfür bildet unser Beziehungskatalog eine gute Grundlage.

Interview: Bettina Schömig




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Finanzwesen

KDO: Finanzstatistiken mit einem Klick

[03.12.2024] Die Kommunale Datenverarbeitung Oldenburg (KDO) hat eine neue Möglichkeit zum Datenaustausch für die Kassen- und Jahresrechnungsstatistik in KDO-doppik&more auf Basis von SAP S/4HANA integriert. mehr...

borkum_leuchtturm

Borkum: Darlehensverwaltung mit VOIS

[28.11.2024] Das Fachverfahren VOIS|DALE für die Darlehensverwaltung führt die ostfriesische Stadt Borkum ein. Eine entsprechende Bestellung ging bei Anbieter ab-data ein. mehr...

d.velop / Nagarro: Rechnungsprozesse in der Cloud

[14.10.2024] Die Unternehmen d.velop und Nagarro haben eine Kooperation vereinbart. Ziel ist es, den gemeinsamen Kunden durchgängig digitale Rechnungsprozesse basierend auf der SAP-S/4HANA-Cloud anzubieten, die über die SAP Business Technology Platform (SAP BTP) bezogen werden können. mehr...

Salzlandkreis: Neue Finanzmanagement-Lösung

[11.10.2024] Der Salzlandkreis arbeitet seit Jahresanfang mit der Finanzmanagement-Lösung der KDO. Der nächste Meilenstein ist der Wechsel auf SAP S/4HANA. mehr...

Detailaufnahme eines weißen Taschenrechners und eines Kugelschreibers, die auf einem Haufen ausgedruckter Tabellen mit Zahlenreihen liegen.
bericht

Gewerbesteuerbescheid: Digitalisierung nimmt Fahrt auf

[10.10.2024] Entwicklung, Anbindung und Erprobung des digitalen Gewerbesteuerbescheids kommen gut voran. Kommunen können von dem Verfahren stark profitieren – und erhalten noch bis Jahresende Unterstützung bei der Einführung. mehr...

Wie werden die Mittel künftig aufgeteilt? Transparenz und Bürgernähe will Hamburg mit der Veröffentlichung des Haushaltsplan-Entwurfs erzielen.

Hamburg: Haushaltsplan-Entwurf online

[23.07.2024] Der Haushaltsplan-Entwurf für die Jahre 2025 und 2026 der Freien und Hansestadt Hamburg ist jetzt online verfügbar. Neben dem aktuellen Entwurf sind nun auch die historische Entwicklung der Hamburger Finanzdaten ab dem Jahr 2017 und frühere Haushaltspläne einzusehen. mehr...

Dank E-Signatur ist der Rechnungsworkflow im Kreis Fürth nun schneller und weniger fehleranfällig.

Kreis Fürth: E-Signatur vereinfacht Rechnungsworkflow

[09.07.2024] Der Landkreis Fürth hatte sich im Jahr 2022 entschlossen, den Signaturservice der AKDB einzuführen und damit den Rechnungsworkflow zu beschleunigen. Mit dem Ergebnis ist die Kommune mehr als zufrieden. mehr...

Leipzigs Stadtverwaltung führt eine SAP-basierte Lösung zur Vertragserstellung und -verwaltung ein.

Leipzig: IT-gestütztes Vertragsmanagement

[03.07.2024] Mithilfe von IT-Dienstleister GISA führt die Stadtverwaltung Leipzig ein IT-gestütztes Vertragsmanagement ein. Die Lösung soll einen entscheidenden Beitrag zur Verwaltung von Verträgen in den verschiedenen Fachbereichen leisten. mehr...

Mit einer Digitalisierungsplattform alle Rechnungen im Blick behalten.

E-Rechnung: Pflicht als Chance

[25.06.2024] Das Wachstumschancengesetz verpflichtet in Deutschland ansässige Unternehmen ab 2025 zur elektronischen Rechnungsstellung für inländische B2B-Umsätze. Dies könnte auch für die öffentliche Verwaltung eine Chance sein, den digitalen Wandel voranzutreiben. mehr...

E-Rechnungsgipfel 2024 beschäftigte sich besonders mit den rechtlichen Aspekten.

E-Rechnungsgipfel 2024: Rechtliche Aspekte im Fokus

[21.06.2024] Insbesondere mit den rechtlichen Vorgaben und Anforderungen im Zusammenhang mit der Pflicht zur Einführung der E-Rechnung hat sich der diesjährige E-Rechnungsgipfel beschäftigt. mehr...

In sechs Stufen zur E-Rechnung.

E-Rechnung: Für den Ansturm rüsten

[20.06.2024] Die E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich kommt. Kommunen sollten jetzt ihre IT darauf ausrichten. Ein Sechs-Stufen-Plan, der als roter Faden Wege und technologische Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, kann dabei helfen. mehr...

Stadt Monheim am Rhein verarbeitet Kontoauszüge mithilfe von KI.

Monheim am Rhein: KI ordnet Bankbelege

[27.03.2024] Die nordrhein-westfälische Stadt Monheim am Rhein optimiert die Zuordnung von Bankbelegen mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Mit diesem Projekt konnte sich die Kommune unter anderem einen Finalistenplatz beim Axians Infoma Innovationspreis 2023 sichern. mehr...

Empfang und Versand von E-Rechnungen werden sukzessive zur Pflicht.

E-Rechnung: Der Umstieg kommt

[26.03.2024] Das Wachstumschancengesetz wird zu einem Anstieg von E-Rechnungen im XML-Format sowie zu einer Verpflichtung zum Versand von E-Rechnungen für steuerpflichtige kommunale Eigenbetriebe führen. Dies erfordert eine entsprechende technische Infrastruktur. mehr...

Im Rahmen einer Roadshow stellte das Unternehmen Saskia seine neue Web-Lösung SASKIA.H2R vor.


Saskia: Vorhang auf für die neue Finanz-Software

[20.03.2024] Das Unternehmen Saskia startet mit der Auslieferung seiner neuen webbasierten Finanz-Software SASKIA.H2R. Im Laufe dieses Jahres soll die Lösung das Vorgängerverfahren SASKIA.de-IFR abgelöst haben. mehr...

Die Stadt Bad Nauheim arbeitet seit Beginn dieses Jahres auch bei der Steuerbescheiderstellung mit der Finanz-Software von Anbieter Datev

Bad Nauheim: Zahlungen schneller abwickeln

[26.01.2024] Anfang Januar hat die Stadt Bad Nauheim Steuerbescheide erstmals mit der Finanz-Software von Anbieter Datev erstellt. Der Systemwechsel bringt unter anderem eine einfachere und schnellere Zahlungsabwicklung mit sich. mehr...