Nordrhein-WestfalenKommunal veranlagen
Rechtssicher, zukunftssicher, integrierbar und praxisorientiert – diese Anforderungen stellten sich Bochum, Düsseldorf und das Kommunale Rechenzentrum Niederrhein (KRZN) bei der Konzeption eines Kommunalen Integrierten Veranlagungsinformationssystems (KIVi). Ziel der Projektbeteiligten war es, mit dem System das gesamte Veranlagungsspektrum abzudecken – von Grundbesitzabgaben über die Gewerbe-, Vergnügungs- oder Hundesteuer bis hin zu weiteren Abgaben. Zu Projektbeginn fanden die Kooperationspartner eine ineffiziente Vielfalt mit heterogenen IT-Strukturen und unterschiedlichen Prozessen und Programmen vor. Bei Gesetzesänderungen mussten somit alle Systeme einzeln angepasst werden. Zusätzlich verursachten die eingesetzten Großrechner hohe Fixkosten. Die größte Herausforderung bei der Entwicklung von KIVi bestand allerdings in den unterschiedlichen Größen der Kommunen. Von kleinen Gemeinden mit 7.000 Einwohnern bis zur Landeshauptstadt Düsseldorf mit rund 600.000 Einwohnern mussten alle Interessen unter einen Hut gebracht werden. Wie heterogen die beteiligten Kommunen waren, zeigt schon die Anzahl der Jahresbescheide für die Grundbesitzabgaben. Sie lagen zwischen 3.200 bis 165.000, alle angepasst an die Grundsteuer und die individuellen Gebührensätze, zum Beispiel Abfallentsorgung, Straßenreinigung oder Niederschlagwasser. Ähnlich sah es mit der Gewerbesteuer und den Jahressollstellungen zwischen 1,7 Millionen Euro und über 550 Millionen Euro aus.
Individuell vereinheitlicht
Das Ziel lautete deshalb, alles zu vereinheitlichen und dabei die Wünsche und Erfahrungen der Anwender mit einfließen zu lassen und zu kanalisieren. Gleichzeitig musste KIVi so individualisierbar sein, dass es sich auf die jeweilige Satzung der Kommunen anwenden lässt. Zu den Projektbeteiligten gehörten deshalb Entwickler, Projekt-Manager und Steuersachbearbeiter. Die kommunalen IT-Dienstleister waren mit ihren langjährigen Erfahrungen Schnittstelle und Innovationstreiber zugleich.
Besonderes Augenmerk bei der Entwicklung des Veranlagungsinformationssystems lag auf der Einbindung der Anwender und einer dezentralen Entwicklung. Der Lenkungsausschuss, bestehend aus der IT-Leitung der drei Entwicklungspartner Bochum, Düsseldorf und KRZN, traf sich viermal im Jahr. Zwölf Sitzungen hielten die Projektleiter jährlich ab, darunter Fachanwender und Verfahrensbetreuer. Hier flossen die Anwenderinteressen und Änderungswünsche ein. Umgesetzt wurde alles vom Entwickler-Team mit klar definierten Zuständigkeiten, Abläufen und Schnittstellen. Diese bewährte Vorgehensweise unter dem regelmäßigen Austausch der Verantwortlichen wird auch in der Wartungs- und Weiterentwicklungsphase des Veranlagungsinformationssystems beibehalten.
Anwenderwünsche berücksichtigt
Entwickelt wurde KIVi unter dem Motto: „Aus der Praxis für die Praxis“. Dementsprechend wurden auch die Fachbereiche eingebunden. Immer wieder gab es Änderungsanträge der Anwender. Diese bezogen sich vor allem darauf, Arbeitsprozesse in das Verfahren aufzunehmen oder das Handling für den Sachbearbeiter zu vereinfachen, beispielsweise bei der Gebührenhistorie. Da diese bislang immer komplett dargestellt wurde, überfrachtete sie den Bildschirm. Durch eine einfache Änderung werden im neuen kommunalen integrierten Veranlagungsinformationssystem nur noch die aktuellen Gebühren und erst auf Anforderung die vollständige Gebührenhistorie angezeigt. Ein weiterer Anwenderwunsch bezog sich auf umfassende Auswertungen und die Möglichkeit, diese für einzelne Mandanten anzupassen. Auswertungen können deshalb mandantenspezifisch durch die Verfahrensbetreuer im Rechenzentrum vordefiniert und in die Menüstruktur von KIVi eingebunden werden. Die Auswertung ist dadurch nur für den jeweiligen Mandanten sichtbar und aus dem Verfahren aufrufbar. Weitere Anmerkungen der Anwender betrafen unter anderem die Abstimmung der Sachbearbeitung in den einzelnen Steuerarten und den damit verbundenen Buchungsvorgängen sowie Erfordernissen für den Bescheiddruck.
Kontinuierlich weiterentwickelt
Wie praxisorientiert das System ist, zeigt die anwenderfreundliche Benutzeroberfläche sowie die gleichbleibende und intuitive Bedienbarkeit. Außerdem ist die individuelle Konfiguration ohne weiteres über Steuerungsdaten möglich. Das regelmäßige Change Request Board sichert den nutzerorientierten Einsatz und die Weiterentwicklung für die Zukunft. Sollte es neue gesetzliche Änderungen oder fachliche Anforderungen geben, ist eine zeitnahe Reaktion möglich. KIVi wird außerdem ständig weiterentwickelt. Die Masken und Prozesse in KIVi sehen überall gleich aus. Wechselt ein Anwender den Fachbereich innerhalb der Steuerverwaltung, funktioniert die Umstellung und Einarbeitung deshalb reibungslos. Zwar gab es auch Vorbehalte gegenüber dem neuen Veranlagungssystem, die Meinung hat sich aber schnell gewandelt, nicht zuletzt durch die einheitlichen Masken in den Modulen der Software-Lösung. In den vergangenen Jahren wurden die einzelnen Komponenten nach und nach eingeführt. Auf die Hundesteuer und Gewerbesteuer folgten die Grundbesitzabgaben mit gesteigerten Anforderungen aufgrund der größeren Unterschiede zwischen den verschiedenen Satzungen und den verwaltungsindividuellen Prozessen in den Kommunen. Den Praxistest machten dann einzelne Städte, bevor sich andere Kommunen anschlossen. Seit 1. Januar 2015 nutzen die Verbandsmitglieder des Kommunalen Rechenzentrums Niederrhein das komplette Veranlagungssystem. Auch die Stadt Herten setzt KIVi für ihre Grund- und Gewerbesteuer ein. Ein weiterer Drittanwender ist der Deichverband Xanten-Kleve, der das Teilmodul KIVi Grundbesitzabgaben zur Veranlagung seiner verschiedenen Beiträge nutzt. Das zeigt den großen Vorteil von KIVi: Eine Anbindung der Software-Lösung für Drittanwender ist ohne weiteres möglich – und das bundesweit.
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