InterviewKommunale Umsetzungsallianz
Herr Eisenblätter, als Gründer der Firma Form-Solutions gehören Sie zu den E-Government-Pionieren in Deutschland. Wussten Sie vor 20 Jahren schon, dass der Leistungskatalog der öffentlichen Verwaltung knapp 6.000 Leistungen umfasst?
Ehrlich gesagt, nein. Meine Schätzung lag im mittleren dreistelligen Bereich. Und leider lag ich auch mit einigen weiteren Annahmen ziemlich daneben – etwa hinsichtlich der länderspezifischen oder sogar örtlich verschiedenen Anforderungen an Formulare sowie auch hinsichtlich der Intervalle notwendiger Änderungen auf der Basis entsprechender gesetzlicher Regelungen. Alles in allem bin ich heute sehr froh, dass ich mich als motivierter Gründer für meine ersten Kunden damals einfach an die Arbeit gemacht habe.
Inzwischen ist um die informationstechnischen Elemente von Verwaltungsformularen ja fast eine Wissenschaft entstanden. Was halten Sie vom Konzept des Föderalen Informationsmanagements (FIM) des IT-Planungsrats?
FIM ist der aktuelle Versuch, die bereits in den frühen 2000er Jahren begonnene Standardisierung voranzutreiben. Der Leistungskatalog LeiKa und FIM, aber auch einige XÖV-Standards, sind sehr wertvolle Vorarbeiten für die notwendige Digitalisierung sämtlicher Prozesse im Bereich der öffentlichen Verwaltung – ohne diese Vorarbeiten wäre auch der OZG-Prozess keinesfalls da, wo er heute ist. Aktuell reift allerdings die Erkenntnis, dass jeder einzelne FIM-Prozess zahlreiche inhaltliche Berührungspunkte und Überschneidungen mit anderen Prozessen und Fachbereichen hat – genau das macht die Spezifikation so schwierig. Auch in den Digitalisierungslaboren standen die semantischen Aspekte oft nicht im Fokus. Diese sind für eine optimale Kundenorientierung und die Umsetzung von Once-Only-Prinzipien jedoch essenziell. Hier sind wir mit unseren intelligenten Assistenten, die in vielen Kommunen im Einsatz sind, deutlich weiter.
„Bereits bestehende intelligente Assistenzsysteme sollten strategisch für die OZG-Umsetzung genutzt werden.“
Wird die flächendeckende Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes Ihrer Meinung nach bis Ende 2022 gelingen?
Das wird entscheidend davon abhängen, wie man den Erfolg der Umsetzung definiert. Einige besonders schicke deutschlandweit genutzte Online-Anwendungen und viele sehr einfache Universal-Prozesse auf Landesebene greifen hier natürlich deutlich zu kurz. Für den Erfolg auf kommunaler Ebene ist zum Beispiel eine optimale Anbindung einer Vielzahl von Fachverfahren entscheidend. Und genau hier braucht es meines Erachtens eine noch deutlich stärkere Einbindung kommunaler Expertise hinsichtlich bereits bestehender Lösungen der kommunalen Rechenzentren.
Sind denn die Kompetenzträger im Bereich E-Formulare und Fachverfahren derzeit nicht überall mit dabei?
Nicht unbedingt. Wir beobachten große Unterschiede. Während man in einigen Bundesländern unser Antragsmanagement als zentrales verbindendes Infrastrukturelement mit wichtiger Bedeutung sieht, erstellen andere Bundesländer OZG-Prozesse nach dem EfA-, also Einer-für-Alle-Prinzip. Das ist prinzipiell auch legitim und schlüssig, dürfte mit Blick auf die flächendeckende Umsetzung in rund 11.000 Kommunen bis Ende 2022 jedoch kaum ausreichen. Schließlich gilt es, auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen. Ganz zu schweigen davon, dass gleichzeitig flächendeckend kommunale Fachverfahren eingebunden und die Online-Dienste an individuelle Anforderungen vor Ort angepasst werden müssen.
Wie könnte es besser gelingen?
Aus meiner Sicht sollte man das eine tun, ohne das andere zu lassen. Wir brauchen ohne Zweifel auf Bundes- und Landesebene leistungsfähige und nutzerfreundliche Service-Infrastrukturen und idealerweise möglichst viele länderübergreifende plattformbasierte EfA-Lösungen aus dem laufenden OZG-Prozess. Doch wir sollten unbedingt die Potenziale der bereits bestehenden Lösungen im Bereich der intelligenten Assistenzsysteme nicht unterschätzen, sondern diese strategisch für die OZG-Umsetzung nutzen.
Was heißt das konkret?
Es gibt nicht nur wertvolle konzeptionelle Vorarbeiten, diese Lösungen sind häufig bereits nahtlos mit kommunalen Fachverfahren, Dokumenten-Management- oder E-Payment-Systemen verbunden. Dieses Potenzial können vor allem die Bundesländer noch systematischer erschließen. Ich denke an eine kommunale Umsetzungsallianz mit den kommunalen Rechenzentren und den Kompetenzträgern im Bereich der E-Government-Szene. Wir haben allein am Standort Karlsruhe fast 50 Mitarbeiter, die sich seit Jahren mit LeiKa, FIM und Fachverfahren beschäftigen. Eine enge Zusammenarbeit mit den Bundesländern könnte ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine flächendeckende OZG-Umsetzung sein.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe April 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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