InterviewKreatives Potenzial fördern
Frau Dr. Voß, die Corona-Pandemie hat die Schwächen der öffentlichen Verwaltung beim Thema flexibles, mobiles Arbeiten offengelegt. Wie war die Situation in der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern?
Carola Voß: Die Corona-Pandemie hat uns nicht unvorbereitet getroffen. Die Zukunft der Verwaltung ist seit 2018 ein politisch-strategischer Schwerpunkt der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern – und auch im aktuellen Koalitionsvertrag explizit enthalten. Einen enormen Schub hat die Pandemie bei der IT-Ausstattung gebracht. Es wurde ein Nachtragshaushalt mit 400 Millionen Euro nur für Digitalisierung verabschiedet. Zudem haben wir in Rekordzeit eine Rahmendienstvereinbarung für mobiles Arbeiten in der gesamten Landesverwaltung verhandelt und im Sommer 2021 unterzeichnet.
Herr Hundt, ein Claim der MACH AG lautet „Verwaltung macht Zukunft“. Ist das so oder muss die Verwaltung eher zur Modernisierung getrieben werden?
Leif-Birger Hundt: Beides gilt. Eine gute Verwaltung ist ein Wettbewerbsfaktor für Regionen und muss dafür sorgen, dass sie positiv wahrgenommen wird von Bürgern und der Wirtschaft. Andererseits ist die Verwaltung auch getrieben von äußeren Faktoren und muss etwa auf den demografischen Wandel oder neue gesetzliche Anforderungen reagieren. Die öffentliche Verwaltung muss Nutzen stiften und sich deshalb modernisieren. Sie ist also getrieben und macht Zukunft.
Was sind aus Sicht eines Software-Anbieters die Grundlagen für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung?
Hundt: Digitalisierung bedeutet, etwas Analoges in etwas Digitales umzuwandeln. Wenn man das zu wörtlich nimmt und Prozesse eins zu eins digitalisiert, gelingt es nicht. Man muss sich also vom Status quo lösen, Ziele definieren und die Prozesse neu gestalten. Das bedeutet, dass Aufgaben auf eine neue Art und Weise erledigt werden sollen.
Wie unterstützt MACH seine Kunden aus der öffentlichen Verwaltung dabei, dass mobiles Arbeiten möglich wird?
Hundt: Durch unsere Lösungen ermöglichen wir das papierlose Arbeiten. Wenn Homeoffice während der Corona-Pandemie nicht möglich war, lag es häufig daran, dass die Beschäftigten mit Dokumenten arbeiten, die nicht einfach mit nach Hause genommen werden können. Mit unseren Lösungen für die E-Akte, die elektronische Rechnung und ein digitales Personalwesen sowie den Selfservices können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von überall aus arbeiten.
Frau Voß, auf welche Rahmenbedingungen für das Arbeiten im Homeoffice hat sich die Landesverwaltung mit den Personalvertretungen geeinigt?
Voß: Für uns war es ganz wichtig, das Ressortdenken aufzubrechen. Es gab ganz unterschiedliche Regelungen, im Bereich Justiz beispielsweise war man weit fortgeschritten beim Thema Homeoffice, im Finanzbereich sollte am liebsten gar nicht mobil gearbeitet werden. Von den Beschäftigen wurde das mit Unverständnis aufgenommen. Wir hatten schon lange den Wunsch, hier einheitliche Regelungen für die Landesverwaltung zu schaffen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Das war vor Corona schlicht nicht möglich. Die Widerstände waren zu groß, sowohl bei den Führungskräften als auch bei den Personalvertretungen. Das hat sich mit der Corona-Pandemie geändert. Ich habe mir die Augen gerieben, dass wir die Rahmendienstvereinbarung innerhalb von zwei Monaten verhandeln und unterzeichnen konnten.
Welche Regelungen haben Sie konkret vereinbart?
Voß: Die Eckpunkte sind, dass man bis zu 60 Prozent, also drei Tage in der Woche, nicht nur im Homeoffice, sondern mobil arbeiten kann. Wir nennen das ortsunabhängiges Arbeiten. Ganz wichtig ist, dass erstmalig das ortsunabhängige Arbeiten nicht an eine soziale Indikation geknüpft ist. Außerdem gibt es verpflichtende Schulungen, etwa zu Themen wie Führen auf Distanz oder für die Beschäftigten zum Thema Resilienz, weil ja die Grenzen von Privat und Beruf im Homeoffice stärker verschwimmen. Das ist alles auf sehr positive Resonanz gestoßen und ich bin gespannt, wie es sich im Vollzug bewährt.
„Wir haben in Rekordzeit eine Rahmendienstvereinbarung für mobiles Arbeiten verhandelt.“
Mit welchen Personalstrategien kann die Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern den Kampf um die besten Nachwuchskräfte bestehen?
Voß: Das ist ganz unterschiedlich. Wir wollen als Arbeitgeber attraktiv werden. Das gelingt nicht nur durch höhere Bezahlung, sondern auch durch bessere interne Kommunikation. Unser neues Besoldungsgesetz ist sehr fortschrittlich, wir bieten Gewinnungs- und Fachkräftegewinnungszulagen. Außerdem gibt es das Modell 63plus, um Erfahrungsträger länger zu halten. Das Angebot lautet: halbe Arbeitszeit, 75 Prozent Bezahlung. Auch das Laufbahnrecht wird geprüft, um den Zugang zum Beamtenstatus zu erleichtern und bessere Aufstiegschancen zu bieten. Nicht zuletzt haben wir das Bewerbungsverfahren mit dem Portal Karriere in MV digitalisiert.
Herr Hundt, wie sieht aus Ihrer Sicht ein moderner Arbeitsplatz in der Verwaltung aus?
Hundt: Klar ist, dass papierloses und ortsunabhängiges Arbeiten möglich sein muss. Bei den Anwendungen ist die User Experience wichtig. Software kann auch so gestaltet werden, dass es Spaß macht, damit zu arbeiten. Darauf achten wir besonders bei der Entwicklung unserer neuen Lösungen.
Frau Voß, Sie verantworten auch die Geschäftsstelle Zukunft der Verwaltung Mecklenburg-Vorpommern. Wie sieht aus Ihrer Sicht diese Zukunft aus?
Voß: Die Geschäftsstelle gibt es seit 2019 und allein die Tatsache, dass sie bei der Staatskanzlei angesiedelt ist, zeigt die Bedeutung des Themas. Aber die Zukunft der Verwaltung ist nicht nur Digitalisierung. Es geht auch um flexibleres Arbeiten. Gerade im mittleren Dienst werden viele Prozesse automatisiert und durch intelligente Systeme erledigt. Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass in manchen Bereichen Stellen wegfallen und andere komplexer und anspruchsvoller werden. Ziel muss es sein, das kreative Potenzial der Mitarbeitenden zu fördern.
https://www.mach.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar 2022 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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