Samstag, 15. März 2025

NormenkontrollratKritik zur OZG-Halbzeit

[01.10.2020] In seinem vierten Monitor zum Stand der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland nimmt der Normenkontrollrat den fehlenden Überblick bei OZG-Umsetzungsständen, die Bedeutung von Standards und die „digital ready legislation“ in den Fokus.

Seit Herbst 2018 erscheint in unregelmäßigen Abständen der Monitor Digitale Verwaltung des Nationalen Kontrollrats (NKR) mit dem Ziel, über Fortschritte sowie Fehlentwicklungen bei der Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland zu berichten. Nun erschien die umfassende Evaluation zum vierten Mal. Das Resümee zur Halbzeit der OZG-Umsetzung fällt trocken aus: Noch sei nicht viel zu sehen, und es sei unklar, bis wann welche Online-Leistung wie zur Verfügung stehe, so der NKR. Dies habe seine Ursache auch in der mangelnden Übersicht über den OZG-Gesamtstatus. Die existierende zentrale OZG-Informationsplattform liefere keine eindeutige Übersicht und den Akteuren der Umsetzung auf allen Ebenen vom Kanzleramt bis hin zu den Kommunen fehle es an Orientierung. Insbesondere für Letztere gebe es mehrere Austausch- und Informationsplattformen – durch dieses Nebeneinander sei es für Kommunen sehr schwer abzuschätzen, welche Lösungen bald zur Verfügung stehen und wo eigene Entwicklungsarbeit nötig sei. Allerdings werde hier zum Jahresende Abhilfe geschaffen, so das NKR-Papier. Die „eigentliche Baustelle des OZG“ sei die Umsetzung in der Fläche. Derzeit scheine noch nicht einmal gesichert, dass die Leistungen der Prioritäten eins und zwei rechtzeitig flächendeckend online gehen. Ein möglicher Grund: zu hohe Komplexität bei gleichzeitig begrenzten Ressourcen.

Standards reduzieren die Komplexität

„Geld allein macht nicht glücklich“, konstatiert der NKR. Zwar seien die Mittel aus dem Corona-Konjunkturpaket (3 Milliarden Euro) und für die Registermodernisierung (300 Millionen Euro) ein „wichtiges Signal politischen Willens“ und eine Hilfe bei notwendigen Investitionsentscheidungen. Allerdings reiche Geld allein nicht aus, um die Umsetzung zu beschleunigen, denn sowohl auf Verwaltungs- als auch auf Herstellerseite seien die Ressourcen begrenzt. Daher sei es entscheidend, die Komplexität der OZG-Umsetzung zu verringern. Der Koalitionsbeschluss sieht daher vor, die drei Milliarden Euro nur dort einzusetzen, wo Lösungen gemeinschaftlich oder zentral entwickelt werden – das Einer-für-alle-Prinzip (wir berichteten). Obgleich dieser Ansatz zunächst gut klinge, sieht der NKR darin zwei Schwierigkeiten:
Zum einen die Bedingungen, um Lösungen zu entwickeln, die tatsächlich überall einsatzfähig und mit den Fachverfahren sinnvoll kombinierbar sind – und dies auch dauerhaft, bei wandelbaren Bedarfen, bleiben. Der NKR plädiert angesichts dieser hohen Anforderungen dafür, anstelle des Einer-für-alle-Prinzips einen realistischeren Einige-für-viele-Ansatz zu verfolgen.
Zum anderen bestehe bei einem solchen Bündelungsansatz immer die Möglichkeit, dass „eine monopol- oder oligopolartige Anbieterlandschaft entsteht und sich die Verwaltung in langfristige Abhängigkeiten von jeweils nur einem oder wenigen Anbietern begibt“, so der NKR. Um eine Vielfalt der entwickelten Lösungen zu ermöglichen, bedürfe es eines viel stärkeren Maßes an Standardisierung, Modularisierung und der Verwendung offener Schnittstellen – umgesetzt durch ein „staatlich verantwortetes Standardisierungsregime“ bei Software-Entwicklung für die öffentliche Hand.

Digitaltaugliche Gesetzgebung?

Als weiteres Hemmnis für eine durchschlagskräftige Digitalisierung wird der Mangel an digitaltauglichen Gesetzen ausgemacht. Dass die Verwaltungsdigitalisierung nicht die bloße Elektrifizierung bestehender analoger Prozesse bedeutet, ist altbekannt. Allerdings, so der NKR-Monitor, herrsche hinsichtlich der Schaffung der notwendigen organisatorischen und rechtlichen Änderungen zu viel Pragmatismus. Man wolle lieber zügig digitalisieren, statt gesetzliche Anpassungen vorzunehmen – selbst wenn sinnvolle Änderungsbedarfe schon identifiziert seien. Wie sehr eine Gesetzesänderung digitale Services voranbringen kann, hätte das Beispiel des Bayrischen Verkehrsministeriums gezeigt. Um im Rahmen der Corona-Pandemie Kfz einfacher online an-, um- und abmelden zu können, wurde geregelt, dass dazu die Eingabe von Benutzername und Passwort genügt. Zuvor waren Kfz-Online-Verfahren nur mit elektronischem Personalausweis plus Lesegerät oder passendem Smartphone möglich. Im Ergebnis sei die Nutzung der Kfz-Online-Services in Bayern um das Neunzehnfache gestiegen. In größerem Rahmen zeige das Beispiel Dänemark, wie nutzbringend eine „digital ready legislation“ sei. Daher, so der NKR, sollten rechtliche Änderungsvorschläge aus den OZG-Laboren „zügig und breit“ umgesetzt werden. Auch das Registermodernisierungsgesetz stehe weiterhin aus. Vier weitere Jahre seien „verloren“, wenn es nicht gelänge, Änderungen noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Ein bereits mehrfach vorgeschlagener Digital-TÜV könne dabei helfen.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Cover des D21 Digital-Index 2024/25

D21-Digital-Index: Digitale Resilienz als Schlüssel

[10.03.2025] Alljährlich liefert D21 mit ihrem Digital-Index ein umfassendes Lagebild zum Digitalisierungsgrad in Deutschland. Nun hat die Initiative ihre Studie für 2024/25 vorgelegt. Demnach verändern digitale Technologien Gesellschaft und Wirtschaft tiefgreifend – die Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeit werden aber weitgehend unterschätzt. mehr...

Vektorgrafik, die ein Team zeigt, das Puzzleteile zusammenfügt.

Beckum: d-NRW-Beitritt beschlossen

[03.03.2025] Um Zeit und Aufwand bei der Ausweitung ihrer digitalen Verwaltungsservices zu sparen, tritt die Stadt Beckum der d-NRW bei. Als Trägerin der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts wird sie unter anderem von einer ausschreibungsfreien Nachnutzung von OZG-Leistungen profitieren. mehr...

muenchen_neues_rathaus

München: Fortschreibung der Digitalisierungsstrategie

[13.02.2025] Der Münchner Stadtrat hat die fünfte Fortschreibung der Digitalisierungsstrategie der bayerischen Landeshauptstadt beschlossen. Sie beinhaltet unter anderem den Aufbau eines Kompetenzschwerpunkts für User Experience sowie eine neue Formulierung des strategischen Prinzips der nutzerzentrierten Gestaltung. mehr...

OZG: „Aufenthalt“ erreicht alle Milestones

[07.02.2025] Das maßgeblich vom Land Brandenburg vorangetriebene OZG-Projekt „Aufenthalt“ hat alle Vorgaben des OZG-Verwaltungsabkommens erfüllt. Inzwischen nutzen über 270 Ausländerbehörden die digitalen Dienste, weitere 170 befinden sich im Roll-out. Die Weiterentwicklung läuft kontinuierlich. mehr...

Porträt Dr. Daniela Dylakiewicz

Sachsen: Neue CIO für den Freistaat

[07.02.2025] Daniela Dylakiewicz ist neue CIO des Freistaats Sachsen. Um die digitale Verwaltungstransformation voranzutreiben, strebt sie eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen des Landes an. mehr...

Diagramm zur räumlichen, fachlichen und funktionalen Bündelung von Verwaltungsaufgaben.

Deutscher Landkreistag: Aufgabenbündelung ja, Verfassungsänderung nein

[06.02.2025] Der vom Normenkontrollrat vorgebrachte Vorschlag einer stärkeren Bündelung staatlicher Aufgaben wird vom Deutschen Landkreistag unterstützt. Der kommunale Spitzenverband warnt aber auch vor zentralistischen Strukturen und lehnt vorgeschlagene Verfassungsänderungen ab. mehr...

Screenshot der Startseite von smartvest.ruhr.

Kreis Recklinghausen: Info-Plattform zum Smart-City-Ansatz

[03.02.2025] Eine Informationsplattform zur regionalen Digitalisierungsstrategie haben der Kreis Recklinghausen und die zehn kreisangehörigen Städte online geschaltet. Das Portal stellt die fünf Handlungsfelder und unterschiedlichen Projekte rund um den Smart-City-Ansatz vor und listet Neuigkeiten und Veranstaltungshinweise auf. mehr...

bayern-Flaggen

Bayern: Einheitlicher kommunaler IT-Dienstleister geplant

[28.01.2025] Im Frühjahr startet die neue Umsetzungsphase der Zukunftskommission #Digitales Bayern 5.0. Unter den Maßnahmen ist auch die Einführung eines einheitlichen kommunalen IT-Dienstleisters bis Ende 2025. mehr...

Blick über die Spree aufs Bundeskanzleramt

Vitako: 10-Punkte-Plan zur Digitalisierung

[24.01.2025] Vitako fordert in einem 10-Punkte-Plan klare Prioritäten, Investitionen und Kooperation aller Ebenen, um die Digitalisierung voranzutreiben und Krisen zu kontern. Dabei gehe es um die Sicherung kommunaler Handlungsfähigkeit ebenso wie um die nationale Koordination und die Berücksichtigung EU-weiter Strategien. mehr...

Eine Person blättert in einer Broschüre zur neuen Hamburger Digitalstrategie

Hamburg: Neue Digitalstrategie vorgestellt

[22.01.2025] Hamburg hat seine neue Digitalstrategie präsentiert. In den kommenden Jahren soll das digitale Angebot konsequent ausgebaut werden, um den Kontakt mit den Behörden so einfach und effizient wie möglich zu gestalten. Wo es möglich ist, setzt die Freie und Hansestadt dabei auch auf Automatisierung und Künstliche Intelligenz. mehr...

Vektorgrafik eines Organigramms.

Wolfsburg: Neuer smarter Geschäftsbereich

[20.01.2025] Mit organisatorischen Änderungen ist die Wolfsburger Stadtverwaltung in das neue Jahr gestartet. Unter anderem wurden die Bereiche Informationstechnologie und Smart City im Geschäftsbereich Smart City und IT-Services zusammengeführt. mehr...

Porträt von Elena Yorgova-Ramanauskas, Staatssekretärin und Landes-CIO im Saarland

Saarland: Digitalisierungsoffensive für Kommunen wird konkreter

[20.01.2025] Die 2021 auf den Weg gebrachte Digitalisierungsoffensive für Kommunen im Saarland nimmt Gestalt an: 17 Millionen Euro aus dem Sondervermögen Pandemie wurden an konkrete Projekte gebunden, darunter KI-gestützte Chatbots, Verkehrsdatenerfassung und Straßenmanagementsysteme. mehr...

Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus und die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände des Landes präsentieren die Kooperationsurkunden.

Hessen: Kommunale Verwaltungsdigitalisierung wird gestärkt

[15.01.2025] Das Land Hessen und die kommunalen Spitzenverbände wollen die kommunale Verwaltungsdigitalisierung weiter unterstützen. Die bisherige Koordinierungsstelle OZG-Kommunal wird zur Kompetenzstelle erweitert, die Digitalisierungsplattform civento wird weiter finanziert. mehr...

Porträt von Ina-Maria-Ulbrich

IT-Planungsrat: Kommunen im Fokus

[13.01.2025] Im Jahr 2025 führt Mecklenburg-Vorpommern den IT-Planungsrat. Im Fokus sollen die Föderale Digitalstrategie und eine stärkere Einbindung der Kommunen stehen. Geplant ist auch eine Stärkung und Weiterentwicklung der FITKO. mehr...

Glaskugel vor einem magentafarben beleuchteten, unscharfen Hintergrund.
bericht

Digitalisierung: Blick in die Glaskugel

[07.01.2025] Agil, bürokratiearm und Ende-zu-Ende digitalisiert – so sollen die Kommunalverwaltungen im Jahr 2030 aussehen. Im Moment sind sie davon aber oft noch weit entfernt. Sind die gesetzten Ziele realistisch? mehr...