Donnerstag, 5. Dezember 2024

AhausKulturwandel eingeleitet

[28.07.2022] Im Interview mit Kommune21 spricht Karola Voß, Bürgermeisterin der Stadt Ahaus, über die Besonderheiten der Ahaus.app, die Bedeutung von Digitallotsen für die Verwaltung und den Weg der nordrhein-westfälischen Kommune zur Smart City.
Karola Voß

Karola Voß, Bürgermeisterin der Stadt Ahaus

(Bildquelle: Stadt Ahaus)

Frau Bürgermeisterin Voß, Ahaus hat sich auf den Weg zur Smart City gemacht und wird für die Aktivitäten mit Lob überhäuft. Was ist das Besondere an der Digitalstadt Ahaus?

Die Digitalstadt Ahaus zeichnet sich durch eine Vielzahl an digitalen und smarten Angeboten aus, die Einwohnern und Besuchern zur Verfügung stehen und einfach genutzt werden können. Sie erstrecken sich über die Bereiche Gastronomie, Hotellerie, Freizeitgestaltung, Shopping, Events und Verwaltung. Die Menschen in Ahaus zeichnet ein offener Umgang mit neuen digitalen Services aus. Der Kulturwandel hin zu einer smarten und digitalen Gesellschaft ist eingeleitet.

Ein zentrales Instrument ist die Ahaus.app. Welche Funktionen bietet die Lösung und wie wird sie genutzt?

Die Ahaus.app ist die zentrale Anlaufstelle, wenn es um die Freizeitgestaltung geht. Die Plattform von Ahaus Marketing & Touristik wird auf Basis von chayns betrieben, einem kostenfreien Cloud-Betriebssystem. Die Software des Ahauser Unternehmens Tobit Laboratories, kurz Tobit.Labs, ist seit rund sieben Jahren auf dem Markt und erfreut sich überregionaler Beliebtheit. Es bietet zentrale Funktionalitäten, die für individuelle Anwendungsfälle und Zwecke genutzt werden können. Im Mittelpunkt steht eine ID, die mit einer ID in den sozialen Medien vergleichbar ist. Daran geknüpft sind Einträge in einer Wallet wie zum Beispiel der digitale Stadtgutschein, ein digitaler Schlüssel oder der Personalausweis. Zudem kann man darüber kommunizieren und bezahlen. Mit der App präsentiert sich Ahaus den unterschiedlichen Zielgruppen, bietet Information und Interaktion und stellt viele attraktive Angebote in der Stadt vollständig digital zur Verfügung. Dazu zählen unter anderem die Buchung und Bezahlung eines Events oder die Beschaffung und das Einlösen eines digitalen Stadtgutscheins.

Welche Anreize bietet die Stadt, damit die Bürger und Besucher die App auch nutzen?

Anreiz bietet das vielseitige und bürgerfreundliche Angebot in der Ahaus.app. Mit etwa 36.000 Personen, die sich mit ihrer chaynsID auf der Website eingeloggt haben, deckt die App einen Großteil der Ahauser Bevölkerung ab. Darüber hinaus bietet das Ahauser Marketing zu besonderen Events und Jahreszeiten sowie immer mal wieder zwischendurch Gutscheinaktionen an.

„Digitallotsen können eine Lücke schließen und bei Digitalisierungsprojekten einen nachhaltigen Erfolg sichern.“
Welche Rolle spielt ein aktives Stadtmarketing als Erfolgsfaktor beim Thema Smart City?

Anders als bei der Digitalisierung der Verwaltungsprozesse lebt das Thema Smart City vom Miteinander in der Stadt. Die vielen digitalen Angebote werden auf der zentralen Plattform gebündelt. Um deren Akzeptanz zu steigern, braucht es ein aktives Stadtmarketing. Es sind Kreativität und Ausdauer gefragt, da potenzielle Anwender oft erst von neuen Angeboten überzeugt werden müssen. Hier bedarf es einer guten Information und Kommunikation. Ebenso müssen Einzelhandel und Gastronomie, die den Großteil der Akzeptanzstellen des digitalen Stadtgutscheins ausmachen, mitgenommen werden. Ein aktives Stadtmarketing muss die digitalen Angebote also dauerhaft und nachhaltig etablieren, damit die Stadt zur Smart City werden kann.

Welche Akteure wirken bei der Umsetzung der Pläne mit?

Die Umsetzung erfolgt grundsätzlich im Team. Die Stadtverwaltung sowie Ahaus Marketing & Touristik sind fast immer beteiligt. Sie planen Digitalisierungsmaßnahmen und verantworten unter anderem inhaltlich die Plattform, auf der die digitalen Angebote platziert werden. Eine Besonderheit in Ahaus ist die enge Kooperation mit Tobit.Labs. Die Zusammenarbeit ist sehr fruchtbar und stellt eine Win-win-Situation dar. Tobit.Labs unterstützt uns mit Personal und Know-how. Die Stadt wiederum bietet dem Unternehmen einen Raum, um digitale Angebote auszuprobieren.

Wie sind Sie organisatorisch aufgestellt, wie werden die Aktivitäten koordiniert und gesteuert?

Die Stadt Ahaus hat seit November 2019 einen Chief Digital Officer, der die Vorhaben zentral koordiniert und steuert. Der CDO ist als Stabsstelle bei der Verwaltungsspitze organisiert. Er berät und unterstützt den Verwaltungsvorstand bei strategischen Fragen zur Digitalisierung und zum Thema Smart City. Darüber hinaus fungiert er als Bindeglied zwischen den Fachbereichen im Rathaus, dem Ahauser Marketing und den Ahauser Unternehmen, insbesondere Tobit.Labs.

Wie sieht es mit der Digitalisierung der Stadtverwaltung aus? Welche Online-Services sind in Ahaus bereits verfügbar?

Das Angebot an Online-Services wird nicht zuletzt mit Blick auf das Onlinezugangsgesetz (OZG) ständig erweitert. Die Stadt Ahaus bietet Online-Antragsmöglichkeiten beispielsweise in den Aufgabenbereichen Hundesteuer, Gewerbe und Sondernutzung. Aktuell liegt der Fokus auf dem digitalen Angebot im Zusammenhang mit der Kita-Anmeldung. Eine Besonderheit ist die digitale Fundsachenversteigerung: Über chayns werden seit fast einem Jahr Fahrräder und andere Fundsachen in Form einer Rückwärtsauktion versteigert, bei welcher der Preis täglich um ein Prozent fällt.

Seit März 2022 bietet die Stadt ein subventioniertes Ticket für den ÖPNV an. Auch hier sind die Beantragung und Bezahlung online möglich.

Nichtsdestotrotz können wir gerade im Vergleich zur Privatwirtschaft noch viel lernen. Sowohl die Qualität als auch die Quantität müssen weiter gesteigert werden, sodass die Angebote noch einfacher und benutzerfreundlicher werden. Hier fehlt es jedoch auch an einer zentralen Unterstützung durch Bund und Land. Es gibt noch keine verlässliche und akzeptierte Authentifizierungslösung und auch die Einer-für-Alle-Dienste von Bund und Land sind nicht flächendeckend verfügbar.

Sie setzen in der Stadtverwaltung Digitallotsen ein. Welche Aufgabe haben diese und wie kommt dadurch die Digitalisierung in Schwung?

Seit fast zwei Jahren gibt es in der Stadtverwaltung Digitallotsen. 22 Lotsen wurden seither ausgebildet. Die Digitallotsen sind zum einen Unterstützende, die ihren Kolleginnen und Kollegen im Alltag bei Fragen rund um die Digitalisierung und die Anwendung von Soft- und Hardware helfen. So finden auch ein aktiver Wissens­transfer und eine nachhaltige Kompetenzsteigerung statt. Die Digitallotsen sind aber auch Multiplikatoren und Netzwerker. Sie arbeiten in unterschiedlichen Fachbereichen und bringen unterschiedliche Erfahrungen und Ausbildungen mit. Der Austausch untereinander liefert häufig einen Erkenntnisgewinn und bereichert die eigene Sichtweise. Darüber hinaus profitiert der CDO von vielen unterschiedlichen Eindrücken und hat einen kurzen Draht zu (fast) allen Aufgabenbereichen. Langfristig sollen immer mehr Kolleginnen und Kollegen zu Digitallotsen ausgebildet werden. Projekt-Teams, die nur aus IT- und Digitalisierungsexperten bestehen, fehlt die Fachkompetenz, welche die Digitallotsen in ihrem jeweiligen Aufgabengebiet besitzen. Hier können die Digitallotsen eine Lücke schließen und bei Digitalisierungsprojekten einen nachhaltigen Erfolg sichern.

Interview: Alexander Schaeff


Stichwörter: Smart City, Ahaus, Apps


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Smart City
BBSR_Studie_Smart_City_Praxis_Titelbild

Studie: Smart Cities in der Praxis

[04.12.2024] 30 Praxisbeispiele aus Smart Cities und Smart Regions stellt eine neue BBSR-Veröffentlichung vor. Die Steckbriefe beantworten zentrale Fragen zum Projekt, nennen die Herausforderungen, welche die Kommune mit der Maßnahme bewältigen möchte und zeigen den Mehrwert der Lösung auf mehr...

v.l.: Ulrich Ahle, Christine Wegner, Daniel Sieveke und Uwe Gockel halten gemeinsam eine Urkunde.

Etteln: Smarter als Hongkong

[26.11.2024] Dass auch kleinste Gemeinden im Digitalisierungswettbewerb mit Weltmetropolen mithalten können, hat Etteln bewiesen. Bei einem internationalen Smart-City-Wettbewerb belegte der Ortsteil einer nordrhein-westfälischen Gemeinde den ersten Platz, Hongkong wurde Zweiter. Ehrenamtliche Helfer, Vereine und Organisationen haben diesen Erfolg ermöglicht. mehr...

Wiesbaden_zwei Frauen auf Solarbank

Wiesbaden: Smarte Sitzbänke

[26.11.2024] Nachhaltige Energie trifft auf smarte Stadtmöbel: In Wiesbaden wurden jetzt auf dem Dern’schen Gelände zwei Solarbänke errichtet. Diese gehen auf die Idee der Jugendkonferenz zurück. mehr...

Ein Straufahrzeug, von hinten zu sehen, fährt auf einer Straße, daneben eine schneebedeckte Landschaft.

Germering: Smarter Winterdienst

[22.11.2024] Mit IoT-Sensoren und einem neuen Softwaremodul hat sich die Stadt Germering für den kommenden Winterdienst gerüstet. Die Lösung unterstützt bei der Routenplanung und Einteilung der Einsatzkräfte. Auch liefert sie Echtzeitdaten über den Straßenzustand und den Füllstand in den Salzsilos der Einsatzfahrzeuge. mehr...

Virtuelles Abbild eines Stadtzentrums, ein Baum ist im Vordergrund des Bildes zu sehen.
bericht

Kreis Hof: Stadtplanung erleben

[21.11.2024] Im Rahmen seines Modellprojekts Smart City erprobt der Landkreis Hof auch den Einsatz von Virtual-Reality-Anwendungen. Entwickelt wird unter anderem eine VR-Simulation zur Stadtplanung; zudem soll virtuelle Realität im Digitalen Zwilling zum Einsatz kommen.  mehr...

Screenshot der Veranstaltungswebsite zur 18. Regionalkonferenz, der im Header das Fridericianum in Kassel zeigt.

18. Regionalkonferenz: Barrieren abbauen in der Smart City

[18.11.2024] Um digitale Angebote, die Menschen mit Behinderungen das Leben erleichtern, geht es bei der 18. Regionalkonferenz der Modellprojekte Smart Cities am 5. Dezember in Kassel. Eingeladen sind Kommunen, die sich zum Thema informieren oder Erfahrungen austauschen möchten. mehr...

Blick von schräg oben auf den Lübecker Holstentorplatz und Umgebung, im Zentrum das backsteinerne Holstentor mit Kupferdach.

Lübeck: Neue Ära der Mobilität

[15.11.2024] Das nun startende Förderprojekt VIAA (Lübecks Verkehrsmanagement ,intelligent, analytisch und agil) soll es ermöglichen, den städtischen Verkehr datenbasiert, effizient und umweltfreundlich zu steuern. Ein Verkehrsrechnersystem sowie Sensornetz und Datenmanagement zählen zu den Herzstücken. mehr...

Gruppenbild mit 27 Männern und Frauen

Augsburg: Digitalrat startet in zweite Amtszeit

[14.11.2024] Der Digitalrat der Stadt Augsburg geht in seine zweite Amtszeit. Als wichtigste Aufgabe hat sich der Beirat die Fortschreibung der „Bürger Experience“ auf die Fahnen geschrieben. mehr...

Ahaus: Auszeichnung als smarte Kommune

[12.11.2024] Die Stadt Ahaus ist jetzt im Wettbewerb Digitale Orte 2024 als smarte Kommune geehrt worden. Die Auszeichnung würdigt das umfangreiche digitale Angebot der Stadt, das den ländlichen Raum zukunftsfähig gestalten soll. mehr...

Holzminden: Einführung eines LoRaWAN

[11.11.2024] Die Stadt Holzminden führt jetzt ein flächendeckendes LoRaWAN ein. Es soll eine effiziente und wartungsarme Datenerfassung über große Entfernungen ermöglichen und ist für Bürgerinnen und Bürger kostenfrei nutzbar. mehr...

Studie: Kooperationen für Smart Cities

[07.11.2024] Mit Kooperationen zur Umsetzung von Smart-City-Projekten befasst sich eine jetzt veröffentlichte Studie. Im Fokus stehen die Vor- und Nachteile von unterschiedlichen Kooperationsmodellen sowie deren Praxistauglichkeit. mehr...

Ein Mann bewässert mit einem Gartenschlauch einen Straßenbaum

Hannover: KI für die Pflege von Grünflächen

[31.10.2024] Mit dem Projekt „BlueGreenCity-KI“ bewirbt sich die Stadt Hannover um Fördermittel des Bundesumweltministeriums zum Thema „KI-Leuchttürme für den Natürlichen Klimaschutz“. Im Rahmen des Projekts soll ein KI-Tool für eine nachhaltige Bewässerung, Pflege und Verwaltung der städtischen grünen Infrastruktur entwickelt werden. mehr...

Thermometer steckt im Schnee und zeigt Minusgrade.

Neckarsulm: Bauhof startet intelligenten Winterdienst

[30.10.2024] Der Bauhof der Stadt Neckarsulm plant, mit einer vernetzten Funktechnologie den Winterdienst und die Bewässerung künftig effizienter zu gestalten. Ein neues LoRaWAN soll Wetter- und Bodenfeuchtedaten erheben und so gezielte Einsätze ermöglichen, um Material und Personal ressourcenschonend einzusetzen. mehr...

Thermometer vor blauem Hintergrund zeigt fast 40 Grad Außentemperatur

Ismaning: Reallabor zur Hitzewarnung

[30.10.2024] In einem gemeinsamen Projekt haben die Firma msg und die Gemeinde Ismaning ein Smart-City-Reallabor eingerichtet, in dem digitale Technologien zur Klimavorsorge getestet werden. Ein erster Schritt ist die Erstellung einer Hitzekarte. mehr...

Bogenlampe (Straßenlaterne) aus der Untersicht gegen bewölkten Himmel fotografiert, neben dem Leuchtkörper sind zwei kleine Kästchen montiert.

Fulda: Straßenbeleuchtung sammelt Daten

[29.10.2024] Die Stadt Fulda nutzt ihre Straßenbeleuchtung, um vielfältige Daten zum Verkehrsfluss und zur Parkplatzbelegung zu erheben. Perspektivisch sollen auf dieser Basis gezielte Klimaschutzanpassungen erfolgen, auch die Entwicklung eines Parkleitsystems ist denkbar. mehr...