Donnerstag, 6. März 2025

REPORTLernen mit IT

[31.08.2009] Auf die Anforderungen der Informationsgesellschaft muss auch das Bildungssystem reagieren. Um IT-gestütztes Lernen flächendeckend und fächerübergreifend an deutschen Schulen zu etablieren, sind Schulträger in technischer und organisatorischer Hinsicht gefordert: Sie müssen IT-Strategien entwickeln, die über die reine Hardware-Ausstattung hinausgehen.

Der Einsatz von digitalen Medien gehört an deutschen Schulen noch nicht zum Unterrichtsalltag – das ist kein Geheimnis und wurde im Rahmen diverser Studien bestätigt. Zwar haben die Schulträger in den vergangenen Jahren viel in die technische Ausstattung der Schulen investiert. Die Bemühungen, neue Medien in allen Fächern und Lernbereichen zu einem integralen Bestandteil der Lehr- und Lernkultur zu machen, sind jedoch nur mäßig erfolgreich, eine medienpädagogische Kompetenz der Lehrkräfte bislang nicht flächendeckend vorhanden.
Dass IT-gestützte Unterrichtsmethoden in deutschen Klassenzimmern noch nicht zu einer Selbstverständlichkeit geworden sind, hat vielfältige Gründe. Sie reichen von unterschiedlichen unterrichtlichen Überzeugungen der Lehrkräfte über unzureichende Aus- und Fortbildungsangebote, fehlende didaktische Konzepte, die mangelhafte Verfügbarkeit von guten digitalen Lernmaterialien und eingeschränktem Support bis hin zu mangelndem Engagement der Schulleitung. Deshalb wird die Erneuerung von Hardware alleine nicht dazu führen, dass der IT-gestützte Unterricht an deutschen Schulen künftig eine größere Rolle spielt.

Nützliche Netze

IT-Systeme für Schulen müssen es den Lehrkräften erlauben, sich auf das Unterrichten zu konzentrieren und es auch älteren oder im Umgang mit IT wenig versierten Lehrern ermöglichen, neue Medien in den Unterricht einzubeziehen. Schul-IT-Lösungen sollten also weitgehend intuitiv bedienbar sein, eine einfache Unterrichtssteuerung ermöglichen und wenig anfällig für Störungen sein. Insbesondere gilt dies für solche Anwendungen, die für die Kommunikation und den Informationsaustausch zwischen Lehrern und Schülern eingesetzt werden. Welche Anforderungen solche didaktischen Netze zu erfüllen haben, hat das Institut für Bildung und Medien der Gesellschaft für Pädagogik und Information bereits im Jahr 2001 zusammengefasst. Demnach sollten nützliche Netze, die einem ganzheitlichen Ansatz folgend Hardware, Netze, Software, Administration und Wartung in den Schulen einbeziehen, leicht bedienbar sein, sich flexibel an unterschiedliche schulische Anforderungen anpassen können, betriebssicher sowie wartungsarm sein.
Die Instandhaltung und Instandsetzung von Hardware, die Installation von Systemen und Software sowie die Netzwerkadministration zählen nicht zu den Aufgaben der Lehrkräfte. Auch in einer Bekanntmachung des Bundesbildungsministeriums heißt es, Arbeiten zur Organisation und Administration von IT sollten aus Schulen ferngehalten werden. Dennoch sind nach Angaben von Josef Seitner, Geschäftsführer des Schul-IT-Anbieters MTS Reinhardt, bundesweit mindestens 1.900 Lehrer wöchentlich ausschließlich für die Systemadministration zuständig. Weil die Lehrkräfte für die Wartung der schuleigenen Systeme vom Unterricht freigestellt würden, gingen jährlich insgesamt fast zwei Millionen Unterrichtsstunden verloren.
Um den Aufwand für den Support der IT-Infrastruktur gering zu halten, können Schulen zum Beispiel in eine wartungsarme pädagogische Benutzeroberfläche investieren. Eine weitere Möglichkeit ist die Anschaffung von Thin Clients. Diese haben keine eigene Festplatte und fungieren als reine Bildschirmarbeitsplätze für Software-Applikationen und Daten. Vorteil einer solchen Thin-Computing-Infrastruktur: Alle Anwendungen und Daten werden nur an einer Stelle, nämlich dem zentralen Server, installiert und administriert, womit sich der Aufwand erheblich reduzieren lässt.

Erfolgsbeispiel Offenbach

Die Schulträger von der Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes und nachhaltiger Investitionen zu überzeugen, ist laut Josef Seitner immer noch schwierig. Es herrsche nach wie vor eine Hardware-Fokussierung vor. Investitionen in IT-Services und Netzwerk-Management-Software als standardisierte Fachverfahren würden bei Ausschreibungen weitgehend unberücksichtigt bleiben. Ein Problem ist auch, dass Schulen und Schulträger häufig zu wenig voneinander wissen, um ganzheitlich lösungsorientiert zu handeln. Die Schulträger sind oft nicht bereit, Mittel für eine spezielle und somit teurere Netzwerk-Management-Software bereitzustellen, da ihnen der Einblick in die unterrichtsbetrieblichen Abläufe fehlt.
Dabei zeigt das Beispiel des Landkreises Offenbach, wie ein ganzheitlicher Ansatz im Bereich Schul-IT zum Erfolg führen kann. Der Kreis Offenbach will zum führenden Schulstandort in Hessen werden. Gelingen soll dies unter anderem, indem ein Großteil der Schulen in Stadt und Kreis mit einheitlicher IT und Lern-Software ausgestattet und vernetzt wird. Nach Angaben von Matthias Demeter, Leiter des IT-Kompetenzzentrums des Staatlichen Schulamtes und des Kreises Offenbach, konnten durch den Einsatz der pädagogischen Netzwerk-Management-Lösung MTS EDUCATOR der Firma MTS Reinhardt und die Generalunternehmerschaft von Hewlett-Packard gleich mehrere Vorteile erzielt werden: planbare Kosten, eine homogene Gesamtstruktur und zielgerechte Realisierung sowie die Entwicklung neuer Lösungen.
Wie der Kreis Offenbach verfolgen mittlerweile auch andere Akteure den Ansatz einer Standardisierung von IT an Schulen, da dies ein einfaches und sicheres Lernen mit digitalen Medien erleichtert. Dabei sind IT-Strategien zu entwickeln, die über die reine Ausstattungsplanung und -konsolidierung hinausgehen und beispielsweise Standards für Schul-Server, Lern-Management-Systeme oder pädagogische Oberflächen zur Steuerung der IT-Systeme im Unterricht festlegen. Um die Professionalisierung und Standardisierung der IT-Ausstattung an Schulen weiter voranzutreiben, hat die gemeinnützige TIME for kids Foundation im Februar dieses Jahres das auf zunächst fünf Jahre angelegte Pilotschulen-Programm Digital Lernen gestartet.

Geplanter IT-Ausbau

Damit Schulträger die Verfügbarkeit einer professionellen IT-Ausstattung gewährleisten und diese dauerhaft wirtschaftlich betreiben können, sind aber auch langfristige Planungen und die Etablierung fester Budgets im Haushalt notwendig. Mithilfe eines Medienentwicklungsplanes (MEP) konnte beispielsweise die nordrhein-westfälische Stadt Hennef den unstrukturierten IT-Ausbau und -Betrieb an den zwölf städtischen Schulen beenden. Die Ziele des bis 2010 geltenden MEP konnte die Kommune bereits in diesem Jahr verwirklichen – und das mit geringerem finanziellen Aufwand und einem besseren Ergebnis als ursprünglich geplant. Kernelemente des Medienentwicklungsplans 2005 bis 2010 waren eine schulformspezifische IT-Ausstattungsplanung, eine Investitions- und Betriebskostenplanung, ein Vernetzungs- und Support-Konzept sowie die Beschreibung der notwendigen Controlling-Prozesse. Laut Wolfgang Rossenbach, IT-Leiter der Stadt Hennef, zeigt sich die erfolgreiche Umsetzung des MEP unter anderem am heutigen PC-Bestand in den Schulen. Während die Quote der Altgeräte 2005 bei 59 Prozent lag, seien dies jetzt nur noch 8 Prozent. Anfang 2010 soll die Quote nach Aussage von Rossenbach bei liegen. Mussten sich 2005 noch durchschnittlich 15 Schüler einen Rechner teilen, sollen es 2010 nur noch 8 sein. Die Hennefer Schulen lägen damit über dem bundesdeutschen Schnitt von 11 Schülern pro Rechner.

Fördermittel für die Bildung

Eine Chance, im internationalen Vergleich im Bereich Schul-IT aufzuholen, bietet möglicherweise das Konjunkturpaket II der Bundesregierung: Darin sind 7,5 Milliarden Euro für Schulen und Hochschulen vorgesehen. Laut Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat der Bund damit den Anstoß gegeben zur größten Bildungsoffensive, die es je gab. Mit den Mitteln soll auch die technische Ausstattung der Bildungsstätten modernisiert werden. So nutzt beispielsweise Rheinland-Pfalz zehn Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II, um im Rahmen seines 10-Punkte-Programms „Medienkompetenz macht Schule“ die Medienausstattung von Schulen zu verbessern. Insgesamt 330 weiterführende Schulen unterstützt die Landesregierung gezielt bei der Medienerziehung, in das Programm aufgenommene Schulen erhalten jeweils einen Laptop-Wagen, elektronische Wandtafeln und weitere Hardware sowie Bildungssoftware und gegebenenfalls ein pädagogisches Standardnetzwerk.
In Schleswig-Holstein stehen im Rahmen des Konjunkturpakets II in den Jahren 2009/2010 insgesamt 146,7 Millionen Euro Bundesmittel für Bildungsinvestitionen zur Verfügung. Zu Beginn des neuen Schuljahres hat das Land außerdem ein innovatives E-Learning-Projekt gestartet: Der Englischunterricht wird für neun Schülerinnen und Schüler der im Wattenmeer gelegenen Halligen Hooge, Langeneß, Oland, Gröde und Nordstrandischmoor zusätzlich drei Stunden pro Woche live per Internet stattfinden.
Wenn die Integration digitaler Medien in den unterrichtlichen Alltag langfristig gelingen soll, müssen die Mittel der aktuellen Bildungsoffensive mit nachhaltiger Wirkung und nach einem umfassenden Konzept eingesetzt werden, das über die reine Hardware-Erneuerung hinausgeht.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Schul-IT

Würzburg: 26 Millionen Euro in Schulen investiert

[04.03.2025] Die Stadt Würzburg hat in den vergangenen vier Jahren 26 Millionen Euro in die Digitalisierung ihrer Schulen investiert und damit eine leistungsfähige IT-Infrastruktur geschaffen. Mehr als 18.000 Schülerinnen und Schüler profitieren nun von schnellem WLAN, digitalen Tafeln, Tablets und moderner Technik. mehr...

Reutlingen: DigitalPakt Schule gezielt genutzt

[24.02.2025] Die Stadt Reutlingen konnte das ihr zustehende Budget aus dem DigitalPakt Schule komplett ausschöpfen und gezielt einsetzen. Die Schulen seien nun mit moderner Technik ausgestattet und digital fit für die Zukunft. mehr...

Laptop, auf dem Bildschirm ist der Willkommensscreen von F13 zu sehen.

Baden-Württemberg: SCHULE@BW erhält KI-Modul

[24.02.2025] Baden-Württembergs KI-Assistenz F13, bereits in der Landesverwaltung im Einsatz, steht nun auch Lehrkräften zur Verfügung. Die Open-Source-KI wird in die Digitale Bildungsplattform SCHULE@BW integriert und soll mit Chat-Funktionen sowie Dokumenten-Tools den Schulalltag erleichtern. mehr...

Präsentation der GeoSN-SchulApp auf einem Desktopbildschirm durch Lukas Garte und Jacqueline Seifert, beide von Esri und Claudia Gedrange vom GeoSN.

Dresden: Schul-App macht Geodaten lebendig

[19.02.2025] Mit der GeoSN-SchulApp können Schülerinnen und Schüler direkt auf amtliche Geodaten des Freistaats Sachsen zugreifen. Auch können sie damit selbst Geodaten erfassen, analysieren und visualisieren. Erstmals eingesetzt wurde die App am Gymnasium Dresden-Plauen – mit positiver Resonanz. mehr...

Person mit langen dunklen Haaren in einem Zimmer sieht auf ihr Smartphone.

Kaiserslautern: Schulsoftware mit neuen Modulen

[19.02.2025] In Kaiserslautern wurde die Schulsoftware Sdui um digitale Krankmeldungen und ein Klassenbuch erweitert. Nach einer halbjährigen Pilotphase stehen die neuen Funktionen jetzt stadtweit zur Verfügung. Sie sollen die Kommunikation erleichtern und den Schulalltag effizienter gestalten. mehr...

Ein Schulgebäude von außen.

Augsburg: Grundschule digital aufgepeppt

[18.02.2025] Um dem Stand der Technik gerecht zu werden, wird die Fröbel-Grundschule in Augsburg derzeit digital vernetzt und mit Medientechnik sowie WLAN ausgestattet. mehr...

Die saarländische Bildungs- und Kulturministerin Christine Streichert-Clivot an einem Rednerpult.

Saarland: Digitale Schulbildung gesetzlich verankert

[17.02.2025] Das Saarland will seine Vorreiterrolle in der digitalen Bildung weiter ausbauen und setzt als erstes Bundesland einen verbindlichen gesetzlichen Rahmen für digitale Bildung. Diese soll für alle Lernenden gleichermaßen zugänglich gemacht werden. mehr...

OB Dr. Stephan Keller (v.l.), Stadtdirektor Burkhard Hintzsche und Thomas Schwindowski, stellv. Leiter des Amtes für Schule und Bildung, stellten die Inhalte des Medienentwicklungsplans 2.0 für Düsseldorfer Schulen im Rathaus vor

Düsseldorf: Medienentwicklungsplan 2.0

[10.02.2025] Die Stadt Düsseldorf schreibt ihren Medienentwicklungsplan fort und will bis zum Jahr 2029 weitere 141 Millionen Euro in die Digitalisierung der städtischen Schulen investieren. mehr...

In einem Büro liegen auf Arbeitstischen stapelweise Tablets.
bericht

Neuss: Ambitionierte Strategie

[29.01.2025] Die Stadt Neuss nimmt eine Vorreiterrolle bei der Schul-IT ein. Gelingen konnte dies mit Unterstützung des Dienstleisters ITK Rheinland, der eine Strategie entwickelt und eine zukunftssichere Infrastruktur aufgebaut hat. mehr...

Porträt eines am Smartphone telefonierenden Mannes, im Hintergrund eine grün, mit Kreide beschriebene Tafel.

Bitkom: Schuldigitalisierung braucht weiter Mittel

[22.01.2025] Der Bitkom hat untersucht, welche digitalen Anwendungen und Dienste Schulen ihren Lehrkräften zur Verfügung stellen. Dabei zeigt sich deutlich, dass kostenintensivere Lösungen – auch wenn sie einen hohen Mehrwert bieten – unterrepräsentiert sind. mehr...

Grafik, welche die sechs Ziele des bayerischen Projekts Digitale Schule der Zukunft aufzeigt: Medien integrieren, Unterrichtsmethoden weiterentwickeln, digitale Fähigkeiten verbessern, digital organisieren, Zusammenarbeit fördern und IT-Infrastruktur optimieren.
bericht

Bayern: Vorbildliche Initiative

[22.01.2025] Im Rahmen des Förderprogramms „Digitale Schule der Zukunft“ soll eine flächendeckende Eins-zu-eins-Ausstattung der Schulen in Bayern erreicht werden. Wichtige Aspekte der Initiative sind umfassende Fortbildungsstrategien sowie ein fortlaufender Support. mehr...

Collage, die Schulkinder und Lehrkräfte in unterschiedlichen Alltagssituationen mit einem Tablet zeigt.
bericht

Tabletklassen: Elternsorgen ernst nehmen

[21.01.2025] Elternfinanzierte Tabletklassen können die Schuldigitalisierung erleichtern, sind aber eine Herausforderung für die Erziehungsberechtigten. Hilfreich sind Aufklärung, Schulungen und sozialverträgliche Finanzierungsmodelle. mehr...

Zwei Männer stehen auf je einer Leiter und arbeiten an der Zimmerdecke eines Klassenzimmers mit roten Wänden.

Iserlohn: Schulbetrieb wird zukunftsfähig

[17.01.2025] Iserlohn hat ein Förderpaket in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro aus dem DigitalPakt Schule erhalten. Die Stadt investiert die Mittel in eine zukunftsfähige, digitale Bildungsinfrastruktur für mehrere weiterführende Schulen. mehr...

Eine sitzende Frau nutzt ein Tablet und wird dabei von einem Roboter unterstützt.

Nordrhein-Westfalen: Schulen testen KI-Einsatz

[15.01.2025] Ab Februar setzen 25 nordrhein-westfälische Schulen Künstliche Intelligenz im Mathe- und Deutschunterricht ein. Sie nehmen an einem Pilotprojekt des Schulministeriums und der Universität Siegen teil, das den sinnvollen KI-Einsatz ergründen will. mehr...

Schulkinder sitzen im Klassenzimmer an ihren Tischen und blicken auf ein Whiteboard, an dem ein Lehrer etwas erklärt.
bericht

Schuldigitalisierung: Der Praxis-Check

[14.01.2025] Einen Benchmarking-Bericht zur Schuldigitalisierung hat die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) veröffentlicht. Er beschreibt den Status quo in 41 Kommunen aus elf Bundesländern und zeigt Herausforderungen sowie Lösungsansätze auf. mehr...