Serie GovTech Start-upsLiegenschaften verwalten
Kommunale Gebäude – das sind nicht nur die Rathäuser. Von Schulen und Kitas über Sportstätten und Schwimmbäder bis hin zu Bürgerhäusern und Kulturveranstaltungsorten sind Kommunen im Besitz ganz unterschiedlicher Gebäudetypen, die sie bewirtschaften und deren Nutzung und Belegung sie organisieren. Das Münchner Start-up Locaboo hilft ihnen dabei mit einer Software für das Ressourcen- und Liegenschaftsmanagement. „Mit unserer Software-as-a-Service-Lösung können grundsätzlich alle Arten von Gebäuden digital verwaltet werden. Wir begleiten den gesamten Prozess Ende-zu-Ende, von der Ressourcenverwaltung über Kunden-Management, Buchung und Belegungsplanung bis hin zur Abrechnung, das heißt Rechnungsstellung und Payment“, sagt Locaboo-Mitgründer Andreas Michel. Dazu wird in der Software eine Ressource angelegt, beispielsweise ein Sitzungssaal, der für Verwaltungsmitarbeiter dann online von jedem Arbeitsplatz buchbar ist. Die Belegung des Schwimmbads können Kommunen dahingehend steuern, dass Vereine freien Zugriff haben und dennoch der Schulsport priorisiert wird. Veranstaltungsräume im Rathaus können von den Bürgern über die Web-Seite selbst gebucht und das Kulturzentrum von Veranstaltern belegt werden. Was früher vielerorts mit Excel-Listen gelöst wurde, geschieht nun zentral über die Cloud.
Gebäudenutzung digital organisieren
„Der Prozess ist komplett digital und führt zu einer 80-prozentigen Automatisierung der Verwaltungstätigkeit und einer effizienteren Auslastung“, so Andreas Michel. „Für Kommunen bilden unsere Daten auch eine gute Grundlage für die strategische Stadtentwicklung, wenn man etwa darüber entscheiden muss, ob in fünf Jahren eine neue Sportstätte gebaut werden soll oder die vorhandenen besser ausgelastet werden können.“ Locaboo gibt es seit 2021, inzwischen sind 17 Mitarbeitende für das GovTech Start-up im Münchner Südosten tätig. Einer der beiden Gründer, Michael Loy, hatte vor zehn Jahren eine IT-Ausbildung in der Verwaltung von Bad Tölz absolviert. Schon damals war ihm aufgefallen, wie umständlich die Belegung der Sportstätten organisiert wurde. Während der Corona-Pandemie war man noch gar nicht auf den kommunalen Sektor fixiert, sondern bot ein Raum-Management-System für hybrides Arbeiten an. Zugleich entstand ein erster Prototyp der Locaboo-Software für Bad Tölz. Die Lösung sprach sich herum, immer mehr kommunale Kunden kamen hinzu, sodass sich die junge Firma entschloss, komplett auf diesen Markt zu setzen. Heute zählen Städte wie Ludwigsburg, Bayreuth, München, Coburg, Gütersloh oder Calw zu den Kunden. „Mit mittlerweile fast 600 kommunalen Kunden sind wir inzwischen Marktführer im Bereich moderner Cloud Software für digitales Ressourcen-Management“, sagt Andreas Michel. „Wir haben viele alte Lösungen von IT-Systemhäusern abgelöst.“
Effizient beheizen dank Wärme-Management-System
Im Januar dieses Jahres erhielt Locaboo eine so genannte Seed-Finanzierung in Höhe von 1,2 Millionen Euro, und hat damit Firmenanteile an die Kapitalgeber abgetreten. Bis dahin war das Start-up eigenfinanziert. Locaboo will zukünftig weiter expandieren und peilt dafür die gesamte DACH-Region an. „Unsere Vision ist, dass vielleicht in 20 Jahren viele Verwaltungsprozesse weitgehend automatisiert verlaufen und dadurch in der Verwaltung mehr Zeit für den Dialog mit Bürgern bleibt. Dazu müssen wir aber schneller wachsen und haben Venture Capital von einem strategischen Partner erhalten, der zudem gut im politischen Bereich vernetzt ist“, verrät Andreas Michel. Gleichzeitig soll auch die Cloudsoftware weiterentwickelt werden und „eine noch tiefere Integration in die Prozesslandschaft von Kommunen gewährleisten“. Zur Bewirtschaftung kommunaler Liegenschaften gehört auch ein Augenmerk auf die Wirtschaftlichkeit. Vor allem die Energiekosten schlagen zu Buche. Hierfür hat das Hamburger Start-up vilisto eine Lösung entwickelt, die dabei hilft, die Energieeffizienz in Nichtwohngebäuden zu verbessern. Ein digitales Wärme-Management-System ermöglicht eine effiziente Beheizung von Gebäuden und dadurch die Senkung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen. Bei der Lösung handelt es sich um ein smartes Heizkörperthermostat, das die Raumtemperatur automatisch regelt und mithilfe von Sensoren erkennt, ob ein Raum genutzt wird. Denn in Verwaltungsgebäuden, Rathäusern und Bildungseinrichtungen bleiben Räume bis zu 80 Prozent ungenutzt. Der Einsparquotient für diese Gebäudetypen liegt laut vilisto bei 28,8 Prozent. Zu den mehr als 200 Kunden des Start-ups zählen Städte wie Hamburg, Konstanz und Koblenz, der Landkreis Rostock und die Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Über eine Online-Plattform behalten sie ihren Energieverbrauch im Blick.
3D-Visualisierung und GebäudeCheck
Ein digitaler Einblick sowie vielfältige Informationen und Analysedaten zu Gebäuden gehören auch zum Geschäftsmodell von credium, einem Start-up aus Augsburg. Mithilfe eines webbasierten Tools, dem credium Viewer, wird eine 3D-Visualisierung kommunaler Liegenschaften, ein so genannter Digitaler Zwilling, generiert. Mit diesem digitalen Abbild lassen sich hochwertige Gebäudedaten über bestehende Photovoltaikanlagen verwalten und Potenziale für neue PV-Flächen oder Möglichkeiten zur energetischen Gebäudesanierung auf Adressebene erkennen. Verschiedene Datenquellen wie das Liegenschaftskataster, Laserscanning-Daten oder der Zensus können dabei eingebunden werden. Das Freiburger Start-up Plan 4 wiederum versteht sich auf intelligente Bestandsbewertung und Bauplanung. Mit der Lösung GebäudeCheck können Kommunen ihre Bestandsimmobilien einfach und effizient taxieren. Die Software ermöglicht eine Bewertung des Gebäudezustands, liefert eine Übersicht über notwendige Sanierungsmaßnahmen und eine erste Kostenschätzung, die für die Budgetplanung wichtig ist. Auch Aussagen zur Energieeffizienz und die Kennzeichnung förderfähiger Maßnahmen sind Teil der Lösung. Das Technische Bauamt in Karlsdorf-Neuthard zeigt sich zufrieden: „Durch den Einsatz von GebäudeCheck möchten wir langfristig einen Standard etablieren, um eine konstante Datenqualität sicherzustellen. So können wir proaktiv erkennen, wo und wann Bedarf besteht, welche Prioritäten Gebäuden zugeordnet sind und gezielt Finanzmittel bereitstellen.“
Auch Leerstandskosten managen
Doch nicht nur Bestandsimmobilien können Kosten generieren, sondern auch der Leerstand. In beinahe jeder Stadt gibt es leerstehende Gebäude, ungenutzte Flächen, freie Dächer, Brachen oder Baulücken, die nicht zur Verschönerung des Stadtbilds beitragen und zudem häufig weiter unterhalten werden müssen. Zusehends entstehen daher Initiativen und Netzwerke, oft ohne gewerbliche Rechtsform, die sich um das Leerstandsmanagement kümmern und zusammen mit der Kommune eine digitale Plattform aufsetzen, über die eine Nutzung gemanagt wird. Beispiele finden sich vielerorts, von Wittenberge in der Prignitz bis zu Quierschied im Saarland.
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